Ganzes
,
Bezeichnung eines
Dinges, insofern man dasselbe als aus andern
Dingen, die dann dessen Teile heißen, zusammengesetzt
denkt. Daß ein Ganzes
der
Summe seiner Teile gleich sei, ist zwar unbezweifelbares
Axiom; da indessen zur Herstellung eines nicht
bloß kollektiven Ganzen auch eine gewisse Art der
Verbindung der Teile erforderlich ist, so läßt sich
obiger
Satz nicht geradezu umkehren. Einige stoische
Philosophen unterschieden daher in Bezug auf die
Welt das Ganze von dem
All, indem sie unter jenem die eigentliche
Welt, unter diesem das Unverbundene mit Inbegriff des leeren Weltraums verstanden.
In anderm
Sinn werden das ideale und das reale Ganze gesondert: jenes ist der nach den
Regeln der
Logik
geordnete Inbegriff von
Gedanken oder
Lehrsätzen (logisches, wissenschaftliches, systematisches Ganze);
dieses dagegen ist ein wirkliches Ding, welches aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt ist.
Letzteres kann entweder ein physisches oder ein
technisches Ganze sein, je nachdem es die
Natur oder die
Kunst hervorgebracht hat. Sieht man auf die Art
der
Zusammensetzung und der dabei wirksamen
Kräfte, so kann man ein mechanisches, chemisches und organisches Ganze unterscheiden.
In ästhetischer Beziehung ist jedes Kunstwerk ein Ganzes
, dessen Teile so innig verwandt, unter sich zusammenhängend
sind
(Organismus), daß man weder einen hinwegnehmen, noch hinzufügen kann, ohne der
Wirkung des Ganzen
Eintrag zu thun. Hieraus folgt von selbst, daß, wenn ein Kunstwerk als Ganzes
erscheinen soll, kein Teil desselben
den übrigen widersprechen, noch diese in den
Hintergrund drängen darf, wie dies fehlerhafterweise z. B. bei Hauptfiguren
in Gemälden oder bei Hauptpersonen in der erzählenden oder dramatischen
Poesie der
Fall sein kann.