Galle
(Bilis, Fel), die von der
Leber zubereitete Absonderungsflüssigkeit, welche durch einen besondern Ausführungsgang
in den
Darm
[* 2] abfließt und sich hier dem
Speisebrei beimischt. Die Galle
ist eine neutrale oder schwach alkalische,
dunkelgelbe oder (bei pflanzenfressenden
Tieren) grüne Flüssigkeit von 1,026 bis 1,032 spec. Gewicht und intensiv bitterm
Geschmack. Sie wird in den sog. Leberzellen (s.
Leber) aus
Bestandteilen des die
Leber durchströmenden, aus
Magen,
[* 3]
Darmkanal und
Milz stammenden
Blutes auf chem. Wege erzeugt und fließt durch feine, die ganze
Leber durchsetzende Kanälchen,
die sog.
Gallenkapillaren, ab, die sich, ähnlich den
Wurzeln eines
Baumes, durch wiederholte
¶
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Vereinigung zu einem Hauptstamme sammeln, der, von der Dicke einer Rabenfeder, die Leber verläßt und nicht weit vom Magen
in den Dünndarm mündet. In diesen sog. Lebergang (ductus hepaticus) mündet ein zweiter kurzer
Gang
[* 5] ein, der von der Galle
nblase (vesica fellea), s. Tafel: DieBaucheingeweide des Menschen I,
[* 4]
Fig. 8, und
II,
[* 4]
Fig.
5) kommt und als Galle
nblasengang (ductus cysticus, Taf. II,
[* 4]
Fig.
6) unterschieden wird. Außer der Verdauungszeit wird die Mündung des Lebergangs in den Darm durch Muskelwirkung geschlossen.
Die aus der Leber stetig ausfließende Galle
kann daher nicht in den Darm gelangen, staut sich im Lebergange an und tritt
deshalb durch den Galle
nblasengang in die Gallenblase, welche also einen Behälter für die außer der Verdauungszeit abgesonderte
Galle
darstellt. Da die Gallenblase mit einer Schleim absondernden Haut
[* 6] ausgekleidet ist, so mischt sich dieser Schleim der Galle
bei,
und letztere wird dadurch trüb und zähflüssig.
Sobald die im Magen halb verdauten Speisen in Form eines Breies in den Darm übertreten, ergießt sich die
in der Galle
nblase aufgespeicherte um sich dem Speisebrei beizumischen. Die wichtigsten Bestandteile der Galle
sind die Gallensäuren
(s. d.), welche vorzugsweise den bittern Geschmack der Galle bedingen, mehrere Farbstoffe (s. Gallenfarbstoffe), die Gallenfette,
Cholesterin (s. d.) und verschiedene Mineralsalze, vorzugsweise
Chlornatrium und phosphorsaure Salze.
Gorup-Besanez fand in der aus der Gallenblase entnommenen Galle eines enthaupteten 49jährigen Mannes in 100 Teilen 82,27 Teile Wasser und 17,73 Teile feste Stoffe; von den letztern kamen 10,79 Teile auf die gallensauren Alkalien, 4,73 Teile auf Fett und Cholesterin und 2,21 Teile auf Schleim und Farbstoffe; dazu noch 1,08 Teile anorganische Salze. Die Absonderung der Galle erfolgt beständig und ununterbrochen. Die Menge der täglich abgesonderten Galle schwankt zwischen 450 und 600 g und ist in hohem Grade von der Nahrung abhängig;
sie ist am reichlichsten bei reichlichem Wassertrinken und vorwiegender Fleischkost;
weniger reichlich bei vegetabilischer Nahrung, am geringsten bei starkem Fettgenuß;
außerordentlich vermindert wird sie durch längeres Hungern.
Die hat die Fähigkeit, sich mit flüssigem Fett innig zu mischen, und wird dadurch das wichtigste Verdauungsmittel für das mit der Nahrung genossene Fett. Dasselbe vermag, wenn es mit Galle innig gemischt ist, als seifenartige Losung leicht auf dem Wege der Endosmose die feuchte Schleimhaut des Darms zu durchdringen und so ins Blut zu gelangen. Durch die Wirkung der Galle wird überhaupt erst die Resorption der Fette mechanisch ermöglicht, wie man sehr leicht an zwei Papierfiltern nachweisen kann, von denen man das eine mit Wasser, das andere mit Galle tränkt; das erste ist für Öl ganz undurchgängig, während das zweite dem Öl den Durchtritt leicht gestattet.
Eine mangelhafte Gallenzufuhr zum Darm bedingt deshalb mangelhafte Fettaufnahme ins Blut, woraus wieder ein schlechter Ernährungszustand des Organismus überhaupt hervorgeht. Außerdem hemmt die Galle die faulige Zersetzung des Darminhalts, wenn sie dieselbe auch nicht ganz verhindern kann. Wenn der Abfluß der Galle aus der Leber in den Darm durch Schwellung oder Verschließung des Gallengangs erschwert oder ganz gehindert ist, so tritt die in das Blut über und es entsteht die Gelbsucht (s. d.). Beim Erbrechen tritt leicht in reichlicherer Menge in den Magen über und wird dann besonders bei wiederholten Brechanfällen mit ausgebrochcn. Das Erbrochene schmeckt dann gallig bitter und bekommt eine grünliche, gallige Färbung.
Als Heilmittel benutzte man früher oft die Ochsengalle in zwei Präparaten, Extractum animale amarum (eingedickte Ochsengalle) und Fel tauri depuratum (gereinigte trockne Ochsengalle), in ihrer Eigenschaft als Bitterstoff gegen verschiedene Magen- und Leberkrankheiten, sie dient aber heute hauptsächlich nur zum Reinigen von Seiden-, Woll- und andern Stoffen, entweder rein oder in Form von Gallenseife (s. d.), ferner zum Anreiben der Farben.