Gabelentz
,
Hans Conon von der, Sprachforscher, geb. zu Altenburg, [* 2] studierte in Leipzig [* 3] und Göttingen, [* 4] trat 1829 in den sachsen-altenb. Staatsdienst und wurde 1831 zum Kammer- und Regierungsrat befördert. Er nahm 1847 die Wahl zum Landmarschall im Großherzogtum Weimar [* 5] an und ging im März 1848 zum Vorparlament nach Frankfurt, [* 6] wo er für die sächs. Herzogtümer in die Zahl der 17 Vertrauensmänner eintrat, die dem Bundestage zur Entwerfung einer deutschen Reichsverfassung beigegeben waren. Darauf wurde er interimistischer Bundestagsgesandter bis zur Auflösung des Bundestags im Juli 1848. Ende Nov. 1848 zum Ministerpräsidenten in Altenburg ernannt, nahm er im Aug. 1845) seine Entlassung, nachdem in demselben Jahre bereits sein Landmarschallamt in Weimar infolge eines neuen Wahlgesetzes sein Ende erreicht hatte.
Als Mitglied des Staatenhauses für Altenburg ging er zu dem Erfurter Parlament; 1851 wählte ihn die Landschaft des Herzogtums Altenburg zu ihrem Präsidenten. 1870 zog er sich ganz von der öffentlichen Thätigkeit zurück und starb auf seinem Gute Lemnitz bei Triptis. G.’ Streben war darauf gerichtet, durch eine möglichst allseitige Kenntnis der Sprache [* 7] zu einer richtigen Beurteilung des menschlichen Sprachvermögens zu gelangen. Einige achtzig Sprachen hat er mehr oder minder eingehend studiert, gegen dreißig zuerst wissenschaftlich bearbeitet. Er veröffentlichte: «Éléments de la grammaire mandchoue» (Altenb. 1833),
Aufsätze über das Mongolische in der von ihm mitbegründeten «Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes» (1837 fg.),
«Grammatik der mordwinischen Sprache» (in der genannten Zeitschrift, Bd. 2),
«Grundzüge der syrjänischen Grammatik» (Altenb. 1841),
Abhandlungen «Über die Suahilisprache» und «Über die samojedische Sprache» (in der «Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft», Bd. 1, Lpz. 1847; Bd. 5, 1850),
«Kurze Grammatik der tscherokesischen Sprache» (im dritten Bande von Höfers «Zeitschrift für die Wissenschaft der Sprache», 1852). Mit J. Löbe veröffentlichte er eine kritische Ausgabe der got. Bibelübersetzung des Ulfilas nebst lat. Übersetzung, got. Glossar und got. Grammatik (2 Bde., Lpz. 1843–46). Andere schätzbare Beiträge zur Sprachenkunde und Sprachwissenschaft sind: «Beiträge zur Sprachenkunde» (3 Hefte, Lpz. 1852),
welche Grammatiken der Dajak-, Dakota- und Kiririsprache enthalten;
«Grammatik und Wörterbuch der Kassiasprache» (ebd. 1857),
die Untersuchungen «Über die melanesischen Sprachen» (ebd. 1860, 1873) und «Über das Passivum» (ebd. 1860).
Letztere
drei
Arbeiten sind auch in den
«Abhandlungen der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften» enthalten,
welcher Gabelentz
seit 1845 als Mitglied angehörte. Ferner gab er die mandschuische
Übersetzung der chines. Werke «Sse-schu»,
«Schu-king» und «Schi-king»
mit einem mandschu-deutschen Wörterbuche (Lpz. 1864) heraus. Nach seinem
Tode erschien «Geschichte der
Großen Liao aus dem
Mandschu übersetzt» (hg. von
H.
A. von der Gabelentz
, Petersb. 1877). In zahlreichen
Aufsätzen für die
«Mitteilungen» der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft des
Osterlandes lieferte er Beiträge zur Kenntnis der Geschichte seines Heimatlandes. –
Vgl. Gabelentz
von der Gabelentz, H. C. von
der Gabelentz
als Sprachforscher (in den
«Berichten der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften», 1886).