[* 2] (Fuldaha),
Fluß in Norddeutschland, entspringt im
Kreis
[* 3]
Gersfeld der preußischen
ProvinzHessen-Nassau,
[* 4] an der
Wasserkuppe im Rhöngebirge, fließt von
Gersfeld (515 m ü. M.) zuerst nach W., wendet sich aber bald darauf nach
N. und fließt zwischen der
Rhön und dem
Vogelsberg in einem anmutigen
Thal
[* 5] von mäßiger
Breite
[* 6] nach N.
und
NO. Bei
Bebra, wo sich der
Fluß nach
NW. wendet, ist das Flußthal ansehnlich erweitert; dann wird es schmäler, auf beiden
Seiten von schroffen
Bergen
[* 7] begrenzt, so namentlich von
Rotenburg bis Altmorschen.
Bei Beiseförth erscheint es auf einmal eng zugeschlossen, so daß zwischen den hohen, steilen
Wänden
des Beisenbergs links und des Wilsbergs rechts kaum Platz für den
Fluß und die Landstraße bleibt und die
Eisenbahn durch
einen
Tunnel
[* 8] geführt werden mußte. Auch weiterhin bleibt das
Thal eng, bis sich plötzlich unterhalb Freienhagen das
Thal von
Kassel
[* 9] 8 km weit aufthut. Der
Fluß wendet sich hier wiederum durch ein enges, waldreiches
Thal nach
NO. und fließt bei
Münden (124 m ü. M.) mit der
Werra zusammen, worauf der vereinigte
Strom den
NamenWeser annimmt.
Viele
Güter, besonders von den entfernt liegenden, gingen teils durch
Gewalt, teils durch Nachlässigkeit, andre durch Verpfändung
dem
Stift verloren, und 1487 mußte der
Abt beinahe das ganze Stiftsgebiet an seine gefährlichsten Nachbarn,
Mainz
[* 17] und
Hessen,
[* 18] verpfänden. Die
Ideen der
Reformation fanden auch im Gebiet des
Stifts Eingang, und dem
AbtJohannes (1529-41)
ward eine Reformationsordnung aufgedrungen, die manche protestantische
Elemente enthielt; dagegen begann 1573
Abt Balthasar
mit Erfolg die
Gegenreformation.
[* 2] Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, 255 m ü. M., am rechten Ufer des Flusses Fulda, Knotenpunkt
der LinienFrankfurt-Bebra-Göttingen der Preußischen Staatsbahn und Gießen-Fulda der Oberhessischen Eisenbahn, im alten Buchgau
(Buchonia), ist unregelmäßig gebaut und teilweise noch mit Mauern umgeben. Unter den öffentlichen Plätzen sind der Domplatz
und der Schloßplatz die ausgezeichnetsten; auf letzterm steht seit 1842 das kolossale Erzstandbild des
heil. Bonifacius.
Der Dom, an Stelle der sechsmal durch Flammen verheerten alten Basilika
[* 28] aufgeführt, ward von 1704 bis 1712 nach dem Muster der
Peterskirche in Rom
[* 29] erbaut und ist 99 m lang. Die Vorderseite schmücken zwei Doppeltürme von 57 m Höhe, und die
Kuppel erhebt sich 39 m hoch. Ein Überrest des alten Baues ist die Krypte (Bonifaciuskapelle) unter dem Hochaltar, wo in einem
reichverzierten Sarkophag
[* 30] die Gebeine des »Apostels der Deutschen« ruhen. Im Domschatz werden außerdem verschiedene auf ihn
bezügliche Reliquien (sein Bischofstab, Evangelium etc.) aufbewahrt.
Dem Dom gegenüber steht die ehemalige Propstei St. Michael, seit 1831 die Wohnung des Bischofs, mit der kleinen
und interessanten, von Lange restaurierten St. Michaelskirche, die 822 vollendet wurde und im wesentlichen die ursprüngliche
Anlage (eine Nachahmung des HeiligenGrabes) noch jetzt zeigt (vgl. v. Dehn-Rothfelser, Mittelalterliche Baudenkmäler in Kurhessen,
Kassel 1862). Andre ausgezeichnete Gebäude sind: die Bibliothek, das stattliche, im Palaststil des vorigen
Jahrhunderts errichtete Schloß mit Garten
[* 31] und Orangerie, das 1625 gestiftete Benediktinerkloster, die Militärkaserne (ursprünglich
ein 1238 gestiftetes Minoritenkloster) etc. Im ganzen besitzt Fulda 6 Kirchen und mehrere Kapellen. Die Industrie der Einwohner,
deren Zahl 1885 mit Garnison (eine reitende Abteilung Feldartillerie Nr. 11) 12,226 betrug (darunter 1880: 3347 Evangelische
und 602 Juden), erstreckt sich auf Kammgarnspinnerei, Baumwollweberei, Damast- und Sackleinwandfabrikation (Fuldaer Leinwand),
Plüsch-, Filztuch-, Wachslichtfabrikation, Wollfärberei, Gerberei,
Wachsbleicherei, Salpetersiederei, Verfertigung vorzüglicher
Blasinstrumente etc. Seit neuerer Zeit sind auch der Getreidehandel und der Viehhandel von Bedeutung; jährlich finden neun
Rindviehmärkte und wöchentlich ein Schweinemarkt statt. Fulda ist der Sitz eines Bischofs, eines Domkapitels,
eines Amtsgerichts, eines Steueramtes etc. An Unterrichtsanstalten bestehen: ein Gymnasium, ein Realprogymnasium, eine katholische
und eine evangelische höhere Töchterschule, ein kath. Schullehrerseminar, eine Landesbibliothek
mit etwa 50,000 Bänden (1778 gegründet);
an Wohlthätigkeitsanstalten: ein Hospital (im 13. Jahrh. gestiftet) nebst Waisenhaus,
ein Landkrankenhaus (1805 gegründet) etc. In der Umgebung Fuldas sind besonders der Frauenberg (s. d.), der Kalvarienberg
(an dessen Fuß der Bonifaciusbrunnen), Petersberg und Johannesberg zu erwähnen. 10 km östlich liegt Bieberstein, das ehemalige
Jagdschloß der fuldaischen Bischöfe.
Fulda entstand infolge der Gründung der gleichnamigen Abtei (s. oben), um welche sich bald ein Dorf (mit einer 779 eingeweihten
Kirche) ansiedelte, das 1162 befestigt, 1208 zur Stadt erhoben ward und eifersüchtig über seine Rechte gegen die Anmaßungen
der Äbte wachte. Letztere besaßen schon eine Burg neben dem Kloster; als AbtHeinrich (vor 1320) noch eine zweite innerhalb der
Stadt errichtete, erstürmten die Bürger mit Hilfe des GrafenJohann vonZiegenhain beide Burgen
[* 32] des Abtes
und zerstörten die neue Burg samt Turm und
[* 33] Ringmauern.
Auf Klage des geflüchteten Abtes beim Kaiser wurden die Stadt und der Graf in die Reichsacht erklärt; später (1331) vermittelte
der triersche ErzbischofBalduin eine Sühne, infolge deren die Bürger den Turm und die Ringmauern der neuen
Burg wiederherstellen und bedeutende Entschädigungen zahlen mußten. Die im 14. Jahrh. auch in Fulda ausbrechende Pest schrieb
der Aberglaube den Juden zu, und 600 derselben fanden einen martervollen Tod. Im Bauernkrieg wurden auch Stadt und Kloster Fulda von
den Bauern erobert; als aber der LandgrafPhilipp vonHessen mit einem starken Heer nahte, ergaben sich die
Bauern nach kurzem Widerstand, worauf die Stadt gebrandschatzt und vom Koadjutor an Hessen bis zur Zahlung der Kriegskosten verpfändet
wurde. Da dieser Vertrag nicht eingehalten wurde, so eroberte der Landgraf die Stadt nochmals,
und es lag nun zehn Monate lang eine hessische Besatzung in derselben. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt durch
schwedische Streifkorps hart bedrängt. 1734 erhielt Fulda eine Universität, die indessen 1804 in ein Gymnasium verwandelt wurde.
Im Siebenjährigen Krieg ward Fulda 1762 von einem hannöverschen Korps unter Luckner genommen. Am wurde
es von den Preußen besetzt, aber nach dem Zusammenstoß ihrer Vorposten mit den Österreichern bei Bronnzell 9. Nov. freiwillig
geräumt und dann auf kurze Zeit von den Bayern besetzt. Im Krieg von 1866 besetzten es die Preußen6. Juli abermals. Die Stadt
Fulda ist ein Hauptbollwerk des Ultramontanismus im DeutschenReich. Mehrmals in neuester Zeit haben daselbst
die Bischöfe des Reichs getagt und in
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mehr
der Konferenz vom 18.-20. Sept. 1872 ein förmliches Programm aufgestellt.
Vgl. »Chronik von und dessen Umgebungen« (Vacha 1839);
wurde 1882 bei Gelegenheit einer von der Prager »Concordia« ausgeschriebenen Preiskonkurrenz zur Aufführung empfohlen und
ging über mehrere große Bühnen. 1884 siedelte sich in München
[* 39] an, wo PaulHeyse großen Einfluß auf
seine
dichterische Ausbildung gewann. Hier entschloß sich auch Fulda, sich ausschließlich der Poesie zu widmen. Im Herbst 1888 ließ
er sich in Berlin nieder und trat jener Gruppe von jungen Dichtern bei, die im Sinne eines gemäßigten
künstlerischen Realismus wirken, d. h. er schloß ein Kompromiß zwischen Heyse und Ibsen.
FuldasTalent hat sich zunächst in einer ungewöhnlich leichten Herrschaft über die sprachlichen und künstlerischen Formen
der Poesie bekundet; seine Persönlichkeit ist zur Zeit noch sehr im Werden; er ist schmiegsam und nachempfindend, aber
auch sehr witzig und jedenfalls ein ernster Künstler. Seine größten Erfolge hatte er mit den anmutigen Lustspielen"Unter
vier Augen« (Einakter, Leipz. 1886),
»Die wilde Jagd« (1888) und mit dem sozialen Schauspiel »Das verlorne Paradies« (1890).
Außerdem erschienen von ihm: »Satura. Grillen und Schwänke« (Leipz. 1884, später in die »Gedichte«
aufgenommen);