Fulbe
(Fulah bei den Mandingo, Fellani bei den
Haussa,
Fellata bei den
Kanuri), ein durch Mittelafrika weitverbreitetes
Volk
von noch zweifelhafter ethnographischer
Stellung. Der
Name Fulbe
entstammt dem Mandingo, in dem pul s. v. w.
hellbraun, rot bedeutet, und wird im
Gegensatz zu jolof (»schwarz«) gebraucht, um das hellere
Volk zu bezeichnen. Das Gebiet,
in dem die Fulbe
meist das herrschende
Volk geworden, reicht vom untern
Senegal im W. bis
Dar Fur
[* 2] im O. und von
Timbuktu und
Haussa
im N. bis Sulimana, Wassulo,
Joruba und
Adamáua im S. In keinem dieser
Länder finden sie sich als alleinige
Bevölkerung,
[* 3] sondern nur als erobernde, aus dem W. gekommene Eindringlinge. Am zahlreichsten sind sie in ihren Stammlandschaften
Futa Toro,
Bondu und
Futa Dschallon im W., von wo sie als Eroberer und fanatische Verbreiter des
Islam ausgingen.
Sie haben im
Lande der Woloff festen
Fuß gefaßt und die Küstenvölker bis an den
Nuñez ihrem Einfluß unterworfen; weiter
finden wir sie im sogen. Fuladu und in den Mandingoländern zerstreut. In
Massina sind sie das herrschende
Volk, und seit 1826 haben
sie sich abwechselnd
Timbuktus bemächtigt. Im Haussaland ist das
Reich
Sokoto nebst
Gando eine
Schöpfung
der Fulbe
seit Beginn unsers
Jahrhunderts. Es erstreckt sich bis über den
Binuë, wo
Adamáua von ihnen besetzt ist.
Überdies ist Burgu von ihnen abhängig, und in
Bornu,
Bagirmi,
Wadai bis
Dar Fur beginnen sie ihren Einfluß zu üben. Mit ihren
Vorposten sind sie bereits am
Nil angelangt, und man erwartet, daß sie in einigen Jahrzehnten den
Congo erreichen werden. Die
Gesamtzahl der Fulbe
mag 6-8
Millionen betragen. Nach ihrem Körperbau kann man sie in zwei scharf getrennte
Klassen scheiden,
die braunen oder roten und die schwarzen Fulbe;
die erstern stammen meist aus
Sokoto, die letztern aus
Bornu
und
Adamáua. Im allgemeinen haben sie in ihren Gesichtszügen durch das Vorkommen eines Nasenknorpels und die häufig adlerartige
Bildung der
Nase,
[* 4] den sein geformten
Mund, das lange, meist seidenartig glattes und nur bei den Fulbe
von
Futa Dschallon wollartige
Haar,
[* 5] endlich durch die meist kaum von der der Südeuropäer unterscheidbare Färbung der
Haut,
[* 6] welche
vorherrschend dunkel olivenartig ist, große Übereinstimmung mit den charakteristischen
Zügen der kaukasischen
Rasse und
sind auch im übrigen sehr schön und kräftig gebaut.
Dieser physischen Vorzüge wegen sowie in Ansehung ihres
Mutes, ihrer geistigen Befähigung, ihrer Offenheit, Zuverlässigkeit
und
Bestimmtheit des
Charakters, endlich ihres Selbstgefühls, das sich durch eine edle, stolze und ernste
Haltung kundgibt, nehmen die Fulbe
eine bedeutsame
Stellung unter den Völkern
Afrikas ein. Sie sind nach
Barth der intelligenteste
aller afrikanischen
Stämme, der sich aber auch durch Bösartigkeit auszeichnet. Im
Gegensatz zu den
Negern schätzen sie
die
Arbeit, die sich im fleißigen Betrieb der
Viehzucht,
[* 7] des
Ackerbaues und einzelner
Handwerke kundgibt; ferner sind sie charakterisiert
durch ihre tiefe
Religiosität, die sie zu fanatischen Anhängern und Verbreitern des
Islam gemacht hat.
Man hat daher auch die Fulbe
von der Negerrasse völlig getrennt, und
Fr.
Müller bildete aus ihnen und den
weiter östlich wohnenden
Nuba eine eigne
Fulah-Nuba-Rasse, die zweite seiner »schlichthaarig-lockenhaarigen«
Menschen.
Andre Völkerkundige, wie
Peschel, betrachten sie jedoch nur als Unterabteilung der echten
(Sudân-)
Neger.
Aufklärung
über ihre ethnographische
Stellung werden wir erst erhalten, wenn ihre
Sprache
[* 8] besser, als es bisher der
Fall war, erforscht
sein wird. Nach
Faidherbe
(»Revue de linguistique«, 7. Bd., Par.
1875) zeichnet sich dieselbe durch eine
¶
mehr
eigentümliche Unterscheidung von zwei grammatischen Geschlechten, einem für menschliche Wesen, einem andern für Tiere und Sachen, aus. Faidherbe und Fr. Müller sehen sie als vollkommen isoliert an; nach Bleek und Lepsius ist sie näher mit dem westlich angrenzenden Woloffischen, entfernter mit den Bantusprachen Südafrikas (s. Bantu) verwandt, welche eine in mancher Hinsicht ähnliche Einteilung der Substantiva besitzen.
Vgl. Krause im »Ausland« 1883, Nr. 10; Derselbe, Beitrag zur Kenntnis der fulischen Sprache (in den »Mitteilungen der Riebeckschen Nigerexpedition«, Bd. 1, Leipz. 1884).