Fürstentum,
im frühern Deutschen Reich ein größeres reichsunmittelbares Territorium, zwischen dem Herzogtum und der Grafschaft stehend, auch wohl mehrere Grafschaften umfassend. Später erhielten jedoch auch Grafschaften fürstliche Rechte und ihre Besitzer den fürstlichen Rang, so daß man diese Territorien gefürstete Grafschaften nannte, indem man die Fürstentümer als die höhere Klasse der reichsunmittelbaren Herrschaften und den Fürstentitel als den höhern Titel betrachtete. Noch im Schwabenspiegel erscheint das Fürstentum als ein Amt (Fürstenamt), gleichwie dies Rechtsbuch auch die Stellung der Herzöge und der Grafen als diejenige einer Landesobrigkeit auffaßt. Auch war die Erblichkeit der Fürstentümer, gleichviel ob Lehen oder Allod, noch im 13. Jahrh. bestritten. Indessen erstarkte die Landesherrlichkeit der Fürsten mehr und mehr, je mehr die Macht und das Ansehen der Kaiser sanken, und so bildete sich das Herkommen aus, wonach Herzogtümer, Fürstentümer und Grafschaften als feudale Landesbezirke in der Herrscherfamilie erblich waren. Die Zerbröckelung der alten Stammesherzogtümer war zudem der Bildung neuer Fürstentümer günstig, deren Zahl mit der Zeit eine sehr große ward (s. Fürstenbank). Seit dem 13. Jahrh. erlangten die Kurfürstentümer besondere Bedeutung (s. Kurfürsten). Neben den weltlichen bestanden zahlreiche geistliche Fürstentümer. Schon im 11. Jahrh. findet sich der Satz, daß ein Bischof einem weltlichen Herrn nicht unterworfen sein solle. Die Immunität, d. h. die Befreiung von der Amtsgewalt der Grafen, welche den Bischöfen für ihren kirchlichen Besitz eingeräumt wurde, legte den Grund zu solchen geistlichen Fürstentümern. Bald erwarben die geistlichen Würdenträger Grafschaften und Herrschaften, ja selbst Herzogtümer hinzu, um sie zu selbständigen Territorien mit ihrem Immunitätsbezirk zu vereinigen. Der fromme Sinn mancher Kaiser war ihnen bei solchen Bestrebungen günstig, ebenso die Politik andrer Kaiser, welche die geistlichen Fürsten den weltlichen Großen gegenüber begünstigten, um an den erstern eine Stütze zu gewinnen. So entstanden Erzbistümer und Bistümer, welche die Stellung selbständiger Kurfürsten- und Fürstentümer einnahmen, und auch gefürstete Abteien zählten zu diesen reichsunmittelbaren Territorien. Wie aber die geistlichen Fürstentümer zu Anfang dieses Jahrhunderts säkularisiert, d. h. weltlichen Staaten einverleibt, wurden, so ward die überwiegende Mehrzahl der weltlichen Fürstentümer mediatisiert, d. h. andern Territorialherren unterworfen. Heutzutage bestehen als selbständige Fürstentümer in Deutschland nur noch die beiden Reuß, Schwarzburg und Lippe und das Fürstentum Waldeck (s. Fürst). Vgl. Hüllmann, Geschichte des Ursprungs der deutschen Fürstenwürde (Bonn 1872).