Sowohl der
Körper als der
Geist des
Kindes kann seinem
Lebensalter vorauseilen und sich durch
Eigenschaften
auszeichnen, welche nur dem Erwachsenen zukommen. Es hat frühreifeKinder gegeben, die schon im sechsten
Lebensjahr an
Größe und
Stärke
[* 2] einem ausgewachsenen
Menschen gleichkamen (sogen. Riesenwuchs), ja manche zeigten in noch
früherm
Alter alle Merkmale der
Mannbarkeit; doch sind gewöhnlich mit einer solchen frühzeitigen
Ausbildung des
Körpers eine
Verkümmerung der intellektuellen Fähigkeiten und ein früher
Tod verbunden.
Aber auch der
Geist mancher
Kinder kann seiner naturgemäßen
Entwickelung voraneilen. Das
Lübecker Wunderkind
Chr. H.
Heineken,
geb. lernte schon im zehnten
Monat alle Gegenstände kennen und benennen, machte sich noch vor
Ablauf
[* 3] des ersten
Lebensjahrs unter Anleitung eines
Lehrers mit den hauptsächlichsten
Geschichten in den fünf
Büchern Mosis
bekannt, fing im 15.
Monat die
Weltgeschichte an, hatte noch vor vollendetem dritten Lebensjahr die
Institutionen und die dänische
Geschichte inne, lernte nun auch lateinisch lesen, starb aber schon im fünften Lebensjahr. Auch Torquato
Tasso,
JohannPico
von
Mirandola,
Melanchthon,
HugoGrotius, aus neuester Zeit J.
^[John] Stuart Mill. dürften zu den frühreifenKindern zu zählen sein. Über die
Ursachen einer solchen Frühreife ist nichts bekannt.
GeistigfrühreifeKinder sind in der
Regel einem
frühen
Tod verfallen, weshalb die Eltern derselben die geistige
Entwickelung durch gesteigerte
Pflege der körperlichen
Ausbildung
zurückhalten sollten.
die vorzeitige Entwicklung des Kindes, kann sowohl den Körper wie den Geist betreffen, ist aber immer ein
krankhafter Zustand, der sich in vieler Beziehung mit demjenigen frühreiferPflanzen (Treibhauspflanzen)
vergleichen läßt. Wiederholt sind solche frühreifeKinder beobachtet worden, die infolge regelwidriger Energie des Wachstums
(sog. Riesenwuchs) bereits im siebenten Lebensjahre Größe, Umfang und Stärke eines ausgewachsenen Menschen erreichten und
auch im übrigen alle Symptome der Mannbarkeit darboten; freilich sterben die meisten in einem verhältnismäßig sehr frühen
Alter und lassen zudem eine mehr oder minder auffallende Verkümmerung der geistigen Fähigkeiten erkennen.
Umgekehrt ist aber auch wiederholt bei anscheinend naturgemäßer Entwicklung des Körpers eine ganz wunderbare Frühreife des Geistes
beobachtet worden (sog. Wunderkinder). Die beiden bekanntesten Beispiele vorzeitiger geistiger Entwicklung sind das sog. Lübecker
Wunderkind, Chr. H. Heineken, geb. welches schon im 15. Monate mit der Weltgeschichte bekannt
gemacht wurde, mit vollendetem 3. Lebensjahre in der dän. Geschichte genau Bescheid wußte und lateinisch lesen lernte, aber
schon im 5. Lebensjahre starb, und das fränk. Wunderkind, Namens Bavatiers, geb. zu Schwabach
[* 4] in Franken, welches
im 3. Jahre lesen, im 5. Jahre fertig drei Sprachen sprechen, im 8. Jahre die Bibel
[* 5] in der Ursprache verstehen konnte, sich
sodann der Mathematik und Rechtswissenschaft widmete, dann aber sehr bald ein greisenhaftes Ansehen darbot und schon im 20. Lebensjahre
starb. Auch in der neuern Zeit sind wiederholt derartige Wunderkinder, namentlich als frühreife Rechenkünstler,
öffentlich aufgetreten, ohne daß ihre weitere Entwicklung den gehegten Erwartungen entsprochen hätte.
Wodurch eine solche Frühreife bedingt wird, ist vollkommen unbekannt. GeistigfrühreifeKinder verfallen auch gewöhnlich einem frühzeitigen
Tode, woraus sich für die Eltern derselben die dringende Pflicht ergiebt, eine solche vorzeitige geistige Entwicklung
nicht, wie das so häufig aus Eitelkeit und Spekulation geschieht, auf jede Weise zu begünstigen, sondern im Gegenteil durch
eine angemessene Anregung der körperlichen Funktionen soviel als möglich hintanzuhalten.
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394 Bei den Haustieren ist Frühreife die durch gute Haltung und reichliche Ernährung erworbene und vererbbare Anlage zu frühzeitiger
Entwicklung und Nutzbarkeit. –
Vgl. H. von Nathusius, Vorträge über Viehzucht
[* 7] und Rassenkenntnis, Tl. 1 (Berl. 1872).