Frühgeburt
,
die
Geburt eines noch nicht völlig ausgetragenen, aber doch bereits so weit entwickelten
Kindes, daß
es, krankhafte
Störungen abgerechnet, zum Fortleben fähig ist.
Früchte, welche vor Beginn der 29. Schwangerschaftswoche
geboren werden, sind stets lebensunfähig, und man hat sich deshalb gewöhnt, alle
Geburten vor dieser
Zeit als
Fehlgeburten von den Frühgeburt
, d. h. den
Geburten von der 29. bis 40. Woche der
Schwangerschaft, zu unterscheiden. Je näher
der
Tag der Frühgeburt
dem regelrechten Geburtstermine, d. h. dem Ende der 40. Woche,
liegt, desto größere Aussicht hat man auf
Erhaltung des
Kindes, während vor
Ablauf
[* 2] der 36. Woche geborene
Kinder selten und nur bei der sorglichsten Pflege am Leben erhalten werden. Die
Ursachen der Frühgeburt
sind dieselben wie die der
Fehlgeburt (s. d.).
Unter künstlicher Frühgeburt
versteht man die vom
Arzte absichtlich herbeigeführte vorzeitige
Geburt. Sie kann nötig werden, wenn
das mütterliche
Becken zu eng gebaut ist, um die
Geburt eines völlig ausgetragenen
Kindes möglich zu
machen, oder wenn das Fortbestehen der
Schwangerschaft das Leben der
Mutter ernsthaft bedroht. Künstliche Frühgeburt
, bei welchen
also keine Aussicht auf
Erhaltung des
Kindes ist, sind äußerst selten und nur dann erlaubt, wenn von vornherein gewiß ist,
daß ohne diesen ärztlichen
Eingriff entweder die
Mutter oder das
Kind sicher zu
Grunde gehen würde.
Die künstliche Frühgeburt
wurde in England zuerst 1756 von Macaulay, in
Deutschland
[* 3] zuerst 1804 von Wenzel mit glücklichem Erfolg
ausgeführt. Das
Verfahren bei dieser
Operation besteht darin, daß man durch mechanisch wirkende
Mittel willkürlich mehrmalige
Zusammenziehungen der
Gebärmutter
[* 4] hervorruft, durch welche wie bei der normalen
Geburt der Zusammenhang
zwischen
Mutter und
Kind gelöst und das letztere schließlich durch die Geburtswege hindurchgetrieben und nach außen befördert
wird. Am häufigsten
¶
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bedient man sich hierzu des sog. Eihautstiches, durch welchen die Eihäute eröffnet werden, das Fruchtwasser abfließt, und
infolge der Ablösung der Eihäute von der Gebärmutter schließlich Wehen eintreten, oder der kunstgemäßen Ausdehnung
[* 6] des Muttermundes
durch mechanisch wirkende Mittel, oder endlich der Einführung eines elastischen Katheters in die Gebärmutterhöhle. Immer
ist bei der Einleitung der künstlichen Frühgeburt
die größte Vorsicht, Sachkenntnis und Schonung
erforderlich, da gewaltsame und rohe Manipulationen leicht die schwersten Nachteile für Mutter und Kind zur Folge haben. Über die
widerrechtlich herbeigeführte Frühgeburt
s. Abtreibung der Leibesfrucht.