Friesisches
Recht, Inbegriff der Recht
sbestimmungen und
Rechtsgewohnheiten, welche bei den alten
Friesen (s. d.) in Gültigkeit
waren und zu verschiedenen
Zeiten schriftlich aufgezeichnet wurden. Das älteste
Gesetzbuch der
Friesen
wurde zu
Karls d. Gr. Zeit in lateinischer
Sprache
[* 2] abgefaßt
(Lex Frisionum), erster
Druck von
Herold (1557), auf welchem alle
spätern
Ausgaben beruhen, so die von Sibrand Siccama
(Franeker 1617, Leipz. 1730),
Gaupp (Bresl. 1832), de
Wal (Amsterd. u.
Leid. 1850) und die beste von v.
Richthofen in den Pertzschen
»Monumenta Germaniae«, XV (1863), wiederholt
Leeuward 1866. In eine spätere
Periode gehören die friesischen
Landrechte, welche in lateinischer, friesischer
und niederdeutscher
Sprache erhalten sind.
Sie teilen sich in die allgemeinen friesischen
Gesetze, welche in ganz
Friesland galten, und in die
Gesetze einzelner friesischer
Gemeinden. Allitterierende
Formeln und
Verse wechseln in ihnen mit
Reimen und
Prosa (vgl.
Moritz
Heyne,
Formulae
alliterantes ex antiquis legibus lingua frisica conscriptis extractae, in
Pfeiffers
»Germania«
[* 3] 1864, Jahrg. 9). Von den allgemeinen
Gesetzen sind hervorzuheben die »17 allgemeinen
Küren«, um 1200 verfaßt, die »24 allgemeinen
Landrechte« aus der ersten Hälfte
des 13. Jahrh. und die
»Upstallsboomer
Gesetze« von 1323. Unter den
Gesetzen einzelner
Gemeinden sind am
bedeutendsten: die »Rüstringer
Satzungen« vom 13. bis zum 15. Jahrh., unter der willkürlichen Benennung »Asegabuch«
(Richterbuch) von
Wiarda sehr unkritisch herausgegeben (Berl. u.
Stett. 1805);
ferner die »Willküren der Brockmänner« (s. Brockmannen) aus dem 13. Jahrh. (hrsg. von Wiarda, Berl. 1820);
die »Emsiger Domen« (Urteile) von 1312, vollständig herausgegeben von Hettema (Leeuw. 1830);
das »Fivelgoer und Oldeampter Landrecht« (hrsg. von demselben, Dokkum 1841) und die »Hunsingoer Küren« von 1252 (im 2. Bande der Groninger »Verhandelingen« der »Genootschap pro excolendo jure patrio« 1778).
Das »Westerlauwersche oder altfriesische
Landrecht« (zuerst zu
Köln
[* 4] gedruckt im 15. Jahrh. ohne Jahr, dann unter dem
Titel: »Oude friesche netten«,
Kampen u. Leeuw. 1782) ist eine Zusammenstellung
verschiedener im Westergo gangbarer
Stücke von sehr verschiedenem
Alter. Eine kritische Sammlung aller altfriesischen Recht
squellen
von der
Lex Frisionum bis ins 15. Jahrh. veranstaltete v.
Richthofen,
»Friesische Recht
squellen« (Berl. 1840),
nebst einem altfriesischen
Wörterbuch
(Götting. 1840). Eine ähnliche
Sammlung besorgte Hettema auf
Kosten der
Friesischen
Genossenschaft unter dem
Titel: »Oude friesche netten« (Leeuw.
1846-51, 2
Tle.).
Vgl. Richthofen, Untersuchungen über friesische ¶
mehr
Rechtsgeschichte (Berl. 1880-82, 2 Tle. in 3 Bdn.).
Neuern Ursprungs ist das »Ostfriesische Landrecht« (hrsg. von v. Wicht, Aurich [* 6] 1746), welches von Graf Edzard II. (1515) herrührt.