Frei
Schiff,
[* 2] frei
Gut,
Grundsatz des modernen
Völkerrechts, wonach das auf neutralen
Schiffen befindliche
Gut im
Seekrieg
nicht weggenommen werden darf, auch wenn es feindliches
Gut ist. Man pflegt dies auch durch den
Satz auszudrücken:
»Die
Flagge deckt das
Gut«. Der im Landkrieg bei allen zivilisierten Völkern anerkannte
Grundsatz, daß die
Habe des Privatmanns
von der feindlichen Macht nicht als
Beute behandelt, daß vielmehr das Privateigentum der
Regel nach vom Feind respektiert
wird, ist nämlich im
Seerecht noch nicht zu allgemeiner
Anerkennung gediehen.
Feindliche Handelsschiffe werden von der kriegführenden Macht weggenommen. Es ist daher immerhin ein Fortschritt im Geiste der Zivilisation, daß man seit dem Ausgang des vorigen Jahrhunderts mehr und mehr wenigstens das Zugeständnis gemacht hat, daß die neutrale Flagge zugleich die Ladung decke. Es ist dies eine Konsequenz der Thatsache, daß es auf offenem Meer keine Gebietshoheit eines einzelnen Staats gibt, daß vielmehr jedes Schiff unter der Staatshoheit seines Landes steht, unter dessen Flagge es segelt.
Das Schiff erscheint gewissermaßen als ein Stück Staatsgebiet des Landes, welchem es angehört. Darum kann auf einem neutralen Schiff ebensowenig wie in dem neutralen Staatsgebiet selbst die Wegnahme von Gütern erfolgen, welche feindlichen Unterthanen gehören. Dies ist auch auf dem Pariser Kongreß 1856 förmlich anerkannt worden, mit der alleinigen Ausnahme von Kriegskonterbande, also Kriegswaffen, Munition, Materialien zur Fabrikation von Pulver etc., welche auch auf neutralen Schiffen weggenommen werden können.
Die frühere
Praxis mancher
Seemächte, welche feindliches
Gut auf neutralen
Schiffen mit der Wegnahme bedrohten
(»frei
Schiff, unfrei
Gut«),
ist damit endgültig beseitigt worden. Der
Pariser
Kongreß ging aber noch einen
Schritt weiter,
indem er auch die neutralen
Güter auf feindlichen
Schiffen der Wegnahme entzog (»unfrei
Schiff, frei
Gut«),
außer wenn
es sich um
Kriegskonterbande handelt. Hierdurch ist der frühere
Grundsatz beseitigt, welcher, entsprechend dem
Prinzip »frei Schiff
, frei Gut
G.«,
das auf unfreiem
Schiff befindliche neutrale
Gut schlechthin der Wegnahme unterwarf (»unfrei
Schiff, unfrei
Gut«).
Vgl. Wollheim da Fonseca, Der deutsche Seehandel und die französischen Prisengerichte (Berl. 1873);
Geßner, Le [* 3] droit des neutres sur mer (2. Aufl., das. 1876).