Freie
(Frilinge), bei den alten
Germanen die Hauptmasse oder der
Kern der
Nation. Aus ihm hob sich
auf der einen Seite, gleichsam als seine
Blüte,
[* 2] der
Stand der
Edelinge hervor als Nachkommenschaft durch Thaten ausgezeichneter
Geschlechter; auf der andern Seite aber war jenem
Kern des
Volkes untergeordnet der zum Teil auch aus germanischem
Blut
entsprossene, zumeist aber aus
Kriegsgefangenen erwachsene
Stand der Unfreien
(Knechte). Daneben bildete sich der
Stand der
Liten
(Hörigen, Halbfreien
) aus, welche der Schutzgewalt eines Freien unterworfen waren.
Nur der Freie
besaß Grundbesitz als freies
Eigentum, nur er nahm an dem mehr als
Ehre denn als
Last geltenden
Kriegsdienst teil,
und nur er hatte Anspruch auf das volle
Wergeld (s. d.). Durch das Wiedererstehen der Stammesherzöge
unter den letzten
Karolingern, durch die
Verleihung der
Gerichtsbarkeit über an die
Kirche, insbesondere aber durch das immer
weitere
Kreise
[* 3] ergreifende
Lehnswesen wurde die gemeine
Freiheit auf dem platten Land immer mehr beeinträchtigt.
Wenn auf der einen Seite die fortwährenden Bedrückungen von seiten der
Großen und der Heerdienst die
Freien
gewissermaßen nötigten, sich in ein Schutzverhältnis zu begeben und damit auf ihre unumschränkte
Freiheit zu verzichten,
so trug auf der andern Seite doch auch oft
Eitelkeit, welche sich durch den
Glanz an
Höfen und auf
Burgen
[* 4] blenden ließ, oder
Habsucht, welche das freie
Allod einem
Herrn übertrug, um es vermehrt in der Gestalt eines
Lehens zurückzunehmen,
oder fromme
Einfalt dazu bei, den Wert altgermanischer
Freiheit in Vergessenheit zu bringen.
Nur in Gegenden, wo besondere geographische Verhältnisse die Bewahrung altererbter
Freiheit erleichterten, wie in den
Bergen
[* 5] der
Schweiz
[* 6] und in den
Seelanden
Frieslands, erhielten sich in größerer Anzahl auf dem Land; im übrigen
Deutschland
[* 7] blieben
nur wenige kleine Landwirte übrig, welche sich in der von den
Vätern überkommenen
Stellung zu erhalten wußten (s.
Bauer).
Außerdem aber erhielten sich in den
Städten
freie Gemeinden, die
sich auch wohl noch durch Zuzug vom
platten Land vergrößerten. Im übrigen gelang es nur einer Minderzahl der alten Freien
, in den
Adel, teils in den niedern,
teils sogar in den höhern, emporzusteigen; die Hauptmasse derselben ging in dem zahllosen
Haufen der unfreien
Bauern auf und
hat ihre
Freiheit erst in neuerer Zeit zurückerlangt (s.
Bürger).
Vgl. Montag, Geschichte der deutschen staatsbürgerlichen Freiheit (Bamb. 1812 bis 1814, 2 Bde.);
Hüllmann, Geschichte des Ursprungs der Stände in Deutschland (2. Aufl., Berl. 1830).