[* ] ein Kanton der westlichen Schweiz, ist von Bern
und Waadt
begrenzt und durch den Neuenburger See von Neuenburg
getrennt; drei Parzellen,
deren größte Estavayer enthält, sind von Waadt
umschlossen. Das 1669 qkm (30,3 QM.)
große Land liegt zur stärkern Hälfte in der schweizerischen Hochebene, und dieser Teil (Üchtland) ist
eins der besten agrikolen Gebiete der Schweiz; die südlichen Teile
mehr
steigen in das Gebiet der Freiburger Voralpen hinan und tragen alpinen Charakter. Beide Teile aber sind vorherrschend Saanegebiet,
da der ziemlich große Fluß (s. Saane) das Land in seiner ganzen Länge durchzieht und von beiden Seiten die kleinern Thalrinnen
sammelt. Der Kanton Freiburg zählt (1880) 115,400 Einw., vorzugsweise
französisch-burgundischer Abstammung und katholischer Konfession, nur 18,138 Protestanten, die hauptsächlich
auf die Bern
genäherten Gebiete fallen, vorwiegend im Bezirk See (Murten), in Minderzahl schon in den Gemeinden des Sensebezirks,
sonst sehr vereinzelt (in der Stadt Freiburg 1472). In diesen beiden Bezirken auch allein überwiegt das deutsche Element; 69 Proz.
der Bevölkerung sprechen französisch, 31 Proz. deutsch.
Die Deutschen gelten als minder rührig und lebhaft als der französisch sprechende Volksteil; in Bezug auf geistige Befähigung
und Kultur erscheint das ganze Volk wenig bevorzugt und ziemlich vernachlässigt, so hübsch, stark und schlank auch durchschnittlich
sein Körperbau ist. 88 Proz. des Areals sind produktives Land; davon umfassen Acker- und Gartenland 1190 qkm,
der Wald 277 qkm, die Weinberge 2,8 qkm. Der Feldbau liefert für gewöhnliche Jahre genug Getreide, am meisten Weizen und Roggen.
Ein beträchtlicher Teil der Roggenernte hat keinen Nährwert, da die Halme (für die Strohflechterei) unreif geschnitten werden
müssen. Tabak baut man um den Murtensee; hier ist auch der Obstbau, der fast allgemein ist, am blühendsten.
Kirsch- und Zwetschenwasser wird zur Ausfuhr bereitet. Wein wächst nur an beiden Seen. Begünstigt durch mehrere Torfmoore
und das Pechkohlenlager von Semsales, kann Freiburg, trotz der geringen Waldfläche, viel Holz abgeben. Von Bulle aus wird ein Teil
auf der Saane abwärts geflößt, ein andrer geht an den Genfer See: Brenn- und Bauholz, Bretter, Rebpfähle.
Der Freiburger Rinderschlag, die schwerste der schweizerischen Rassen, hat sich in der westlichen Schweiz stark verbreitet.
In den Bergen wird Sennerei betrieben, die z. B. am Moléson und im Jaunthal die fetten Gruyèrekäse liefert.
Der Stapelplatz dieses Exportartikels ist Bulle, das, wie Romont, auch große Viehmärkte hat. Die Freiburger Pferde sind kräftige
und ausdauernde Zugtiere, von gedrungenem Körper- und Gliederbau, als Fahrpferde geschätzt.
Die Schaf- und Schweinezucht ist erheblich. Die Strohflechterei ist über das ganze Flachland ausgebreitet. Der jährliche Produktionswert
übersteigt 1 Mill. Frank. Die Uhrenindustrie von Murten ist ein Ableger der neuenburgischen (s. Chaux de Fonds).
Sonst gibt es Gerbereien, Glashütten, Sägemühlen etc. In der Stadt Freiburg zeigt sich neuerdings ein reger Eifer für die Ausbeutung
der Holz- und Wasserschätze (Société des eaux et des forêts). Ein Zementdamm schwellt die Saane zu einem
3½ km langen See an; hier befinden sich eine Fischzuchtanstalt, ein Landungsplatz des Flößholzes und 10 Glacieren, deren
jede 200 Eisenbahnwaggonladungen Eis liefert.
Transmissionen leiten die Wasserkraft auf das den Bahnhof umgebende Plateau hinauf, wo sich eine Säge, Waggonfabrik, Gießerei,
Maschinenwerkstätte, eine ganze neue Arbeiterstadt etc. angesiedelt haben. Eine besondere
Eisenbahn verbindet die untern Etablissements mit den obern. Es besteht eine Gymnasialanstalt zu und eine andre zu Murten,
seit 1850 zu Hauterive eine Ackerbauschule, mit welcher ein Lehrerseminar verbunden ist. Die öffentlichen Bibliotheken zählen
105,900 Bände, darunter die Kantonsbibliothek mit 35,800, die Bibliothèque du Clergé mit 12,000, die der
Société économique mit
20,000 Bänden. Es gibt 10 Klöster (davon 6 in der Hauptstadt) mit 254 Ordensgliedern und einem
Mobiliar- u. Immobiliarvermögen von 2,700,000 Fr.
Zufolge der Verfassung vom bildet der Kanton Freiburg einen repräsentativ-demokratischen Freistaat und als solcher ein
Glied der schweizerischen Eidgenossenschaft. Die Verfassung gewährleistet die in den Schweizer Republiken
üblichen Grundrechte, erklärt den Primärunterricht für obligatorisch und unentgeltlich, sichert der Geistlichkeit einen
mitwirkenden Einfluß auf das Erziehungswesen zu und betrachtet beide Sprachen als Landessprachen, doch so, daß der französische
Text der Gesetze etc. als Urtext gilt.
Aktivbürger, d. h. stimmfähig in politischen und Wahlversammlungen, sind
alle im Kanton wohnenden Kantons- und Schweizer Bürger weltlichen Standes, sofern sie das 20. Altersjahr zurückgelegt haben
und im Vollgenuß ihrer bürgerlichen und politischen Rechte stehen. Die politischen Versammlungen stimmen ab über Annahme
und Revision der Kantonal- und Bundesverfassung; die Wahlversammlungen wählen die zuständigen Mitglieder des Großen Rats und
des Nationalrats etc. Wahlfähig wird der stimmfähige Kantonsbürger nach vollendetem 25. Lebensjahr.
Die Legislative übt der Grand Conseil (Große Rat), dessen Mitglieder, je 1 auf 1200 Seelen, auf 5 Jahre gewählt werden. Der
Große Rat versammelt sich ordentlicherweise zweimal jährlich. Er beschließt die Gesetze, überwacht und bestimmt den Haushalt,
wählt die Abgeordneten in den eidgenössischen Ständerat, übt das Begnadigungsrecht etc.
Die Exekutive besitzt ein Conseil d'État (Staatsrat) von 7 Mitgliedern, die vom Großen Rat auf 5 Jahre gewählt werden. Im Bezirk
wird der Staatsrat durch den Préfet (Oberamtmann) repräsentiert.
Die Rechtspflege übt in oberster Instanz ein Tribunal cantonal (Kantonsgericht) von 9 Mitgliedern, vom
Großen Rat auf je 8 Jahre ernannt, in den Bezirken ein Tribunal d'arrondissement (Bezirksgericht), dessen Mitglieder gemeinschaftlich
vom Kantonsgericht und Staatsrat gewählt werden, und in unterster Instanz eine Justice de paix (Friedensgericht). Für peinliche
Sachen etc. bestehen Schwurgerichte. Die Gemeinden sind innerhalb gewisser Schranken autonom.
Ihre Verwaltung ist einem Conseil communal (Gemeinderat) übergeben, an dessen Spitze der Syndic (Ammann) steht.
Das Finanzwesen des Staats ist durch seine Beteiligung an dem schwindelhaften Ostwestbahnunternehmen sehr zerrüttet worden,
doch ist die Krisis gegenwärtig überwunden. Dem konservativen Regiment gebührt das Verdienst, durch sorgfältigen Haushalt
die Ökonomie des Staats neu geordnet zu haben. Zu Ende 1884 betrug das Staatsvermögen: an Aktivis 28,376,160,
an Passivis 23,286,000 Fr., mithin ein Überschuß von 5,090,160 Fr. Die Jahresrechnung von 1884 ergibt an Einnahmen 3,104,795
Fr., an Ausgaben 2,965,580 Fr., mithin einen Überschuß von 139,215 Fr. Die Hauptposten der Einnahmen sind: Staatsgut mit etwa
500,000, Steuern mit 2,232,000;
Hauptpost der Ausgaben: Finanzen mit ca. 1½ Mill. Fr. (das Schulwesen ist
zunächst Gemeindesache, und die staatliche Ausgabe beträgt nur 176,927 Fr.).
[Die Stadt Freiburg.]
Die gleichnamige Hauptstadt des Kantons, Freiburg im Üchtland, liegt romantisch im Felsenkessel der Saane und
an der Linie Lausanne-Bern (mit Abzweigung nach Yverdon) der Westbahn. Ein Teil der Stadt, jetzt noch wie
zur Zeit der Zähringer das Quartier der ärmern (deutschen) Klasse, steht in der tiefen Thalfurche; über dieser thronen, auf
den Vorsprüngen des linken
mehr
Steilufers, die mittlere und obere französische Stadt, in welche meist steile und enge Straßen und Treppenwege sich hinaufwinden.
Zur Erleichterung des Überganges ist eine Drahtbrücke erbaut, der am Ausgang der Gotteronschlucht hoch oben eine zweite gegenüberhängt.
Die erstere, 246 m lang und 51 m über dem Flußspiegel, wurde 1832-34 unter der Leitung des französischen
Ingenieurs Chaley erbaut und wird von vier Drahtseilen getragen. Das hervorragendste öffentliche Gebäude ist die Hauptkirche
St. Nikolaus mit einem 86 m hohen Turm, schönem Portal und einer berühmten Orgel von Maser (1834 vollendet).
Andre Sehenswürdigkeiten sind: die 1480 gepflanzte Murtener Linde, das Denkmal des edlen Paters Girard (gest.
1850), in der Umgebung der Stadt der Bahnviadukt von Grandfey und die Einsiedelei Ste.-Madeleine. Dieselbe liegt am Saaneufer
und zeigt verschiedene Räumlichkeiten: Zellen, Saal, Kirche etc., alles von einem Einsiedler in den schroffen Uferfels gehauen.
In dem ehemaligen Jesuitenpensionat St.-Michel (erbaut 1585 ff.) wohnte einst der 1864 heilig gesprochene
Pater Canisius; heute ist das Collège dort installiert. Die Stadt zählt (1880) 11,546 Einw.,
meist französischer Zunge und katholischer Konfession, und ist Sitz der Kantonsbehörden und des Bischofs von Lausanne.
Gleich den übrigen Gebieten der Westschweiz gehörte auch dasjenige des jetzigen Kantons Freiburg nacheinander
zum römischen (seit 58 v. Chr.), burgundischen (450-532), fränkischen (532-888), neuburgundischen (888-1032) und endlich
zum Deutschen Reich. 1177 legte Herzog Berchtold IV. von Zähringen, Rektor von Burgund, in dem Üchtland (Land Ogo) an der Saane
auf der deutsch-romanischen Sprachgrenze den Grund zu der Stadt Freiburg, der er die Rechte des von Berchtold
III. gegründeten Freiburg im Breisgau und einen Bann von drei Stunden im Umkreis, die »alte Landschaft«, gewährte.
Dieselbe blühte rasch auf; allein da sie nicht, wie die Schwesterstadt Bern,
auf Reichs-, sondern auf zähringischem Allodialgrund
lag, fiel sie nach dem Aussterben der Zähringer (1218) als Erbe an die Grafen von Kyburg. Die beiden Städte
verbanden sich schon 1243 durch ein ewiges Bündnis; als jedoch Freiburg 1277 durch Kauf an Rudolf von Habsburg überging, trat zwischen
ihnen eine Entfremdung ein. Wiederholt verband sich Freiburg mit dem burgundischen Adel gegen Bern
und wurde von letzterm am Dornbühl 1298 und
bei Laupen 1339 geschlagen. Zusehends lockerte sich aber das Band, welches die von bernischem und savoyischem Gebiet umgebene
Stadt an Österreich knüpfte, und nachdem sie im alten Zürichkrieg von diesem den Angriffen Berns und Savoyens preisgegeben
worden war (1448), übergab sie sich 1452 an die Herzöge von Savoyen.
Als Verbündete Berns nahm an den Burgunderkriegen Anteil und schüttelte 1477 die savoyische Herrschaft
ab, worauf es in die Eidgenossenschaft aufgenommen wurde. In F. ward 1516 der ewige Friede zwischen Franz I. von Frankreich
und den Eidgenossen geschlossen. Der Reformation zeigte es sich feindselig, was es indes nicht verhinderte, 1536 im
Bund mit Bern
Teile der Waadt
an sich zu reißen. 1555 gewann es durch den Bankrott des Grafen den größten Teil der Grafschaft Greyerz.
Außerdem besaß es mit Bern
gemeinschaftlich die Herrschaften Schwarzenburg, Murten, Orbe, Granson und Echallens. Der Bischof
von
Lausanne nahm infolge der Reformation der Waadt
seinen Sitz in Freiburg 1580 fanden die Jesuiten Aufnahme in der Stadt,
die durch Pater Canisius ein Mittelpunkt der europäischen Gegenreformation wurde. Freiburg nahm auch teil am Borromeischen und spanischen
Bündnis (1586-87). Am frühsten von allen Schweizer Städten bildete sich in ein geschlossenes Patriziat. Im 16. Jahrh. entrissen
die Räte der Gemeinde das Wahlrecht, 1627 ließen sich die hundert im Besitz der Ämter und Ratsstellen befindlichen Familien
in ein Buch eintragen und erklärten sich für allein »regimentsfähig«.
Obschon viele derselben ausstarben, wurde die Zahl der »heimlichen« Geschlechter (bourgeois secrets),
wie sich die Freiburger
Patrizier nannten, 1684 für immer geschlossen erklärt. Die »heimliche
Kammer«, eine Art Staatsinquisition, bestehend aus den 4 Bennern und 24 Heimlichern, welche sich selbst, den Rat der Sechzig
und denjenigen der Zweihundert ergänzte, gewann dadurch unbedingte Gewalt. Die Freiburger Aristokratie hatte alle die Härten
und Schwächen derjenigen Berns ohne deren Größe. Ein Aufstand der durch Unterdrückung ihrer alten Freiheiten,
Entfremdung kommunalen Eigentums und Abschaffung von Feiertagen erbitterten Bauern unter dem Major Chenaux wurde mit Hilfe bernischer
Truppen unterdrückt (Mai 1781) und eine friedliche Demonstration der Stadtbürgerschaft zu gunsten der Rechtsgleichheit mit
Verbannung ihrer Urheber bestraft (Juli 1782).
Beim Einbruch der Franzosen in die Schweiz 1798 ergab sich Freiburg ohne Widerstand, ohne dadurch seine Zeughäuser
und Staatskassen vor Plünderung bewahren zu können. Die Mediationsakte von 1803 erhob es zu einem der sechs Direktorialkantone
und gab ihm eine repräsentativ-demokratische Verfassung. Nach dem Einrücken der Verbündeten stellte jedoch im Januar 1814 der
zur Mehrheit aus Patriziern bestehende Große Rat die alte Aristokratie wieder her mit der Modifikation,
daß der Große Rat neben 108 Patriziern auch 36 Vertreter der nichtpatrizischen Bürgerschaft und der Landschaft zählen sollte.
Anfänglich zeigte sich indes die neue Regierung dem geistigen Fortschritt geneigt und unterstützte den trefflichen Pater
Girard in seinen Bestrebungen, das Schulwesen des Kantons zu heben. Allein 1818 berief der Große Rat mit 62 gegen 49 Stimmen
die Jesuiten, welche 1823 die Schließung der Schulen Girards durchsetzten und durch Gründung eines großen Kollegiums, das zuzeiten 700 Zöglinge
aus allen Ländern Europas zählte, Freiburg zu einer Metropole des Ultramontanismus machten. 1830 ging von dem
protestantischen Murten das Verlangen nach einer Revision der Verfassung aus, und durch eine drohende Volksdemonstration eingeschüchtert,
willigte das Patriziat in die Berufung eines Verfassungsrats, dessen Werk eine auf allgemeine Rechtsgleichheit gegründete
Vertretung herstellte und ohne Volksabstimmung in Kraft gesetzt wurde.
Durch die Bewegung hatte eine gemäßigt-liberale Partei die Oberhand erhalten. Die Ausschließung des Bischofs
aus dem Verfassungsrat, in welchen er gewählt worden war, die Ausweisung eines Jesuiten wegen aufrührerischer Reden, die Errichtung
einer dem bischöflichen Einfluß entzogenen Zentralmittelschule u. a. erbitterten die Jesuitenpartei
aufs höchste, und dieselbe bewies ihre Macht in den Neuwahlen von 1836, welche ihr das Übergewicht im
Großen Rat ver-
liehen, worauf 1837 auch die Regierung in ihrem Sinn bestellt wurde. Jetzt schloß sich Freiburg den übrigen ultramontanen Kantonen
aufs engste an; 1845 wurden die höhern Lehranstalten den Jesuiten übergeben, und beschloß der Große Rat nach erregten
Verhandlungen, welche zuerst die Existenz des Sonderbundes öffentlich in der Schweiz bekannt machten, den
Beitritt zu demselben. Ein Aufstand der liberalen Bezirke Murten, Estavayer und Bulle wurde mit Waffengewalt unterdrückt
worauf viele der angesehensten Männer eingekerkert oder zur Flucht getrieben wurden.
Das isolierte Freiburg wurde von Dufour zuerst angegriffen und kapitulierte nach kurzem Gefecht schon 14. Nov. Nach
dem Einzug der eidgenössischen Truppen setzte eine Versammlung im Theater eine provisorische Regierung ein, welche die Jesuiten
vertrieb, ihre Güter einzog und von dem neuen, unter dem Eindruck des Kriegs in freisinnigem Geist bestellten Großen Rat bestätigt
wurde. Um die Kriegskosten zu bestreiten, hob dieser die Klöster auf, belastete die Urheber des Sonderbundes
mit einem unverzinslichen Zwangsanlehen von 1,600,000 Fr. und setzte ohne Volksabstimmung eine neue Verfassung in Kraft, welche
direkte Wahlen einführte, jeden Zensus abschaffte, das Unterrichtswesen zur Sache des Staats machte, den Primärschulbesuch
für obligatorisch und unentgeltlich erklärte, die Immunitäten der Geistlichkeit und (zuerst in der Schweiz)
die Todesstrafe abschaffte.
Vermittelst Festsetzung langer Amtsdauer des Großen Rats und der Regierung hofften die Liberalen, die freisinnigen Zustände
auf die Dauer begründen zu können, aber vergeblich. Als die Regierung auf einer Konferenz der zur Diözese Lausanne gehörigen
Kantone eine Neuorganisation des Bistums vorschlug, welche den Bischof von den Regierungen abhängig gemacht
hätte, erhoben die Ultramontanen einen Aufstand, worauf Truppen von Bern
und Waadt
den Kanton besetzten und das Volk entwaffneten,
Bischof Marilley aber verhaftet, von den Diözesanständen (Freiburg, Genf,
Bern,
Neuenburg,
Waadt)
entsetzt und als Verbannter nach Frankreich gebracht wurde.
Inzwischen gründete der Große Rat aus dem konfiszierten Vermögen der Klöster eine Irrenanstalt, ein Greisenasyl,
eine Rettungsanstalt, ein Arbeitshaus, ein Kantonspital. Nachdem ein zweiter und dritter »Putsch« und
gescheitert waren und die Bundesversammlung die Gesuche der Ultramontanen um Herstellung der Volksrechte ebenfalls abgewiesen
hatte, kam es zu einem vierten Aufstand.
Die Insurgenten besetzten unter der Führung des Obersten Perrier die Kantonschule, den höchst gelegenen Punkt der Stadt,
wurden aber nach blutigem Kampf von der Bürgerwehr besiegt. Die Anführer traf 5-30jährige Verbannung. Glücklicher waren
die Ultramontanen in den Wahlen. Schon 1854 gehörte ihnen die ganze Vertretung des Kantons im Schweizer
Nationalrat an, und Eisenbahninteressen veranlaßten 1855 die Liberalen, zur Wahl zweier Führer derselben in den Staatsrat die
Hand zu bieten. 1856 wurde dem Bischof Marilley die Rückkehr gestattet, immerhin unter genauer Begrenzung der bischöflichen
Gewalt.
Unmittelbar darauf erlangten die Ultramontanen bei der Erneuerung des Großen Rats einen vollständigen
Sieg, und eine neue, 24. Mai vom Volk angenommene Verfassung trug den Wünschen der Kirche Rechnung. Aus
der Regierung wurden alle
Liberalen entfernt; Perrier wie den übrigen Verbannten wurde die Rückkehr gestattet, das Dekret über die Aufhebung der Klöster
zurückgenommen und die Jugendbildung aufs neue in die Hände des Klerus gelegt. So gewährt seit 1857 Freiburg auf
allen Gebieten den Anblick einer reaktionären Bewegung. 1868 wurde die Todesstrafe wieder eingeführt.
Die Bundesrevisionen von 1872 und 1874 verwarf der Kanton mit großem Mehr, ebenso mit wenigen Ausnahmen die seither zur Abstimmung
gekommenen Bundesgesetze. Infolge der unbedingten klerikalen Parteiherrschaft petitionierte der protestantische
Bezirk Murten bei der Bundesversammlung 1870 um Trennung von und Anschluß an Bern,
wurde jedoch abgewiesen. Anerkennenswert ist die
Geschicklichkeit, womit die jetzige Regierung dem Kanton aus der finanziellen Krisis, in welche er durch die Eisenbahnbauten
der 60er Jahre geraten war, geholfen hat. In jüngster Zeit hat sich die herrschende Partei in Ultramontane
und gemäßigt Konservative gespalten, die nach ihren Zeitungsorganen »Libertards«
und »Bienpublicards« genannt werden.
Während sich die Hoffnung auf ein Zusammengehen der letztern mit den Liberalen nicht erfüllt hat, gelang es den erstern 1880,
durch ihre Umtriebe in Rom die Ersetzung des Bischofs Marilley, der sich den Gemäßigten zugeneigt hatte,
durch Cosandey zu bewirken, der indes schon 1882 starb. Daß sein Nachfolger Mermillod (s. d.) mäßigend auf das rücksichtslose
Parteitreiben in Freiburg einwirken werde, ist nach seiner Vergangenheit kaum zu erwarten.
Vgl. Kuenlin, Der Kanton Freiburg (St. Gallen
1834) und »Dictionnaire géographique, statistique et historique du canton de Fribourg« (Freib. 1832, 2 Bde.);
Werro, Recueil diplomatique du canton de Fribourg (das. 1839-44);
Berchthold, Histoire du canton de Fribourg (das. 1841-1852, 3 Bde.);
Raemy, Mémoires pour servir à l'histoire du canton de Fribourg 1796 à 1866 (Basel
1869, Bd.
1);
Esseiva, Freiburg, die Schweiz und der Sonderbund (deutsch, Freib. 1885).
[* ] 1) Freiburg im Breisgau, Hauptstadt des bad. Kreises Freiburg, der (1885) auf 2186 qkm (39,7 QM.)
209,853 Einw. zählt, sowie des gleichnamigen Amtsbezirks, liegt 298 m ü. M. in schöner und fruchtbarer Gegend am westlichen
Fuß des Schwarzwaldes, auf beiden Seiten der von hier ab kanalisierten Dreisam, über welche sechs Brücken
führen, und ist Knotenpunkt für die Linien Mannheim-Konstanz und Freiburg-Alt-Breisach der Badischen Staatsbahn. Die Stadt, welche
sich in neuerer Zeit unter den badischen größern Städten verhältnismäßig am meisten ausgedehnt hat, zerfällt in die
eigentliche Stadt und die beiden Vorstädte Wiehre und Herdern.
Nur wenige Straßen (in der Altstadt) sind krumm und winkelig, die meisten derselben, besonders die neuangelegten,
sind hell und breit. Von den alten Stadtthoren sind noch drei erhalten: das Martins-, Breisacher und Schwabenthor. Von den
zahlreichen öffentlichen Brunnen sind sehenswert der Albertsbrunnen, der gotische an der Münsterstraße und der Herzog Bertholds-Brunnen
in der Kaiserstraße sowie der Brunnen auf dem Franziskanerplatz mit dem Standbild des Berthold Schwarz,
der hier das Pulver erfunden haben soll, ferner mehrere Springbrunnen und im Alleegarten ein künstlicher Wasserfall. Das großartige
Siegesdenkmal zu Ehren der Kämpfe des 14. Armeekorps
bei Mömpelgard unter Werder (nach einem Modell von Möst in Karlsruhe) wurde 1876 enthüllt. Ein Meisterwerk gotischer Baukunst
ist das Münster (jetzt erzbischöfliche Kathedrale), dessen einzelne Teile verschiedenen Zeiten angehören. Von der um 1120 begonnenen
romanischen Kirche sind noch die Querschiffe und die untern Partien der Hahnentürme erhalten. Das dreischiffige
Langhaus mit seinem schönen Turm, der um 1287 vollendet wurde, ist in frühgotischem Stil erbaut.
Der Bau des Chors ist erst 1354 begonnen. Das Münster ist aus rotem Sandstein in Form eines Kreuzes gebaut. Das mittlere Schiff
des Langhauses ist 52,5 m lang und 8,1 m breit, die beiden Seitenschiffe
haben nur eine Breite von je 6 m; das mittlere Gewölbe hat eine Höhe von 24,6 m; die Länge der ganzen Kirche beträgt 120 m.
Das untere Dritteil des 116 m hohen Turms bildet ein Viereck, in welchem sich das mit Bildwerk reich ausgestattete Portal befindet.
Darauf erhebt sich ein Achteck und auf schmalen Pfeilern zwischen Spitzbogen die ebenfalls achteckige, kühn
durchbrochene Pyramide.
Der Hochaltar ist mit Bildern von Hans Baldung verziert; schöne Glasgemälde aus älterer und neuerer Zeit bilden die Fenster.
Bemerkenswert sind die Grabmonumente mehrerer Herzöge von Zähringen, des Generals v. Roth u. a. Unter den acht übrigen Kirchen
ist die im edlen Rundbogenstil 1829 bis 1838 erbaute evang. Ludwigskirche, eine frühromanische
Basilika mit drei Schiffen, die hervorragendste. Die gotische St. Martinskirche aus dem 13. Jahrh. ist 1880-81
restauriert worden.
Die Universitäts-, vormals Jesuitenkirche ist den Altkatholiken eingeräumt, die Synagoge 1871 gebaut. Andre hervorragende
Gebäude sind: das Museum, das Theater, das Kaufhaus aus dem 15. Jahrh., 1879-80 restauriert, dessen Hauptsaal
zu Konzerten und Bällen dient, das großherzogliche Palais, die Gebäude der Anatomie, des pathologischen Instituts, der Augenklinik,
der Universität, der Universitätsbibliothek, die Entbindungsanstalt, das Bürgerspital, das altertümliche Rathaus, das Kornhaus
(seit 1876) mit prächtigem Saal, die Kunst- und Festhalle, das Gymnasium, mehrere Volksschulgebäude u. a.
Es bestehen Gas- und Wasserleitung, und eine Pferdebahn ist projektiert. Die Einwohnerzahl beträgt (1885) mit der Garnison (Infanterie-Regiment
Nr. 113) 41,310; 1880 zählte man 27,131 Katholiken, 8375 Evangelische u. 725 Juden.
Die lebhafte Industrie beschäftigt sich mit der Fabrikation von Nähseide (zwei Fabriken mit 1400 Arbeiterinnen),
Baumwollgarn und Zwirn, Kunstwolle, Holzstoff, Papier, Goldleisten, Parkettböden, Porzellanknöpfen und künstlichen Perlen (400
Arbeiter), Musikwerken, künstlichem Dünger, Zement, Zichorie, Feuerspritzen; auch gibt es Dampfmühlen und eine große Eisengießerei.
Der Handel hat nur in Wein (nach Württemberg) und Holz (nach Frankreich) größere Ausdehnung, sonst, besonders in Landesprodukten,
ist er meist auf die Umgegend beschränkt. Es bestehen eine Reichsbanknebenstelle, eine Filiale der Rheinischen
Kreditbank und eine städtische Sparkasse (1827 gegründet).
Die Universität, welche vom Erzherzog Albrecht VI. von Österreich gestiftet und 1460 eröffnet ward (s. unten) und zu Ehren
des Großherzogs Ludwig I. den Namen Albert Ludwig-Hochschule führt, zählte im Wintersemester 1885/86: 1012 Studierende
und 65 Dozenten. Die Bibliothek zählt 130,000 Bände und 600 Handschriften. Zur Universität gehören noch: ein reichhaltiges
Naturalienkabinett und andre Sammlungen, ein klinisches Spital, eine Entbindungsanstalt und eine Augenklinik. An
andern Bildungs-
und sonstigen öffentlichen Anstalten besitzt ein Gymnasium, eine Real-, Gewerbe-, landwirtschaftliche Winter- und eine
Handelsschule, ein Theater, ein Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern, das reichdotierte Heiligegeist-Hospital (mit Pfründnerhaus),
eine Blindenversorgungsanstalt etc. Auch eine Naturforschende Gesellschaft, eine Gesellschaft für Geschichtskunde, eine Anthropologische
Gesellschaft; ein Kirchlich-historischer Verein und ein Kunstverein haben in Freiburg ihren Sitz.
Außer den städtischen Behörden, die aus 20 Mitgliedern des Magistrats und 96 Stadtverordneten bestehen,
befinden sich in ein Landeskommissariat, ein Kreisamt, ein Landgericht (für die zwölf Amtsgerichte zu Alt-Breisach, Emmendingen,
Ettenheim, Freiburg, Kenzingen, Lörrach, Müllheim, Neustadt im Schwarzwald, Schönau i. W., Schopfheim, Staufen und Waldkirch), ein Amtsgericht,
ein katholischer Erzbischof für die oberrheinische Kirchenprovinz (Baden, Württemberg, Hohenzollern, Hessen und Hessen-Nassau)
nebst Domkapitel und theologischem Seminar, ein Hauptsteueramt sowie der Stab der 29. Division, der 27. Infanterie-
und 29. Kavallerie-Brigade. Die Umgebung ist reich an schönen Punkten. Namentlich gewähren der Schloßberg und der Loretohügel
reiche Aussicht auf den nahen Schwarzwald, die Rheinebene und die Vogesen. Weiterhin bietet das Höllenthal lohnende Ausflüge
aller Art.
Geschichte. Freiburg ward 1091 vom Herzog Berthold II. von Zähringen gegründet, welcher höchst wahrscheinlich das aus der Römerzeit
herstammende Kastell auf dem Schloßberg für seine Ansiedelung benutzte. Sein Nachfolger Berthold III. erhob es 1115 zur Stadt,
und Herzog Konrad, der Bruder und Nachfolger des letztern, gab ihm 1120 eine der kölnischen nachgebildete
freisinnige Verfassung. Unter diesem Fürsten wurde auch der Münsterbau begonnen. Nach dem Aussterben der Zähringer mit Berthold
V. (1218) fielen ihre Besitzungen an die Grafen von Urach, von denen ein Zweig sich »von Freiburg"
nannte.
Graf Egino II. verkaufte die Stadt 1368 an Österreich. Als Herzog Friedrich »mit der leeren Tasche« dem Papst
Johann XXIII. zur Flucht hierher verhalf und deshalb in die Reichsacht kam, fiel die Stadt auf 12 Jahre ans Reich, huldigte aber 1427 ihrem
alten Herrn wieder. Erzherzog Albrecht eröffnete 1460 in Freiburg die Universität, welche vom Papst Calixtus III. errichtet
war, und deren Stiftungsurkunde vom datiert. In den ersten Jahrzehnten betrug die Zahl der
dort Studierenden wenig über 140. Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Stadt 1632 und öfter von den Schweden besetzt
und 1644 von den Bayern unter Mercy genommen.
Vom 4.-7. Aug. d. J. ward bei der Stadt zwischen den Bayern und den Franzosen hartnäckig gekämpft. Als
im Herbst 1677 die kaiserlichen Truppen Befehl erhielten, in Schwaben zu überwintern, rückten die Franzosen unter Marschall
Créqui schnell vor Freiburg, das sich ihnen 16. Nov. ergeben mußte. Nun blieb Freiburg 20 Jahre lang bei Frankreich, an das es durch
den Nimwegener Frieden 1679 förmlich abgetreten wurde. Ludwig XIV. ließ die Vorstädte Neuburg und Adelhausen niederreißen
und befestigte die Stadt. Durch den Ryswyker Frieden kam Freiburg 1697 wieder unter die österreichische Herrschaft zurück. Am abermals
von den Franzosen unter Villars durch Kapitulation genommen, fiel es 1714 infolge des Rastatter Friedens an
Österreich zurück. 1744 wurde Freiburg wiederum durch die Franzosen belagert und kapitulierte 28. Nov. Bald nach
mehr
dem Abzug der Besatzung schleiften die Franzosen die Festung, und in diesem Zustand wurde die Stadt im Aachener Frieden (1748)
an Österreich zurückgegeben. Durch den Frieden von Campo Formio (1798) fiel an Herkules III. von Este, Herzog von Modena, als
Entschädigung, nach dessen Tod 1803 an den Erzherzog Ferdinand, 1806 aber an Baden. 1821 ward der erzbischöfliche
Stuhl von Konstanz nach Freiburg verlegt. Am fand hier ein Gefecht zwischen den badischen Aufständischen und den deutschen
Bundestruppen statt, welch letztere siegten und 24. April die Stadt einnahmen.
Nachdem Ende Juli 1849 die »provisorische Regentschaft« vor dem Anzug der Preußen Karlsruhe verlassen hatte,
nahm dieselbe in Freiburg ihren Sitz, sowie sich auch hier die Reste der Insurgenten unter Sigel sammelten, aber beim Herannahen
der Preußen die Stadt räumten, welche von diesen 7. Juli besetzt und erst 1851 wieder geräumt wurde. Seit Anfang der 60er
Jahre hat Freiburg einen erheblichen Aufschwung genommen.
Vgl. Schreiber, Urkundenbuch der Stadt Freiburg (Freib.
1828-29, 2 Bde.);
Derselbe, Geschichte der Stadt und Universität Freiburg (das. 1857-60, 7 Tle.);
Bader, Geschichte der Stadt Freiburg (das.
1882-83, 2 Bde.);
»Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau
etc.«
2) Freiburg (Freyburg) an der Unstrut, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, Kreis Querfurt, an der Unstrut,
hat ein Amtsgericht, eine Stadtkirche in halb gotischem, halb romanischem Stil mit zwei Türmen und (1885) 3142 evang. Einwohner,
welche Acker- und Weinbau, Fabrikation von Schaumwein, Zement, Knochenmehl, Papier, Holzstoff und Ziegelsteinen betreiben. Auf
dem Marktplatz steht die Statue des Herzogs Christian IV. von Sachsen-Weißenfels, und unmittelbar über
der Stadt erhebt sich das alte, von Ludwig dem Springer um 1062 erbaute und nach seiner Zerstörung durch den Erzbischof von
Magdeburg (1139) vom Landgrafen Ludwig dem Eisernen wieder aufgebaute (lebendige Mauer), in seiner jetzigen Gestalt aber größtenteils
von den Herzögen von Sachsen-Weißenfels herrührende Bergschloß Neuenburg
mit Kapelle, Bankettsaal, Wartturm, welches jetzt als Wirtschaftsgebäude
des dazu gehörigen Kammergutes dient.
In der Nähe von Freiburg ist der »Edelacker«, welchen der Sage nach unter Ludwig dem Eisernen der die Bauern arg bedrückende Adel,
zur Strafe vor den Pflug gespannt, umackern mußte. Die Stadt ist so alt wie die Burg; 1293 wurde sie vom
König Adolf von Nassau erobert und verwüstet, von Friedrich dem Freidigen wieder aufgebaut. Am kam es hier zu einem
Gefecht zwischen den Preußen unter Henckel v. Donnersmark und einigen polnischen Bataillonen, denen ein großer
Trupp österreichischer Gefangener abgenommen wurde. In F. starb der Turnvater Jahn.
3) Freiburg unterm Fürstenstein, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Schweidnitz, 279 m ü. M., an der Polsnitz und der
Linie Breslau-Sorau-Halbstadt der Preußischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche,
ein Realprogymnasium, Aktiengesellschaft für schlesische Leinenindustrie, sehr bedeutende Uhrenfabrikation
(1600 Arbeiter), Emailwarenfabrikation und (1885) mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 10) 9014 Einw.,
darunter 2400 Katholiken. In der Nähe das alte und neue Schloß Fürstenstein sowie die 1840 zur freien Standesherrschaft Fürstenstein
erhobenen Majoratsherrschaften Fürstenstein, Waldenburg und Friedland.
4)
Freiburg im Üchtland in der Schweiz), s. Freiburg,
Kanton (S. 638).
5) in Hannover, Flecken im preuß. Regierungsbezirk Stade, Kreis Kehdingen, in fruchtbarer Marschgegend unweit der Elbe, zu der
ein schiffbarer Kanal führt, hat ein Amtsgericht, ein Landratsamt, eine evang. Pfarrkirche und (1885) 2281 Einw., welche Korn- und
Viehhandel, Schiffahrt und Fischerei betreiben. - Das Amt Freiburg umfaßt das alte Land Kehdingen zwischen Schwinge
und Oste, vorzugsweise Marsch-, aber auch Moorland mit Ackerbau, vortrefflicher Viehzucht und Schiffahrt.
6) Neu-Freiburg, deutsche Kolonie in Brasilien, s. Novo Friburgo. ^[richtig; Nova Friburgo.]
französisch Fribourg. Kanton der schweizerischen Eidgenossenschaft, in der offiziellen
Reihenfolge der Kantone deren neunter.
Lage und Grösse.
Der Kanton umfasst eine Fläche von 1675 km2 und zählte am 127951 Ew.; seiner Fläche nach steht er unter den
schweizerischen Kantonen an achter, seiner Bevölkerung nach an neunter Stelle. Er liegt zwischen 46° 04' und
47° n. Br. und zwischen 4° 28' und 5° 04' ö. L. von Paris (oder zwischen 6° 48' und 7° 24' ö. L. von Greenwich). Seine
grösste Länge erreicht er mit 66 km auf der in der Richtung NNO. verlaufenden Linie von der Chaux de Naye (in der Gruppe
der Rochers de Naye) bis Fräschels (am Rand des Grossen Mooses).
Die Breite schwankt stark; sie nimmt von dem in die Spitze über Allières auslaufenden Zipfel an rasch zu, erreicht zwischen
Montet (an der Kleinen Glâne) und dem Gipfel des Schafharnisch mit 45 km ihr Maximum, beträgt zwischen Greng und Liebistorf
noch 9,5 km und nimmt dann bis zur Spitze von Fräschels stetig wieder ab. Im Mittel kann man sie auf etwa 40 km veranschlagen.
Alle diese Zahlen beziehen sich nur auf den zusammenhängenden Körper des Kantons und lassen dessen Enklaven ganz ausser
Betracht.
Begrenzt wird der Kanton im N. und O., von Witzwil am NO.-Ende des Neuenburgersees bis zur Dent de Ruth,
vom Kanton Bern;
im S. und W., von der Dent de Ruth bis Gletterens und von Delley bis zur Mündung der Broye in den Neuenburgersee, vom Kanton Waadt.
Auf der Strecke Gletterens-Delley grenzt der Hauptkörper des Kantons mit dem nach NW. vorgeschobenen
Zipfel von Saint Aubin auch an den Neuenburgersee. Zum Kanton Freiburg
gehören noch eine Reihe von kleineren Gebieten, die als Enklaven
von anderen Kantonen gänzlich umschlossen sind. So liegen die Freiburger Enklaven Surpierre (Ueberstein) und Vuissens im Kanton Waadt
und die Enklave Wallenbuch ganz im Kanton Bern,
während das Gebiet von Estavayer mit den Gemeinden der Haute Broye,
das sonst auf allen übrigen Seiten von Waadtländer Boden umschlossen ist, im NW., von Cheyres bis Forel, an den Neuenburgersee
stösst. Umgekehrt liegen dagegen mitten im Kanton Freiburg
die beiden Berner Enklaven Münchenwiler und Clavaleyres.
Geologie.
Der Kanton Freiburg
bildet in geologischer Hinsicht zwei scharf getrennte Gebiete: das tertiäre Hügelland mit ⅔
der Oberfläche und das Alpenland. Das Freiburger Hügelland hat eine angenehm wellige Oberfläche, wo Kulturland in den
ebenen Teilen mit Waldungen auf den Erhebungen wechseln. Die Oberflächenformen sind das Ergebnis der Erosion, welche in
flachliegende Schichten Thaleinschnitte mit steilabfallenden Rändern, in aufgerichtete Schichten dagegen
je nach der Widerstandsfähigkeit des Gesteins abwechslungsweise Thälchen gegraben und aus den dazwischenliegenden härteren
Schichten abgerundete Hügelzüge herausmodelliert hat.
Den Untergrund bilden Tertiärablagerungen
(Oligocän u. Miocän). Im NW., zwischen der Senke des Neuenburgersees und einer
Linie, welche, von SW. nach NO. verlaufend, in etwa 7 km Entfernung parallel zum Alpenrande streicht,
sind die Molasseablagerungen fast horizontal gelagert. In der Nähe dieser Linie heben sie sich allmählig gegen die Alpen
zu und fallen dann plötzlich ziemlich steil nach SO. ein. Somit bildet diese tektonische Linie eine wirkliche Antiklinalachse,
durch welche das eigentliche Tertiärbecken von der subalpinen Molassezone getrennt wird, in welch' letzterer
die Schichten noch intensiv gefaltet und sonst gestört sind, aber im allgemeinen gegen die Alpen einsinken.
Die Antiklinalachse ist nicht nur eine blosse Umbiegung, sondern zugleich auch eine Verwerfungslinie, längs welcher die
älteren Tertiärschichten der subalpinen Zone gegen die jüngeren im NW. überschoben sind. Dies ist
besonders in der Nähe von Oron aufs deutlichste zu ersehen, wo die marine Molasse die oberoligocänen Ablagerungen direkt
berührt. Das ganze Gebiet im NW. der Antiklinallinie besteht fast ausschliesslich aus mariner Molasse (helvetische und obere
burdigalische Stufe); die subalpine Zone weist hauptsächlich Oligocän (kohlenführende untere Süsswassermolasse
und rote Molasse) auf.
Die Facies dieser Schichten ist im allgemeinen eine sandige und mergelige. In der Nähe des Alpenrandes (bei Châtel Saint Denis,
am Gibloux und bei Pont la Ville) finden sich hingegen ausgedehnte Geschiebeablagerungen, in denen Nagelfluhschichten mit sandigen
und mergeligen Zwischenlagern wechseln und dies sowohl im Oberoligocän als auch im Burdigalien und besonders
im marinen Helvetien. Die tertiären Kohlen sind bei Oron, Saint Martin und Corpataux mit mehr oder weniger Erfolg, oft auch
nur versuchsweise, abgebaut worden. Die Sandsteine der verschiedenen Stufen liefern vielerorts brauchbare Bausteine. Die
harten Sandsteine von Vaulruz besonders werden als geschätztes Material zu Treppenstufen verarbeitet.
Die Oberflächenformen der Tertiärlandschaft sind nicht nur durch die Erosion des Untergrundes bedingt, sondern auch durch
das Vorhandensein von bedeutenden Gletscherschuttablagerungen, welche die Unebenheiten merklich ausgleichen, indem sie die
Abhänge bedecken und die Vertiefungen ausfüllen. Die sandig-tonige Beschaffenheit dieser Gebilde bedingt die Fruchtbarkeit
des Bodens, da der reine Sandsteinboden sonst unfruchtbar und meist nur mit Wald bestanden ist.
Das Alpengebiet des Kantons Freiburg,
die Greierzer Alpen, gehört den sog. romanischen Voralpen (auch Stockhornalpen genannt; s. diesen Art.)
an. Es umfasst aber nur ihren nw. Abschnitt, der von der subalpinen Molassezone bis in den zentralen Teil reicht
(vergl. den Art. Präalpen). Drei Gebiete können hier unterschieden werden: 1. Das Flyschgebiet, umfassend die Hügelketten
des Niremont, der Alpettes und der Berra mit dem Cousimbert. In diesem Flysch (mergelige Schiefer mit Sandsteineinlagerungen)
stecken zahlreiche Fetzen von Kreide-, Jura- u. Triasschichten;
2. Die Kalkketten, wo sich zunächst in diskordanter Lagerung
die ganze Reihenfolge der Trias-, Jura- und Kreideschichten an die Flyschzone anlehnt.
Auf die anormale Kontaktlinie folgt
darin ganz regelmässig gefalteter Schichtenbau. Die beiden Hauptgebirgszüge, Ganterist und Vanil Noir, umfassen je zwei Gewölbe
mit dazwischenliegenden Mulden. Die Gewölbe sind oft bis auf die Trias hinunter ausgewaschen; in den Mulden findet
sich Kreide (Neocom und rote obere Kreide) und oft auch Flysch. Die dazwischenliegenden Kämme bestehen aus Malm und oft auch
aus unterem Lias. 3. Die SO.-Ecke des Kantons greift noch auf die mittlere Zone der Voralpen über, wo der Flysch mit ähnlicher
Beschaffenheit wie am Niremont ein breites Gebiet einnimmt, an dessen NW.-Rand eine überschobene Kette,
die der Gastlosen, sich anlehnt. Diese, aus Kreide, Malm u. Trias bestehend, erreicht ihren höchsten Punkt in der Dent de Savigny
(2255 m). (Siehe geologisches Profil.) Die tief eingeschnittenen Thäler des Hongrin, der Saane, des Jaunbachs, der Sense u. ihrer
Zuflüsse lassen den geologischen Bau des Gebirges ausserordentlich klar erkennen. Die Hauptthäler sind
alle quer zur Faltung gerichtet, während die Nebenthäler als Längsthäler entweder im Verlauf der Mulden
mehr
liegen oder in die tief aufgerissenen Gewölbe eingeschnitten sind; einige derselben sind teilweise auch Querthäler, so
z. B. dasjenige des Rio du Mont und des Motélon. Die Freiburger Alpen haben wie alle Kalkgebirge zahlreiche grosse Quellen,
sog. Strom- oder Karstquellen, so z. B. die Quelle des Jaunbachs (Cascade de Bellegarde; welche mit 6000 Sekundenlitern
Wasser einer Felsspalte entspringt), die Quellen von Fornys, Bonnefontaine und der Chapelle du Roc (bei Galmis). Im Saanethal entspringt
die grosse Quelle der Neirivue, die einem Wasserverlust des Hongrin oberhalb Montbovon zugeschrieben wird. Dem Felskopf des
Moléson entspringen ebenfalls zwei beträchtliche Quellen (Tzuatzau und Marmotheys). Alle diese grossen
Quellen kommen aus dem obern Jura oder dem Neocom.
Bibliographie: Gilliéron, V. Les Alpes de Fribourg... u. Gilliéron, V. Descr. des territoires de Vaud, Fribourg et Berne compris...entre le Lac de Neuchâtel et la Crête du Niesen. (Beitr. zur geolog. Karte der Schweiz. 12 und 18). Bern
1873 und 1885. -
Favre, E., und H. Schardt. Descr. des Alpes du Cant. de Vaud... (Beitr. zur geolog. Karte der Schweiz. 22). Bern
1887.
Orographie.
Wie in geologischer bildet der Kanton Freiburg
auch in orographischer Beziehung zwei sehr von einander verschiedene landschaftliche Bezirke.
Das an die Senke des Neuenburgersees sich anlehnende Stück Mittelland wird von den zwei grossen und hier
merkbar nach NO. gerichteten Thälern der Broye und Saane durchfurcht. Die Saane fliesst in einem tief in die Molasseschichten
eingeschnittenen Thal, das besonders in den zahlreichen Mäanderkrümmungen oft den Anblick eines Cañons gewährt und vom
Fluss immer noch weiter ausgewaschen wird. Es ist somit das Saanethal eine immer schärfer sich ausgestaltende
Erosionsfurche. Im Gegensatz dazu zeigt uns die Broye das Bild einer ebenen, breiten Thallandschaft, die vom Flusse beständig
weiter aufgeschüttet wird.
Unzählige Nebenadern von Saane und Broye entwässern das freiburgische Hügelland und bestimmen dessen Reliefformen. Eine
erste, zwischen der Senke des Neuenburgersees und dem Thal der Broye sich erhebende Reihe von Hügelzügen
kann man als die Zone des Vuilly (Wistenlach) bezeichnen; sie erreicht eine mittlere Höhe von 500 m und gipfelt im Mont Vuilly
mit 634 m. Das Freiburger Mittelland im engeren Sinne steigt mit einer Reihe von Höhenzügen von 600-800
m bis zum Fuss der Alpen an. Sein höchster Punkt ist der Mont Gibloux (1203 m). Seinem geologischen und orographischen Aufbau,
wie seinem landschaftlichen Charakter nach ist es eine Fortsetzung des Waadtländer Berglandes des Mont Jorat.
Die Freiburger oder Greierzer Alpen beginnen mit einer Bergzone, deren wellige und rundliche Formen durch
die sie aufbauenden wenig widerstandsfähigen Schichten des hier der Hauptsache nach schieferigen und tonigen Flysch bedingt
sind. Nur an wenigen Stellen werden diese sanften Bergformen von einigen schroffern Felspartien, die aus Jura- oder Neocomschichten
bestehen, unterbrochen. Zu dieser Vorzone der Alpen gehören der Mont Corbettes (1498 m), Niremont (1514
m), die Alpettes (1415 m) und die Siaz (1390 m), zwischen welchen die beiden Quellarme der Veveyse und die Trème sich ihre Betten
gegraben haben.
Nördl. der Saane erhebt sich über Villarsbeney der Kamm des Mont Salvens-Bifé (1533 m), der sich über die Berra u. den Cousimbert
(Käsenberg; 1634 m) bis zur Müscheneck (1278
m) und zum Schweinsberg (1649 m) fortsetzt; ö. vom Thal der Sense endlich finden
wir die Pfeife (1657 m), den Seelibühl (1754 m) und den Gurnigel (1544 m). Alle diese Flyschberge sind an den untern Gehängen
mit Wald und im obern Abschnitt mit oft nassen Alpweiden bestanden. Mit ihren den Höhenzügen des Mittellandes
entsprechenden Formen und ihrer schon an die Alpen anklingenden Höhenlage bilden sie eine Zwischenzone zwischen diesen beiden
Gebieten.
An den Gürtel der Flyschberge oder, wie wir sie auch nennen können, die Zone des Gurnigel schliesst sich alpeneinwärts
die Zone des Ganterist an, die den am linken Ufer der Saane aufsteigenden Moléson (2005 m) und die Tremettaz
(1909 m), seinen sw. Ausläufer, umfasst. Der Moléson ist ein aus Neocom und Malm bestehender und auf einem Sockel von Dogger,
Lias und Trias stehender isolierter Synklinalrücken. Als Gegenstück zum Moléson erhebt sich zwischen den
beiden Armen der Veveyse der ausschliesslich liasische und triasische Stock von Grevallaz, und nach NO. senkt sich der aus
denselben Schichten bestehende Kamm von Les Clefs langsam bis zu dem über dem Rande des Saanethales stehenden Mont Barry ab.
Die U-förmig gebogenen Schichten des Molésonrückens müssen einst in Form eines geschlossenen Jura-
und Neocomgewölbes mit dem schmalen Kamm der Verreaux (1692 m) und mit der Dent du Li (2017 m; irrtümlich meist Dent de Lys
geheissen) in Verbindung gestanden haben.
Später hat dann die Arbeit der Erosion aus diesem Gewölbe eine Reihe von Einsenkungen herausgewaschen, in denen der Querfluss
Veveyse (mit seinen beiden Quellarmen) u., weiter nach N., der Längsfluss Albeuve entspringen. Ueber dem rechten Ufer der
Saane setzt sich die Kette Moléson-Dent du Li im Bergstock der Dent de Broc (1829 m) und in der Dent du Chamois fort; ihnen
entsprechen der zwischen dem Querfluss Motélon und dem Jaunbach sich erhebende Stock der Monse und die nö.
des Jaunbachs aufsteigende Gruppe der Dents Vertes, die über Hohmättli und Ochsen mit dem dieser ganzen orographischen Einheit
ihren Namen gebenden Ganterist zusammenhängt.
Eine langer Muldenzug trennt die Zone des Ganterist von derjenigen des Stockhorns oder des Vanil Noir. Der tiefste
Punkt dieser Senke liegt im Thal von Montbovon-Grandvillars (740 m), wo - eine in den Greierzer Alpen seltene Erscheinung - der Lauf
der Saane genau der Achse der Mulde folgt. Sw. Montbovon steigt die Mulde über das Thal von Allières allmählig bis zur Dent de Hautaudon
(1874 m) und Dent de Jaman (1878 m) an, so dass das Ganze einen regelrechten Schiffsrumpf bildet. Das
nämliche wiederholt sich im NO., wo vom Dorf Estavanens an die Kreide- und Flyschschichten des Muldenkerns über La Perreyre
bis zum Col de la Forclaz (1593 m) hinauf sich verfolgen lassen. Von da an ist dann diese Mulde, die übrigens
weiterhin mit derjenigen des Moléson verschmilzt, beständig den Kämmen (Col des Hauts Créts, Arpille und Ausseyre) aufgesetzt.
Die Stockhornzone erreicht ihre grösste Höhe im Vanil Noir (2395 m). Die diese Zone quer durchschneidenden Thäler des Jaunbachs
u. der Saane begreifen zwischen sich den isolierten Synklinalstock des Corjon, an den sich im NW. die Antiklinale
der Sautaz und im SO. diejenige von Crau anlehnen. Nö. der Saane reihen sich bis zum Vanil Noir (2395 m) eine ganze Anzahl von
immer an die Nähe der Synklinalfalte gebundenen Gipfeln von 2000-2300 m Höhe auf. Der Gipfel des Vanil Noir selbst
besteht aus
mehr
Neocom und bildet einen Knotenpunkt, an dem der Kamm sich spaltet, um zwischen seinen beiden Aesten (dem Grat des Follieran-Brenleyre
und dem der Tours de Dorénaz) von neuem ein Muldenthal, das Thal von Les Morteys, einzuschliessen. Beide Aeste verschmelzen
nö. vom Durchbruch des Rio du Mont wieder zum Bergstock der Hochmatt (2158 m), die über den Schafberg
und die Scheibe sich an das Stockhorn anschliesst, das, bereits auf Berner Boden stehend, das NO.-Ende der nach ihm benannten
orographischen Einheit ist.
Auf die Zone des Stockhorns folgt im SO. die Kette der Gastlosen, die vom Perte à Bovey an mit der Dent de Savigny
(2259 m), Dent de Ruth (2239 m) und Wandfluh (2128 m) der Kantonsgrenze folgt und dann mit der eigenartigen Säge der Gastlosen
selbst ganz auf Freiburger Boden übertritt. Diese Kette bildet einen schmalen und stark zerschnittenen und gezähnten Kamm
aus senkrecht aufgerichteten Juraschichten, die zusammen mit der Trias an ihrer Basis auf den der Stockhornkette
angelagerten Flysch aufgeschoben erscheinen. Vergl. den Art. Gastlosen.
Die über die Freiburger Alpen führenden Passübergänge halten sich an die Flussläufe, die zugleich auch als sehr scharfe
natürliche Schnitte den Aufbau dieser Gebirgsmassen klar erkennen lassen. Im Besonderen trifft dies für beide
Thäler der Veveyse zu, deren eines über den Col du Soladier (1601 m) mit dem Thal der Baye de Montreux verbunden ist und zwischen
denen selbst der Col des Paccots (1557 m) vom einen zum andern hinüberleitet. Das Thal des Hongrin (Allières) führt zum Col de Jaman
(1516 m); das Thal von Montbovon (Saane) steht über zahlreiche kleine Pässe mit demjenigen des Motélon
einerseits und denen beider Veveyse, der Trème etc. andererseits in Verbindung. Das gleiche gilt vom Thal der Jaun, von dem
aus man in die Thäler des Motélon, des Schwarzsees, von Château d'Œx etc. hinübergelangen kann. Es ist
nicht möglich, alle diese zahlreichen und sehr interessanten Verbindungen von Thal zu Thal hier zu nennen. Zu erwähnen
bleibt nur noch, dass eine Fahrstrasse das Thal des Jaunbachs aufwärts über den Bruch (1506 m) und von da nach Boltigen ins
Simmenthal hinunter führt.
[Dr. H. Schardt.]
Klima.
In klimatologischer Hinsicht zerfällt der Kanton Freiburg
in drei Teile, deren Grenzen ungefähr von N. nach S. laufen,
nämlich: 1. in die Gegend um den Murten- und Neuenburgersee;
2. in die Hochebene zwischen diesen Seen und dem Thal der Broye
einerseits und den Voralpen andererseits und 3. in das Voralpengebiet selbst.
Die Stadt Freiburg, deren
Klima wir als typisch für den mittleren der genannten Bezirke ansehen können, hat eine mittlere Jahrestemperatur von 7,2°
C. Milder ist das Seengebiet, wie schon der Umstand zeigt, dass längs der Ufer beider Seen der Weinstock gedeiht. Rauher
ist natürlich entsprechend der Höhenlage das Alpengebiet. In den bis zu einer Höhe von 1100 m hinaufreichenden
Thälern, z. B. der Valsainte, ist die Temperatur durchschnittlich 1-2° tiefer als in der Hauptstadt. Im Winter ist es die
aus NO. wehende Bise, welche auf der Hochebene die tiefen Temperaturen besonders fühlbar macht.
Auch die Regenmenge und die Regenhäufigkeit sind in den drei erwähnten Bezirken sehr verschieden. Es
betrug im Durchschnitt der Jahre 1890-1899:
Das
am Südhang der Berra gelegene Valsainte gehört damit zu den regenreichsten Gegenden der Schweiz. Dieser
grosse Regenreichtum erklärt sich zum Teil durch den Umstand, dass verhältnismässig häufig Gewitter von dem obern Genfersee
durch den freiburgischen Veveyse- und Greierzerbezirk nach dem unteren Simmenthal hinziehen. Der mittlere Teil des Kantons
ist Gewittern weniger ausgesetzt. Im übrigen erklärt sich die erwähnte Verteilung des Regens durch
die wissenschaftlich begründete Tatsache, dass der Regen in unseren Gegenden vorzüglich an den dem SW.-Wind ausgesetzten
Gebirgshängen fällt. Da überall im Winter die Zahl der heiteren Tage in den Gebirgsthälern grösser ist als in der Ebene,
so ist trotz des grösseren Regenreichtumes in den gebirgigen Gegenden des Kantons die Zahl der heiteren
Tage im Jahr nicht geringer und die durchschnittliche Bewölkung nicht grösser als auf der Hochebene. So weist das an der
Grenze des Greierzerbezirkes gelegene Marsens im Jahr durchschnittlich 80 heitere und 120 trübe Tage auf, während an 160 Tagen
der Himmel etwa zur Hälfte mit Wolken bedeckt ist.
Die Nebel, die an windstillen Herbst- und Wintertagen die Schweizerische Hochebene vom Jura bis zu den Alpen zu überdecken
pflegen, überfluten auch einen grossen Teil des Kantons Freiburg;
doch steigen sie im allgemeinen nicht höher als 800 m, so dass grosse
Teile des Sense- und des Greierzerbezirkes sich des herrlichsten Sonnenscheines erfreuen, während die westlichen Bezirke
in dichte Nebel gehüllt sind. Die Zahl der Nebeltage beläuft sich in diesen Bezirken auf durchschnittlich 40 im Jahre,
bleibt also noch um 10 Tage pro Jahr hinter den Gegenden an der mittleren Aare zurück.
[Dr. A. Gockel.]
Hydrographie.
Wie die Kantone Bern,
Neuenburg,
Waadt
u. Wallis
gehört auch der Kanton Freiburg
gleichzeitig beiden grossen Flussgebieten der Schweiz an. Auf Freiburger Boden verläuft die
Wasserscheide zwischen Rhein und Rhone von der Cape aux Moines über Dent de Lys, Tzuatzau (Kette des Moléson), Niremont,
See von Lussy und Châtel Saint Denis bis zum Mont Vuarat. Man kann auf Freiburger Boden vier Einzugsgebiete zweiter Ordnung
unterscheiden, nämlich die der Veveyse, Saane, Broye und Sense.
Die Sense, die heute bei Laupen in die Saane mündet, muss einst einem grossen Strom zugeflossen sein, der durch das Thal
von Mühlethal (Taferna) und weiterhin durch das Thal von Thörishaus und Bümpliz seinen Lauf zur Aare genommen hat. Später füllten
dann die Moränen des diluvialen Aaregletschers das Thalstück Thörishaus-Bümpliz auf und dämmten es zum Teil ab, wodurch
der seines Unterlaufes beraubte Fluss zum Ausweichen nach einer anderen Richtung veranlasst wurde.
Damit erklärt sich das scharfe Knie, mit dem heute die Sense bei Unter Fahr (unterhalb Riedern) nach W. abbiegt. Vielleicht
war dieser präglaziale Flusslauf nichts Anderes als die Saane, die dann also über Flamatt und Thörishaus der Aare zugeflossen
wäre und in der Nähe des heutigen Bern
in sie gemündet hätte. Von den genannten vier Flussgebieten zweiter
Ordnung gehört nur eines dem grossen Einzugsgebiet der Rhone an, nämlich das der Veveyse. Wie viele andere Flüsse (Sense,
Lütschine, Simme) bildet sich auch die Veveyse aus zwei grossen Quellarmen, der (zum grössern
mehr
Teil dem Kanton Waadt
angehörenden) Veveyse de Feygires und der ausschliesslich freiburgischen Veveyse de Châtel, die den Abfluss des
Sees von Lussy aufnimmt. Das Bett der Veveyse ist beinahe gänzlich in Glazialschutt eingeschnitten; nur im Oberlauf treten im
Flussbett hie und da felsige Schwellen aus Flysch zu Tage, und kurz vor ihrem Eintritt in die Ebene hat
sich die Veveyse de Châtel eine enge und tiefe Schlucht in Kalkstein gegraben. Recht verschieden von einander sind die drei
übrigen, dem Einzugsgebiet des Rheins zugehörigen Flussgebiete des Kantons Freiburg.
Am ausgedehntesten ist das Einzugsgebiet der Saane, die den Kanton in der Richtung S.-N. in zwei nahezu
gleiche Hälften teilt. Man kann im Lauf der Saane nach geologischen Gesichtspunkten drei Abschnitte unterscheiden: Oberlauf
(Oberes Greierzerland), von La Tine (Montbovon) bis Greierz, im Kalkgebirge;
Mittellauf, von Greierz bis Tusy, im Flysch;
Unterlauf,
von Tusy bis Laupen, in der Molasse.
Die hauptsächlichsten Nebenflüsse der Saane sind: von rechts der
Torrent de Lessoc, die bei Grandvillars mündende Taouna, die Jogne (deutsch Jaunbach; mit dem Motélon, dem Javroz, den Bächen
des Gros Mont und Petit Mont, dem Bach von Neuschels, der Cascade de Bellegarde und dem Oberbach), die Serbache und Gérine (deutsch
Aergerenbach), der Galternbach (oder Gotteron), der Düdingerbach und die Sense; von links der Hongrin, die
Marivue, Neirivue (oder Schwarzwasser; von dem wieder zu Tage tretenden Wasser des bei Montbovon zum Teil in einen Trichter verschwindenden
Hongrin gebildet), der Bach von Enney, die Trême (mit der Albeuve), die Sionge (mit dem Gérignoz), die Glâne (mit
der Neirigue) und die Sonnaz (oder Suhn).
Die Broye, deren Einzugsgebiet zum grössern Teil dem Kanton Waadt
angehört, entspringt auf Freiburger Boden am Fuss der Alpettes, fliesst
bis Palézieux durch Glazialschutt und Flysch, bis Bressonnaz (bei Moudon) durch die Molasse und folgt von Moudon bis zum Murtensee
mehr oder weniger der Sohle eines breiten Alluvialthales. Bedeutendste Freiburger Zuflüsse zur Broye sind
die Mortivue, der Tatroz, der Flon und die Mionnaz (welch' beide letzteren z. T. noch auf Waadtländer Boden übergreifen), die
Lembaz, Erbogne oder Arbogne, die Kleine Glâne (mit dem Beinoz), der in den Murtensee mündende Chandon und die Biberen,
die sich in den neuen Mündungskanal der Broye vom Murten- zum Neuenburgersee ergiesst, vor der Juragewässerkorrektion aber
direkt dem Murtensee zufloss.
Das Becken der Sense ist mit Einschluss seines Berner Abschnittes nahezu so umfangreich als das der Saane. Wie die Veveyse entsteht
auch die Sense aus zwei grossen Quellarmen, der der Hauptsache nach bernischen Kalten Sense (Schwefelberg)
und der ausschliesslich freiburgischen Sense (Schwarzsee). Vom Zusammenfluss dieser beiden Arme ab bildet die Sense - mit Ausnahme
einer kurzen Strecke - bis zu ihrem Eintritt in die Ebene bei Flamatt die Grenze zwischen den Kantonen Bern
und Freiburg.
Die beiden Quellarme fliessen
auf Glazialboden und Flysch, während die eigentliche Sense vom Guggersbach an bis Laupen stets in die Molasse eingeschnitten
ist. Die Quellarme sind reich an kleinen Nebenflüssen, die fast alle den Charakter von Wildbächen tragen, die eigentliche
Sense selbst nimmt nur wenige Zuflüsse auf, von denen wir als die bedeutendsten den Tiefgraben (bei
Ruffenen), den Dütschbach (bei Plaffeien), das bernerische Schwarzwasser und die Taferna (bei Flamatt) nennen.
In strengen Wintern frieren alle diese fliessenden Gewässer zu, worauf bei Tauwetter Eisgang eintritt, der namentlich in
der Saane eine sehr interessante Erscheinung ist. So häufte sich z. B. am oberhalb Laupen eine
Eismasse von 400000 m3 an, die während der Nacht vom 10. auf den 11. Februar ungehindert abfloss. Eine Reihe von Wasserläufen
des Kantons schneidet sich durch Engpässe und sehr interessante und sehenswerte Schluchten durch; solche sind z. B. die Durchbrüche
der Saane bei La Tine, bei Tusy und an anderen Stellen, die Fälle der Jaun bei La Tzintre (nahe Galmis) und
ihre Tines de Châtel geheissenen (an die Gorges du Trient erinnernden) Schluchten unter Montsalvens, die Schluchten des Galternbaches
(Gotteron), des Seeligraben, des Hongrin und der Glâne (namentlich zwischen Matran und Neyruz).
Dazu kommen eine ganze Anzahl von ihrer Fallhöhe oder ihres Wasservolumens wegen mehr oder weniger wichtigen
Wasserfällen, wie z. B. der Wasserfall von Jaun oder Bellegarde, die Fälle von Grandvillars (von der Taouna gebildet), des
Hölbachs (Gérine), der Veveyse u. des Fallbachs oder Tossrainbachs (Schwarzsee). In zahlreichen kleinen Kaskaden stürzen sich
über Flyschbänke die von der Berrakette, von den Alpettes und dem Niremont herabkommenden Bäche zu Thal.
Die Wasserläufe treiben eine grosse Anzahl von Sägen, Mühlen, Dreschmaschinen etc.
mehr
Dem Kanton Freiburg
gehören folgende Seen ganz oder teilweise an: vom Neuenburgersee (432 m hoch) ca. 4620 ha, vom Murtensee (434 m) 1650 ha,
der Schwarzsee (1061 m) mit 45,75 ha, der Seedorfsee (616 m) mit 10,33 ha, der See von Lussy (827 m) mit 3,25 ha und einige
kleine Hochgebirgsseen. Von den an Fläche nicht unwesentlichen Sumpfgebieten nennen wir das Grosse Moos, sowie die Moore
von Bulle, Rosé, Lentigny, Sâles, Garmiswil, Rechthalten (Dirlaret), Rohr, Ferpicloz, Cormondes, Ménières, Vuissens, Écharlens und
Les Ponts. Im Verlaufe der letztvergangenen Jahre sind mit einem Aufwand von 276138 Franken sechs Moore entwässert worden.
Diese dem Anbau zurückeroberten Gebiete haben seither im Durchschnitt jährlich pro Hektare einen Ertrag von 912 Fr. abgeworfen.
Mit Ausnahme des zwischen dem Murten- u. Neuenburgersee gegrabenen Kanales der Broye hat der Kanton Freiburg
keine schiffbaren Flussläufe.
Immerhin pflegten sich früher die Gerber der Stadt Freiburg zu Schiff auf der Saane (und Aare) nach den
Messen von Zurzach zu begeben. Bis ums Jahr 1880 wurde die Saane auch regelmässig zum Transport von zu Flössen zusammengebundenem
Bauholz und von Klafterholz benutzt, und bis in die neueste Zeit hat man vom Pays d'Enhaut bis Montbovon grosse Massen von Baumstämmen
(sog. billons) geflösst, was aber an manchen Stellen dem Ufer gefährlich geworden ist. (Vergl. die Abbildung.)
Heute wird nur noch Klafterholz auf dem Wasserweg verfrachtet und auch das nur noch zur Zeit der Schneeschmelze und nur da,
wo ein Transport per Achse nicht möglich ist.
Vor der Eröffnung der Eisenbahnlinie Biel-Yverdon war die von mehreren Gesellschaften betriebene Dampfschiffahrt
auf den Seen am Jurafuss eine sehr rege. Heute liegt der Betrieb der Dampfboote auf dem Neuenburger- und Murtensee in den Händen
einer Aktiengesellschaft, deren grösster Aktionär der Staat Freiburg
ist, während die Staatsverwaltungen der Waadt
und von Neuenburg,
sowie die
Stadt Neuenburg das Unternehmen seit einigen Jahren durch Gewährung von Subventionen unterstützen. Die
Gesellschaft besitzt zur Zeit 4 grosse Rad- u. 2 Schleppdampfer, die zusammen über eine Summe von 860 HP verfügen und 1490 Personen
fassen. Im Jahre 1900 hat die Dampfschiffahrtsgesellschaft 113920 Reisende befördert; die Einnahmen aus dem Personenverkehr
betrugen 78399 Fr., die aus dem Waarenverkehr 32068 Fr.; Gesamteinnahme brutto
110467 Fr., Reingewinn 7648 Fr.
Der Kanton Freiburg
verfügt über sechs Seehäfen, von denen zwei (Murten und Estavayer) mit völlig geschütztem Bassin versehen sind,
während die vier übrigen (Portalban, Sugiez, Praz, Môtier) aus gemauerten Hafendämmen bestehen, die so weit in den offenen
See hinausreichen, dass die beladenen Dampfboote auch bei Niedrigwasser anlegen können. Die Bassins der zwei geschützten
Häfen messen zusammen 1540 m2 an Fläche und die Dämme der übrigen Häfen zusammen 660 m an Länge. Die durch die Juragewässerkorrektion
bedingte Senkung des Seespiegels hat an allen diesen Häfen Neuarbeiten nötig gemacht, die eine Summe
von 267450 Fr. erforderten.
Vor dem Jahre 1885 sind an den fliessenden Gewässern des Kantons nur hier und da und wie es sich gerade zum Schutze von Ortschaften,
Brücken oder Strassen als wünschenswert erwies Schutzbauten ausgeführt worden. Erst seit 1886 sind diese Arbeiten, dank
den vom Bund gewährten Unterstützungen, auf rationeller Grundlage methodisch in Angriff genommen und
seither ununterbrochen fortgeführt worden. So sind folgende Flussläufe heute z. T. eingedämmt und kanalisiert: die Mortivue
bei Semsales, der Stoutz bei La Roche, die Glâne zwischen Siviriez und Macconnens, die Sionge im Unter Greierz und die Veveyse bei
Châtel Saint Denis.
Verbauungsprojekte bestehen für den Wildbach von Scherwil, für den Jaunbach, die Trême, Gérine, Kleine
Glâne u. Marivue. Seit einem Vierteljahrhundert, d. h. seit der Zeit, da Arbeiten dieser Art überhaupt ihrem Zwecke entsprechend
ausgeführt worden sind, hat man im Kanton Freiburg
für Flussverbauungen und -korrektionen eine runde Summe von Fr. 400000
ausgegeben, wobei die von Gemeinden oder Privaten vereinzelt vorgenommenen Arbeiten nicht mitgerechnet sind. An diese Summe
haben beigetragen der Bund 40%, der Kanton 40% und die interessierten Gemeinden 20%.
Der Kanton hat eine grosse Anzahl von Wasserwerkkanälen, die vielfach in kurzen Tunneln durch die leicht zu durchbrechende
Molasse führen und so auch etwas abseits gelegenen Gebieten billige Wasserkraft vermitteln. Besonders
bemerkenswert ist in dieser Beziehung der Tunnel durch den Hügel von Chèvrefu, der vom Beinoz (einem Zufluss zur Kleinen
Glâne) abzweigt u. die Wasserwerke von Châtillon, Lully und Estavayer mit
mehr
Triebkraft versorgt. Er ist 1,6 m hoch, 200 m lang und 1,3 m breit. Die Anlage von grossen Wasser- und Elektrizitätswerken
hat in neuester Zeit die Durchführung der Wasserwerkkanäle durch sehr lange und grosse Gallerien notwendig gemacht; solche
sind z. B. die von Montbovon (2966 m lang, 10 m2 Oeffnung), von Tusy-Hauterive (9217 m lang, 15 m2
Oeffnung), von Broc (Chokoladefabrik; 807 m lang, 5 m2 Oeffnung). Eine weitere, unter Jaman durchführende Gallerie (12164
m lang; 2,17 m2 Oeffnung) leitet die Quellwasser des Pays d'Enhaut nach Lausanne. Schon die Grafen von Greierz haben solche
Ableitungskanäle angelegt und z. B. auf diese Art die Wasser des Afflon, oberhalb Enney, zum Betrieb ihrer
Wasserwerke in Saussivue sich nutzbar gemacht.
Im Kanton Freiburg
finden sich auch zwei unterirdische Flussläufe, die gebildet werden durch die Saane bei Saanen und den Hongrin. Dieser
letztere verliert 3 km oberhalb seiner Mündung einen Teil seines Wassers, das nach 7 km langem unterirdischen
Lauf in der nahe dem Dorf Neirivue entspringenden Quelle des Flüsschens Neirivue wieder zu Tage tritt. Diese Tatsache ist ganz
zufällig dadurch entdeckt worden, dass die Wasserwerksbesitzer am Hongrin einst zur Zeit grosser Trockenheit die Oeffnung
des unterirdischen Abflusskanals verstopfen liessen, worauf die Quelle der Neirivue versiegte und mehrere
von ihr getriebene Anlagen zum Einstellen der Arbeit genötigt wurden. Seither sind die Ansprüche an das Wasser des Hongrin
gesetzlich geregelt worden. Was das erstgenannte Beispiel anbetrifft, so ist es äusserst wahrscheinlich, dass der Wasserfall
von Jaun (Bellegarde) seine Entstehung einem unterirdischen Abfluss des Wassers der Saane bei Saanen verdankt.
(Vergl. den Art. Jaun).
Die älteste Wasserleitung im Gebiet des heutigen Kantons Freiburg
ist diejenige, die einst die Römerstadt Aventicum (Avenches) mit Wasser
versorgte. Dieser längste und beträchtlichste aller von den Römern in unserm Land erbauten Aquaedukte führte grösstenteils
durch Freiburger Gebiet, war ca. 14 km lang und leitete das Wasser durch einen gemauerten Kanal von 30 cm
lichter Weite mit einem Gefälle von 0,7-2% an den Ort seiner Bestimmung. Seit dem Jahre 1870 sind im Kanton 21 neue Druckwasserleitungen
erstellt worden, deren Druck zwischen 1,2-16 Atmosphären schwankt und die zusammen 50 km lang sind. Hydranten bestehen
in einer Anzahl von 372. Alle diese Wasserversorgungsarbeiten haben zusammen die Summe von rund 2300000 Fr. gekostet. Eine
Reihe von neuen Projekten dieser Art werden gegenwärtig studiert oder sind schon in Ausführung begriffen.
[Ingenieur A. Gremaud.]
Flora.
Der grösste Teil des Gebietes des Kantons Freiburg
steht noch unter dem Einflusse des Klimas der nördlichen Alpen.
Es zeigt sich dies namentlich in der reichlichen Regenmenge, die s. der Stadt Freiburg nirgends unter 100 cm im Jahr fällt.
Diese grosse Feuchtigkeit erklärt die üppige Entfaltung der stets frischgrünen Wiesen im Kanton Freiburg
und deren Reichtum an alpinen
Pflanzenarten. Erst n. Freiburg,
in den dem sog. Gros de Vaud und der Senke der Seen angrenzenden Teilen des Kantons,
trifft man auf die für das schweizerische Mittelland charakteristische Florenentwicklung. Im Uebrigen gehören der grössere
Abschnitt des auf Freiburger Boden gelegenen Thales der Saane, das Thal von Vert Champ, von Charmey (Galmis), Valsainte
und auch der obere Abschnitt der Veveyse unmittelbar dem Alpenbezirk an. Hier finden sich eine grosse Anzahl von berühmten
Standorten von Typen der alpinen Flora, so z. B. die Gipfel des Corjon, Cray, Paray, die Ketten der Morteys, Brenleyres und von
Oussannaz (über Galmis), der Gebirgsstock von Montsalvens (klassischer Standort der Rosa spinulifolia),
die Kaisereck etc.
Der von den beiden Domherren Cottet und Castella verfasste Guide du botaniste dans le canton de Fribourg (Fribourg 1891) zählt
an mehr als 500 Standorten etwa 1500 Pflanzenarten auf. Die von den Verfassern mit besonderer Liebe behandelten Arten der
Brombeeren, Rosen, Habichtskräuter und Weiden treten in wahrhaft überraschendem Formenreichtum auf. Es
erklärt sich dies mit den in den zahlreichen Thalfurchen der Freiburger Voralpen so oft wechselnden Bedingungen für die
Entfaltung der Vegetation.
Dazu kommt, dass ein grosser Teil des
Freiburger Gebirgslandes aus dunkeln und leicht verwitterbaren Gesteinsarten besteht,
die in Verbindung mit der grossen Luftfeuchtigkeit einen den Pflanzenwuchs vorzüglich fördernden Nährboden
bilden. Weitaus am reichsten ist die Flora der Kette der Morteys, die sich aus der Mehrzahl der in den Freiburger Alpen überhaupt
vorkommenden alpinen und südlichen Arten zusammensetzt. Auf den zum Vanil Noir führenden hohen Kämmen und den in die Thäler
von Morteys und Bonavallettaz hinuntersteigenden Schutthalden lassen sich eine Reihe der seltensten hochalpinen
Arten sammeln, wie z. B. Viola cenisia, Ranunculus parnassifolius, Crepis Terglonensis (eine östliche Art), Petrocallis pyrenaica,Androsace helvetica, Draba tomentosa, Juncus Jacquini, Salix retusa var. serpyllifolia.
Daneben trifft man hier auf mehrere andere seltene alpine Arten, die in der Schweiz fast ausschliesslich
auf das Juragebirge beschränkt sind: Androsace lactea, Arabis pauciflora, Ranunculus thora, Cephalaria alpina, Acer italum.
Von den übrigen in diesem Abschnitt der Freiburger Alpen vorkommenden Arten nennen wir noch Thalictrum saxatile und Th. minus;
Anemone vernalis, A. baldensis, A. narcissiflora und A. alpina;
Ranunculus pyrenaeus, R. Villarsii, R.alpestris,R. thora u. R. parnassifolius;
Arabis alpestris, A. saxatilis, A.pauciflora, A. pumila u. A. bellidifolia;
Draba dubia, D. carinthiaca, D. tomentosa, D. Wahlenbergii und D. incana;
Rhamnusalpina u. Rh. pumila, Phaca astragalina u. Ph. australis, Oxytropis montana, Astragalus aristatus, Potentilla grandiflora
u. P. dubia, Sedum atratum, Sempervivum tectorum var. Mettenianum u. S. glaucum (Les Morteys), Saxifragacaesia u. S. androsacea, Eryngium alpinum, Peucedanum austriacum, Myrrhis odorata, Galium helveticum, Valeriana saliunca,Erigeron Villarsii;
Senecio aurantiacus, S. cordatus u. S. erucifolius;
Carlina longifolia, Serratula tinctoria, Centaureascabiosa var. alpestris, Leontodon laraxaci, Hypochoeris maculata,Mulgedium Plumieri, Crepis Terglonensis,Salix phylicifolia mit ihren Hybriden.
Das Genus Hieracium ist mit etwa 20 meist interessanten Arten vertreten; ferner Viola
lutea (nördlich der Jaun verbreitet), Polygala alpina. Pedicularis Barrelieri, Tozzia alpina, Euphrasia hirtella, DracocephalumRuyschiana, Stachys densiflora, Anacamptis pyramidalis, Paradisia liliastrum, Luzula spicata u. L. spadicea; Carex pauciflora,C. frigida, C. nigra, C. firma, C. clavaeformis und C. capillaris. Dazu kommen noch eine gewisse Anzahl
von Arten, die erst in letzter Zeit von Jaquet entdeckt worden sind: Hieracium densiglandulum, H. parcepilosum, H. Cottianum,H. ochroleucomorphum, H. silsinum, H. pseudosilsinum, H. subelongatum etc.;
Agrostis alpina und A. Schleicheri, Trisetumdistichophyllum und T. subspicatum;
die ebenfalls zahlreichen Alchimillen (Schafgarben) sind von Jaquet
im 5. Faszikel des ersten Bandes der Mémoires de la Soc. frib. des Sc. nat. 1902 veröffentlicht worden.
Eine grosse Anzahl
dieser Arten haben in den Ketten von Cray und Les Morteys ihre überhaupt am weitesten nach W. vorgeschobenen
Standorte. In der Gebirgsgruppe nördl. der Jaun findet man Cochlearia officinalis (Ganter), Alchimilla Jaquetiana (Kaisereck),
Lloydia serotina, Viola lutea, Oxytropis Halleri (Schopfenspitz, Schafberg).
Auf den Alpweiden, mit denen die meisten Gipfel der Freiburger Alpen und auch die steilsten Hänge noch bekleidet sind, blühen
in Masse die ganze Schaaren von Liebhabern anziehenden Alpenrosen; auf den Kämmen des Paray und der Vanils
ist das hier ausserordentlich grosse Blumen bildende Edelweiss häufig. Seltener findet sich in der subalpinen Zone das reizende
Alpen-Männertreu (Eryngium alpinum). Der ungehinderte Zutritt der SW.-Winde, der Einfluss des im Thal der Saane und in den
kleinen Thalfurchen der Freiburger Alpen auftretenden Föhns, die vor N.-Winden geschützte Lage und die
ausgezeichnete Exposition vieler Standorte wirken zusammen, um zahlreichen Vertretern der mediterranen Flora die Ansiedelung
zu gestatten. Von solchen nennen wir: Sisymbrium austriacum (Umgebung von Freiburg,
über Botterens, bei La Tine), Arabis saxatilis (Dent de Ruth,
Vanil Blanc), Helianthemum fumana (Ménières und Mont Vuilly), Linum tenuifolium, Acer italum (sehr selten),
mehr
Cytisus laburnum (subspontan und sehr selten), Ononis rotundifolia (Botterens), Medicago minima (Ménières), Astragalus cicer
und A. depressus, Lathyrus cicer, Trinia glauca (Hochmatt, Épagny), Artemisia campestris, Scorzonera austriaca (Corjon), Lactucaperennis, Crepis nicæensis, Heliotropium europæum, Lithospermum purpureo-cœruleum, Verbascum pulverulentum, Scrophulariacanina und S. Hoppei, Melampyrum nemorosum, Hyssopus officinalis, Stachys germanica,Cyclaminus europæa
(Enney, Montbovon), Primula suaveolens (bei Brenleyres in Masse).
Wir fügen noch hinzu den Buchsbaum, die Kastanie, flaumige Eiche (Quercus lanuginosa), deutsche Schwertlilie (Iris germanica),
Schmerwurz (Tamus communis), Waldtulpe (Tulipa silvestris), den Sade- oder Sevibaum (Juniperus Sabina), Ornithogalum pyrenaicum,Hemerocallis fulva, den Streifenfarn (Asplenum ceterach); endlich die in den Steppen des Ostens verbreiteten
zwei Gräser Andropogon ischæmum und Stupa pennata und zwei Seggen Carex gynobasis und C. humilis.
Viele dieser genannten Arten fehlen der O.-Schweiz; obwohl sie auch auf Freiburger Boden meist nur selten sind, geben sie
doch sicheres Zeugnis von dem bis hierher sich geltend machenden mildernden Einfluss des mediterranen
Klimas. In dieser Hinsicht sind z. B. die benachbarten Thäler des Berner Oberlandes (allerdings mit Ausnahme ihrer untersten
Abschnitte, die sich der wärmenden Einwirkung von Brienzer- und Thunersee erfreuen) weit weniger begünstigt und weisen besonders
in der subalpinen Zone eine weniger reiche Flora auf.
In den zahlreichen kleinen Seen, Teichen und Torfmooren der Präalpen gedeihen eine ganze Anzahl von der
Erwähnung werten Wasser- und Sumpfpflanzen. Klassische Fundorte sind hier besonders der Lac de Lussy, Lac des Joncs und Schwarzsee
(Lac Domène), die Torfmoore von La Rogivue, die Sümpfe von Vaulruz, Champotey, Biordaz, La Sauge etc. An den Ufern des
Lac de Lussy können wir u. a. folgende interessante Arten sammeln: Ranunculus flammula var. reptans, R. sceleratus und R.heterophyllus;
Viola persicifolia und V. persicifolia var. stagnina, Nymphaea alba, Nuphar luteum und N. pumilum (auch am
Lac des Joncs häufig), Callitriche stagnalis, Oenanthe phellandrium;
die drei Sonnentauarten Drosera rotundifolia, D.longifolia
und D. obovata;
Sparganium natans, Eriophorum gracile.
Am Schwarzsee wachsen Schœnoplectus lacustris, Chara hispida, Carex stellulata, Schœnus ferrugineus; Potamogeton plantagineus,P. lucens, P. perfoliatus, P. natans, P. longifolius, P. pusillus und P. filiformis. Potamogeton compressus hat man bis jetzt
nur am kleinen Lac des Joncs (über Châtel Saint Denis) gefunden, Senecio spathulæfolius bei Maules und
Fuyens, die seltene Polygala depressa in den Torfmooren von Vaulruz.
Aus den hochgelegenen Mooren von Frachy (über dem Kloster in der Valsainte), Champotey (nördl. Bulle) und Lussy kennt man die
seltenen Saxifraga hirculus und Betula nana. Die Carexbrunescens gedeiht zusammen mit andern weniger
seltenen Seggen und mit Menyanthes trifoliata (dem Bitter- oder Fieberklee) und Sweertia perennis an der Verda, der Berra und
dem Petit Mont. Aus den unten am Murtensee gelegenen Sümpfen kennen wir als seltene Art die in den Sümpfen von Murist und La Sauge
wachsende Hydrocharis morsus ranæ; ferner Sagittaria sagittaefolia (Umgebungen von Murten), Naias fragilis
(Murten, Biordaz), Cladium mariscus (Murten, La Sauge), Inula britannica (Sümpfe von Cudrefin und La Sauge), Hottonia palustris
(Cudrefin, Murten, Faoug etc.), Lysimachia thyrsiflora (Murist), Litorella uniflora (zwischen Faoug und Murten) etc. Zum Schlusse
erübrigt uns noch, die besonders bemerkenswerten und seltenen Arten der Ebene namhaft zu machen.
Solche sind Myosurus minimus (Umgebungen von Middes, Montet und Freiburg),
Adonis aestivalis (Umgebungen von Maggenberg und Freiburg),
Eranthis hiemalis
(Umgebungen von Murten), Genista pilosa (von Gagnebin in den Umgebungen von Freiburg
gefunden);
Trifolium hybridum und, seltener, T.elegans;
Centunculus minimus;
mehrere Orchideen wie Corallorrhiza innata, Liparis Lœselii (Moor von
Le Vuaz unter Attalens), Cypripedilum calceolus (Frauenschuh; da und dort vereinzelt).
Die schöne Fritillaria meleagris wächst
bei Münchenwiler (nahe Murten)
und die wilde Tulpe (Tulipa silvestris) in den Umgebungen von Freiburg,
Marly und Montorge. Von Gramineen
wären zu nennen Gaudinia fragilis (aus den Umgebungen von Middes bekannt), Andropogon ischaemum (Umgebungen
von Freiburg),
Alopecurus pratensis, Calamagrostis tenella (Alpweide von Ballachaux und am L'Écrit), Festuca amethystina (Umgebungen
von Freiburg),
Lolium remotum (bei Estévenens Dessus) etc. Quellen: Die schon genannte Freiburger Flora von Cottet und Castella. - Compterendu de l'excurs. de la Soc. botan. suisseaux Morteys (in den Berichten der schweiz. botan. Gesellsch.
Heft 2, 1892). - Jaquet, Firmin. Les éléments méridionaux de la flore frib. (in den Mémoires de la Soc. frib. des Sc.nat. Vol. I, fasc. 3). - Endlich hat Jaquet in Fasz. I und V (1901 u. 1902) derselben Mémoires und in
Vol. VII (1899) des Bull. de la Soc. frib. des sc. nat. als wertvolle Ergänzung des Guide von Cottet u. Castella eine Liste
von 140 für den Kanton Freiburg
«neuen, seltenen oder kritischen» Arten mit Angabe ihrer
Standorte geboten. - Savoy, H. Essai de flore romande. - Rösli, Dr. Les plantes rares des environs de
Fribourg.
(Dr. Paul Jaccard.)
Fauna.
Trotzdem die einzelnen Tierarten ihren Aufenthaltsort während der verschiedenen Jahreszeiten oft wechseln, ist die Fauna
des Kantons Freiburg
je nach den natürlichen Bezirken selbstverständlich eine verschiedene. Gut vertreten sind die Säugethiere, deren
Verbreitung zwar noch nicht vollständig bekannt ist, von denen aber doch eine grosse Anzahl von Arten
genannt werden können. Zahlreich, aber noch wenig bekannt, sind die Fledermäuse, von denen man die langohrige Fledermaus
(Plecotus auritus) und das Mausohr (Vesvertilio murinus) findet.
Insektenfresser: der ziemlich häufige Igel (Erinaceus europaeus), der gemeine Maulwurf (Talpa europaea) und
vielleicht auch der blinde Maulwurf (Talpa cœca), die Wasserspitzmaus (Crossopus fodiens), die gemeine Spitzmaus (Sorexvulgaris), die Hausspitzmaus (Leucodon araneus). Viele Nagetiere, wie das sehr häufige Eichhörnchen (Sciurus vulgaris),
der Siebenschläfer (Myoxus glis), die Waldmaus (Mus quercinus), die in den Abwasserkanälen und in der Nähe des Schlachthauses
von Freiburg
massenhaft auftretende Wanderratte (Mus decumanus);
die überall häufige, aber in der Stadt durch
die vorher genannte zum Teil verdrängte Ratte (Mus rattus);
die Hausmaus (Mus musculus);
viele Feldmäuse, so u. a. Arvicolaarvalis;
der gemeine Hase (Lepus timidus) und der Alpenhase (Lepus variabilis).
Das Alpenmurmeltier (Arctomys marmota) ist 1883 auf
Les Morteys eingeführt worden und scheint sich dort fortzupflanzen. In den Pfahlbauten des Murtensees
hat man die letzten Spuren des Bibers (Castor fiber) festgestellt, dessen Andenken sich auch im Namen des Bibernbaches (La Bibera)
noch erhalten hat.
Die Raubtiere waren früher mit einer Reihe von interessanten Arten vertreten: Die Wildkatze (Feliscattus)
ist verschwunden;
das letzte Exemplar des, wie es scheint, niemals häufigen Luchses (Felis lynx) ist 1826 bei Galmis (Charmey)
erlegt worden;
der im 15.-17. Jahrhundert massenhaft auftretende Wolf (Canis lupus) hat später an Zahl rasch abgenommen,
der letzte ist 1837 bei Riaz getötet worden;
der Fuchs (Canis vulpes) ist heute noch derart verbreitet,
dass jedes Jahr im Winter einer Anzahl von Jägern auch ausserhalb der gewöhnlichen Jagdzeit seine Verfolgung gestattet
wird.
Der braune Bär (Ursus arctos) machte im 16. Jahrhundert besonders die Gegend um Plaffeien, Jaun und Galmis unsicher und
verschwand dann allmählich im 17. Jahrhundert, so dass der letzte 1698 bei Bärfischen erlegt worden
ist. Der Dachs (Meles taxus) kann überall noch beobachtet werden, ist aber nirgends häufig, und das nämliche gilt vom
Edelmarder (Martes abietum), der besonders noch im Greierzerland sich aufhält. Weiter verbreitet ist der Hausmarder (Martesfoina), auf den als gefährlichen Feind der Hühnerhöfe im Winter 1901-1902 acht Gruppen von Jägern
die Jagd freigegeben worden ist. Gemein ist auch der Iltis (Fœtorius putorius), sogar in der Stadt Freiburg; das gleiche
gilt vom Hermelinwiesel (Fœtorius erminea) und vom Wiesel (Fœtorius pusillus). Jedes Jahr werden noch einige Fischotter
(Lutra vulgaris) erlegt, die
mehr
man namentlich in der Nähe der Fischzuchtanstalten antrifft. Von den Dickhäutern war die Wildsau (Sus scrofa) im 15. und 16. Jahrhundert
ziemlich verbreitet, ganz verschwunden ist sie erst im Lauf des 19. Jahrhunderts (letzte 1872 und 1883 geschossen).
Ausser den Haustieren finden sich nur wenige Wiederkauer: Der Steinbock (Capra ibex) hat im Kanton Freiburg
nie gelebt,
die Gemse (Capella rupicapra) hat sich dagegen seit dem Erlass eines schützenden Gesetzes und seit der Einführung von Banngebieten
in den Alpenregionen des Kantons stark vermehrt. Im 15. und 16. Jahrhundert lebte auch noch der Edelhirsch (Cervus elephas),
dessen letzte Exemplare am bei Broc, am 15. Oktober des gleichen Jahres bei Cerniat und im Jahre 1750 bei
Murten erledigt worden sind; der 1871 bei Cottens geschossene Hirsch hatte sich ohne Zweifel aus dem Jura hierher verirrt. Das
Reh (Cervus capreolus) ist schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts, wo es noch von Zeit zu Zeit angetroffen
wurde, beinahe ganz ausgestorben; nachdem aber im Jahre 1886 der Verein «Diana»
bei Cerniat sieben Weibchen und ein Männchen ausgesetzt hat, ist heute das gebirgige Gebiet wieder ausreichend von ihm bevölkert.
Die in den Bezirken Broye und See (Staatswaldung Galm) vorkommenden Exemplare stammen zweifellos aus dem Jura
oder dem Waadtland.
Mit Inbegriff der - allerdings nicht jedes Jahr wiederkehrenden Zugvögel - leben im Kanton Freiburg
mehr als 200 Vogelarten: Steinadler
(Aquila fulva), Seeadler (Haliaëtus albicilla), Schlangenadler (Circaëtus gallicus), roter Milan (Milvus regalis),
schwarzbrauner Milan (Milvus ater; selten), Uhu (Bubo maximus), Steinkauz (Athene noctua), Schleiereule (Strixflammea)
u. s. w. Alle schweizerischen Schwalbenarten finden sich auch im Kanton Freiburg,
doch ist die Felsenschwalbe noch nicht sicher beobachtet
worden. In grosser Zahl findet sich in Freiburg
der Alpensegler (Cypselus melba);
längs der Saane unterhalb Freiburg
nistet die Goldamsel oder
der Pirol (Oriolus galbula);
der Kolkrabe (Cornus corax) bewohnt das Gebirge;
den Alpenmauerläufer (Tichodromamuraria) kann man im Winter an den Häusermauern der Stadt Freiburg beobachten;
nicht selten ist auch der Wiedehopf (Upupaepops).
Ferner sieht man den grauen Wendehals (Junx torquilla) und die verschiedenen Arten der Spechte, zuweilen sogar den
nur selten auftretenden dreizehigen Specht (Picoïdes tridactylus).
Im Bergland leben der Kirschkernbeisser (Coccothraustes vulgaris), der Fichtenkreuzschnabel (Loxia curvirostra),
der Nusshäher (Nucifraga caryocatactes) etc. Gejagt werden hier Auerhuhn (Tetrao urogallus), das höher hinaufsteigende
Birkhuhn (Tetrao tetrix) und das Haselhuhn (Tetrao bonasia); ferner das Rothuhn (Perdix rubra) und das gemeine Schneehuhn
(Lagopus alpinus), die die höchsten Gipfelregionen bewohnen und nicht häufig angetroffen werden. Beobachtet
wird auch die Alpenkrähe (Pyrrhocorax alpinus). Nachdem das Rebhuhn (Starna cinerea) beinahe vollständig ausgerottet worden
war, ist es in den Bezirken Broye und See seit 1883 vom Staat Freiburg
und dem Verein «Diana» wieder eingeführt worden
und hat sich hier seither neuerdings stark vermehrt.
Im Kanton hält sich ferner auf das schwarze Wasserhuhn (Fulica atra), das einst sogar auf dem seit dem
Bau der Eisenbahn verschwundenen Grossen Weier bei Freiburg
vorkam;
das grünfüssige Teichhuhn (Gallinula chloropus) nistet noch an
dem vor den Toren Freiburgs liegenden Weier von Bonnefontaine;
längs der Wasserläufe verübt der graue Fischreiher (Ardeacinera) seine Räubereien;
in den tiefern Lagen des
Mittellandes ist der Zwergreiher (Ardetta minuta)
nicht selten, und sogar ein Nachtreiher (Nycticorax grisens) ist im Mai 1899 auf den Weiern der Fischzuchtanstalt Chenaleyres
bei Belfaux erlegt worden.
Beide Storcharten beleben den Seebezirk; auf den Seen und den diesen benachbarten Sümpfen des Kantons
tummeln sich im Frühjahr und Herbst zahlreiche Wasservögel. Interessante Wintergäste suchen oft in den Umgebungen der
Stadt ihr Futter, so viele Finkenmännchen, Hänflinge, Mantelkrähen, Saatkrähen etc.
Verhältnismässig arm an Arten sind die Reptilien. Von Schlangen finden sich häufig die Ringelnatter (Tropidonotus natrix)
und, in den Bergen von Châtel Saint Denis und Galmis (Hochmatt-Les Morteys), die gemeine Viper (Pelias berus)
etc. Die Echsen sind vertreten durch die Wurzeleidechse (Lacerta stirpium), die Bergeidechse (Lacerta vivipara), die Mauereidechse
(Lacerta muralis) und die Blindschleiche (Anguis fragilis). Zahlreiche Lurche, so überall der grüne Wasserfrosch (Ranaesculenta), der braune Grasfrosch (Rana temporaria), der etwas seltenere (aber in Freiburg
beobachtete) Springfrosch
(Rana agilis); weniger häufig sind die Feuerkröte (Bombinator igneus), die gemeine Kröte (Bufo vulgaris), die grüne Kröte
(Bufo calamita) und der Laubfrosch (Hyla viridis), den man in den Gärten der Murtenstrasse in Freiburg
angetroffen hat. Bei Freiburg
und in den
tieferen Teilen des Kantons lebt der Feuersalamander (Salamandra maculosa); am thauigen Morgen und an
Regentagen trifft man im Gebirge überall den schwarzen Salamander (Salamandra atra). Ferner besitzt der Kanton den Bergwassermolch
(Triton alpestris), den Teichmolch (Triton palmatus), den grossen Wassermolch (Triton cristatus) und vielleicht noch Andere.
In den Seen und Wasserläufen leben über 30 Arten Fische. Besonders geschätzt werden die Forellen (Salmolacustris) der Wildbäche im Gebirge; 8-10 kg schwere Lachse (Salmo salar) steigen in der Saane bis zu den Stauwerken der Maigrauge
auf; grosse Hechte (Esox lucius) machen den Murtensee und Schwarzsee unsicher. In letzterem lebt auch noch der Aland (Idusmelanotus oder, nach Friedr. v. Tschudi, Leuciscus jeses), der von V. Fatio als eine Abart des Alet (Squalinscephalus) betrachtet wird und der sich so stark vermehrt, dass er sich trotz der räuberischen Hechte noch wohl zu erhalten
vermag. Der Murtensee birgt ferner den Wels (Silurus glanis), von dem von Zeit zu Zeit Exemplare bis nahe
an 2 m Länge und 60 kg Gewicht gefangen werden.
Sehr geeignet sind die reinen Wasser des Kantons für die Fischzucht. Da die vielen Stauanlagen der industriellen Betriebe
heute für die Wanderungen der Fische grosse Hindernisse sind, setzt man regelmässig eine grosse Anzahl von jungen Fischchen
aus. Diese Aufgabe fällt den 68 Fischenzenpachtern zu, die sich ihrer unter der Aufsicht der Forstinspektoren
erledigen. Im Jahre 1901 hat man in den Wasserläufen und im Murtensee auf diese Art 936350 junge Fischchen ausgesetzt, von
denen 689850 auf Forellen, 71500 auf Aeschen (Thymallus vexillifer) und 175000 auf Felchen (Coregonus Schinzii,Palea
Cuv. et Val.) entfielen. Diese gesamte junge Brut entstammte den im Kanton eingerichteten acht Fischzuchtanstalten.
Das Studium der Wirbellosen ist im Kanton Freiburg
verhältnismässig noch wenig vorgeschritten. Mehrere Bäche sind reich an Flusskrebsen
(Astacus fluviatilis). Von Schmetterlingen beherbergt der Kanton mehr als 500 Arten und ziemlich viele Abarten von Makrolepidopteren
und 120 Arten von Mikrolepidopteren. Wenig kennt man von der Verbreitung der übrigen Insekten; die
Kanton Freiburg,
Hauptsächlichste Industrien, Bevölkerungsdichtigkeit
mittleren und tieferen Teile des Kantons werden ziemlich häufig vom Maikäfer (Melolontha vulgaris) heimgesucht.
Land- u. Süsswassermollusken sind zahlreich, obwohl das kantonale Museum in Freiburg
deren erst 42 Arten und Abarten besitzt, so
u. a. die Muschel Anodonta cellensis var. elongata, die sich im ehemaligen Weier von Freiburg
in prachtvollen Exemplaren
vorfand. Seit einigen Jahren wird auch die gemeine Weinbergschnecke (Helix pomatia) in ziemlich grossem Massstab gezüchtet
und auf den Markt gebracht.
Unter den Würmern wären zu nennen der im kleinen Lac de Lussy (bei Châtel Saint Denis) lebende Blutegel (Hirudo officinalis)
und ein anderer Egel (Piscicola geometra), der als Schmarotzer auf gewissen Fischen der Saane (besonders
auf Forellen) angetroffen wird. Die Quellen um den Schwarzsee beherbergen den Gordius aquaticus; nicht selten sind auch Spulwurm
(Ascaris lumbricoides) und Bandwurm (Bothriocephalus latus).
Ungenügend bekannt ist ferner die mikroskopische Tierwelt; immerhin hat Dr. O. E. Imhof seiner Zeit eine Liste der von
ihm im Murtensee, Schwarzsee und im Weier von Granges sur Marly beobachteten Arten veröffentlicht.
Trotzdem das jagdbare Wild nicht sehr zahlreich zu sein scheint, sind im Kanton Freiburg
im Jahre 1900 doch 271 Jagdpatente im Gebührenwert
von 11692 Franken erteilt worden. 1901 haben die Jagd dem Fiskus 13965 Franken und die Fischerei (Pacht
und verschiedene Freikarten) 8481 Franken eingebracht. In dieser Summe ist der Wert der ausgesetzten jungen Fischchen nicht
mit inbegriffen.
(Prof. M. Musy.)
Bevölkerung.
Die die heutige Bevölkerung des Kantons Freiburg
zusammensetzenden Elemente sind in anthropologischer wie ethnographischer Hinsicht von
einander stark verschieden. Sowohl im französischen als im deutschen Kantonsteil herrscht der braune
Typus allgemein vor dem blonden vor. Die blondhaarigen und blauäugigen Individuen bilden einen verschwindend kleinen Prozentsatz
der Gesamtbevölkerung und werden noch am ehesten im oberen Greierzerland angetroffen.
Der Freiburger ist im Allgemeinen von kräftigem Körperbau. Nicht selten kann man dagegen von Ort zu Ort
beträchtlich schwankende Unterschiede in der Körperlänge beobachten. Nach der sanitarischen Rekrutenuntersuchung findet
man im Greierzerlande die grössten und im deutschen Teile des Kantons die kleinsten Männer. Von den heute jährlich zur
Rekrutierung stellungspflichtigen 1200 jungen Männern erweisen sich durchschnittlich je 50-54% als zum Militärdienst tauglich.
Wenn einzelne Kantonsteile diesbezüglich eine kleinere Prozentziffer aufweisen, so rührt dies zum grossen
Teil von ungenügender Ernährung u. vom Alkoholmissbrauch her. Die Städte liefern im Durchschnitt einen grössern Prozentsatz
von Diensttauglichen als die Landschaft; doch ist umgekehrt die mittlere Lebensdauer
hier eine höhere als dort. In dieser
Beziehung stehen die Bezirke Veveyse, Broye und Glâne besonders günstig da. Die Kindersterblichkeit erreicht
dagegen mit etwa 19,5% aller lebendgeborenen Kinder ihr Maximum im Bezirk Broye, während sie im Bezirk See und Sense am kleinsten
ist.
Unsicher ist die Herkunft der ursprünglichen Bevölkerung des Kantons, doch steht ausser Zweifel, dass das Uechtland schon
lange Zeit vor dem Auftauchen der Alemannen und Burgunder in beinahe allen seinen Teilen besiedelt gewesen
ist. Auf Grund der im letzten Jahre angestellten archäologischen Nachforschungen u. Ausgrabungen lässt sich die älteste
Siedelungsgeschichte folgendermassen zusammenfassen: zur Steinzeit waren blos die Pfahlbauten im Neuenburger- und Murtensee
bewohnt, zur Bronzezeit hatten sich bereits neben den Pfahlbauten zahlreiche Siedelungen auf dem festen
Lande gebildet, u. zur Eisenzeit bewohnte eine immer zahlreicher werdende Bevölkerung schon beinahe das ganze tiefer gelegene
Gebiet des heutigen Kantons.
Dauerndere Spuren hat in unserem Lande, besonders in den um Avenches (Wiflisburg) gelegenen Abschnitten, die Herrschaft der
Römer hinterlassen. Die grosse Bedeutung der hier bestehenden Römersiedelungen wird illustriert durch
die das ganze Thal der Broye bis über Murten hinaus durchziehende Römerstrasse nach Petinesca beim Bielersee, durch den in Cormérod
aufgefundenen Minotaurus, die Mosaike von Cheyres, eine ganze Reihe von Ruinen römischer Bauwerke und endlich auch durch
die vielen aus dieser Zeit stammenden und heute noch erhaltenen Ortsnamen. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts
n. Chr. folgte in der Schweiz auf die Herrschaft der Römer die der beiden germanischen Stämme der Alemannen und Burgunder.
Von einer Besitzergreifung des Freiburger Bodens durch die Alemannen gibt uns die Geschichte keine Kunde; die ältesten erhaltenen
Urkunden zeigen uns das Land als Teil des ersten und dann des zweiten Burgunderreiches, worauf es 1032 dem
deutschen Kaiserreich angegliedert wurde. Aus diesen Angaben geht hervor, dass die heutige Freiburger Bevölkerung einer fortwährenden
Vermischung der verschiedenen hier zeitlich sich ablösenden Volksstämme ihren Ursprung verdankt.
Die eidgenössische Volkszählung vom hat für den Kanton Freiburg
und seine einzelnen Bezirke folgende Bevölkerungszahlen
ergeben:
Auf je 1000 Ew. entfallen 507 Männer und 493 Frauen;
ferner 470 Ortsbürger, 351 Kantonsbürger, 143 Schweizer aus
anderen Kantonen und 36 Ausländer;
849
mehr
Katholiken, 149 Reformierte u. 2 Juden;
682 Ew. französischer, 302 deutscher, 15 italienischer und 1 anderer Sprache. Im
Zeitraum 1888-1900 hat die Zahl der Bevölkerung um 7796 Köpfe oder um 6,54% zugenommen;
am stärksten ist dabei der die
Stadt Freiburg umfassende Saanebezirk beteiligt, dann folgen die andern Bezirke mit Ausnahme desjenigen
der Broye, der einen schwachen Rückgang in der Bevölkerungsziffer aufweist. Im Jahr 1811 zählte der Kanton 74209 Ew.;
im 19. Jahrhundert betrug somit die Bevölkerungszunahme 53742 Köpfe oder 72,42%.
Die Bevölkerungsdichtigkeit beträgt 76 Ew. für den km2, eine Zahl, die sich dem Gesamtmittel der Schweiz bemerkenswert
nähert. Weit dichter als die Gebirgsbezirke sind natürlich diejenigen des ebenen Landes besiedelt. So
zählen die Bezirke Saane 149, See 111, Broye 89 u. Glane 84 Ew. auf den km2, während auf die Bezirke Sense nur 69, Vivisbach
nur 62 und Greierz sogar nur 46 Ew. pro km2 entfallen. Die Gesamtbevölkerung verteilt sich auf 24776 Haushaltungen
in 18557 Wohnhäusern; es besteht somit eine Haushaltung im Mittel aus 5-6 Personen, und es wird durchschnittlich jedes Haus
von 7-8 Personen bewohnt.
Beinahe die gesamte Bevölkerung verteilt sich auf die Höhenlage zwischen 500 u. 1000 m; einzig 16132 Ew. der Bezirke See
und Broye leben unter 500 m und 843 Ew. der Gemeinde Jaun (Bellegarde) über 1000 m Höhe. Im Kanton Freiburg
war die Geburtsziffer
von jeher eine hohe. Die beiden Geschlechter stehen im Verhältnis von 972 Frauen auf 1000 Männer. Die Zahl der Heiraten
sinkt mit 7,08‰ der Bewohner merklich unter das Gesamtmittel der Schweiz. Der Ueberschuss der Geburten
über die Todesfälle schwankt in den einzelnen Jahren von 12-13‰ am grössten ist dieser Ueberschuss mit 18-19‰ im Bezirk
Sense, am kleinsten mit 9-10‰ in den Bezirken Broye und Glâne.
Trotz diesen verhältnismässig hohen Ziffern nimmt die Zahl der Bevölkerung doch nur langsam zu, indem
eine ziemlich beträchtliche Auswanderung in die Nachbarkantone und ins Ausland stattfindet. So leben etwa 12000 Freiburger
in andern Kantonen, besonders in der Waadt,
in Neuenburg
und Genf.
Im Kanton Freiburg
selbst hat die Anziehungskraft der Städte keine beträchtliche Verschiebung
der Bevölkerung zur Folge, und was in dieser Hinsicht sich hier noch geltend macht, ist beinahe ganz
auf Rechnung der anwachsenden Stadt Freiburg zu setzen. Man kann annehmen, dass 22% der Ew. des Kantons in Städten leben.
Volkscharakter, Sitten. Sprachverhältnisse.
Der Freiburger ist im Allgemeinen energisch und tätig. Dabei ist er gutmütig und liebt es, Gastfreundschaft zu üben. Der
Bewohner des französischen Kantonsteiles ist lebhaft und heiteren Gemütes, während der Bewohner des deutschen Kantonsteiles
ernsthafter und gesetzter ist. Allen aber ist
die Liebe zum Lande ihrer Väter gemeinsam und wenn sie auswandern, so geschieht
dies immer mit der Hoffnung, einst wieder in ihr Geburtsland heimkehren und dort ihre Tage beschliessen
zu können.
Seit einem Jahrhundert hat sich in den Sitten des Volkes ein starker Umschwung vollzogen. Die modernen Anschauungen haben
auch hier Einzug gehalten, ohne aber die besonders beim Landbewohner noch vorhandene Einfachheit zu verdrängen. Der Verkehr
der Einzelnen unter sich ist ein höflicherer und freundlicherer geworden, und die früher häufig blutig
endigenden Kämpfe und Streitigkeiten sind mit seltenen Ausnahmen verschwunden. Der Freiburger liebt es, kirchliche und weltliche
Feste zu feiern, er benützt jeden geringfügigen Anlass in seiner Familie oder im geselligen Leben zur Fröhlichkeit.
Hauptfeste sind heute noch der «Carnaval» (Fastnacht) und die «Bénichon»
(Kirchweih oder Kilbi), obwohl beide viel von ihrer einstigen Bedeutung eingebüsst haben. Die Kilbi
wird in der Ebene während der drei ersten Tage der zweiten Woche Septembers und im Gebirge während der drei ersten Tage
der zweiten Woche Oktobers mit andauerndem Tanz gefeiert. Schiessübungen, Leibesübungen und Sport üben im Allgemeinen
eine grössere Anziehungskraft auf das Volk aus als geistige Genüsse.
Freiburg
gehört zusammen mit Bern
und dem Wallis
den zweisprachigen Kantonen der Schweiz an. Der Bezirk Sense, ein Teil der Bezirke Saane und See
u. die Gemeinde Jaun (Bellegarde) im Bezirk Greierz sind deutsch, die übrigen Teile des Kantons französisch. Die Sprachgrenze
hat sich im Laufe der Zeiten vielfach verschoben. Heute geht sie von der Mündung der Broye in den Neuenburgersee
diesen Fluss aufwärts bis zu seinem Austritt aus dem Murtensee, zieht quer über diesen, um zwischen Meyriez und Murten in
eine Spitze auszulaufen, wendet sich dann nach SO., umzieht im W. die Gebiete der Gemeinden Murten, Münchenwiler,
Coussiberlé, Courlevon, Salvenach, Jeuss, Gurmels, Guschelmuth, Cordast und Monterschu und erreicht die Saane bei Schiffenen.
Von hier folgt sie der Saane bis Kastels, vereinigt sich bis zum Schwarzsee mit der politischen Grenze des Bezirkes Sense, dann
mit derjenigen der Gemeinde Jaun und endigt an der Dent de Ruth. Schwieriger zu ziehen ist die Grenzlinie
zwischen den Gebieten der geschlossenen und offenen Siedelungsweise. Im ganzen Bezirk Sense u. im obern Abschnitt des Bezirkes
Veveyse herrscht das System der Einzelsiedelungen vor, der rechts der Saane gelegene Teil des Bezirkes Saane und der grösste
Teil des Greierzerlandes haben gemischte Siedelungstypen und das übrige Gebiet des Kantons Siedelung
in Dörfern. Wo Einzelsiedelung vorherrscht sind die Höfe weit über das Land zerstreut; jeder einzelne Bauer ist alleiniger
Herr über die um seinen Hof gelegenen Aecker, Wiesen, Weiden, Waldungen, Quellen und Wege. In den
mehr
Dörfern stehen die Häuser in gedrängten Gruppen (Haufendörfer), und das umliegende Land ist in zahlreiche lange und schmale
Parzellen geteilt; oft sind auch die entlegeneren Teile der Gemeindemarch (Wälder u. Weiden) noch heute sog. Allmenden, d. h.
gemeinsames Eigentum der Ortsbürger.
Die Bauweise der ländlichen Wohnstätten ist fast überall die gleiche und gleichen Ursprungs. Es ist
der keltisch-römische Haustypus, der Wohnhaus, Scheune u. Stall unter einem Dache zusammenfasst. Das Haus ist mit seiner Längsachse
gewöhnlich nach SW. oder NO. orientiert und besteht bald aus Stein, bald einfach aus Holz. Während man im obern Abschnitt
des Sensebezirkes und im Greierz noch dem alemannischen Typus sich nähernde Bauernhäuser antrifft, lässt
sich im flachen Land mancherorts auch der burgundische Einfluss auf die Wohnstätten nicht verkennen.
Tracht.
Die alten Freiburger Trachten sind heute entweder schon völlig verschwunden oder doch dem Verschwinden nahe. Die aus Frankreich
herüberkommende Mode hat eben alles Ursprüngliche und Eigenartige unterdrückt und die Bekleidung unserer
Bauern uniform gestaltet. Früher war es eine sehr leichte Sache, an der Tracht nicht nur die Bewohner der verschiedenen Kantone,
sondern auch die verschiedener Landschaften im selben Kanton von einander unterscheiden zu können.
Als einzige Ueberreste der originellen und anmutigen früheren Lokaltrachten haben sich heute im Kanton Freiburg
sozusagen
blos noch diejenige der Greierzer Sennen (Armaillis) und das so reizende und malerische Kostüm der einer bestimmten religiösen
Gemeinschaft angehörenden jungen Mädchen von Düdingen (Guin) erhalten. Hier und da, besonders an Sonntagen sieht man auch
im Sensebezirk die Frauen noch ihre traditionelle Tracht tragen, die aus einem dunkeln kurzen Rock mit
farbiger Schürze, einem reich mit Silberketten u. -schnallen verzierten schwarzen Sammtleibchen, schneeweissem Brustlatz,
gefältelten u. gebauschten Hemdärmeln und einer mit Gold- und Silberfäden besetzten Mütze oder Haube besteht, die schelmisch
auf einem in zwei Zöpfe geflochtenem reichen Haarschmuck sitzt. Manchmal trifft man auch noch etwa ein
gutes altes Mütterchen mit dem als Kopfschmuck um den Nacken geschlungenen roten oder weissen Taschentuch an, während die
Männer ihre langen Schossfräcke, ihre enganliegenden und farbig verbrämten Leibröcke, die Kniehose und die Schnallenschuhe
schon längst endgiltig weggelegt haben.
Topographische und politische Einteilung des Kantons.
In topographischer Beziehung gliedert sich der Kanton Freiburg
in zwei Abteilungen: in das Bergland im S. mit dem Bezirk
Greierz, dem obern Sensebezirk und einem Teil des Bezirkes Veveyse (Vivisbach) und in den dem schweizerischen Mittelland angehörenden
übrigen Kantonsteil. Dieser letztere besteht seinerseits wieder aus fünf von einander verschiedenen Landschaften: dem zusammenhängenden
ursprünglichen Kantonsgebiet mit den unmittelbar daran grenzenden spätern Erwerbungen, den drei vom Kanton Waadt
umschlossenen Enklaven von Estavayer, Surpierre und Vuissens (mit Stäffis) und der rings von Berner Gebiet umgebenen Enklave
Wallenbuch. Umgekehrt liegen im Freiburgerland die waadtländische Enklave von Avenches und die Berner Gemeinden Münchenwiler
(Villars les Moines) und Clavaleyres. Zur Zeit der Helvetik waren dem Kanton Freiburg
zur Abrundung seines Gebietes noch
die heutigen Waadtländer Bezirke Payerne und Avenches angegliedert worden. Der Kanton Freiburg
umfasst jetzt 7 Verwaltungsbezirke mit zusammen 281 politischen
Gemeinden, nämlich
Gemeinden
1. Bezirk Broye
49
2. Bezirk Glane
53
3. Bezirk Greierz
41
4. Bezirk Saane
61
5. Bezirk See
43
6. Bezirk Sense
18
7. Bezirk Vivisbach
16
Jeder
dieser Verwaltungsbezirke bildet auch einen eigenen Gerichtsbezirk und Wahlkreis und gliedert sich wieder in je 2-7
Friedensgerichtskreise (zusammen 29). Kirchlich ist der Kanton in 12 Dekanate eingeteilt, die zusammen 131 Kirchgemeinden
umfassen und zum Bistum Lausanne und Genf gehören, dessen Bischof in Freiburg
residiert. Der reformierte Landesteil
umfasst 8 Kirchgemeinden. Ganz anders gestaltet war die frühere Einteilung, indem sich das ehemalige Gebiet der Stadt Freiburg
in die 4 Quartiere Au (Panner), Burg, Spital und Neustadt und der übrige Kantonsteil in die 15 Vogteien Montagny, Pont
(Farvagny), Estavayer, Châtel, Font und Vuissens, Romont, Rue, Surpierre, Bulle, Vaulruz, Vuippens, Corbières, Greierz und Saint Aubin
gliederten. Plaffeien, Illens, Jaun oder Bellegarde und Cheyres waren nur Untervogteien, deren jeweilige Inhaber Anspruch auf
spätere Beförderung zum eigentlichen Landvogt hatten. Später zerfiel der Kanton bis zum Jahre 1848 in 13 Bezirke (préfectures):
Freiburg
(alte Landschaft), Corbières, Greierz, Bulle, Châtel, Rue, Romont, Farvagny, Surpierre, Estavayer, Dompierre und Murten.
Verfassung.
Als direkte Volksvertretung und gesetzgebende Behörde amtet der Grosse Rat, dessen Mitglieder von den Wahlkörpern der einzelnen
Bezirke im Verhältnis von einem Mitglied auf 1200 Einwohner (Bruchteile über 600 Einwohner zählen für
voll) ernannt werden; er zählt 105 auf eine Amtsdauer von je 5 Jahren gewählte Abgeordnete. In den Grossen Rat sind nicht
wählbar gewisse kantonale Beamte und alle im Amte stehenden Geistlichen. Wahlablehnung ist gestattet. Der Grosse Rat versammelt
sich in ordentlicher Session zweimal des Jahres (im Mai und November); er gibt Gesetze und hebt solche
auf und ist in allen kantonalen Angelegenheiten, soweit ihm dies die schweizerische Bundesverfassung gestattet, souverän.
Er ernennt die Ständeräte, die Mitglieder und den Präsidenten des Staatsrates, das Kantonsgericht, verschiedene Kommissionen
u. s. w. Der freiburgische Grosse Rat ist berechtigt, vom Staatsrat die Ausarbeitung von Gesetzesvorlagen zu verlangen
oder, falls dieser dem Begehren nicht Folge leistet, solche durch eine von ihm eingesetzte Kommission ausarbeiten zu lassen.
Vollziehende Behörde ist der auf eine Amtsdauer von 5 Jahren ernannte Staatsrat, als dessen Vertreter in jedem Bezirk je
ein Statthalter (préfet) amtet. Der Staat führt die Oberaufsicht über das öffentliche Schul- und
Erziehungswesen. Zur Bestreitung der Kosten für Kultus und Unterricht bestehen eigene Stiftungen; der von der Staatskasse
für diese Zwecke ausgegebene Mehrbetrag wird proportional zu der Zahl der einheimischen Bevölkerung gleichmässig auf beide
religiöse Konfessionen verteilt.
Die Verfassung gewährleistet auch den Reformierten die freie und ungehinderte Ausübung ihres Kultus, und
die Befugnisse der reformierten Kirchenbehörden sind gesetzlich geregelt. Die Verfassung kann jederzeit ganz oder teilweise
entweder durch einen Beschluss des Grossen Rates revidiert werden, oder sobald dies mindestens 6000 Aktivbürger verlangen.
In beiden Fällen muss das Verlangen zuerst der Volksabstimmung unterbreitet werden. Bei einer totalen Verfassungsänderung
muss ein eigens gewählter Verfassungsrat einen ersten Entwurf ausarbeiten, der dem Volke vorgelegt und
im Falle der Ablehnung von demselben Verfassungsrat abgeändert wird. Findet er auch dann nicht die Zustimmung des Volkes,
so muss zur Wahl eines neuen Verfassungsrates geschritten werden. Eine Partialrevision nimmt der Grosse Rat vor; die umzuarbeitenden
Gesetzesbestimmungen werden in einem Zeitraum von sechs Monaten zweimal durchberaten und dann nach Ablauf
eines Monates von der zweiten Lesung an der Volksabstimmung unterbreitet. Der Kanton Freiburg
ordnet in die
mehr
schweizerische Bundesversammlung 6 Nationalräte und 2 Ständeräte ab. Der Staatsrat besteht aus 7 Mitgliedern, von denen
jedes einer der sieben Verwaltungsabteilungen (Inneres, Justiz und Kultus, Polizei, Finanzen, Schulwesen, Militärwesen und
Oeffentliche Arbeiten) vorsteht. Er arbeitet Gesetzesvorschläge aus und erlässt Verfügungen, übt die Oberaufsicht über
die gesamte Verwaltung, über die Staatsdomänen und -gelder und über das Armenwesen, ernennt die Statthalter,
die verschiedenen kantonalen Beamten, Professoren und Lehrer und wählt zusammen mit dem Kantonsgericht die untergeordneten
Gerichtsbehörden.
Die gerichtlichen Funktionen werden ausgeübt 1. von dem Kantonsgericht, bestehend aus 7 Mitgliedern und 14 Stellvertretern,
die vom Grossen Rat auf eine Amtsdauer von 8 Jahren ernannt werden; 2. von 7 Kreisgerichten, deren Funktionäre
(je ein Präsident, 4 Richter und 4 Stellvertreter) vom Wahlkollegium (dem vereinigten Staatsrat und Kantonsgericht) auf
eine Amtsdauer von 8 Jahren ernannt werden; 3. von 29 Friedensgerichten, deren jedes aus einem Friedensrichter, 2 Beisitzern
und 2 Stellvertretern besteht. Es bestehen drei Schwurgerichte, deren jedes sich aus einem Präsidenten, 2 Richtern
und 12 Geschworenen zusammensetzt. Das Strafgesetzbuch sieht die Todesstrafe vor. Kein von einem Gerichtshof gefälltes Urteil
ist rechtsgiltig, wenn dieser nicht vollzählig versammelt war; eine Ausnahme ist unter Vorbehalt von besonderen gesetzlich
geregelten Fällen nur beim Kantonsgericht zulässig. Für die Aburteilung über schwere Verbrechen,
Press- und politische Vergehen besteht die Einrichtung des fakultativen Schwurgerichtes.
Alle Gemeinden verwalten selbständig ihre eigenen Güter und Gelder unter Oberaufsicht des Staates, doch sind die Gemeindeverordnungen
der Regierung zur Genehmigung vorzulegen. Die kirchliche Verwaltung ist von der Zivilverwaltung vollständig abgetrennt.
Keine Verfügung der Kirchenbehörde wird dem Staat zur Genehmigung vorgelegt; dieser beschränkt sich
auf eine Kontrolle über die rechtmässige Verwaltung der Kirchgemeindegüter.
Aktivbürger sind alle Freiburger, die das 20. Altersjahr zurückgelegt haben, im Kanton wohnen und im Besitz ihrer bürgerlichen
Rechte und Ehren stehen; ferner unter denselben Bedingungen u. mit Vorbehalt der diesbezüglichen eidgenössischen
Vorschriften sämtliche seit einem Jahr im Kanton ansässigen Schweizerbürger. Alle in einem Wahlkreis wohnhaften Aktivbürger
bilden einen Wahlkörper. Das passive Wahlrecht beginnt mit dem zurückgelegten 25. Altersjahr. Verwandte in direkter auf-
oder absteigender Linie, Schwiegervater und
Schwiegersohn, Stief- und Halbbrüder, Onkel und Neffen, Geschwisterkinder und
Schwäger dürfen nicht zu gleicher Zeit miteinander in derselben staatlichen Behörde (den Grossen Rat
ausgenommen) sitzen.
Kantonales Finanzwesen.
Im Jahr 1900 betrug der Wert der bebauten und unbebauten Liegenschaften im ganzen Kanton zusammen die Summe von 396218000
Franken; das steuerpflichtige Vermögen erhob sich auf 92000000 Franken und die Hypothekarschuld auf 186775000 Franken. Daraus
ergibt sich ein reines Vermögen von 301443000 Franken oder im Mittel von 2355 Franken auf den Kopf der
Bevölkerung. Nach dem Rechenschaftsbericht der Finanzdirektion für 1900 beträgt das Staatsvermögen
Franken
an Aktiven
55202337
an Passiven
50559098
Reines Vermögen:
4643239
Seit dem Jahre 1860 hat der Staat 4 Anleihen im Gesamtbetrag von 63 Millionen Franken aufgenommen, die
heute durch Rückzahlung auf eine Schuld von 49990000 Franken zurückgegangen sind. Zeck dieser Anleihen war die Gründung
und Erhöhung des Stammkapitals der Staatsbank, die Einrichtung des Elektrizitätswerkes Thusy-Hauterive, Subventionierung
von neuen Eisenbahnen, Hebung der Landwirtschaft etc. Der Kanton besitzt eine Reihe von Spezialfonds, den
Fonds für den Kantonsspital u. die Viehversicherungskasse.
Das Gemeindevermögen ist beträchtlich; doch ist es sehr ungleich verteilt, indem eine Anzahl von Gemeinden sowohl an Kapitalien
und Liegenschaften reich ist, während umgekehrt andere gar Nichts haben. Die Schuld an diesen Verhältnissen trägt meistens
der Umstand, dass die zerstreute Siedelung in Einzelhöfen und vielen kleinen Weilern an manchem Ort der
Ansammlung eines Gemeindevermögens hinderlich war. Von den 281 Gemeinden des Kantons erheben einzig deren 120 eine die Gesamtsumme
von 510270 Franken erreichende Gemeindesteuer. Im Jahre 1900 wies die Staatsrechnung eine Einnahme von 3898850 Franken und
eine Ausgabe von 3910380 Franken auf. Hauptsächlichste Einnahmequellen waren die Erträgnisse von Staatsgütern
(653167 Franken) und die verschiedenen Steuern (2649599 Franken). Die beträchtlichsten Ausgaben erforderten das Schulwesen,
die Verzinsung der Staatsschuld, Brücken-, Strassen- und Hochbauten, Polizeiwesen, öffentliche Gesundheitspflege, Landwirtschaft
und Gewerbe.
Schulwesen.
Die obligatorische Primarschule umfasst 8 Schuljahre u. beginnt für jedes Kind mit seinem zurückgelegten 7. Altersjahr;
auf 100 Ew. entfallen 16 Schulkinder. Der Umstand, dass die Zahl der einzelnen Schulen
mehr
diejenige der Gemeinden weit übersteigt (476 Schulen auf 281 Gemeinden), erleichtert den Kindern namentlich in den Gegenden
mit zerstreuter Siedelung den Schulbesuch und begünstigt die strikte Durchführung des Obligatoriums.
Die Lehrer und die 8 Schulinspektoren werden vom Staat ernannt, die Schulkommissionen dagegen von den Gemeinderäten, mit
Ausnahme von je einem Mitglied, dessen Wahl sich der Staat vorbehält. Die Besoldung des Lehrpersonales
steht heute etwas über dem Gesamtmittel der Schweiz und beträgt gesetzlich in barem Gelde für die Lehrer 1300 Fr. und für
die Lehrerinnen 1100 Franken im Maximum; rechnet man dazu noch freie Wohnung, Garten- und Pflanzland und Brennholz, die
zusammen einen Wert von 200 Franken darstellen, so erhält man eine Maximalbesoldung von 1500, bez. 1300 Franken. Die Hauptarbeit
fällt der Schule im Winter u. Frühjahr zu; pro Jahr werden mindestens 40 Wochen Schule zu je 5 ganzen Schultagen gefordert.
Unter den 476 Schulen des Kantons zählt man 353 Schulen mit französischer und 123 mit deutscher Sprache,
ferner 125 Knaben-, 118 Mädchen- und 233 gemischte Schulen. Von den 20477 Primarschülern des Kantons waren 11001 Knaben
und 9476 Mädchen.
Primarschulunterricht wird ausserdem noch in den Asylen, Waisenhäusern, freien Schulen, Pensionnaten, Instituten etc. erteilt.
Die 11 Bezirksschulen (6 französische und 5 deutsche) haben einen besonders für die Bedürfnisse der
Landwirtschaft bestimmten erweiterten Lehrplan. Es bestehen 7 Sekundarschulen: je eine in Bulle, Romont, Châtel Saint Denis,
Estavayer, und Murten und zwei (Mädchen- und Knabensekundarschule) in Freiburg.
Von diesen Schulen können diejenigen mit dem ausgebildetsten
Lehrplan den Progymnasien anderer Kantone an die Seite gestellt werden.
Das kantonale Lehrerseminar in Hauterive zählte 1900 in 4 Klassen und einem Vorkurs 75 Zöglinge; ein kantonales Lehrerinnenseminar
fehlt, dagegen bestehen noch 4 private Seminare. Die 1834 gegründete Alterskasse für Primar- und Sekundarlehrer zählt
heute 522 Mitglieder, von denen 107 Beiträge beziehen, und hat einen Barbestand von 294714 Franken. Der
Staat leistet an sie einen jährlichen Beitrag von etwa 10000 Franken. Die Ruhegehälter, die zuerst nach 20 Dienstjahren
jährlich 70 Franken betrugen, sind 1881 durch Gesetz auf 300 Franken für 35 Dienstjahre erhöht worden und stellen sich
heute auf 500 Franken nach 31 Dienstjahren.
Dem höheren Unterricht dienen das Kollegium St. Michael und die Universität in Freiburg.
Hilfsmittel für den
Unterricht sind das naturhistorische Museum (mit je einer Abteilung für Physik u. Naturwissenschaften), das Kunst- und historische
Museum (mit je einer Abteilung für Archäologie, alte und moderne Kunst, Münzwesen und historische Denkmäler), das Museum
Marcello, das pädagogische Museum, das Gewerbemuseum und verschiedene Bibliotheken. Die Totalsumme der
kantonalen Primarschulfonds beträgt 4767888 Franken; für das Kollegium St. Michael und die Universität bestehen eigene
Stiftungen.
Gesundheits- und Unterstützungswesen.
Der Kanton Freiburg
zählte im Jahr 1900 38 Aerzte (davon etwa 30 in den Städten), 18 Apotheker, 5 Zahnärzte und 143 Hebammen. In den
Städten kommt auf etwa 1000 Ew. und auf dem Lande auf etwa 4000-5000 Ew. je ein Arzt.
Der Kanton ist reich an Kranken- und
Versorgungsanstalten: Irrenheilanstalt Marsens, mit allem Komfort und nach den neuesten wissenschaftlichen Forderungen eingerichtet;
Bezirksspitäler und Armenhäuser in Billens, Attalens, Bulle, Châtel Saint Denis,
Estavayer le Lac (Stäffis), Freiburg,
Greierz, Riaz und Tafers;
Waisenhäuser in Burg, Freiburg,
Gauglera, Montet, St. Wolfgang und Sâles;
Alterasyle
in Auboranges, Bulle, Châtel Saint Denis, Freiburg,
Gurmels, Treyvaux etc.;
Anstalt St. Nikolaus in Drognens für verwahrloste Kinder, Taubstummenanstalt
St. Joseph in Greierz etc. Einen wichtigen Zweig der öffentlichen Verwaltung bildet das Unterstützungs-
und Armenwesen.
Die Gesetzgebung hat auf eine Verbindung der privaten mit der staatlichen Wohltätigkeit derart hingearbeitet,
dass heute das gesamte Armenwesen unter der Aufsicht des Staates steht. Die Gesamtausgaben von Staat, Gemeinden, Armenhäusern
u. verschiedenen Stiftungen zum Wohle der Armen betrugen im Jahr 1899 nahezu 2 Millionen Franken, d. h. 17 Franken
pro Kopf der Bevölkerung; schon die von den Gemeinden allein für diese Zwecke aufgewendeten Summen ergeben 5,51 Franken
auf einen Einwohner. Das gesamte Armen- und Unterstützungswesen ist während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bedeutend
vervollkommnet worden.
Militärwesen.
Im Jahre 1901 stellte der Kanton Freiburg
zum eidgenössischen Heer folgende Truppen:
Mann
A. Auszug:
Infanterie
4681
Kavallerie
283
Artillerie
654
Genie
132
Sanität
58
Verwaltung
53
Stäbe
34
:
Total Auszug:
5895
B. Landwehr
Infanterie 1. Aufgebot
1621
Infanterie 2. Aufgebot
725
Kavallerie
240
Artillerie
418
Genie
142
Sanität
72
Verwaltung
24
Stäbe
13
:
Total Landwehr:
3255
Somit Auszug und Landwehr zusammen 9150 Mann. Rechnet man dazu noch den Landsturm mit 12319 Mann, so erhalten wir eine effektive
Truppenstärke von 21469 Mann. Daneben bezahlen 12190 Mann Militärsteuer. Von den 1460 Rekruten und
Zurückgestellten, die sich 1901 zur Rekrutierung stellten, sind 682 oder 46,8% diensttauglich befunden, 137 zurückgestellt
und 641 endgiltig untauglich erklärt worden.
Gewerbe und Industrie.
Der Kanton Freiburg
macht keinen Anspruch auf die Bezeichnung eines Industrielandes im modernen Sinne dieses Wortes. Doch sind die
mit der Landwirtschaft zusammenhängenden Handwerke und Gewerbe immerhin von einer nicht geringen Bedeutung. Im 15. Jahrhundert
war dagegen die Stadt Freiburg einer der wichtigsten industriellen Mittelpunkte des Landes, und das Freiburger Tuch und Leder
erfreute sich zu jener Zeit europäischer Berühmtheit. Die Lederindustrie allein beschäftigte 700 Gesellen u. die Tuchindustrie
wohl ebensoviel; 20000-30000 Tuchballen gingen damals
(Kanton) (Fribourg). Oberfläche, Bevölkerung. Nach den Katasterplänen beträgt die Oberfläche des Kantons 157452
ha. Die Gebäude und Plätze bedecken ungefähr 825 ha, die Gärten 350, die Weinberge 225, die Wiesen
64000, die Felder 20000, die Wälder 31500, die Weiden 27200, der unproduktive Boden und die Gewässer 13400 ha, worin die
ungefähr 7000 ha des Neuenburger- und des Murtensees nicht inbegriffen sind. Die Zahl der Häuser ist 19061;
die Zahl der Haushaltungen 25964. Die
Bevölkerung (127951 Seelen) verteilt sich nach Geschlecht, Konfession, Sprache und Herkunft folgendermassen: 64694 männliche, 63257 weibliche;
105138
Freiburger, 18441 Schweizer aus andern Kantonen, 4372 Fremde. 17289 Freiburger befinden sich in andern Kantonen, besondern
in den Kantonen Waadt,
Neuenburg,
Genf
und Bern.
Die mittlere Zahl der jährlichen Heiraten während der Periode 1903-1907 betrug 6,92 auf 1000 Ew.,
die Zahl der Geburten 36,09, der Todesfälle 21,39. Die betreffenden Mittel für die Schweiz (1907): Heiraten 7,82, Geburten
27,73, Todesfälle 16,81. Die Kindersterblichkeit erreicht das Verhältnis von einem Sechstel bis einem
Fünftel der Geburten;
für die ganze Schweiz beträgt sie ungefähr einen Achtel der Geburten.
Die mittlere Zahl der Scheidungen
beträgt (1903-1907) jährlich 9,6, das heisst ein Verhältnis von 1,07% der während des Jahres gefeierten Heiraten; das
entsprechende Mittel für die ganze Schweiz ist 4,8 Scheidungen auf 100 geschlossene Ehen. Die mittlere
Zahl der Todesfälle, die jährlich durch die Schwindsucht hervorgerufen wurden, beträgt (1903-1907) 1,80 auf 1000 Ew. Die
Verhältnisse der Todesursachen, nach der Statistik von 1901-1905, sind folgende: Lungenentzündung, 10,58% der Todesfälle;
Schwindsucht 8,32;
Darmentzündung der kleinen Kinder 8,32;
angeborne Schwäche 8,11;
Krebs 5,56;
Altersschwäche 3,65;
Tuberkulose
mit Ausschluss der Schwindsucht 3,15;
Unfälle 2,90;
Diphtheritis 2,16;
Masern 1,84;
Keuchhusten 1,20.
Die mittlere Zahl der Selbstmorde war (1903-1907) 18,6 jährlich, das heisst ein Verhältnis von 6,6 Selbstmorden auf 1000 Todesfälle;
entsprechendes Mittel der Schweiz: 13,2.
[A. Dessonnaz.]
Klima.
Die früher angegebenen Mitteilungen über das Klima verlangen eine nähere Angabe. Von den drei klimatische
Zonen (Region der Seen, des Mittellandes und der Voralpen) hat
die erstgenannte das mildeste Klima; mittlere Jahrestemperatur:
8,5-9° C. Der Wein und der Tabak gedeihen da noch. Das Mittelland hat eine mittlere Jahrestemperatur von 7,2°. In der Region
der Voralpen sinkt das Mittel im Verhältnis zur Höhe; es ist 5,6° in den Hochthälern von Greierz, in
einer Höhe von 1000 m. Die Zahl der Regentage und des Wasserniederschlags ändern von einer Zone zur andern, mit Tendenz
zum Maximum, wenn man sich der Bergregion nähert. Die folgende Tabelle zeigt das Mittel aus den Beobachtungen von
1898-1907:
Trotz seines hohen Regenmittels erfreut sich Marsens (Unter Greierz) einer mittleren Zahl von klaren Tagen
(70), die diejenigen von Greierz (50) übersteigen; das Mittel der bedeckten Tage ist in Marsens 140 und in Freiburg
160. Der Nebel
herrscht 40 bis 50 Tage im Mittelland (Freiburg-Romont-Marsens); in den Thälern, deren Höhe 800 m übersteigt, verzeichnet
man jährlich kaum 10 Nebeltage.
[Dr A. Gockel.]
Ackerbau.
Der Ackerbau ist die wichtigste Erwerbsquelle des Kantons; er ist der Grund des Wohlstandes und des Kredites des Staates.
Dieser hat darum auch seine Anstrengungen und Aufmunterungen vermehrt um den Fortschritt im Ackerbau anzutreiben und an die
Stelle des überlieferten und altgewohnten Vorgehens vernünftige und wissenschaftliche Methoden zu setzen.
Die Zählung von 1905 ergab das Vorhandensein von 12448 landwirtschaftlichen Betrieben mit 120000 ha Terrain, wovon drei
Viertel auf die Wiesen und Weiden entfallen; die Felder bedecken ungefähr ein Sechstel der Bodenoberfläche.
Die kleinen und mittleren Betriebe herrschen vor;
die Hälfte der Betriebe verfügt nicht über 5 ha, nur
ein Zehntel hat eine Oberfläche, die 20 ha übersteigt;
das Mittel ist 9,7 ha.
Ausserdem ist jeder Besitz in zerstreute
Parzellen von geringer Ausdehnung zerstückelt;
das Mittel ist 8 Parzellen per Betrieb.
Der vierte Teil der landwirtschaftlichen
Betriebe verfügt über ein Besitztum, das aus über 10 Parzellen besteht. Es ist dies ein Hindernis
für den technischen Fortschritt des Ackerbaus, ausserdem auch ein Grund des geringen wirtschaftlichen Wohlstandes infolge
der Zunahme der Betriebskosten, die daraus erfolgen. Im Jahre 1906 hat der Grosse Rat durch ein Gesetz erkannt, dass die Neugestaltung
des Grundbesitzes einem öffentlichen Nutzen entspricht; die übertriebene Zerstückelung und Zerstreuung
soll dadurch unterdrückt werden, sie geniessen die Wohltat der Staatsunterstützung und der Steuerfreiheit. Drei Fünftel
des Bodens werden von den Besitzern selbst bebaut, zwei Fünftel von Pächtern. Die grossen Betriebe sind zum grossen Teil
verpachtet. Drei Viertel der kleinen und mittleren Betriebe werden von den Besitzern selbst bebaut. In zwei
Fünfteln der Betriebe
mehr
werden landwirtschaftliche Maschinen gebraucht, im Ganzen 8380, vowon 4121 Dresch- und 3228 Mähmaschinen. 3,5% der Betriebe
besitzen hydraulische, elektrische oder Dampfmotore mit 1320 Pferdekräften.
Der Futteranbau für die Viehzucht nimmt im freiburgischen Ackerbau den Hauptplatz ein. Ihrerseits bezweckt die Viehzucht
gleichzeitig die Milchproduktion, die Nachzucht und den Viehhandel. Die Sömmerung spielt in der Viehzucht
eine grosse Rolle. Im bergigen Teil des Kantons bestehen 799 Sömmerungen mit je drei bis sechs Weiden; sie alle können während
ungefähr drei Monaten mehr als 26000 Kühe fassen. Der Bergbesitz besteht aus grossen zusammenhängenden Stücken, sie gehören
gewöhnlich Privatpersonen, ein Viertel ungefähr gehört Gemeindegenossenschaften. Die Alpzone im S.
des Jaunbaches, der Trême und der Veveyse besitzt die besten Alpschaften; die Zone der Voralpen bietet infolge ihrer geologischen
Natur (Flysch) die geringsten Weiden. Der Staat beschäftigt sich systematisch mit der Aufforstung der hohen Becken der voralpinen
Region zum Zwecke der Sanierung dieser Alpen.
In der Alpregion konzentriert sich die Hauptmasse des Milchviehs. Besonders findet man hier das Schwarzfleckvieh,
jedoch kommt auch das Rotfleckvieh vor, wie in der Ebene. Die beiden Arten sind Varietäten der gleichen Rasse, der grossen
schweizerischen Fleckviehrasse. Die Freiburgerkuh hat einen ausgesprochenen originellen Typus, sie ist stark und kräftig
gebaut, hat harmonische Formen, sie widersteht leicht den Witterungseinflüssen und den Ansteckungen,
sie liefert eine reichliche Milch.
Neben dem Rindvieh ist die Ziege im Kanton Freiburg
zahlreich vertreten; der grauliche Typus überwiegt gegenüber den rehfarbenen und
weissen Varietäten. Die Ziege ersetzt der armen Bevölkerung die Kuh; den Grosszüchtern liefert sie die Milch zur
Ernährung der Zuchtkälber und bewirkt dadurch die vermehrte Käseproduktion. Das Schaf wird wieder akklimatisiert; so können
die felsigen Weiden der Bergrücken besser ausgenutzt werden. Das Schwein ist für die Viehzucht von grösster Bedeutung;
die Yorkshirerasse ist in der ganzen Ebene verbreitet; die Landrasse herrscht im oberen Teile des Kantons noch
vor. Das Pferd wird wieder auf rationelle Weise gezüchtet. Dagegen wird die Geflügelzucht leider noch lange nicht systematisch
betrieben und ergiebt noch nicht den Ertrag, den man daraus ziehen könnte.
Die freiburgische Milchwirtschaft hat ihren Ursprung im Gebirge; die Käsefabrikation in der Ebene datiert von der teilweisen
Aufgabe des Getreideanbaus und der Einführung der ergiebigen Futterpflanzen her. Auf den Bergen war die
Käserei und der Käsehandel schon im 12. Jahrhundert in Blüte. Gewisse Gemeinden konnten ihre Feudallasten durch die Einnahmen
abschütteln, die sie aus dieser Industrie zogen; Italien und Frankreich waren die Absatzgebiete. Heutzutage ist die Milchwirtschaft
allgemein verbreitet und in vollem Gedeihen begriffen. Die Qualität der Milch der Freiburgerkuh ist
ausgezeichnet, ihr Fettgehalt ist im Mittel 4,102%. Der
Milchertrag in der Käsefabrikation variert zwischen 8¾ und 9½%;
beim Vacherin ist er 10 bis 12%. Der Preis des Bergkäses ist Schwankungen nach oben und unten unterworfen;
in den letzten
Jahren schwankte er zwischen Fr. 1,35 und Fr. 1,65 per kg.;
der Vacherin zwischen Fr. 1,15 und Fr. 1,50
per kg.
Die Bodenverbesserung wird von Staat und landwirtschaftlichen Genossenschaften sorgfältig überwacht. Es wurde ein landwirtschaftliches
Bureau zur methodischen Leitung dieser Arbeiten geschaffen. Seitdem im Jahre 1893 das eidgenössische Gesetz den Aufschwung
der kantonalen Initiative auf diesem Gebiete hervorruuf, wurden im Kanton Freiburg
bis zum für eine Summe von Fr. 1200000 Arbeiten
zur Verbesserung des Bodens vorgenommen. Im Jahre 1902 wurde ein spezielles Departement für Landwirtschaft geschaffen.
Die folgende Tabelle zeigt der Zunahme der Ausgaben des Staates für die Landwirtschaft:
Fr.
1880
17000
1890
70000
1900
115800
1908
396000
Unterrichtswesen.
Im Laufe dieser letzten Jahre hat der Kanton zur Verbesserung des Unterrichtswesens, der Gewerbe, des Handels und des Verkehrs
beträchtliche Fortschritte gemacht.
Der Ausgangspunkt dieser Entwickelung war die Gründung der Universität (1889), die eine theologische,
juristische, philosophische und naturwissenschaftliche Fakultät enthält. Für gewisse Lehrstühle wird
der Unterricht in beiden Sprachen erteilt. Ausser den klassischen Sprachen werden an der philosophischen Fakultät französische,
deutsche, romanische, englische, italienische und polnische Sprache und Litteratur doziert; es sind fünf Lehrstühle für
Geschichte vorhanden.
Die juristische Fakultät erteilt der Doktorgrad in Volkswirtschaft. Die naturwissenschaftliche Fakultät
verfügt über alle wünschenswerte Einrichtungen. Zur Universität gehört eine Bibliothek von 130000 Bänden; sie befindet
sich in einem Gebäude, das 1909 nach den modernsten Anforderungen errichtet wurde und 700000 Franken kostete. Der Lesesaal
enthält 200 Zeitschriften aller Art. Die medizinische Fakultät wird langsam ausgebaut. Die Universität zählt 71 Professoren
und 569 Studenten.
Die Unterstützung der Universität wurde ermöglicht durch die Konversion eines Staatsanleihens. Die dadurch erlangte Summe
(2½ Millionen) bildet den Universitätsfonds. Um zu verhindern, dass das kantonale Budget zur Unterstützung der Hochschule
herbeigezogen werde, hat der Staat im Jahre 1889 das Elektrizitätswerk und den Besitz der «Société
des Eaux et Forêts», die 1870 von Guillaume Ritter gegründet wurde, erworben (Usine du Barrage de Fribourg). Dieses mit drei
Turbinen versehene Werke, mit einer Stärke von 1200 Pferdekräften, liefert der Stadt Freiburg die elektrische Kraft (180
Motoren, 850 Pferdekräfte), das Licht (230000 Kerzen) und das Trinkwasser. Der Ertrag der Abonnemente
an elektrischer Kraft betrug 1908 Fr. 303950, an Wasser Fr. 142850, der
mehr
Reinertrag Fr. 186650. Nach Verzinsung des Dotationskapitals (Fr. 1100000) zu 5% wird der Saldo des Gewinns der Universitätskasse
zugehalten.
Zur Ergänzung der nötigen Einnahmen zum Unterhalt der Universität und um die zur Verwirklichung seiner ökonomischen Politik
nötige Finanzlage zu schaffen, hat der Staat 1892 die im Jahre 1867 gegründete Kasse zum Zwecke des
Amortissements der Staatsschuld in eine Staats-, Handels- und Hypothekarbank umgewandelt. Diese Bank, mit einem Kapital von 21 Millionen,
bezweckt die Tilgung der Staatsschuld mit 60 Prozent des Nettogewinnes, sie zahlt an die Universitätskasse eine Jahresrente
von Fr. 80000;
sie verfolgt den Zweck, den politischen und Pfarrgemeinden zu einem reduzierten Prozentsatz
Darlehen zu gewähren und im Allgemeinen den Prozentsatz der Hypothekardarlehen im Kanton zu vermindern. Im Jahre 1908 belief
sich ihr Geschäftsumsatz auf Fr. 478370000;
sie erzielte einen Reingewinn von Fr. 1303950;
ihre Reserven belaufen sich auf
Fr. 2600000;
der Fonds zur Amortisation der Staatsschuld beträgt Fr. 2116000.
Zur gleichen Zeit, als der Staat dem Lande die elektrischen Triebkräfte verschaffte, gründete er ein Technikum zur Heranbildung
der zur Ausnutzung der Elektrizität befähigten Arbeiter und Praktiker. Dieses Technikum enthält eine technische Abteilung
(elektromechanische Schule, Geometerschule, Bauschule und Seminar für Zeichnungslehrer), ferner eine Handwerkerschule (für
Mechaniker, Steinhauer, Maurer, Kunstschreiner und für das Kunstgewerbe).
Das Technikum organisiert jedes Jahr Semesterkurse für die Heranbildung von Zeichnungslehrern und Gewerbekurse für Erwachsene.
Das Industriemuseum mit 10000 Tafeln, Zeichnungen und Photographien für gewerbliche Zwecke und einer Bibliothek mit 11000 Bänden
und 131 Zeitschriften ist dem Technikum angegliedert. Seit dem Jahre 1886 werden gewerbliche Lehrlingskurse
organisiert; ihr Besuch während eines halben Tages in der Woche ist obligatorisch. Diese Kurse sind der Aufsicht des zentralen
Lehrlingsamtes unterstellt.
Es besteht ferner eine Gewerbeschule (zwei Jahre) zur Vorbildung der künftigen Handwerkermeister; sie ist obligatorisch
für die Schüler, welche die Primarschule verlassen und die Sekundar- oder Industrieschule nicht besuchen
wollen.
Diese letztere trägt den Namen: Collège cantonal de St. Michel. Sie wurde 1582 für den rein klassischen Unterricht gegründet
und 1850 durch einen industriellen Kurs ergänzt. Diese Schule umfasst: 1° ein französisches und deutsches Gymnasium, mit
gemeinsamem Lyzeum (Philosophie und exakte Wissenschaften);
die Studien führen bis zur Litterarmaturität, oder,
wenn man das Griechische durch eine moderne Sprache und durch einen Kurs in den exakten Wissenschaften ersetzt, zur Realmaturität;
2° ein Realgymnasium mit den Abteilungen: Handelsschule und Verkehrschule (Vorbereitung auf Post, Telegraph, Eisenbahn).
Eine besondere Sektion der Schule ist nach dem Muster der Lyzeen und Gymnasien in Frankreich organisiert, für
die Schüler dieser Nation.
Dem landwirtschaftlichen Unterricht dient ein landwirtschaftliches Institut, es hat Winterkurse und eine theoretische Molkereischule;
ausserdem besteht in Grangeneuve, auf den Boden des früheren Klosters Hauterive eine theoretische und praktische landwirtschaftliche
Schule (drei Jahre).
Ferner bestehen, ausserhalb des Kantonshauptortes in fünf Bezirkshauptorten klassische und Real-Sekundarschulen und an
zehn Orten Regionalschulen für den Landwirtschaftsunterricht. Die freiburgische «Mutualité
scolaire» erfüllt die Rolle einer Ersparnis- und einer Versicherungskasse gegen Krankheit. Der wöchentliche Beitrag beträgt 15 Rappen,
wovon 8 R. zur Versicherung und 7 R. zur Ersparnis dienen.
Das Lehrerseminar hat eine französische und eine deutsche Abteilung; es ist im Gebäude des früheren
Klosters Hauterive untergebracht. An der Universität besteht ein Lehrstuhl für Pädagogik.
Für die staatliche Mädchenerziehung bestehen: obligatorische Haushaltungskurse für schulpflichtige Mädchen;
ungefähr
dreissig fakultative Haushaltungsschulen für aus der Schule entlassene Mädchen, eine Töchtersekundarschule (allgemeiner,
literarischer und pädagogischer Unterricht), sie bildet zum Primar- und Sekundarlehrerinexamen vor, sie hat eine
berufliche und Haushaltungsabteilung (Zuschneiderei, Konfektion, Lingerie, Küche);
einzelne dieser Kurse sind für die künftigen
Lehrerinnen obligatorisch;
eine Haushaltungsschule, mit einer Abteilung zur Ausbildung von weiblichen Dientsboten und als
Krönung ein Institut zur Ausbildung von Haushaltungslehrerinnen;
eine Handelsschule für junge Mädchen;
endlich ein kantonales
Mädchenlyzeum, das zur Maturität vorbereitet.
Der freie Unterricht für das weibliche Geschlecht ist
durch zwei Institute für das Hochschulstudium der Damen vertreten (École des Hautes Études und Académie Sainte Croix), der
Unterricht wird dort von Professoren der Universität erteilt; ferner bestehen verschiedene Erziehungsinstitute, sieben davon
in Freiburg
und einige andere in verschiedenen Orten des Kantons. Das internationale Bureau für den Zeichnungsunterricht,
gegründet 1904, und das internationale Bureau für den Haushaltungsunterricht, organisiert im Jahre 1908, haben ihren Sitz
in Freiburg,
unter den Auspizien der Erziehungsdirektion.
Der Kanton besitzt eine Taubstummenanstalt in Greierz, eine Korrektionsanstalt für Knaben in Drognens, eine Besserungsanstalt
für Mädchen in Sonnenwil bei Murten, eine Schule für Schwachsinnige in Seedorf, ein Schulasyl für junge
Blinde in Freiburg,
ferner neun Waisenhäuser. Freiburg
ist der Sitz des bischöflichen Seminars zur Heranbildung von Priestern der Diözese
von Lausanne und Genf.
Wasserkräfte.
Der Erfolg der «Entreprise des Eaux et Forêts» bestimmte den Staat, 1902 in Hauterive, am Ufer der Saane,
7,5 km oberhalb des Stauwerkes von Freiburg,
ein hydroelektrisches Werk zu errichten. Ein Ableitungskanal von 9,6 km mit einer Oeffnung
von 15 m2 und 60 cm Gefäll per km führt das in Thusy, 20 km flussaufwärts gefasste Wasser oberhalb des Werkes. Der Wassersturz
beträgt 62 m. Das Elektrizitätswerk kann zehn Gruppen von Generatoren enthalten, die mit einem konstanten
Wasserverbrauch von 18,3 m3 in der Sekunde 10000 Pferdekräfte erzeugen
mehr
können. Sechs Gruppen sind eingerichtet. Sie erzeugen 7200 Pferdekräfte, die 453000 Kerzen für die Beleuchtung und 666 landwirtschaftliche
und industrielle Motore mit elektrischer Kraft versehen. Das Dotationskapital beträgt 11300000 Franken, das zu 3¾, 3½
und 4% verzinst wird. Nach drei Defizitperioden (die Kapitalzinsen wurden bezahlt) hat das Unternehmen seit 1905 einen
Gewinn abgeworfen, der eine Amortisation von einer halben Million erlaubte. Der Gewinn des Jahres 1908 betrug 193270 Franken.
Der Wildstromcharakter der Saane verhindert, dass das Elektrizitätswerk von Hauterive eine konstante Wassermenge von 18 m3
per Sekunde, die zu seinem normalen Gang nötig sind, erhält; deswegen wurde im Jahre 1907 in Romont ein
mit Dampf betriebenes Hülfswerk errichtet, das 5000 Pferdekräfte liefern kann. Endlich, als das Werk an der Saanestauung
in Freiburg
dem Bedarfe nicht mehr entsprechen konnte, baute der Staat in den Jahren 1908 und 1909 das Elektrizitätswerk von Oelberg, 2 km
unterhalb des vorgenannten; dieses Werk, am Fusse der Klippe von Loretto, kann drei Gruppen von Generatoren
aufnehmen und 6000 Pferdekräfte liefern. Es erhält das Wasser der Saane, das beim Stauwerk Ritter durch einen Kanal von 300 m
Länge und 28 m2 Oeffnung abgeleitet wird. Dieser Kanal ist durch den Molassesporn getrieben, um den sich das natürliche
Bett des Flusses zieht. Der so erhaltene Wassersturz beträgt 20 m. Das Dotationskapital dieses neuen Elektrizitätswerkes
beläuft sich auf 1500000 Franken. Zur Sicherung des regelmässigen Ganges dieser drei Werke hat sich der Staat mit dem Projekt
der Erstellung eines Staubeckens befasst.
Verkehrswege.
Durch die Schaffung der Universität, der Staatsbank und der elektrischen Unternehmen ist der Kanton
aus der Stagnation herausgetreten, die ihm verursacht worden war durch den Bau der Linie Lausanne-Freiburg-Bernergrenze und
durch den Misserfolg der industriellen Bestrebungen, die dem Bau dieser Linie folgten.
Dank der Staatsbank konnten die gegenwärtig existierenden freiburgischen Regionalbahnen gebaut werden: die Normalspurbahn
Freiburg-Murten (22 km), die, 1898 dem Verkehr übergeben, im Jahre 1903 bis Ins (10 km) weitergeführt
werden konnte;
sie wird vom Werke in Hauterive aus mit elektrischer Kraft betrieben;
die Schmalspurbahn Châtel Saint Denis-Palézieux
(6,8 km), dem Verkehr übergeben im Jahre 1901, der sich 1903 die Linie Châtel Saint Denis-Bulle-Montbovon (36,6 km)
anschloss;
die elektrische Betriebskraft wird von den Werken in Châtel Saint Denis und in Montbovon geliefert.
Am hat der Grosse Rat den Regierungsrat eingeladen, die definitiven Studien von drei neuen Linien vorzunehmen:
die Linie von Freiburg
nach Bulle über Marly-La Roche-Thusy-Vuippens (28 km), mit Abzweigung Bulle-Broc (4 km);
die Linie von Freiburg
nach Farvagny (auf dem linken Ufer der Saane), 13 km;
die Linie von Freiburg
nach Plaffeien,
über Tafers-Alterswil (21
km).
Die Kosten der bestehenden Linien belaufen sich auf 11,3 Millionen; die Kosten der neuen Linien werden nach den Berechnungen
der Experten 10,3 Millionen betragen. Ihr Bau wird die Konstruktion einer Brücke von 330 m Länge und 85 m
Höhe über die Saane, s. von Freiburg,
mit sich ziehen. Das Tracéstudium der künftigen Linien auf dem Terrain selbst ist unverzüglich
begonnen worden; für die Brücke hat ein im Jahre 1908 stattgefundener Wettbewerb eine reiche Zahl von
Plänen geliefert. Die zur Ausführung dieser Pläne nötigen Mittel wurden 1907 durch ein Staatsanleihen von 25 Millionen
zur Vollendung der elektrischen Arbeiten und den regionalen Eisenbahnnetzes geschaffen.
Das kantonale Strassennetz hat eine Ausdehnung von 533,8 km. Der Bau von neuen Strassen ist im Studium; auf diese Weise wird
ein Strassennetz von insgesamt 680 km geschaffen werden. Im Jahre 1865 zählte man 270 km Kantonalstrassen; 1900 schon 499 km.
Industrie und Handel.
Ausser den schon erwähnten 12448 landwirtschaftlichen Betrieben verzeichnet die Zählung von 1905 folgende 5904 Unternehmen:
Ausbeutung von Minen und Steinbrüchen 115;
Waldbau, Jagd und Fischerei 341;
Nahrungsmittel 606;
Kleidung
1656;
Bau und Möbelfabrikation 1411;
Textilindustrie 1081 (darunter 1007 Strohflechtereien als Heimarbeit), Papier- und
Lederfabrikation und -verarbeitung 8, chemische Produkte 21, Metallverarbeitung, Maschinen und Werkzeuge 603, Buchdruckerei,
Lithographie, Buchbinderei, Kartonnage 45, hydraulische und elektrische Unternehmen 16. Die fünf Elektrizitätswerke des
Kantons erzeugen ungefähr 15000 Pferdekräfte;
wenn einmal das neue Werk von Freiburg
funktionnieren kann, so
wird sich diese Zahl auf 21000 erhöhen.
Die grosse metallurgische Industrie ist vertreten durch die eidgenössischen Eisenbahnwerkstätten,
einer Giesserei und Maschinenfabrik in Freiburg,
durch Fabriken, die speziell Stahl für die Marine herstellen, in Courtepin und Montbovon;
sie sind Filialen der grossen Werke in Albertville;
durch eine Kochherdfabrik in Freiburg;
Montilier hat eine Uhrenfabrik;
Lentigny, Le Mouret und Düdingen Ziegeleien;
La Tour de Trême hat eine Parkettfabrik;
die Veveyse besitzt eine Kalk- und Zementfabrik
und eine Glashütte. An Nahrungsmittel-Industrieen besitzt der Kanton eine Chokoladefabrik in Broc, eine andere in Freiburg,
zwei grosse
Bierbrauereien in Freiburg,
zwei Fabriken für kondensierte Milch in Düdingen und Épagny bei Greierz, zwei Teigwarenfabriken
in Freiburg
und in Sainte Apolline bei Villars, eine grosse Mehlfabrik in Freiburg.
Das Wasserverteilungsunternehmen in Freiburg
gehört dem Staate, das
Gaswerk der Stadt. In Marly ist eine Papierfabrik;
die früher bestehende Akkumulatorenfabrik ist ausserhalb des Kantones
verlegt worden;
dagegen wurde in Freiburg
eine Fabrik für elektrische Kondensatoren gegründet.
Ferner sind zu erwähnen zwei Kartonnagefabriken,
eine
mehr
Imprägnationsfabrik, eine Fabrik von chemischem Dünger und eine Schuhfabrik in Freiburg,
eine Tabakmanufaktur in Estavayer. Als Kunstindustrien
bestehen ein Glasmaleratelier, ein Photogravureatelier und elf Druckereien.
Die Handelszählung weist 2353 Unternehmungen auf, darunter 935 Spezereihandlungen und Handlungen mit andern Nahrungsmitteln, 597 Hôtels,
Cafés und Restaurants, 187 Viehhändler, 145 Baumaterialhändler, 108 Gewebe-, Konfektion-, Mercerie-
und Kurzwarenhandlungen.
Die Handwerke sind in lokale und kantonale Sektionen der Schweizerischen Gewerbeunion gruppiert; die Industriellen und der
Grosshandel haben einen Handels- und Industrieverein gegründet; es besteht ferner eine Gesellschaft der Negozianten und
Industriellen, welche die Kaufleute der Staat Freiburg
in sich schliesst und eine Sektion des Schweizerischen
Kaufmännischen Vereins. Die Ingenieure und Architekten haben ebenfalls ihren Verein.
Die Handwerks- und Handelslehre ist durch ein Gesetz vom Jahre 1894 geregelt, das einen Lehrlingskontrakt, Ausbildungskurse
und ein Examen vorschreibt. Das kantonale Lehrlingsbureau befasst sich mit der Kontrolle.
Die Arbeiter besitzen verschiedene Organisationen; die wichtigste ist die des staatlichen Industriepersonals,
der Regionalbahnen und der verschiedenen Industrien; sie zählt ungefähr tausend Mitglieder. Die dem Schweizerischen Syndikatsbunde
angegliederten Syndikate sind wenig rührsam. Ferner bestehen Arbeiterkonsumvereine.
Der Steuerertrag auf Handel und Industrie beträgt Fr. 195000. Die Steuer wird erhoben als Fixbetrag nach Berufsgattungen
und einem Proportionsansatz des Einkommens (3,50%).
Im Kanton bestehen 74 Banken und Sparkassen, davon sind 24 Sparkassen. Das wichtigste dieser Geldinstitute
ist die Staatsbank, ihr Geschäftsumsatz erhob sich im Jahre 1908 auf 478 Millionen und der Reingewinn auf Fr. 1303000 bei
einem Kapital von 21 Millionen;
die Hypothekarkasse, eine Aktiengesellschaft mit Staatsbeteiligung, mit einem Kapital von 6 Millionen
hat ein Wertschriftendepot von 33,6 Millionen;
die Dividende des Jahres 1908 betrug 5%;
die Kantonalbank,
eine Aktiengesellschaft unter der Kontrolle des Staates, hatte im Jahre 1908 einen Geschäftsumsatz von 58,5 Millionen bei
einem Kapital von 2,4 Millionen;
Dividende: 5%;
die Kreisbank Freiburg
der Schweizerischen Volksbank hatte einen Geschäftsumsatz
von 328,8 Millionen bei einem Kapital von 2,7 Millionen;
der «Crédit Gruyérien» in Bulle einen Umsatz
von 56,7 Millionen bei einem Kapital von einer Million;
Dividende: 6%;
die Volksbank von Greierz, mit einem Kapital von einer
Million, hatte einen Umsatz von 51 Millionen;
Dividende: 7%;
der «Crédit agricole et industriel de la Broye»,
mit einem Kapital von einer Million, hat für 22,4 Millionen Geschäfte gemacht;
Dividende: 5½%;
die Spar- und Leihbank der
Broye, mit einem Kapital von Fr. 320000 hatte einen Umsatz von 4,3 Millionen;
Dividende: 5%. Die Staatsbank ist eine Agentur
der Schweizerischen Nationalbank.
Staatsfinanzen.
Die gewöhnlichen Einnahmen haben sich im Jahre 1908 auf Fr. 5723885 belaufen;
die gewöhnlichen Ausgaben
auf Fr. 5606708. Unter den aussergewöhnlichen Ausgaben figuriert der
Bau von neuen Strassen, Brücken und Gebäuden, ebenso
die Beiträge der Gemeinden an diese Arbeiten;
die Ausgaben belaufen sich auf Fr. 356942, die entsprechenden Einnahmen Fr. 30660. Betriebsdefizit:
Fr. 209305. Unter den Einnahmen sind besonders zu nennen: Einkommen aus den Besitzungen des Staates:
Fr. 900000 (nach Abzug der Ausgaben für Unterhalt der Wälder);
Steuern: 3 Millionen (Nettoeinkommen aus dem Salzregal);
Dépôts- und Kontokorrentzinsen: Fr. 754329;
Wiedereingang der Ausgaben durch die Bundessubvention und Verschiedenes: Fr. 325135.
Unter den Ausgaben sind zu erwähnen: Allgemeine Verwaltung (Grossrat und Regierungsrat): Fr. 92000;
öffentlicher Unterricht: Fr. 574000;
Justiz: Fr. 245000 (Strafjustiz inbegriffen);
Steuerverwaltung: Fr. 500000;
Zinsen
der Staatsschuld: Fr. 2100000;
Landwirtschaft: Fr. 396000;
Landjäger: Fr. 217000;
Ausgaben für Zuchthaus und Gefängnisse:
Fr. 133000;
Unterhalt von Brücken und Strassen: Fr. 360000;
Unterhalt der Gebäude: Fr. 237000. Das Resultat
der Jahresrechnung gibt die Vermehrung oder Verminderung der Staatsvermögens nicht an;
dazu muss das Amortissement der Staatsschuld
einberechnet werden;
die Staatsbank widmet demselben jährlich 60% ihres Ueberschusses.
Die Staatsbilanz weist an Aktiven
auf: Fr. 154681895, an Passiven Fr. 150742183. Die Bilanz der Staatsbank ist dabei inbegriffen: Aktiven: Fr. 91184080;
Passiven:
Fr. 86470951. Die Bank ist Inhaberin des Fonds zum Amortissement der Staatsschuld;
der Grosse Rat kann darüber nach Gutfinden
verfügen, indem er je nach dem verfügbaren Fonds eine Verminderung der Schuld beschliesst.
Die Schuld beläuft sich auf
64,2 Millionen. Dagegen sind für 49 Millionen produktives Vermögen vorhanden, so dass der Ueberschuss
der Passivzinsen nur Fr. 270000 beträgt. Er hat sich seit 1895 nicht vermehrt, obschon die damalige Schuld nur 39 Millionen
betrug. Anders gesagt: die Finanzpolitik des Staates besteht darin, das ungenügende eigene Kapital durch Verwertung der
entliehenen Kapitalien zu ergänzen. Diese Verwertung ist für den Augenblick noch unvollständig; die
in den Eisenbahnen steckenden Summen sind noch unproduktiv.
Eine Eigentümlichkeit der Staatsrechnung ist es, dass die Ausgaben für öffentliche Arbeiten nicht auf die Jahresrechnung
für die Totalität der ausgegebenen Summen gebracht wird, sondern in einem Prozentsatz (Annuität), der das Amortissement
der Totalausgabe darstellt, die in dem jedem Unternehmen durch die Kapitalkasse eröffneten Kontokorrente
erscheint. Dieses System wurde erdacht von Louis de Weck-Reynold, dem Neuschöpfer der freiburgischen Finanzen (1823-1880),
damit das Prinzip des Budgetgleichgewichtes mit den Anforderungen der ökonomischen Entwicklung des Kantons in Einklang gebracht
werde.
Gemeindevermögen.
Die Gemeindevermögen zerfallen in Gemeindefonds, Armenfonds und Schulfonds. Die Gesamthöhe der Gemeindefonds betrug
am 22,7 Millionen, diejenigen der Armenfonds 9,8 Millionen, der Schulfonds 4,6 Millionen; dabei sind die Fonds
der freien öffentlichen protestantischen Schulen nicht inbegriffen; diese betragen für 13 Schulen Fr. 214000.
Besitz an Immobilien und Mobilien.
Am verzeichnete der Kataster einen Immobilienwert von
mehr
204 Millionen und einen Mobilienwert von 276,4 Millionen (für 34305 Gebäude). Die Feuerversicherung der Immobilien beträgt
219,4 Millionen, die Versicherung der Mobilien 179,5 Millionen. Der Grundwert hat im Jahre 1908 um 0,6 Millionen zugenommen,
der Wert an Gebäuden um 11,8 Millionen.
Hypothekarschuld.
Die Hypothekarschuld betrug am 205,5 Millionen. Dieses Jahr hat sie um 8,5 Millionen zugenommen.
Der freie Hypothekarwert ist 231,3 Millionen. Während der letzten 10 Jahre hat der Wert von Grund und Gebäuden um 102,5
Millionen zugenommen, die Hypothekarschuld um 78,2 Millionen.
Spitäler und Asyle.
Der Kanton besitzt 25 Spitäler und Waisenhäuser; eines davon, das kantonale Irrenhaus, ist eine Staatsinstitution,
die andern sind von ihm anerkannt. Diese 25 Wohlfahrtseinrichtungen haben ein Dotationskapital von 9,7 Millionen. Im Jahre 1907 betrugen
ihre Ausgaben Fr. 1374000, ihre Einnahmen Fr. 1382000. Das Kantonsspital, mit einem Dotationskapital von Fr. 450000 und das
Institut Bersetia, für verlassene junge Mädchen, mit einem Fonds von Fr. 200000 existieren vorläufig
nur juridisch.
Gemeinnützigkeit.
Es besteht ein kantonales Arbeitsbureau (Placierungsbureau für Arbeiter und Arbeiterinnen), ein kantonaler Beschützungsbund
für junge Mädchen, der dem internationalen katholischen Bunde angegliedert ist; das internationale Bureau dieses Bundes
und das nationale schweizerische Komité haben ihren Sitz und ihr Sekretariat in Freiburg;
ferner bestehen ein
Bund zur Bekämpfung der Tuberkulose, eine Gesellschaft des Roten Kreuzes, eine Sektion der Schweizerischen Gesellschaft für
das Blindenwohl, ein Samariterverein, zwei Hülfsgesellschaften auf Gegenseitigkeit, eine Rettungsanstalt (in Bois bei Belfaux)
zwei «Home» für junge Mädchen, Kinderkrippen, Wohltätigkeitskonferenzen vom Heiligen Vinzenz von Paul, ein Damenwohltätigkeitsverein
usw.
Studien- und Lehrlingsfonds.
Es besteht eine gewisse Zahl von Stiftungen, deren Einkommen zu Stipendien (Gesamtkapital Fr. 850000) und zu Lehrlingsunterstützungen
(Kapital Fr. 500000) bestimmt sind.
Justiz und Kriminalität.
Die Mitgliederzahl des Kantonsgerichtes (Appellations- und Kassationsgericht) ist auf fünf herabgesetzt worden. Die Gerichtsorganisation
ist durch gewerbliche Schiedsgerichte ergänzt worden. Im Jahre 1907 wurden durch die untern Gerichte 679 definitive
und 306 appellationsfähige zivilrechtliche Erkenntnisse gefällt; die Friedensrichter und -gerichte haben sich ausserdem
über 1509 andere Rechtshändel ausgesprochen. Es kamen 39 Kassationsbegehren und
69 Zivilappellationen vor. Im Jahre 1907 gab
es 3666 Strafprozesse (1903: 4412; 1904: 4243; 1905: 5000; 1906: 3652). Assisenhof: 5 Fälle;
Kriminalgericht:
27;
Korrektions- und Polizeigericht: 1101;
Gerichtspräsidenten: 124;
Präfekten: 2606. In Strafsachen gab es 45 Kassationsbegehren.
Das Verhältnis der Strafgefangenen zur Bevölkerung war im Jahre 1906 1,36‰ in Kriminal- und Korrektionsfällen und 3,06‰
mit Inbegriff der Insassen des Arbeitshauses (Strafkolonie). Mittel der Schweiz: 2,81 und 3,37‰.
Geistiges Leben.
Dank der Universität verbreitet sich im ganzen Kanton der Geschmack an geistigen Anregungen. Die katholische Volksvereinigung,
die freiburgische Erziehungsgesellschaft, der naturwissenschaftliche Verein, die zwei historischen Vereine (französisch
und deutsch), die Gesellschaft der Kunstfreunde, die ökonomische Gesellschaft (mit einer Bibliothek von 25000 Bänden),
der Verein der Ingenieure und Architekten, der Alpenklub geben dieser geistigen Entfaltung reiche Anregungen.
Eine Universitätszeitschrift, die «Revue de Fribourg», behandelt philosophische und litterarische Fragen; es besteht ein
«Bulletin pédagogique», eine Kunstzeitschrift «Fribourg artistique», zwei historische Veröffentlichungen, die «Archives»
und die «Geschichtsblätter», ein Bulletin des naturwissenschaftlichen
Vereins, eine polygraphische Sammlung, «Les Étrennes fribourgeoises»,
zwei musikalische Zeitschriften, «Le Miroir» und das «Vereinsorgan». Die politische Presse zählt sechs
Zeitungen, darunter ein grosses Tagblatt «La Liberté», das konservativ-katholische
Organ, drei andere Zeitungen der gleichen Richtung und zwei liberal-radikale Zeitungen; es bestehen zwei deutsche Zeitungen,
ferner fünf Informationsblätter.
Im Kanton Freiburg
sind einige grosse Künstler, Maler, Bildhauer, Goldschmiede, Kunstschlosser geboren, deren Werke
im Kunst- und historischen Museum aufbewahrt sind, in den Kirchen oder als Schmuck der öffentlichen Plätze und Monumente,
sowie der Privathäuser. Die zeitgenössische Kunst ist durch eine kleine Gruppe von talentvollen Künstlern vertreten, deren
Vereinigungspunkt die Gesellschaft der Kunstfreunde ist. Sie hat mit Erfolg zwei freiburgische Ausstellungen
(Salons) organisiert.
Wichtige Ereignisse.
In den Jahren 1904 und 1906 trafen den Kanton zwei grosse Unglücksfalle. An wurde das Dorf Neirivue im Greierzerland
abends zwischen 5 und 7 Uhr vollständig eingeäschert. Schuld am Unglück war die Unvorsichtigkeit einer Person, die ein
noch glimmendes Zündhölzchen in dürres Seegras (Lische) geworfen hatte. 81 Gebäude, darunter die
Kirche,
mehr
im Gesammtwerte von Fr. 187000, wurden eingeäschert. Das verbrannte Mobiliar hatte einen Wert von Fr. 164000.
Der Schaden wurde durch die Versicherungskassen und durch die öffentliche Wohltätigkeit gedeckt, welch leztere hunderttausend
Franken an Geld und für dreissigtausend Franken Naturalgaben beisteuerte. An betraf ein Brandunglück das Dorf
Plaffeien im Sensebezirk. Am Mittag entzündete ein Funke, der aus dem Dache einer Bäckerei stieg, das
Schindeldach. Die durch den wütenden Wind herumgetragenen Feuerfunken flogen durch das Dorf, und dieses war in kurzer Zeit
ein einziger Flammenhaufen. 51 Häuser, darunter die Kirche, wurden zerstört; sie hatten einen Wert von Fr. 640000;
das verbrannte Mobiliar wurde auf Fr. 400000 geschätzt. Die Versicherungskassen bezahlten den Brandbeschädigten Fr. 637000;
die öffentliche Wohltätigkeit brachte Fr. 113000 in bar und für zwanzigtausend Franken Naturabgaben auf. Diese beiden
Dörfer sind nach neuen Plänen wieder aufgebaut worden. Am wurde ferner das Dorf Remaufens eine Beute
der Flammen; 10 Häuser von 26 wurden eingeäschert.
(Fribourg) (Kt. Freiburg,
Bez. Saane).
Im Jahre 1906 wurde das Gebiet der Gemeinde Freiburg um 183 ha vergrössert, die man von
der Gemeinde Villars sur Glâne übernahm, welche Freiburg
im W. und im S. begrenzt. Der Flächenraum der Gemeinde
beträgt gegenwärtig 900 ha, davon sind 57 mit Gebäuden und Plätzen bedeckt, 43 von Gärten, 532 von Wiesen und Feldern, 137 von
Wäldern usw. Die Grundstückschatzung beläuft sich auf 5,7 Millionen, die Gebäudeschatzung 57,6 Millionen. Der von
der Gemeinde Villars übernommene Gemeindeteil hat einen Grundwert von Fr. 950000 und einen Immobilien-
(Gebäude-) wert von 9,3 Millionen. Die Vereinigung dieses Teiles mit der Stadt ist begründet durch den Stadtcharakter dieser
Zone und durch Steuermotive. Die Zählung vom ergibt eine Bevölkerung von 21538 Seelen: 10636 Personen männlichen
und 10902 weiblichen Geschlechtes;
14841 Ledige, 5694 Verheiratete, 964 Witwer und Witwen, 39 Geschiedene;
man zählte 17703 Schweizer und 3835 Fremde;
nach der Konfession waren 18808 Katholiken, 2571 Reformierte, 119 Juden.
Statistik der Stadt Freiburg nach Quartieren (1900).
1. Konfession.
Katholiken
Reformierte.
Juden.
Andere.
Burg
3818
570
51
7
Matte
4615
850
58
11
Neustadt
2705
402
-
1
Au
2132
573
-
1
Total
13270
2395
109
20
2.
Sprache.
Französisch.
Deutsch.
Italienisch.
Romanisch.
Andere.
Burg
2837
1489
75
6
39
Matte
3684
1527
238
6
79
Neustadt
2148
917
35
-
8
Au
1032
1662
10
1
1
Total
9701
5595
358
13
127
Eine Erhebung über die Wohnverhältnisse ergab, dass drei Viertel der Einwohner in Mietswohnungen leben; ein Viertel der Wohnungen
werden von den eigenen Besitzern bewohnt, ein Drittel hat nur ein Zimmer; die Wohnungen von wenigstens 5 Zimmern bilden nur
einen Zehntel des Ganzen: in andern Worten: es gibt 65% kleine, 29% mittlere und 4,8% grosse Wohnungen.
Die mittlere Bewohnerzahl eines Zimmers ist 3; da das normale Mittel 2 Personen ist, so müssen 716 Wohnungen als ungenügend
erkannt werden; 35% der Mieter wohnen in anomalen Verhältnissen. Der mittlere Mietzins ist Fr. 295;
fünf Zehntel der Wohnungen
kosten weniger als Fr. 200 Miete, ein Viertel der Wohnungen 200 bis 400 Franken, ein Viertel darüber.
Im Jahre 1908 hat die Gemeinde Fr. 959877 ausgegeben;
ihre Einnahmen waren Fr. 870955. An Steuern liefen Fr. 627000 ein;
der öffentliche Unterricht kostete Fr. 221000;
die Verwaltungskosten erhoben sich auf Fr. 366000. Die Gemeinde verwaltet
das Bürgervermögen: Waisenhaus Fr. 664000: Spital Fr. 3586000;
Unterstützungsfonds Fr. 1156000;
Stipendienfonds
Fr. 647000;
Bürgerbesitzungen Fr. 626000. Die Gemeinde ist Besitzerin der Gasanstalt;
dieses Werk erzeugte im Jahre 1908 970800
m3;
davon wurden verwandt zur Beleuchtung: 350000 m3, für Heizungs- und Kochapparaten: 620800 m3. Es besteht ein
Gasometer, der 4000 m3 fasst, ein anderer von 1000 m3 und ein dritter von 400 m3.
Die Gemeinde
wird mit Trinkwasser und Elektrizität durch das Unternehmen «Eaux et Forêts» (im Besitze des Staates) versehen. Das an der
Stauung (Barrage) in einer Höhe von 554 m gefasste Wasser der Saane wird in die Reservoirs von Guintzet
mehr
(695 m) durch Pumpen mit einer Tagesleistung von 8350 m3 hinaufgeführt. Die Reservoirs können 7200 m3 enthalten.
Der Tagesverbrauch beträgt 366 Liter per Bewohner. Der Elektrizitätsverbrauch ist 1116 Pferdekräfte für die industriellen
Motore, von denen 212 vorhanden sind; 123 Kilowatt für die Heizungsapparate; 842 Kilowatt für die Beleuchtung (22000 Lampen, 241000
Kerzen).
Das musikalische Leben Freiburg
ist in steter Entwickelung begriffen. Die Stadt besitzt ein Konservatorium (15 Lehrer, 150 Schüler),
ein Orchester von 45 bis 50 Musikern, das während der Wintersaison Symphonie-Konzerte gibt, einen Kammermusikverein und,
seit der neulichen erfolgreichen Aufführung des «Lobgesangs» von Mendelssohn
ist begründete Aussicht vorhanden, die verschiedenen Gesangvereine der Stadt jedes Jahr zu einer Aufführung
grosser Werke, Oratorien, Messen Kantaten usw. zu vereinigen. Ferner sind zu erwähnen die Konzerte der reisenden Künstler
und die Orgelkonzerte im Münster. Für die Volksmusik bestehen mehrere gemischte Chöre, Männerchöre, zwei Harmoniemusiken,
und eine Blechmusik.
In den Jahren 1907-1909 ist die äussere Gestalt der Stadt Freiburg durch wichtige öffentliche Bauten
verändert worden. Zunächst der Bau der «Route des Alpes», am S.-Abhange der Halbinsel, auf der die Stadt aufgebaut ist. Diese
Strasse ist 426 m lang und in den Abhange eingeschnitten. Die Stützmauer ist am höchsten Punkte 21,5 m hoch und
aus Betonblöcken gebaut. Die Strasse hat eine Breite von 7,20 m, eines der Trottoirs 2 m, das andere, auf dem Mauervorsprung,
ist aus armiertem Beton und 2,80 m breit.
Dieser Kunstbau hat Fr. 480000 gekostet. Die Strasse bietet eine reizende Aussicht auf das Saanethal. Von grösster Wichtigkeit
ist ferner der Bau eines neuen Elektrizitätswerkes am Ufer der Saane, am N.-Fusse der Klippe vom Loretto.
Dieses Vorgebirge ist durch einen Tunnel durchbrochen worden, dessen obere Oeffnung sich auf das Stauwerk öffnet, das 1870 für
das frühere Werk «Eaux et Forêts» gebaut wurde. Dieses Stauwerk wurde um 2,50 m erhöht; zur Regulierung
des Wasserstandes wurde das frühere Wasserwehr mit drei Drehschleusen von 10 m Breite und 4 m Höhe versehen.
Das neue Elektrizitätswerk ist an der unteren Mündung des 300 m langen Tunnels erbaut, es wird das Wasser auf seine Turbinen
durch vier Leitungen erhalten, die einen Sturz von 20 m erzeugen. Das Werk wird 6000 Pferdekräfte produzieren
können. Endlich hat der Bau der Kantons- und Universitätsbibliothek den Anblick eines der oberen Quartiere der Stadt gänzlich
verändert. Zur architektonischen Ausschmückung dieses Gebäudes sind die Stile Ludwig XV und Ludwig XVI verwendet worden.
Die Fassade ist aus Molasse. Die innere Einrichtung entspricht den modernsten Anforderungen. Der Lesesaal
enthält 84 Plätze. Die Säle können 400000 Bücher enthalten. Die Stadt Freiburg ist gegenwärtig durch drei Eisenbahnlinien
bedient (Lausanne-Bern, Freiburg-Ins, Freiburg-Yverdon); in kurzer Zeit wird sie verbunden sein: 1. mit Bulle durch eine direkte
Linie, die dem Saanethal entlang läuft, 2. mit dem deutschen Oberland durch eine Linie Freiburg-Plaffeien
und 3. mit der Gegend von Gibloux durch eine Linie Freiburg-Farvagny.
Für die Durchfahrt der zwei ersten Linien, ebenso zur Verbesserung der gewöhnlichen Verbindung zwischen der Gegend am rechten
Ufer der Saane und der Stadt Freiburg wird im S. der Stadt eine Brücke gebaut werden, die eine Länge
von 380 m und eine Höhe
von 85 m haben wird. Zum Vergleiche seien die Dimensionen und Höhen der andern Brücken Freiburgs
genannt: Grosse Hängebrücke, erbaut in den Jahren 1832 bis 1835: Länge 246 m, Höhe 51 m;
sie wird von sechs Drahtseilkabeln
von 374 m Länge getragen, die in 14 m tiefen und in die Molasse gegrabenen Schachten verankert sind;
Galternbrücke, mit Drahtseilkabeln, erbaut in den Jahren 1839-1840: Länge 151 m, Höhe 75 m;
Pont de Grandfey, metallisch,
mit doppelter, übereinander gebauter Fahrbahn, von denen die obere die Eisenbahnlinie Freiburg-Bern trägt, erbaut im Jahre
1862: Länge 333 m, Höhe 76 m, getragen von sechs Metallpfeilern mit einer Distanz von 48,50 m.