Titel
Freiberg.
[* 2]
1) Amtshauptmannschaft in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, [* 3] hat 653,98 qkm, (1890) 116328 (56617 männl., 59711 weibl.) E. in 3 Städten und 81 Landgemeinden. –
2) Hauptstadt der
Amtshauptmannschaft Freiberg
, 3 km westlich von der östlichen oder Freiberger
Mulde, am Münzbache, in 412 m Höhe
auf der nördl.
Abdachung des
Erzgebirges, an den Linien
Dresden-Chemnitz,
Nossen-Bienenmühle und den
Nebenlinien
Freiberg-Großhartmannsdorf (16,8 km) und Freiberg
-Halsbrücke (7,5 km) der Sächs. Staatsbahnen,
[* 4] Sitz der
Amtshauptmannschaft, eines Landgerichts
(Oberlandesgericht
Dresden) mit 14
Amtsgerichten
(Brand,
Dippoldiswalde, Döbeln,
[* 5] Frauenstein, Freiberg
, Hainichen, Lengefeld, Marienberg,
Rossen, Oederan, Roßwein, Sayda,
Tharandt, Zöblitz), eines königl. Amtsgerichts, Hauptsteueramtes, Proviantamtes,
Berg-
und Oberhüttenamtes, einer königl. Oberdirektion der Erzbergwerke,
Straßen- und Wasserbau-, Gewerbeinspektion,
Bezirkssteuereinnahme, zweier Eisenbahnbauinspektionen sowie einer Superintendentur und des königl.
Bezirksschulinspektors; ist altertümlich gebaut, mit Resten der ehemaligen Befestigungen und hat (1890) 28955 (14374 männl., 14581 weibl.)
E., darunter 27 825
Evangelische, 1019 Katholiken, 51 andere
Christen und 56 Israeliten; in Garnison das Jägerbataillon Nr.
12, Post erster
Klasse mit Zweigstelle,
Telegraph,
[* 6] Fernsprecheinrichtung,
Gasanstalt, zwei Wasserleitungen, Hospitäler St.
Johannis und St. Bartholomäi, eine
Revier-, Hüttenknappschaftskasse und
Allgemeine Knappschaftspensionskasse für das Königreich
Sachsen,
[* 7] ferner einen
Altertums-, Kunst-, Bergmännischen, Geographischen und Naturhistorischen
Verein. An öffentlichen Bankinstituten
bestehen eine Vorschußbank, ein
Darlehnsverein, eine Bergmännische
Bank und die städtische
Sparkasse
(1894: 15,74 Mill. M.
Umsatz).
In den an
Stelle der alten Befestigungen entstandenen Promenaden steht das
Denkmal (1851) des
berühmten Geologen Abr. Gottl. Werner sowie das eingeweihte
Denkmal zur
Erinnerung an die 1870 und
1871 gefallenen
Krieger, vor dem Petersthor das Schwedendenkmal zur
Erinnerung an die
heldenmütige Verteidigung der Stadt (1643) gegen die
Schweden.
[* 8]
Von den 6 Kirchen (5 evang., 1 kath.) ist hervorzuheben der mit kürzlich restaurierten Kreuzgängen umgebene Dom, ein spätgot. Hallenbau, nach dem Brande 1484 an Stelle der von Otto dem Reichen (Ende des 12. Jahrh.) erbauten roman. Frauenkirche 1490–1512 errichtet; der Chor 1576 hinzugefügt. Der wichtigste Überrest des alten Baues ist das Südportal, die «Goldene Pforte», eine der schönsten Schöpfungen mittelalterlicher Kunst in Deutschland, [* 9] mit einem reichen plastischen Schmuck.
Hinter dem Hochaltar die Kurfürstengruft mit den Gräbern von 41 prot. Wettinern; das bedeutendste Grabmal ist das des Kurfürsten
Moritz mit der knienden
Statue desselben, von dem
Antwerpener Bildhauer
A. von Zerum ausgeführt. Berühmt
sind die nicht mehr benutzte Kanzel (um 1500) in Form einer
Tulpe, und die gewaltige Orgel, erstes großes Werk von Silbermann
(s. d.). (Vgl. Heuchler, Der
Dom zu Freiberg
, Freiberg
1862.) Auf dem höchsten Punkte der Stadt liegt die Peterskirche
mit drei
Türmen, deren höchster (72 m) das Bergglöckchen trägt. Die Jakobikirche ist an
Stelle der abgebrochenen Klosterkirche
gleichen
Namens 1892 neu erbaut worden.
Von weltlichen Bauten sind das 1572 vom Kurfürsten August erbaute Schloß Freudenstein, seit 1804 Militärmagazin, das spätgot. Rathaus (1410), das Kaufhaus (1545) mit dem Altertumsmuseum, die neue Bergakademie, das neue Gymnasium und Realgymnasium, das neue Gerichtsgebäude (1878), die Jägerkaserne (1874) und das neue Reichspostgebäude (1889) zu erwähnen. Vor dem Rathaus bezeichnet ein Stein mit Kreuz [* 10] die Stelle, wo 1455 Kunz von Kaufungen (s. Prinzenraub) hingerichtet wurde.
Von Lehranstalten nimmt die erste Stelle ein die berühmte (1765 gestiftete) Bergakademie (1894/95: 18 Docenten, 169 Studierende), schon seit einem Jahrhundert eine der vorzüglichsten Bergwerksschulen in Europa. [* 11] Dieselbe besitzt seit 1791 ein eigenes Gebäude, welches seit 1837 mehrfach vergrößert wurde und außer den Hörsälen die Bibliothek (40400 Bände, 351 Manuskripte, 4630 Kartenwerke), die Mineralienverkaufsanstalt, die geolog., mineralog., bergmännischen und physik.
Sammlungen und das Wernersche Museum enthält. Die Laboratorien für Chemie, Hüttenkunde und Probierkunst sind in besondern Häusern untergebracht. Ferner bestehen ein Gymnasium Albertinum, 1515 gestiftet (Rektor Dr. Preuß, 18 Lehrer, 9 Klassen, 161 Schüler), städtisches Realgymnasium, 1872 eröffnet (Rektor Pachaly, 15 Lehrer, 9 Klassen, 188 Schüler), eine Handels-, eine königl. Berg-, eine deutsche Gerberschule, gewerbliche Fortbildungs- und landwirtschaftliche Winterschule; ein Theater, [* 12] ein Altertums- und ein naturhistor. Museum.
Den Haupterwerbszweig bildet das
Berg- und Hüttenwesen. Der Freiberger
Bergbau
[* 13] besteht schon seit dem 12. Jahrh, und hat (1524–1850) 2 Mill.
kg
Silber geliefert. 1885 sind die sämtlichen größern Gruben an den
Staat übergegangen. Bei zusammen 44 Gruben
(1893) und einer
Belegschaft von rund 5200 Mann wurden 31662 t
Erze im Werte von etwa 3,4 Mill. M. gefördert. In der Nähe
befinden sich unter mehrern andern Anstalten zur
¶