Franken,
germanisches Volk, s. Frankenreich.
3 Seiten, 1'814 Wörter, 12'552 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
germanisches Volk, s. Frankenreich.
im engern Sinn das bedeutendste der Herzogtümer, in welche Deutschland nach dem Ausgang der karolingischen Dynastie zerfiel. Dasselbe wurde von alters her als Kern des aus der einstigen fränkischen Monarchie erwachsenen Deutschen Reichs angesehen, weshalb auch der deutsche König, welchem Stamm er auch angehören mochte, durch die Wahl, die meist auf fränkischer Erde geschah, für seine Person das Recht der Franken erhielt. Die Grenze des Herzogtums Franken, zu welchem auf dem linken Rheinufer gegen Lothringen hin noch das Gebiet von Worms, Mainz und Speier gehörte, zog sich auf der rechten Seite des Rheins zwischen Sachsen, Bayern und Alemannien hin; im N. ward sie ungefähr durch den Lauf der Sieg, Eder und Werra sowie durch den Thüringer Wald, im O. durch das Fichtelgebirge und die Wasserscheide zwischen Rednitz und Nab, im S. durch die Altmühl, Wernitz, den obern Kocher, die Enz und Murg bezeichnet. Es zerfiel in Francia orientalis (Ostfranken, Franconia, vgl. Fränkischer Kreis), das Gebiet auf beiden Seiten des Mains, dessen Mittelpunkt Würzburg war, und Francia Rhenensis (Rheinfranken), das Land um den Rhein und insbesondere die Gaue am linken Ufer dieses Flusses; als die Grenze zwischen beiden Teilen von Franken kann der Spessart angesehen werden. Zu Anfang des 10. Jahrh. wetteiferten zwei Geschlechter um die herzogliche Gewalt in Franken: das Haus der Popponen oder Babenberger, deren Besitzungen in dem spätern Bamberg ihren Mittelpunkt hatten, und das Haus der Konradiner, die aus dem Niederlahngau stammten. Unter Ludwig dem Kind brach zwischen beiden ein heftiger Kampf, die sogen. Babenberger Fehde, aus, in welcher sich der König und die Kirche auf die Seite der Konradiner stellten, und welche damit endigte, daß nach dem Untergang der Babenberger, deren Haupt Adalbert 906 hingerichtet ward, Konrad I. (s. d.) als Herzog von Franken anerkannt wurde. Als dieser 911 zum König erwählt wurde, ging die herzogliche Gewalt auf seinen Bruder Eberhard (s. d.) über. Dieser erhob nach dem Tod Konrads keinen Anspruch auf die Krone, sondern erwählte Heinrich I. zum König und stand mit diesem, der ihm 926 auch richterliche Befugnisse in Lothringen übertrug, bis an sein Ende im besten Einvernehmen. Auch an der Wahl Ottos I. 936 nahm Eberhard teil, empörte sich aber dann gegen Otto im Bund mit dessen Brüdern Thankmar und Heinrich und wurde 939 bei Andernach von Anhängern des Königs überfallen und niedergemacht. Die Folge dieser Unruhen war die Aufhebung des Herzogtums in Franken, fortan stand das Land unmittelbar unter der Krone.
Das mächtigste Geschlecht in Rheinfranken war nun das Haus der Salier, dessen Haupt, Konrad der Rote, Schwiegersohn Kaiser Ottos I. und Herzog von Lothringen wurde, das mit einem ausgedehnten allodialen Besitz Grafenrechte im Worms-, Speier-, Nahe- und andern Gauen verband, dessen Güter in Worms ihren Mittelpunkt hatten, und von dessen Gliedern mehrere Herzöge andrer Stämme waren. Zu einer wirklich herzoglichen Gewalt in Rheinfranken ist dasselbe indes nicht gelangt. Der eine Zweig dieses Hauses gelangte 1024 mit Konrad II. zum Thron; der andre, jüngere Zweig starb 1039 mit dessen Vetter Konrad dem jüngern aus. Rheinfranken gehörte später zum Teil den rheinischen Pfalzgrafen, zum Teil geistlichen Herren, den Bischöfen von Worms, Speier und Mainz, zum Teil weltlichen, den Wild- und Rheingrafen, den Grafen von Nassau, Katzenelnbogen, Hanau und den Landgrafen von Hessen; der Name Franken war für diese Bezirke nicht mehr im Gebrauch. In Ostfranken gelang es den Bischöfen von Würzburg im Anfang des 12. Jahrh., herzogliche Rechte geltend zu machen. Als dann Kaiser Heinrich V., um den Abfall des Bischofs Erlung zu strafen, diesem die herzogliche Gewalt entzog, ernannte er seinen Neffen Konrad von Staufen zum Herzog von und dieser behielt den Titel auch bei, als 1120 Würzburg in seine Rechte wieder eingesetzt wurde. Das staufische Herzogtum ward später nach einem Hauptpunkt der Besitzungen des Hauses als Herzogtum Rothenburg bezeichnet und erhielt sich als solches bis zum Erlöschen des Hauses; die Bischöfe von Würzburg aber erschlichen von Friedrich I. 1168 auf Grund gefälschter Urkunden Heinrichs II., Konrads II. und Heinrichs III., welche sie vorlegten, die Anerkennung und Bestätigung ihrer Rechte und nahmen (zuerst Bischof Johann II. 1411 bis 1440) den Titel Herzog von Ostfranken an, ohne daß aber dadurch dem Bischof Rechte über die bambergischen, fuldaischen, burggräflich nürnbergischen,
hennebergischen, hohenlohischen und andre Gebiete, in welche das ehemalige Herzogtum zerfiel, eingeräumt worden wären. Aus diesen Gebieten wurde dann bei der Einteilung des Reichs in Kreise der fränkische Kreis gebildet. 1633 ließ Bernhard von Weimar sich von den zu Heidelberg versammelten Fürsten des Heilbronner Bundes zum Herzog von Franken ernennen, welches Herzogtum größtenteils aus geistlichen Territorien gebildet werden sollte; in Würzburg ließ Bernhard sich huldigen, vermochte sich aber nach dem Sieg der Kaiserlichen bei Nördlingen, 6. Sept. 1634, in Franken nicht zu behaupten. Später wurde der größere Teil von Franken bayrisch, und 1837 erhielten die drei nördlichen Kreise des Königreichs Bayern den Namen Ober-, Mittel- und Unterfranken (s. die einzelnen Artikel). Vgl. Eckhart, Commentarii de rebus Franciae orientalis et episcopatus Wirceburgensis (Würzb. 1729, 2 Bde.); Breßlau, Die würzburgischen Immunitäten und das Herzogtum Ostfranken, im 13. Bande der »Forschungen zur deutschen Geschichte«, S. 87 ff. (Götting. 1873); Henner, Die herzogliche Gewalt der Bischöfe von Würzburg (Würzb. 1874).
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Geldeinheit und Münze, s. Frank.
ein westgerman. Stamm (s. Westgermanen), der sich um 100 v. Chr. aus dem Völkerverbande der Sueven (Sweben) losgelöst hat, um am untern Rhein seine Wohnsitze zu nehmen. Tacitus und Plinius kennen die Franken unter ihrem ältesten, den Kultusverband bezeichnenden Namen Istævones (Istiaiwen). Zu ihnen gehörten die Bataver, Chattuarier, Ubier, Sigambern, Marser, Usipeter, Tenkterer, Chamaven, Brukterer, Ampsivarier und Angrivarier, später auch die Katten (Hessen). Ein großer Teil der Franken am linken Rheinufer ist in den ersten Jahrhunderten n. Chr. romanisiert worden; die im heutigen Westfalen wohnenden Stämme wurden von den Sachsen unterworfen. Im 5. Jahrh. eroberten die Franken dauernd die Gebiete links vom Rhein und seitdem hat sich die heutige deutsch-franz. Sprachgrenze gebildet. Die Franken zerfielen damals in zwei Hauptstämme: 1) die Salier, im Mündungsgebiet des Rheins und der Somme, wo 411 Tongern und Arras röm. Grenzstationen gegen sie waren. Ihr Gesetzbuch, die Lex salica oder das Salische Gesetz (s. d.), ist unter Chlodwig aufgezeichnet worden; damals zerfielen die Salier in mehrere Staaten; 2) die Ripuarier (Ribuarier). Um 500 bildeten sie ein Reich mit der Hauptstadt Köln, das sich von Eifel und Westerwald zu beiden Seiten des Rheins (westlich von der Maas begrenzt) bis an die Zuidersee und die Friesen ausdehnte. Ihr Gesetzbuch, die Lex Ribuariorum (Ausg. von Sohm in den «Monumenta Germaniae historica», Leges V, Sonderabdruck 1883), ist trotz der Verwandtschaft nicht bloß ein Lokalrecht des salischen Rechts. Die weltgeschichtliche Bedeutung der Franken begann mit Chlodwig (s. d. und Fränkisches Reich). Außer den genannten galten im Deutschen Reich noch drei Stämme als Franken: Lothringer (Moselfranken), Rheinfranken (Nassau, Pfalz, unterer Main, Neckar), beide seit 496 hervorgegangen aus der Mischung der siegreichen Franken mit den unterworfenen Alamannen; Ostfranken, entstanden durch Mischung von Franken und Thüringern. - Vgl. Zeuß, Die Deutschen und die Nachbarstämme (Münch. 1837); Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2 (3. Aufl., Kiel 1882); Watterich, Die Germanen des Rheins (Lpz. 1872); Dederich, Der Frankenbund, dessen Ursprung und Entwicklung (Hannov. 1874); R. Schröder, Die Franken und ihr Recht (Weim. 1881); ders., Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte (Lpz. 1889); H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte (Systematisches Handbuch der deutschen Rechtswissenschaft, Abteil. 2, Tl. 1, Bd. 1, ebd. 1887). -
Über die fränk. Mundarten s. Deutsche Mundarten (Bd. 5, S. 31).
Herzogtum des alten Deutschen Reichs, dehnte sich aus zu beiden Seiten des Rheins von der elsäss. Grenze bis Bingen und zu beiden Seiten des Mains. Im N. grenzte es an Sachsen und Thüringen, im O. an Bayern, im S. an Schwaben, im W. an Lothringen. Es zerfiel in Francia occidentalis (Rheinfranken) und orientalis, aber es war das mehr eine gewohnheitsmäßige, nicht eine rechtliche Scheidung. Das Stammesherzogtum Franken wurde 939 aufgehoben, aber in Rheinfranken hatte das Geschlecht der Salier im Speier- und Wormsgau eine so starke Stellung, daß sie im 11. Jahrh. vielfach als Herzöge (von Worms) bezeichnet wurden, und ebenso sprach man in Ostfranken von dem Herzogtum der Würzburger Bischöfe. Im 12. Jahrh. sind dann Urkunden gefälscht worden, durch welche denselben angeblich das Herzogtum verliehen sein sollte. (Vgl. Breßlau, Die Würzburger Immunitäten und das Herzogtum Ostfranken in den «Forschungen zur Deutschen Geschichte», Bd. 13, S. 87 fg., Gött. 1873.) Den Titel Herzog führte auch der spätere König Konrad III., der in Franken viele Güter und Rechte besaß, während sein Bruder Friedrich das väterliche Herzogtum Schwaben erhielt und mit ihm beim Tode König Heinrichs V. die rheinfränk. Besitzungen des salischen Geschlechtes vereinigte. Die Söhne dieses Herzogs Friedrich waren Friedrich I. (Barbarossa), der seit 1152 die deutsche Königskrone trug, und Konrad, der vom Vater die rheinfränk. Besitzungen erbte und von seinem königl. Bruder 1155 die alte lothr. Pfalzgrafenwürde erhielt. Dies Ereignis hat den Grund gelegt zur Bildung der Pfalzgrafschaft bei Rhein im alten rheinfränk. Gebiet, die jedoch nie zu einem geschlossenen Territorium erwuchs. Es gab im alten Rheinfranken neben dem Gebiete der Pfalzgrafen mehrere größere oder kleinere geistliche, wie Mainz, Worms und Speier, sowie weltliche Territorien, wie die Wild-, Rau- und Rheingrafschaft, die Grafschaften Veldenz, Leiningen, Sponheim, Nassau, Katzenellnbogen, Wied, Ziegenhain, Isenburg, Diez, Solms, Erbach, die Herrschaften Falkenstein, Limburg, Runkel und Hanau und die Landgrafschaft Hessen, sowie Teile der Markgrafschaft Baden. Auf Ostfranken aber, wo die Bistümer Würzburg und Bamberg, die Abteien Fulda und Hersfeld, die Burggrafschaft Nürnberg, die Grafschaften Henneberg, Rieneck, Wertheim, Hohenlohe, Schlüsselberg, Löwenstein, Limburg und andere Territorien sich bildeten, ruhte in der Folge und bis heute allein noch der Name Franken. Als dann Kaiser Maximilian I. das Reich 1500 und 1512 in 10 Kreise teilte, wurde auch ein Fränkischer Kreis gebildet, zudem die Hochstifter Würzburg, Bamberg, Eichstätt, das Hochmeistertum Mergentheim des Deutschen Ordens und das Reichsstift der Abtei Schönthal, ferner die weltlichen Fürstentümer Bayreuth und Ansbach, die gefürsteten Grafschaften Henneberg und Schwarzenberg, die Territorien der Fränkischen Grafenkurie (eines Verbandes von 16 Reichsstandschaften, wie Hohenlohe, Castell,
Erbach, Wertheim, Löwenstein, Limpurg u. s. w.), außerdem die 5 Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber, Schweinfurt, Weißenburg und Windsheim, die 3 Reichsdörfer Althausen, Gochsheim und Sennfeld, endlich die Territorien der fränk. Reichsritterschaft (deren Ritterrat zu Schweinfurt seinen Sitz hatte) gehörten, während Rheinfranken dem Ober- und dem Niederrheinischen Kreise zufiel. 1633 richtete Bernhard von Weimar (s. d.) sich aus dem Bistum Würzburg und anstoßenden Gebieten ein Herzogtum Franken ein, das aber nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 wieder zusammenbrach. 1792 hatte der Fränkische Kreis 27 Landesherrschaften, 1 Reichsstift, 25 Reichsgrafschaften, 8 Reichsstädte und Reichsdörfer, zusammen 69 Territorien auf nahezu 27000 qkm mit 1½ Mill. E. Mit dem Aufhören des Reichs (1806) verschwand der Name Franken wenigstens offiziell, bis ihn König Ludwig I. von Bayern, das den Hauptteil des ehemaligen Kreisgebietes umfaßt, 1837 erneuerte und statt des Obermain-, Rezat- und Untermainkreises die Benennungen Ober-, Mittel- und Unterfranken (s. die Einzelartikel) herstellte. - Vgl. Eckhardt, Commentarii de rebus Franciae orientalis et episcopatus Wirceburgensis (2 Bde., Würzb. 1729); Henner, Die herzogl. Gewalt der Bischöfe von Würzburg (ebd. 1874); Fr. Stein, Geschichte F.s (2 Bde., Schweinf. 1885 - 86).