Francia
,
latinisierter Name des Frankenlandes, insbesondere der Grafschaften um Paris [* 2] (s. Francien), woraus der Name der spätern Provinz Isle de France entstand.
Francia
685 Wörter, 4'734 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Francia,
latinisierter Name des Frankenlandes, insbesondere der Grafschaften um Paris [* 2] (s. Francien), woraus der Name der spätern Provinz Isle de France entstand.
Francia
(spr. frantscha), 1) eigentlich
Francesco
Raibolini, ital.
Maler, geb. 1450 zu
Bologna, war ursprünglich Goldschmied
und wurde 1483
Obmann der Goldschmiedsgilde, welches
Amt er wiederholt (1489, 1506-1508 und 1512) bekleidete. 1514 ward er
Obmann der vier
Künste. Von den Bentivogli zum Münzmeister bestellt und vom
Papst
Julius als solcher bestätigt,
gewann Francia
bedeutenden
Ruf im Stempelschnitt, Silberornament und
Niello. Zwei Nielloteller von ihm befinden sich in der
Akademie
zu
Bologna.
Berühmter
ist er in der
Malerei, in welcher er durch Lorenzo
Costa beeinflußt worden ist. In der
Folge
wirkte die
Richtung
Peruginos bestimmend auf ihn ein und ganz zuletzt noch das
Beispiel
Raffaels, der mit in ein freundschaftliches
Verhältnis getreten war (Briefwechsel von 1508); er starb in
Bologna. Francia
besaß keine reiche Erfindungsgabe, wohl
aber
Sinn für heilige, empfindungsvolle
Schönheit. Es genügen ihm meist wenige
Figuren, in die er einen
gemessenen, weihevollen
Ausdruck, ein zartes Seelenleben, besonders bei den weiblichen Gestalten, zu bringen wußte.
Seine Ausführung mit ihrem glatten, firnisartigen
Schmelz
und ihren saubern
Umrissen erinnert, besonders in den Werken seiner
frühern Jahre, an sein Herauswachsen aus der
Goldschmiedekunst.
[* 3]
Bilder von ihm sind ziemlich häufig,
besonders finden sich viele zu
Bologna
(Madonna von 1490 in der
Misericordia,
Madonna von 1499 in der
Bentivogli-Kapelle von
San
Jacopo
Maggiore, der tote
Christus und eine
Madonna in der
Pinakothek, Fresken aus der Geschichte der heil.
Cäcilia im Oratorio
di
Santa Cecilia etc.).
München
[* 4] besitzt die
Madonna im Rosenhag,
Dresden
[* 5] die
Anbetung der heiligen
drei Könige,
Berlin
[* 6] eine
Madonna von 1502 und eine
heilige Familie aus seiner Jugendzeit, die Nationalgalerie zu
London
[* 7] eine
Madonna, das
Louvre
zu
Paris
Christus am
Kreuz
[* 8] mit
Hiob, die
Galerie zu
Parma
[* 9] eine
Kreuzabnahme etc. Francias
Söhne Giacomo (geboren
vor 1487, gest. 1557, der bedeutendere) und der jüngere,
Giulio (geb. 1487, gestorben nach 1543), arbeiteten im
Stil des
Vaters,
aber mit geringerm
Talent.
Ihre Werke werden häufig für die des
Vaters ausgegeben; verschiedene haben die
Brüder auch gemeinsam
gemalt, wie sie auch an den Werken des
Vaters mitgearbeitet haben.
2) José Gaspar Tomas
Rodriguez da, gewöhnlich
»Dr. Francia«
genannt,
Diktator von
Paraguay,
[* 10] geb. 1756 in der brasilischen
Provinz
São Paolo, von teilweise indianischem
Blut, besuchte, von seinem
Vater, einem Portugiesen, zum geistlichen
Stand bestimmt, die
von
Franziskanern geleitete
Universität zu
Cordova de
Tucuman, ward aber sodann
Advokat und ließ sich in
Asuncion nieder. Hier erwarben ihm seine
Gelehrsamkeit, Uneigennützigkeit und
Energie bald die
Achtung seiner Mitbürger.
Zum
Alcalden der Stadt ernannt, zeigte er auch in dieser
Stellung strenge Rechtlichkeit. Als sich 1811
Paraguay von der spanischen
Herrschaft losgerissen, wurde Francia
Sekretär
[* 11] der vom
Kongreß ernannten
Junta und 1813 mit
Don Fulgencio Yegros
zum
Konsul, 1814 aber zum alleinigen
Diktator ernannt, zuerst für drei Jahre und 1817 für Lebenszeit. Obwohl die
Verfassung
des
Staats eine republikanische war, so führte Francia
doch ein absolutes
Regiment und unterdrückte jede
Opposition mit blutiger
Grausamkeit.
Hunderte ihm Mißliebiger ließ er auf bloße Verdächtigungen hin hinrichten. Besonders mißtrauisch war er gegen die Spanier, auch gegen die Geistlichkeit und die Mönche, wie er denn auch 1824 alle Klöster des Landes aufhob und ihre Güter zum Besten des Staats einzog. Wiederholte, aber stets entdeckte Verschwörungen machten seine Schreckensregierung noch schonungsloser. Dabei widmete er aber dem Anbau des Landes besondere Sorgfalt, verbot alle Auswanderung und allen Handel mit dem Ausland, zwang die Grundbesitzer zu bestimmten Anpflanzungen und setzte auch die industriellen Kräfte, gleichviel durch welche Mittel, in Bewegung.
Die
Absperrung des
Landes führte er um so strenger durch, je mehr in den angrenzenden
Republiken geordnete Verwaltungsreformen
ins
Leben traten, von denen seine
Unterthanen keine
Kunde bekommen sollten.
Fremde duldete er nur unter großer
Beschränkung; so wurde A.
Bonpland (s. d.), der in
Sant'
Ana eine Indianerkolonie zur
Kultur des
Thees gegründet hatte, Francias
Gefangener und die ganze
Kolonie zerstört. Erst seit er seine Herrschaft gesichert glaubte, etwa seit 1824,
ward dieselbe milder. Er starb vom
Volk tief betrauert. Vgl.
Paraguay, Geschichte.
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Francia,