Foscolo
,
Ugo (ursprünglich Niccolò), berühmter ital. Dichter und Patriot der Neuzeit, geb. auf der Insel Zante, erhielt seine erste Erziehung zu Spalato in Dalmatien und zu Venedig [* 2] und widmete sich dann auf der Universität Padua [* 3] den klassischen Studien. Schon 1797 brachte er in Venedig ein Trauerspiel: »Tieste«, auf die Bühne, welches mit Beifall aufgenommen wurde. Von Natur feurigen Geistes und erfüllt von glühender Vaterlandsliebe, schloß er sich gleich anfangs denjenigen an, welche von den Ideen der französischen Revolution eine Wiedergeburt Italiens [* 4] erwarteten, und feierte in einer Ode Bonaparte als dessen Befreier.
Von Venedig begab er sich nach Mailand, [* 5] wo er in freundschaftliche Beziehungen zu Parini und Vincenzo Monti trat, mit welch letzterm er sich jedoch später entzweite. Noch immer der Meinung, mit den Franzosen für die Sache der italienischen Freiheit zu kämpfen, nahm er Dienste [* 6] in der cisalpinischen Legion, machte verschiedene Treffen mit, war mit Masséna in Genua, [* 7] kehrte aber nach der Schlacht von Marengo, [* 8] da der Gang [* 9] der Dinge mehr und mehr seine Hoffnungen täuschte, nach Mailand zurück.
Hier vollendete er seinen schon in Padua begonnenen, so berühmt gewordenen Roman »Ultime lettere di Jacopo Ortis« (zuerst Vened. [»Italien«] [* 10] 1802 und Mail. 1802, seitdem öfter; deutsch von Lautsch, 2. Aufl., Leipz. 1847, von Seubert, das. 1870),
den italienischen
»Werther«, der gleich diesem durch ein wirkliches Ereignis,
den
Selbstmord eines jungen
Mannes in
Padua, veranlaßt, allmählich aber aus einem einfachen Liebesroman ein politischer
Roman
geworden war, in welchem Foscolo
seinem
Schmerz über das Unglück seines Vaterlandes
Ausdruck gab. Dieselben
Gefühle legte er in
seiner äußerst freimütigen »Orazione a Buonaparte« nieder, welche er
als Mitglied der vom Ersten
Konsul nach
Lyon
[* 11] berufenen Versammlung cisalpinischer
Deputierten schrieb, die
aber erst viel später
(Lugano 1829) gedruckt wurde.
Nach seiner Rückkehr wandte er sich wieder ruhigen Studien zu, übersetzte die Hymne des Kallimachos: »Das Haar [* 12] der Berenike« und gab dieselbe mit weitläufigem Kommentar heraus, ging aber 1805 wieder als Kapitän mit dem französischen Heer nach Boulogne. Da die Unternehmung gegen England unterblieb, kehrte er nach Mailand zurück, wo er (1807) sein schönstes Gedicht: »I Sepolcri«, schrieb und eine Ausgabe von Montecuccolis Werken besorgte. 1809 erhielt er den Lehrstuhl der Eloquenz an der Universität Pavia, welcher jedoch schon nach wenigen Monaten aufgehoben wurde.
Hierauf brachte er in Mailand sein zweites Trauerspiel: »Ajace«, auf die Bühne, welches wegen der darin gefundenen politischen Anspielungen seine Verweisung aus der Lombardei zur Folge hatte. In Florenz, [* 13] wohin er sich nunmehr wandte, verfaßte er sein drittes Trauerspiel: »Ricciarda«, gleichfalls politischer Tendenz, und kehrte erst 1813 nach Mailand zurück. Nach dem Einzug der Österreicher neuen Verfolgungen ausgesetzt, wandte er sich nach der Schweiz, [* 14] wo er die gegen seine Feinde in Italien gerichtete äußerst bittere Satire »Didymi Clerici prophetae minimi hypercalypseos liber singularis« schrieb, und 1816 nach London, [* 15] wo sein Ruf als Schriftsteller ihm eine glänzende Aufnahme verschaffte.
Hier schrieb er seine »Saggi sul Petrarca« (Lond. 1824),
einen »Discorso sul testo di Dante« (das. 1826),
arbeitete für verschiedene englische Zeitschriften und lieferte eine geschätzte Ausgabe der »Divina Commedia« (das. 1842, 4 Bde.), hielt auch seit 1823 Vorlesungen über italienische Sprache und Litteratur. Aber seine Neigung zu einem verschwenderischen Leben, namentlich zum Spiel, brachte ihn allmählich in drückende Verhältnisse, und er starb arm und verlassen in Turnham Green bei London. Im J. 1871 wurden seine Gebeine auf dem Friedhof zu Chiswick aufgefunden und nach Italien zurückgebracht.
Außer den schon
oben genannten Werken Foscolos
sind noch zu erwähnen sein »Discorso
dell' origine e dell' ufficio della letteratura«, womit er seine Vorlesungen in
Pavia eröffnete, seine vortreffliche Übersetzung
von
Sternes »Sentimental journey« und sein »Discorso
storico sul testo del
Decamerone«. Seine mit
Monti begonnene Übersetzung der
»Ilias« in reimlosen
Versen ist unvollendet geblieben;
auch von seinen »Inni italiani« sind nur
Fragmente bekannt geworden. Die »Discorsi storici e letterarii«
(Mail. 1843) enthalten Übersetzungen von Foscolos
Beiträgen für englische
Journale. Sammlungen seiner
»Poesie« sind öfters
gedruckt (z. B.
Flor. 1856 und
Mail. 1875). Eine
Ausgabe seiner sämtlichen Werke: »Opere edite e postume di Ugo Foscolo«
, welche
auch seinen Briefwechsel (»Epistolario«, 3 Bde.)
enthält, wurde von Orlandini und
Mayer herausgegeben
(Flor. 1850-1859, 11 Bde.).
Sein
Leben beschrieben
Pecchio
(Lugano 1833),
Antona-Traversi (»Ugo Foscolo
nella famiglia«
(Mail. 1884) und de
Winckels
(Verona
[* 16] 1885-86, 2 Bde.).
Vgl. auch Corio, Rivelazioni storiche intorno ad U. Foscolo
(Mail. 1873), und
Klein,
Geschichte des
Dramas, Bd. 7 (Leipz. 1869).