Forstschulen.
Nach
Ziel und Einrichtung sind zu unterscheiden forstliche
Hochschulen, forstliche
Mittelschulen und niedere
Forstschulen.
Die forstlichen
Hochschulen erstreben die höchste forstwissenschaftliche
Ausbildung und die Fortbildung der
Forstwissenschaft,
stützen die forstliche
Lehre
[* 2] auf die derselben zu
Grunde liegenden
Wissenschaften (Grundwissenschaften), die
Mathematik, die
Naturwissenschaften, die
Volkswirtschaftslehre und die Staatslehre, sind bemüht, das forstliche
Wissen auf seine
letzten
Gründe zurückzuführen, sind reich ausgestattet mit Lehrkräften und
Lehrmitteln und erfordern eine höhere Schulbildung
(die
Reife von einem humanistischen
Gymnasium oder einem
Realgymnasium).
Sie sind teils selbständige Fachhochschulen (Forstakademien), welche einerseits den Unterricht in den Grundwissenschaften auf die forstliche Anwendung beziehen und in dieser Richtung teils beschränken, teils erweitern und vertiefen, und welche anderseits die forstliche Lehre in umfassender Weise an einen Unterrichtswald anlehnen, teils sind sie mit landwirtschaftlichen oder bergmännischen Fachschulen, teils mit polytechnischen Hochschulen oder Universitäten vereinigt.
Forstakademien bestehen für Preußen [* 3] in Eberswalde [* 4] und in Münden;
für das Königreich Sachsen [* 5] in Tharandt;
für Sachsen-Weimar in Eisenach; [* 6]
für Frankreich in Nancy [* 7] seit 1824;
für Rußland bei St. Petersburg [* 8] seit 1813;
für Schweden [* 9] in Stockholm; [* 10]
für Spanien [* 11] in San Lorenzo del Escorial, 1846 zu Villaviciosa bei Madrid [* 12] errichtet, 1869 reorganisiert und nach San Lorenzo verlegt;
für Italien [* 13] seit 1869 zu Vallombrosa bei Florenz. [* 14]
Forst- und landwirtschaftliche Hochschulen sind vorhanden für Österreich [* 15] zu Wien [* 16] (Hochschule für Bodenkultur), seit 1875 nach Aufhebung der Forstakademie zu Mariabrunn, für Rußland zu Moskau. [* 17] Mit polytechnischen Hochschulen ist der forstliche Unterricht verbunden für Baden [* 18] in Karlsruhe, [* 19] für die Schweiz [* 20] in Zürich, [* 21] mit der Universität für das Großherzogtum Hessen [* 22] in Gießen, [* 23] für Bayern [* 24] in München, [* 25] für Württemberg [* 26] in Tübingen. [* 27] Als Vorbereitungsschule für den forstlichen Universitätsunterricht in München dient seit 1878 die Forstlehranstalt in Aschaffenburg, [* 28] welche bis dahin den forstlichen Gesamtunterricht erteilte.
Forstliche
Mittelschulen erstreben eine forsttechnische
Ausbildung für den Wirkungskreis der
örtlichen
Betriebsverwaltung, ohne eine allseitige
Ausbildung in den Grundwissenschaften zu gewähren und die Fortbildung der
Wissenschaft
als
Ziel zu verfolgen. Sie verlangen keine Gymnasialreife und wenden eine vorzugsweise auf praktische Schulung gerichtete
Unterrichtsmethode an. Es gehören dahin in
Österreich die Forstschulen
zu
Eulenberg
(Mähren)
[* 29] seit 1852, zu
Weißwasser
(Böhmen) seit
1855, zu
Lemberg
[* 30]
(Galizien) seit 1874, für
Finnland zu Evois seit 1862.
Niedere Forstschulen
(Försterschulen) sind zur
Ausbildung von
Förstern bestimmt, die keine selbständige
Verwaltung führen, sondern
Forstschutzbeamte und Aufsichtsbeamte bei der Betriebsausführung sind. Sie erfordern die Vorbildung einer guten
Volksschule
und erteilen den
Unterricht nach rein empirischer
Methode. In
Preußen bestehen seit 1878
Försterschulen
zu
Groß-Schönebeck und
Proskau, außerdem sind 1880 bei sämtlichen Jägerbataillonen forstliche
Fortbildungsschulen für
den Försterdienst eingerichtet. In
Österreich bestehen niedere Forstschulen
zu Aggsbach in
Niederösterreich (seit 1876, anstatt der 1875 aufgehobenen
Forstschule
in Hinterbrühl errichtet), ferner zu Wildalpen in
Steiermark
[* 31] (seit 1874).
Forstarbeiterschulen (Waldbauschulen), Anstalten, in welchen Knaben nach Absolvierung der Volksschule zu Waldarbeitern, Kultur- und Holzhauermeistern für den Forstbetrieb herangezogen werden. Wenn sie gleichzeitig von Anwärtern für die untern Forstbeamtenstellen (Unterförsterstellen) besucht werden, so stehen sie den Försterschulen (s. oben) nahe. Doch unterscheidet sie von diesen immer die geringere Ausdehnung [* 32] des Lehrstoffs. Der Unterricht in ihnen beschränkt sich meist auf die eigentlichen Waldbaumaßregeln, deren praktische Ausführung gelehrt und namentlich geübt wird (Kulturbetrieb, Holzhauereibetrieb, Bau der Waldwege und Holzbringungsanstalten), außerdem auf die hauptsächlichsten Maßregeln des Forstschutzes (Verbauungen in Gebirgsthälern, Wasserbauten etc.).
Für die Forsthochschulen in Deutschland [* 33] beträgt die Studienzeit 2 (Preußen, Eisenach), 2½ (Sachsen etc.), 3 (Hessen), bez. 4 Jahre (Baden, Bayern). Die rasch steigenden Anforderungen, welche an die Bildung des Forstmannes gestellt werden müssen, haben in neuerer Zeit den Gedanken angeregt, den forstakademischen Unterricht an die allgemeinen Hochschulen zu verlegen. Diese Frage hat nicht allein die spezifisch forstlichen Kreise, [* 34] sondern auch die Landesvertretungen (z. B. in Bayern) lebhaft beschäftigt.
Vgl. Danckelmann, Forstakademien oder allgemeine Hochschulen? (Berl. 1872);
Lothar Meyer, Die Zukunft der deutschen Hochschulen etc. (Bresl. 1874).
Die ersten Forstschulen
sind in
Deutschland entstanden und zwar in Gestalt von praktischen Lehranstalten, welche von Privatleuten errichtet
und von einem einzigen
Lehrer geleitet wurden, als sogen. Meisterschulen. So die von dem Oberforstmeister
Zanthier in
Ilsenburg um 1765 begründete, einst weit berühmte Meisterschule;
die in Böhmen durch v. Ehrenwerth errichtete;
die des Oberförsters v. Uslar in Harzburg (1790);
die in Hungen (1789-97) unter G. L. Hartig, welche noch 1797-1806 in Dillenburg fortbestand;
die Meisterschule von H. Cotta in Zillbach (1785-1811).
Weitere derartige Schulen bestanden in Ruhla unter G. König (1809-30), zu Gernsbach unter dem Oberforstmeister Drais (1795-1800), zu Dessau [* 35] unter v. Gorschen (1798), in Homburg [* 36] v. d. Höhe unter Forstmeister Lotz (1812-18), in Rothenburg [* 37] a. T. unter Wittwer (1819), in Bessungen bei Darmstadt [* 38] unter K. ¶
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Heyer (1810), in Bothnang (Württemberg) unter Oberförster Jeitter (1795-97), in Karlsruhe unter Forstrat Laurop (1809-20),
in neuerer Zeit auch noch in Remplin (Mecklenburg)
[* 40] unter Forstmeister Garthe (1822-34), in Hohensolms unter Klipstein (1810-1820),
in Weilmünster (Nassau) unter Oberförster Genth (1822). Die erste öffentliche Forstschule
ward zu Berlin
[* 41] 1770 durch den
Minister v. Hagen
[* 42] ins Leben gerufen, deren einziger Lehrer der Botaniker Gleditsch bis zu seinem Tod (1786)
war.
Seit 1787 leitete der Oberforstmeister v. Burgsdorf den forstlichen Unterricht. Die Schule bestand bis 1802. Von da bis 1821 gab es in Preußen keine öffentliche Forstlehranstalt; nur an der Berliner [* 43] Universität wurden von G. L. Hartig forstwissenschaftliche Vorträge gehalten, wie auch schon früher von Kameralisten an andern Universitäten. 1821 wurde im Anschluß an die Berliner Universität eine Forstakademie errichtet und Fr. W. L. Pfeil als Professor der Forstwissenschaften berufen.
Die Anstalt wurde 1830 nach Neustadt-Eberswalde (jetzt Eberswalde) verlegt.
Vgl. Danckelmann, Die Forstakademie Eberswalde (Berl. 1880).
Dem Beispiel Preußens
[* 44] folgte 1772 Herzog Karl von Württemberg, indem er der von ihm 1770 begründeten Militärakademie zu Solitüde
eine Forstschule
anfügte. Als die Akademie 1775 nach Stuttgart
[* 45] verlegt und »hohe Karlsschule« genannt wurde, erhielt sie die
Forstschule als eine besondere Fakultät; Stahl, nach ihm v. Hartmann lasen hier Forstwissenschaft. 1782 errichtete
Herzog Karl auch eine Försterschule zu Hohenheim. Beide Anstalten verfielen mit seinem Tod (1793). Erst 1818 wurde für die württembergischen
Feldjäger wieder ein geordneter Unterricht eingerichtet, 1826 aber die Forstakademie in Hohenheim errichtet, welche Gwinner bald
zu hoher Blüte
[* 46] hob.
Seit 1881 ist der forstliche Unterricht mit der Universität Tübingen verbunden. In Bayern wurde 1786 der erste Versuch gemacht, eine Forstschule auf wissenschaftlicher Grundlage zu errichten, aber ohne Erfolg. Die Schule wurde 1790 eröffnet, Däzel und Grünberger als Lehrer bestellt; aber den Schülern fehlte die rechte Vorbildung, und die Schule gelangte zu keiner Blüte. Als Aschaffenburg 1814 an Bayern kam, wurde die seit 1807 dort bestehende Forstschule beibehalten, 1819 und 1824 reorganisiert, dann aufgehoben und erst 1843 wieder errichtet.
Seit 1878 ist der forstliche Unterricht in Bayern derartig geteilt, daß die dortigen Aspiranten auf den Staatsforstdienst die ersten beiden Jahre auf der Forstschule in Aschaffenburg und die beiden letzten Jahre an der Universität zu München studieren müssen. In Sachsen wurde die Cottasche Meisterschule in Zillbach, welche mit ihrem Meister 1811 nach Tharandt gewandert war, 1816 zur landesherrlichen Forstakademie erhoben und nahm bald eine hervorragende Stelle unter den forstlichen Unterrichtsanstalten ein, welche sie bis auf die Gegenwart behauptet hat.
Auch aus andern Meisterschulen entwickelten sich forstliche Mittelschulen und öffentliche Forsthochschulen. Zu Mittelschulen erhoben sich die Meisterschulen in Dillenburg und Homburg. Andre forstliche Mittelschulen entstanden in Kiel [* 47] (1785) für das dänische Jägerkorps, wo Aug. Niemann lehrte (der Verfasser des sogen. Landesvaters), in Schwarzenberg unter Forstmeister Friedel (1800), in Eichstätt [* 48] (1804), in Waldau (Kurhessen), später in Fulda [* 49] (1798 erichtet, 1816 nach Fulda verlegt) unter E. Fr. Hartig. Zu einer Forsthochschule entwickelte sich die Königsche Meisterschule in Ruhla, welche 1808 begründet und 1830 als Staatsanstalt nach Eisenach verlegt wurde. (Vgl. Grebe, Die großherzoglich sächsische Forstlehranstalt zu Eisenach, Eisenach 1880.) Seit 1795 hatte Johann Matthäus Bechstein auf der Kemnate bei Waltershausen in Thüringen eine Privatforstschule errichtet, welche 1800 als landesherrliche Forstakademie nach Dreißigacker bei Meiningen [* 50] verlegt ward und unter Bechsteins Direktion bis 1822 blühte, von da an bis 1843 noch kümmerlich vegetierte und dann aufgehoben wurde.
Die Forstschule des Polytechnikums in Karlsruhe wurde 1832, die in Braunschweig
[* 51] 1838 errichtet und Th. Hartig
an letztere als Lehrer der Forstwissenschaften berufen. 1877 wurde die Forsthochschule in Braunschweig aufgehoben. In Hannover
[* 52] bestand 1821-49 eine forstliche Mittelschule in Verbindung mit dem Feldjägerkorps in Klausthal, später in Münden. Seit 1868 besteht
in letzterer Stadt die zweite preußische Forstakademie. In Kurhessen entwickelte sich die Forstschule
in Fulda 1825 zu einer Revierförsterschule
, welche bis 1866 in Melsungen bestand. Endlich wurde 1825 in Gieren eine Forstlehranstalt
errichtet und 1831 mit der Universität verbunden; an derselben lehrten Hundeshagen, Karl Heyer u. Gustav Heyer. Zur Geschichte
des Forstunterrichtswesens in Deutschland vgl. Bernhardt, Geschichte des Waldeigentums, der Waldwirtschaft
und Forstwissenschaft (Berl., 1872-75, 3 Bde.).