Formōsa,
Insel an der Südostküste Chinas (s. Karte »China«), [* 2]
vom Festland durch die Straße von Fukian getrennt, welche die Chinesische Ostsee mit der Chinesischen Südsee verbindet, zwischen 120° 7'-122' östl. L. v. Gr. und 21° 54'-25° 18' nördl. Br. gelegen, 38,803 qkm (704,7 QM.) groß. Die Insel wird in ihrer ganzen Länge von N. nach S. von einem dicht bewaldeten Gebirgsrücken durchzogen (Mount Morrison 3917 m), hat mehrere thätige Vulkane, [* 3] bei Huwei Schwefelthermen (30° C.) und sonst noch andre Mineralquellen. Das Klima [* 4] ist infolge der insularen Lage ein gemäßigteres und an der Küste Europäern im ganzen zusagendes (das Mittel im Januar 10,9,° im Juli 21,25° C.).
Die Mineralschätze der Insel sind bedeutend, man kennt Lager [* 5] von Blei, [* 6] Silber, Kupfer, [* 7] Braun- und Steinkohle (nur die letzte wird abgebaut, die geringwertige Kohle geht nach China) sowie Naphthaquellen. Auch gewinnt man Schwefel und aus einem großen Salzsee Kochsalz. Die Wälder enthalten wertvolle Holzarten (Teak-, Ebenholz u. a.). Die Bevölkerung [* 8] wird auf 3 Mill. geschätzt. Der westliche Teil ist von Chinesen bewohnt und gehört administrativ zur Provinz Fukian, derselbe ist völlig entwaldet und sorgfältig angebaut.
Der fruchtbare, gut bewässerte
Boden liefert Rohzucker, welcher nach
China,
Amerika,
[* 9]
England,
Australien
[* 10] geht (1884: 54,5 Mill. kg), ferner
Sesam,
Gelbwurz,
Tabak,
[* 11]
Erdnüsse,
Reis,
Thee,
Ananas,
Kampfer. Die Haupthäfen sind am Nordende
der
Insel
Tamsui (95,000 Einw.) und
Kelung und im
SW.
Takao (220,000 Einw.), alle drei ungeeignet für größere
Schiffe
[* 12] und den
Taifuns ausgesetzt; Anping, der
Hafen von
Taiwan, der Hauptstadt von Formosa
, ist nur eine offene
Reede. Diese
vier sind dem auswärtigen
Handel geöffnet.
Außerdem sind nennenswert der kleine, aber lebhafte
Hafen Tankan (6000 Einw.), Gotschi,
Mittelpunkt des Kampferhandels, und
an der Ostküste die Saobai. Der fremde
Handel wertete 1883 bei der Einfuhr 15,2, bei der Ausfuhr
23,6 Mill. Mk. Im Innern und auf der Ostküste wohnen wilde, den
Malaien nahe verwandte Volksstämme, ein kräftiger, aber
sehr urwüchsiger, im gröbsten
Aberglauben befangener Menschenschlag, dessen
Sprache
[* 13] dem
Malaiischen in
Singapur
[* 14] ähnlich ist.
Sie gehen noch fast unbekleidet, sind mit
Bogen
[* 15] und
Pfeil, kurzem
Säbel und
Lanze oder Feuergewehr bewaffnet
und zeichnen sich durch barbarischen
Charakter aus. Für das
Christentum sind auf Formosa
eine protestantische und
zwei katholische
Missionsanstalten mit sehr geringen Erfolgen thätig, die Zahl aller eingebornen
Christen übersteigt kaum 1000. - Den
Chinesen
gehört Formosa
seit Ende des 15. Jahrh. Im 17. Jahrh.
gründeten die
Holländer daselbst mehrere
Forts, wurden jedoch 1662 von den
Chinesen wieder vertrieben.
Im
Vertrag von
Tiëntsin wurde der
Hafen von
Taiwan auf der Südwestseite der
Insel den Europäern geöffnet, später noch
Takao
südlich davon und im N.
Tamsui und
Kelung.
Der Handel entwickelte sich langsam, hatte sich aber 1877 auf 284 Schiffe gehoben, wovon 41,6 Proz. mit zwei Fünfteln allen Tonnengehalts auf deutsche Schiffe entfielen; 1880 liefen allein in Taiwan 155 Schiffe ein, darunter 63 deutsche. Diesen Aufschwung verdankt man geordnetern Zuständen; dem Strandräuberunwesen war ein Ende gemacht und das Verdienst daran gebührt Japan. 1872 hatten Eingeborne japanische Schiffbrüchige hingeschlachtet. Nachdem die japanische Regierung es lange bei Vorstellungen in China hatte bewenden lassen, beschloß sie 1874, die Züchtigung der wilden Stämme an der Ostküste selbst in die Hand [* 16] zu nehmen. Am 9. April segelten 15,000 Mann Landungstruppen nach ab; vom 30. April ward ein den Japanern günstiges Scharmützel gemeldet.
Die Chinesen stellten gegen die Eingebornen einen Kordon auf. Die Japaner zogen Verstärkungen an sich, räumten aber im Dezember 1874 die Insel, nachdem 31. Okt. d. J. ein ihnen ziemlich günstiger Friedensvertrag abgeschlossen war. 1884 setzten sich die Franzosen unter Courbet an der Nordspitze in Kelung fest, um durch Besetzung der dortigen Kohlengruben in ihrem Streit mit China auf dieses einen Druck auszuüben, machten indes keine erheblichen Fortschritte und räumten nach dem Frieden die Insel wieder.