Form
im
Gegensatz zur
Materie
(Stoff) die Art und
Weise (das Wie), wie die
Teile eines Ganzen (dessen Was) zu diesem verbunden sind. Eine solche kann es daher nur bei einem aus Teilen
(Einheiten) Bestehenden
(Zusammengesetzten), aber bei jedem solchen, sei es ein bloß äußerlich (kollektiv) oder innerlich (organisch) verbundenes
Ganze, muß es eine Form
geben. Nur das gänzlich Einfache, Teillose (der mathematische
Punkt im
Raum, der
Augenblick in der Zeit, das teillose
Atom in der Körperwelt, die einfache Sinnesempfindung im
Bewußtsein) besitzt keine Form.
Dagegen
lassen sich sowohl in der mathematischen
Welt an jeder
(Raum-, Zeit- oder
Zahlen-)
Größe als in der realen
Körperwelt an jedem (seinen letzten
Elementen nach aus einfachen
Atomen bestehenden) unorganischen wie organischen
Körper,
in der Bewußtseinswelt an jedem (seinen letzten
Bestandteilen nach schließlich auf einfache
Vorstellungen zurückführbaren)
Phänomen des Vorstellens (Anschauens, Begreifens, Urteilens und Schließens), Fühlens und
Strebens (Begehrens und
Wollens)
Materie und Form
(die
Bestandteile und deren Verknüpfung), wenn auch nicht in Wirklichkeit voneinander trennen
(da die
Verbindung zwischen den Teilen unauflöslich sein kann), aber doch in
Gedanken (in der
Abstraktion) voneinander sondern.
In gleichem
Sinn hat
Kant an der gesamten sinnlichen
Erfahrung des
Menschen
Materie (die unverbundenen einfachen Sinnesempfindungen)
und Form
(deren Neben- und Nacheinandersein im
Bewußtsein) unterschieden.
Wissenschaften, welche die Form
im
obigen
Sinn zum Gegenstand haben, heißen Form
wissenschaften. Eine solche ist demnach nicht nur die
Mathematik, wenn sie die
Größen-, sondern auch die
Naturwissenschaft, wenn sie die in
Erfahrung gegebenen unorganischen und organischen Körperformen
,
die
Psychologie und
Logik, wenn jene überhaupt die
Bewußtseins-, diese insbesondere die Denkformen
behandelt.
Auch die
Ästhetik und praktische
Philosophie
¶
mehr
(Ethik) sind Form
wissenschaften, indem sowohl das Schöne als das Gute in der Form
, nicht im Stoff des Gefallenden (des Kunstwerks
wie des tugendhaften Wollens) gelegen ist. Beide sowie die gleichfalls von Formen
(nur nicht des Denkens überhaupt, sondern
des richtigen und gültigen Denkens, d. h. des Erkennens) handelnde Erkenntnislehre (Noetik) unterscheiden
sich jedoch von den früher genannten darin, daß sie Normalformen
(formelle Musterbilder, Ideen, die Ästhetik für das künstlerische
Schaffen, die Ethik für das sittliche Wollen, die Erkenntnislehre für das Erkenntnis suchende Denken) aufstellen, nach denen
die in der Erfahrung gegebenen, wenn sie befriedigen sollen, umzugestalten, die aber nicht selbst aus
der Erfahrung zu entlehnen sind. Bei Aristoteles bedeutet Form
(eidos) im Gegensatz zur Materie (hyle) das begriffliche Wesen des
Gegenstandes, z. B. dasjenige, was die (stofflich angesehen: steinerne oder hölzerne) Kugel eben zur Kugel macht. - In der
Grammatik bezeichnet Form
die Gesamtheit der äußern Unterscheidungsmerkmale an den Wörtern, besonders insofern
sie durch Flexion und Ableitung bedingt sind, sowie an den Sätzen in Bezug auf ihre äußere (syntaktische) Beschaffenheit (vgl.
Wort und Satz); in der Mathematik das Gesetz, nach welchem sich eine Größe aus andern gegebenen Größen ableiten, entwickeln
läßt (s. Formel).