Flußpferd
oder Nilpferd (Hippopotamus), eine Gattung von Säugetieren aus der Ordnung der paarzehigen Dickhäuter. In systematischer Hinsicht unterscheidet sich diese Gattung von den verwandten durch vier äußerlich fast ungespaltene und breite, platte, hufetragende Zehen und durch das Gebiß, welches aus kolbigen geradeaus stehenden Schneidezähnen, furchtbaren Hauern im Unterkiefer und dickern Backzähnen mit kleeblattförmiger Mahlfläche besteht.
Man kennt eine größere, über den ganzen afrik. Kontinent verbreitete Art
(Hippopotamus amphibius
L., s.
Tafel: Flußpferd
)
und eine zweite, der andern gegenüber zwerghafte, aber sehr seltene Art, die in
Liberia
[* 2] zu Hause ist
(Hippopotamus liberiensis
Leidy). Das gemeine Flußpferd
findet sich häufig in allen
Flüssen und Seen des mittlern und südl.
Afrikas;
in Unterägypten und am südl. Ende
Afrikas ist es bereits ausgerottet oder doch gänzlich verscheucht. Das Flußpferd
hat die Gestalt
eines kolossalen Schweins, nur ist bei ihm der
Kopf verhältnismäßig kürzer und die Schnauze breiter, angeschwollen
und mit dicken
Borsten besetzt. Die kleinen, schweinartigen
Augen stehen hoch oben. Der ungemein plumpe, 4 m lange, am Widerrist
1,5 m hohe, außerordentlich dicke Körper wird von säulenartigen, doch so kurzen Füßen getragen, daß
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der Bauch [* 4] im Gehen fast am Boden hinschleift. Die Haut [* 5] ist grob, braunrötlich, unbehaart, ungemein dick. Der Rachen kann so weit geöffnet werden, daß er einen Menschen in der Mitte des Leibes umfaßt. Die Lage der Augen, Ohren und Nasenlöcher in derselben Ebene gestattet dem Tiere, in dem Wasser verborgen zu bleiben und das Gesicht [* 6] allein etwas über die Oberfläche zu erheben, um zu atmen und seine Feinde zu entdecken.
In bevölkerten Gegenden bringen die Flußpferd
den Tag im Wasser zu und kommen nur nachts hervor, um ihre hauptsächlich aus Wurzeln
und saftigen Pflanzen bestehende Nahrung zu suchen. In menschenleeren Einöden verweilen sie sowohl einen
Teil des Tags als auch der Nacht auf dem Lande. Das Schwimmen wird ihnen erleichtert durch eine unter der Haut liegende und mehrere
Centimeter dicke Schicht von halbflüssigem Fett. Dieses gewöhnlich ganz harmlose Tier überläßt sich der blindesten Wut,
wenn es gereizt oder angegriffen wird, und sucht dann seinen Feind niederzutreten oder mit den lang vorragenden
Zähnen zu erfassen und zu zermalmen.
Daher gehört das Unternehmen, ein Flußpferd
von einem Boot aus anzugreifen, zu den gefährlichsten Wagnissen. Wo Feuergewehre in
den Händen der Bevölkerung
[* 7] sind, nehmen die Flußpferd
rasch ab, indem sie durch sehr schwere Büchsenkugeln
getötet werden. Die hauptsächlichste Schwierigkeit besteht nur darin, den ungeheuern Körper ans Land zu bringen, und zuweilen
muß er im Wasser zerstückt werden. Das Fleisch gilt für wohlschmeckend, und der Speck ist selbst in der Kapstadt
[* 8] ein geschätzter
Leckerbissen.
Die Schneidezähne und Hauer werden als Elfenbein verarbeitet. Die Haut wird in Streifen zerschnitten und
zu Schilden benutzt oder zu Reitgerten zusammengedreht. Man hat Reste mehrerer vorweltlichen Arten in den jüngern Tertiärschichten
und in aufgeschwemmtem Lande entdeckt. Das biblische Tier Behemoth (s. d.), welches Hiob (Kap. 40, 10‒19) beschreibt, wird für
das Flußpferd
gehalten; die alten Ägypter nannten das Tier «Wasserschwein» (Rer) und bildeten seine Jagd auf
Denkmälern ab. Alle alten Schriftsteller, von Herodot an, erwähnen und beschreiben das Flußpferd;
die Römer
[* 9] gebrauchten es häufig
zu den Kampfspielen im Cirkus.
[* 10] In neuerer Zeit hält man Flußpferd
fast in allen zoolog. Gärten, wo sie
sich auch öfters fortgepflanzt haben. Die Tragezeit währt etwa 250 Tage, die Geburt erfolgt auf dem Lande und
das 70 cm hohe Junge folgt der Mutter bald danach in das Wasser. Für ein einjähriges Exemplar bezahlt man 10000 M. Als Nahrung
erhält das gefangene Flußpferd
Kleie, Gerstenschrot, gekochten Reis, Wurzeln, Salat und Heu.