Flugsand
,
feine, etwas abgerundete Quarzkörner, welche nur einige
Prozente andrer Mineraltrümmer
(Feldspat,
Glimmer,
Kalk,
Magnet- oder Titaneisenstein, auch
Hornblende,
[* 3]
Augit,
[* 4]
Hypersthen,
Basalt, Kohlenpartikelchen) beigemengt enthalten.
Der Flugsand
bildet ausgedehnte
Ablagerungen in allen
Weltteilen, in
Europa
[* 5] besonders in der Norddeutschen
Ebene, in den dänisch-deutschen
Inselebenen, in den ungarisch-österreichischen Donauebenen, den französischen
Landes, den nordwestlichen
Ebenen Rußlands
und in eigentümlicher
Bildung an den
Küsten von
Holland,
Belgien,
[* 6] Norddeutschland,
Dänemark,
[* 7] Rußland und an der französischen
Westküste, wo er die Seestranddünen bildet.
Seine chemische
Zusammensetzung ist für den Pflanzenbau höchst ungünstig, er enthält bis 99,26 Proz.
Kieselsäure und von den wichtigsten Pflanzennahrungsmitteln, wie
Kali,
Phosphorsäure,
Kalk und
Magnesia, oft nur
Spuren. Dabei
ist der aus dem
Meer kommende Strandsand in der
Regel entschieden weniger unfruchtbar als derjenige des
Binnenlandes,
und der ärmste Flugsand
ist der nordische, welcher durch völligen Kalkmangel alle
Pflanzen ausschließt, die irgend nennenswerte
Ansprüche an
Kalk und
Magnesia machen.
Der fruchtbarste Flugsand
Europas ist der
Banater Wüstensand.
Charakteristisch für den Flugsand
ist seine Beweglichkeit in trocknem Zustand,
durch welche er vom
Wind zu
Schollen und
Dünen (s. d.) zusammengetrieben wird, welche im
Binnenland und
an der
See oft eine bedeutende
Höhe erreichen. Die kleinern Sandkörner folgen am leichtesten dem
Wind, und daher enthalten
die ausgewehten
Kehlen gröbern
Sand, oft selbst nur großstückige Beimischungen des Flugsandes
, so daß sie durch physikalische
Verhältnisse noch unfruchtbarer werden als der ursprüngliche
Boden. Diese
Kehlen setzen der Beweglichkeit
des Flugsandes
ein
Ziel, und er wird um so früher zur Selbstberuhigung gelangen, je weniger tief das Sandlager ist. In Norddeutschland
liegt der Flugsand
meist auf andern Sandschichten, welche durch eine daumendicke, zuweilen mehr als fußstarke
Schicht von Eisensandstein
(Ort,
Ur,
Ortstein,
Knick,
Eisen,
[* 8]
Limonit) gedeckt werden. Diese
Masse findet sich besonders unter
Heideboden,
enthält im
Durchschnitt 1,37 Proz.
¶
mehr
Eisenoxyd und bildet ein entschiedenes Hindernis für die Holzzucht, namentlich für die tief wurzelnde Kiefer, wenn sie nicht
durch Grundwasser
[* 10] weich erhalten wird. Die größte Schwierigkeit, welche der Flugsand
der Kultur entgegensetzt, besteht in seiner
Beweglichkeit, gegen welche die Armut an Pflanzennahrungsstoffen weit zurücktritt; jede Flugsand
kultur muß also in erster
Linie um die Verhinderung der Auswehung und dann um die Besserung der Bodensubstanz sich bemühen.
Dies kann nur durch Pflanzenwuchs erreicht werden; derselbe muß aber zunächst durch besondere Vorkehrungen vor der Auswehung
geschützt werden, bis er so weit sich entwickelt hat, um diese Funktion selbst zu übernehmen. Solche Kulturbestrebungen
werden von der Natur unterstützt, die, freilich in sehr langer Zeit, auch ohne weiteres Zuthun die Flugsand
strecke
mit Vegetation überzieht, falls sie nicht gestört wird. Alle Störungen durchaus fern zu halten, ist die höchste Aufgabe
bei der Flugsand
kultur, welche daher eines weit reichenden Schutzes bedarf.
Größere Flugsand
kulturen des Binnenlandes datieren erst aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts (Seeland),
und frühzeitig begann man mit der Anwendung stehender Zäune (Koupierzäune, Deckzäune) von 1-1,25 m Höhe, welche der Hauptwindrichtung
entgegengestellt wurden und das Terrain auf verhältnismäßig weite Strecken schützen sollten. Daß sie dies nicht vermögen,
hat die Erfahrung vielfach gelehrt. Billiger und wirksamer ist liegende Bodenbedeckung mit Kieferngesträuch
oder besser mit Hackreisig aus 20-30 cm langen Kiefernaststücken.
Auch Wacholder, Heidestroh, Besenpfriemen, Seetang, Seegras sind mehrfach benutzt worden; doch sind alle diese Mittel, wenn auch
wirksam, so doch viel zu teuer, und man beschränkt sich deshalb jetzt am Seestrand, wo es sich wesentlich um die
Bildung von Schutzdünen handelt, meist auf die Pflanzung von Sandgräsern und im Binnenland auf die Deckung mit Moos-, Heide-
oder Grasplaggen. Von den Sandgräsern ist Arundo arenaria und nächst diesem Elymus arenarius am besten im stande, den zugetriebenen
Flugsand
aufzufangen und zu durchwachsen; sie werden netzförmig angepflanzt und für den Stranddünenbau
und die Kultur der innern Stranddüne benutzt (vgl. Dünen).
Das endliche Ziel der Flugsand
kultur ist in den meisten Fällen Bewaldung, da der Boden zunächst für den Ackerbau zu arm ist.
In Norddeutschland wird fast überall die Kiefer angepflanzt, im Banat mit großem Vorteil auch die kanadische Pappel und die
Akazie (Robinie). Die Kultur des binnenländischen Flugsandes
unterscheidet sich vom Stranddünenbau stets dadurch sehr wesentlich,
daß sie einen Ertrag zu erzielen sucht, während jener nur auf den Schutz des Hinterlandes bedacht ist und auf Ertrag von vornherein
verzichtet.
Vgl. Burkhard, Säen und Pflanzen nach forstlicher Praxis (5. Aufl., Hannov. 1880);
Pfeil, Die Forstwirtschaft nach rein praktischer Ansicht (6. Aufl. von Preßler, Leipz. 1870);
Kerner, Aufforstung des Flugsandes
im ungarischen
Tiefland (in der »Österreichischen Monatsschrift für Forstwesen« 1865);
Wessely, Der europäische und seine Kultur (Wien [* 11] 1873).