Fleischextrakt
(Extractum carnis), zur Muskonsistenz eingedampfte Fleischbrühe, wurde zu Anfang dieses Jahrhunderts von Proust und Parmentier zuerst dargestellt und 1830 in Form von Bouillontafeln zur Verproviantierung von Schiffen benutzt, später in Apotheken als konzentriertes Nahrungsmittel [* 2] für Kinder und Rekonvaleszenten bereitet und als solches auch in die Londoner Pharmakopöe aufgenommen. Eine rationelle Darstellungsweise lehrte Liebig 1857, und auf deren Prinzipien wird es seit 1864 von Giebert in Fray Bentos (Uruguay) [* 3] fabrikmäßig dargestellt.
Große Quantitäten kommen auch aus Montevideo, [* 4] San Antonio in Texas und Australien. [* 5] In Fray Bentos wird das möglichst fettfreie Fleisch auf Maschinen zerhackt und in Digerierpfannen mit seinem gleichen Gewicht Wasser langsam durch Dampf [* 6] auf 70° C. erwärmt. Die Fleischfaser wird ausgepreßt und anderweitig verarbeitet; die Flüssigkeit aber wird in ein Gefäß [* 7] mit engem Hals gebracht, um sie von Fett vollständig zu befreien, dann in Gußstahlpfannen, die mit Dampf geheizt sind, und zuletzt in Gefäßen aus Gesundheitsgeschirr verdampft. 34 kg knochenfreies Fleisch liefern 1 kg Extrakt. Es bildet eine extraktförmige, braune, nach gebratenem Fleisch riechende, in Wasser leicht und klar lösliche Masse, soll frei von Leim sein und kein andres Kochsalz enthalten als durch das Fleisch selbst hineingelangtes. Das Extrakt des Handels enthält 13-29 Proz. Wasser, 10,5-21,5 Proz. mineralische und 49,5-68,8 Proz. organische Stoffe. Die Asche ¶
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zeigt im allgemeinen eine überall gleiche Zusammensetzung, sie enthält 42 Proz. Kali, 23,5 Proz. Kochsalz und 30,4 Proz. Phosphorsäure.
Das Präparat hat sehr schnell in weiten Kreisen Eingang gefunden, und in der That liefert das sehr haltbare Extrakt, in Wasser
gelöst und mit Salz
[* 9] versetzt, eine Brühe von angenehmem Geschmack, und wenn man nach Liebigs Anweisung
2,25 Lit. Wasser mit 0,25 kg grob zerschlagenen Knochen
[* 10] (oder 30 g Ochsenmark) und den nötigen Suppengemüsen eine Stunde kocht,
dann 18-19 g Fleischextrakt
(nicht mehr!) und das nötige Salz hinzuthut, so erhält man eine Suppe, welche einer aus frischem Fleisch bereiteten
sehr ähnlich ist.
Das Fleischextrakt
hat denselben physiologischen Wert wie gewöhnliche Fleischbrühe; aber da beide keine Eiweißkörper enthalten, so
können sie keineswegs als Nahrungsmittel angesehen werden. Das Extrakt aus 1 kg Fleisch hat daher durchaus nicht denselben
Nährwert wie letzteres. Man hatte angenommen, daß vegetabilische Nahrungsmittel den eigentümlichen Ernährungswert des
Fleisches erhalten, wenn man sie mit Fleischextrakt
mischte, und legte daher dem Fleischextrakt besondere
Bedeutung für solche Verhältnisse bei, unter denen man kein Fleisch haben oder nicht die nötige Zeit auf die Zubereitung
desselben verwenden kann.
Dies ist indes ein Irrtum; Pflanzenkost erhält durch Zusatz von Fleischextrakt
keinen höhern Nährwert, vielmehr bleibt
das Fleischextrakt
lediglich als Erregungsmittel gleich der Fleischbrühe und als ein Mittel, vegetabilische Kost schmackhafter zu machen,
wertvoll. Das Fleischextrakt
macht den Hunger erträglicher und die Soldaten im Feld bewegungsfähiger, es erzeugt, in etwas konzentrierter
Lösung eingegeben, im Magen
[* 11] eine wohlthuende Wärme,
[* 12] macht Puls- und Herzschlag kräftiger und vermehrt die
Harnabsonderung. So werden rascher Stoffwechsel und damit eine Reihe wohlthätiger Wirkungen erzeugt, die man sonst durch Medikamente
hervorzubringen sucht. - Eine sehr wichtige Aufgabe besteht darin, ein Fleischextrakt
herzustellen, welches auch die Proteinkörper des
Fleischauszugs enthält. In dieser Beziehung haben sich Trommer, Toel u. a. bemüht.
Liebig glaubte die Frage besser in dem Sinn gelöst zu sehen, daß die bei der Fabrikation des Fleischextrakts
abgeschiedenen Proteinkörper als Dünger auf die Felder gebracht werden und so eine reichlichere Produktion von vegetabilischen
Proteinkörpern begünstigen, welche dann dem Fleischextrakt
zugesetzt werden können. Gegenwärtig denkt man
mehr daran, frisches oder in Büchsen konserviertes Fleisch zu importieren oder das ganze in eine Form
zu bringen, in der es sich lange unverändert erhält und leicht verwendbar ist.
Vgl. Fleisch und Fleischmehl.
Vgl. Davidis,
Kraftküche von Liebigs Fleischextrakt
(Braunschw. 1870);
L. Morgenstern,
[* 13] Fleischextrakt
küche (2. Aufl., Berl.).