Fleischer
,
in Süddeutschland Metzger, in Niedersachsen Schlächter oder Knochenhauer, seltener (besonders in Österreich) [* 2] Fleischhauer genannt, derjenige Handwerker, der das sog. Schlachtvieh schlachtet und das in Stücke zerlegte oder zu Wurst u. s. w. verarbeitete Fleisch verkauft.
In den ältesten Zeiten findet man diese Thätigkeit besondern Personen, den Befähigsten des Stammes, den Fürsten und Priestern übertragen. Aus den Veden weiß man, daß bei größern Opferfesten die Brahmanen das Schlachten [* 3] übernahmen, während für gewöhnlich eine besondere Klasse von Priestern, die sich Schlächter und Zerleger nannten, damit betraut war. Ähnlich war es bei andern orient. Völkerschaften und in dem homerischen Zeitalter. Erst in den spätern Zeiten des klassischen Altertums ist das Schlachten dem Belieben der Privaten überlassen. In Rom [* 4] gab es in der ersten Epoche der Republik noch keine Metzgerzunft; später entwickelte sich der Stand der Lanii oder Confecturarii, aus dem z. B. der Konsul Terentius Varro hervorging.
In der Kaiserzeit gab es drei große amtliche Fleischer
innungen, denen die
Aufgabe oblag,
Rom mit Fleisch zu versorgen: die
der Schweine- (Suarii),
Hammel- (Pecuarii) und Ochsenschlächter (Boarii). Die Mitgliedschaft in ihnen war eine lebenslängliche
und erbliche, und der
Staat erlaubte keinem den
Austritt, sicherte sich vielmehr durch Gesetz die erforderliche
Anzahl Metzger.
Gleiche
Anordnungen galten nach der
Trennung des
Römischen
Reichs für die Fleischer
innung von
Byzanz.
Auf den Fronhöfen des Mittelalters scheint es Schlächterinnungen nicht gegeben zu haben, sondern das
Schlachten scheint
von Knechten, die bald mit dieser, bald mit jener Thätigkeit beschäftigt waren, besorgt worden zu sein.
In den
Städten bestanden
Zünfte, und niemand durfte das Fleischer
handwerk ausüben, ohne einer solchen anzugehören. Zur Erleichterung
des
Gewerbes bauten viele
Städte, in der Regel an einem
Flusse, gemeinsame Schlachthäuser. Für den
Handel mit Fleisch erließen
die Obrigkeiten genaue Vorschriften.
Vor allen Dingen galten Fleischtaxen (s. d.). Zur Herbeiführung größern Wettbewerbes ließ man außerhalb der Zunft «Freischlächter» zu, mit den gleichen Anteilsbefugnissen wie die Innungsschlächter, und «freie Fleischmärkte», in der Regel wöchentlich einmal, zuweilen auch zweimal. Wo Juden wohnten, fand man im Hinblick auf die Ritualgesetze besondere jüd. Schlächter, die aber nur an ihre Glaubensgenossen Fleisch verkaufen durften.
Seit Anfang des 19. Jahrh. wurde das Fleischer
gewerbe allmählich freigegeben.
In
Preußen
[* 5] hob die Verordnung vom den Zunftzwang und die Verkaufsmonopole der
Schlächter in
Ost- und Westpreußen
[* 6] sowie
Litauen
auf und beseitigte die
Fleischtaxen, aber 1849 wurde die Fleischerei
wieder für zünftig erklärt. Erst auf
Grund
der Gewerbeordnung von 1869 darf jeder im
Deutschen
Reiche ohne
Befähigungsnachweis,
Meisterprüfung oder
obrigkeitliche Erlaubnis das
Gewerbe eines
Schlächters ausüben.
Hauptsächlich infolge der Einrichtung von «Schlachtviehhöfen» in den größern Städten, zunächst aus sanitätspolizeilichen Gründen, hat sich dort eine Arbeitsteilung zwischen Schlächtern und Detailhändlern dahin entwickelt, daß letztere Fleisch in größern Stücken von erstern übernehmen und an das Publikum im eigenen Laden oder in den städtischen Markthallen [* 7] verkaufen. Für minderwertige, aber nicht gesundheitsschädliche Ware, bestehen häufig sog. Freibänke. (Vgl. auch Fleisch und Fleischbeschau.) Unter den Ladenverkäufern findet nicht selten eine Sonderung nach den Fleischgattungen statt, z. B. Ochsen-, Jungvieh-, Schweineschlächtereien (in Österreich Selchereien) u. s. w. Dazu kommt noch der Verkauf von feinern Fleisch- und Wurstwaren in den sog. Delikateßhandlungen.
Nach der
Berufsstatistik von 1882 waren 81713 Fleischer
eibetriebe vorhanden, darunter 62747 Hauptbetriebe, welche 116783 männliche
und 6960 weibliche
Personen beschäftigten. Von allen gewerbthätigen
Personen des
Reichs waren 1,68 Proz. im Fleischer
gewerbe
thätig. Von den Hauptbetrieben beschäftigten 62105 weniger als je 5
Gehilfen, und es kamen auf je 100 Fleischer
meister
nur 96
Gehilfen. 98,52 Proz. aller Betriebe waren im Eigentum von Einzelpersonen. Diese
Zahlen zeigen am besten den Charakter
des
Gewerbes als
Kleinbetrieb.
Der neuern Innungsbewegung haben sich die Fleischer
lebhaft angeschlossen. Seit 1885 besteht der
Allgemeine Fleischer
verband, ein
Bund von 840
Innungen von 21000 Mitgliedern.
¶
mehr
Württemberg
[* 9] hat außerdem einen eigenen Verband
[* 10] von Fleischer
innungen. Neuerdings greift unter den Gesellen die socialdemokratische
Bewegung Platz; wenigstens haben sich 1890 in Berlin
[* 11] und Hamburg
[* 12] Fachvereine gebildet, die namentlich nach Verbesserung der
Löhne und Verkürzung der übermäßig langen Arbeitszeit streben. Während in Europa
[* 13] überall der Kleinbetrieb im Fleischer
gewerbe
vorherrscht, ist es Amerika
[* 14] vorbehalten geblieben, den Großbetrieb einzuführen.
Die Schlächter sind in den Vereinigten Staaten [* 15] vielfach keine selbständigen Handwerker mehr, sondern nur Detailverkäufer, die ihren Bedarf aus den großen Schlachthäusern beziehen. Die bedeutendsten finden sich in Chicago (s. d., Bd. 4, S. 169a). –
Vgl. Hilgers, Das Fleischer-
oder Metzgergewerbe mit allen seinen Nebenzweigen (6. Aufl.
von Jul. Todzi, Weim. 1892);
Grahammer, Handbuch der Metzgerei (Münch. 1892);
Adler,
[* 16] Fleischer
gewerbe (im «Handwörterbuch
der Staatswissenschaften», Bd. 3, Jena
[* 17] 1892);
Deutsche [* 18] Fleischer-Zeitung, welche als Organ der Fleischerinnungen in Berlin seit 1873 erscheint.