besteht im wesentlichen aus der
Masse der quergestreiften
Muskeln
[* 3] (s. d.). Jeder
Muskel besteht aus gröbern,
mit bloßem
Auge
[* 4] deutlich unterscheidbaren Bündeln, welche gewöhnlich parallel nebeneinander liegen.
Diese Bündel sind wieder zusammengesetzt aus feinern Bündeln, deren mikroskopische
Elemente die Muskelfasern sind. An letztern
unterscheidet man den kontraktilen
Inhalt und die
Hülle
(Sarkolemma); ein lockeres
Bindegewebe vereinigt mehrere Muskelfasern
zu einem primitiven Bündel, und eine Anzahl dieser letztern wird wiederum durch bindegewebige
Hüllen
zu größern Bündeln vereinigt, die in wechselnder Zahl den
Muskel konstituieren.
Eine gleichfalls aus
Bindegewebe bestehende
Scheide umgibt den ganzen
Muskel, welcher die
Blutgefäße,
Nerven,
[* 5] Sehnenfasern einschließt
und mehr oder weniger reich an Fettzellen ist. Mit dem
Tode des
Tiers oder mit der Abtrennung vomKörper
desselben wird der
Muskelhart und starr, weniger dehnbar, und seine alkalische
Reaktion verwandelt sich in eine saure. Dieser
Eintritt der
Totenstarre beruht auf dem allmählichen
Gerinnen und Festwerden des während des
Lebens flüssigen
Inhalts der Muskelfasern.
Zieht man zerhacktes Fleisch bei gewöhnlicher Temperatur mit Wasser aus, so erhält man eine rote, weißlich getrübte, sauer reagierende
Flüssigkeit, welche alle in Wasser löslichen, namentlich auch färbenden, riechenden und schmeckenden
Bestandteile des Fleisches enthält. Über die Natur der letztern ist durchaus nichts bekannt. Der Rückstand des mit kaltem
Wasser ausgezogenen Fleisches ist farb-, geruch- und geschmacklos.
Auch scheinbar vollkommen fettfreies Fleisch enthält stets eine geringe MengeFett.
Diese Angaben beziehen sich auf reine Muskelsubstanz, wie sie am reinsten im Lendenmuskel (Filet) vorliegt.
Das gewöhnliche Fleisch des Handels besteht nur zu 60, höchstens zu 80 Proz. aus Muskelsubstanz und wechselt in seiner
Beschaffenheit außerordentlich nach der Individualität, dem Alter, Geschlecht, der vorausgegangenen Ernährung des Tiers und
der Körperstelle, welcher es entnommen ist. Im allgemeinen ist das Fleisch um so besser, je mehr es
aus reiner Muskelsubstanz besteht; auf die Zartheit und Weichheit des Fleisches scheint aber auch der mehr oder minder starke
Gebrauch des lebenden Muskels durch das Tier von Einfluß zu sein.
Den wichtigsten Einfluß übt die Mästung. Der Wassergehalt beträgt z. B. beim
BeimMästen wird also ein Teil des Wassers durch Fett ersetzt. Im F. von gutem Mastvieh erhält der Konsument vom Fleischer bei
gleichem Gewicht im Mittel etwa 40 Proz. mehr trockne tierische Masse als in dem vom ungemästeten Vieh,
bei sehr fetten Tieren sogar bis 60 Proz. mehr. Den Nahrungswert des Fleisches vom gemästeten Ochsen im Verhältnis zu dem
vom magern Ochsen erkennt man etwa aus folgenden Zahlen. Es enthalten nämlich 1000 g Fleisch vom
Das Fleisch des fetten Ochsen enthält mithin in 1000 Teilen 207 Teile mehr feste Nahrungsstoffe als das Fleisch des ungemästeten Tiers.
Bei einem Vergleich der quantitativen Zusammensetzung des Fleisches verschiedener Tierarten ergibt sich
im allgemeinen folgendes: Das Vogelfleisch zeigt den größten Gesamtgehalt an eiweißartigen Körpern, das Fischfleisch den
geringsten;
Vögel und Säugetiere enthalten ziemlich gleich viel Aschenbestandteile, die Fische
sind reicher daran. Um den täglichen Bedarf eines arbeitenden Mannes an stickstoffhaltigen Nahrungsstoffen (130 g) zu decken,
sind folgende Gewichtsmengen der wichtigsten Fleischarten notwendig (dabei sind die Leimbildner als ernährend
mit berechnet und zwar 100 Gewichtsteile derselben äquivalent 115,81 Eiweiß gesetzt):
Das Schweinefleisch ist ärmer an löslichem Eiweiß und an Wasser, dagegen reicher an Leimbildnern und an Fett als das der
Wiederkäuer.
[* 11] Das Rehfleisch ist das reichste an Muskelfaserstoff und das ärmste an leimgebendem Stoff. Ochsenfleisch zeichnet
sich aus durch seinen Reichtum an Salzen, Entenfleisch enthält das meiste Fett; Hühnerfleisch ist sehr
wässerig. Unter den Fischen sind Aal und Hering reich an Fett;
einen mittlern Fettgehalt besitzen die Makrelen und der Lachs;
so viel Fett wie Ochsenfleisch enthält das Fleisch der Karpfen;
Die fettreichen
Fische enthalten wenig Wasser, weniger als Säugetiere und Vögel; die fettarmen sind reich an Wasser. Bemerkenswert
ist, daß die fettreichen Fische besser als irgend eine andre Art von Fleisch dazu geeignet sind, die ausschließliche Nahrung des
Menschen zu bilden. Im allgemeinen gehen Reichtum an Fett und Armut an Wasser im F. miteinander Hand
[* 12] in Hand.
Den Einfluß des Alters auf die Beschaffenheit des Fleisches sieht man nirgends deutlicher als beim Vergleich des Kalbfleisches
mit dem Ochsenfleisch. Letzteres ist reicher an Muskelfibrin, Fett und Salzen; das Kalbfleisch enthält mehr Leimbildner und
Wasser. Der größere Gehalt an Leimbildnern macht die Brühe junger Tiere leichter gelatinieren als diejenige
älterer Tiere. Die Blutmenge soll im F. älterer Tiere größer sein als in dem der jüngern. Das Fleisch der
¶
mehr
weiblichen Säugetiere und Vögel ist zarter, aber weniger schmackhaft als das der männlichen; das Fleisch der Sau ist aber ebenso
geschätzt wie das des männlichen Schweins, und von der Gans wird das Weibchen meist dem Männchen vorgezogen. Die männlichen
Fische sind schmackhafter als die weiblichen, so namentlich beim Hering, Lachs und Barsch. Das Fleisch vom Mastvieh
hat kürzere, zartere Fasern, welche überall mit hellgelblichem Fett durchwachsen sind; auch ist es saftiger und gewöhnlich
etwas heller, aber immerhin schön rot gefärbt.
Noch deutlicher treten diese Unterschiede nach der Zubereitung hervor, indem das Fleisch vom Mastvieh weit zarter
schmeckt und weicher und verdaulicher ist als das Fleisch des ungemästeten Viehs. Das Fleisch der
in der Freiheit lebenden Tiere ist nie so fett wie das der Haustiere; der Sauerstoff, welchen sie bei starker Bewegung in reichlicherm
Maß einatmen, verhindert die Ablagerung großer Fettmassen. Dafür findet sich in ihrem Fleisch, wahrscheinlich infolge des beschleunigten
Stoffwechsels, ein größerer Reichtum an jenen Stoffen, welche den eigentümlichen Geschmack solchen Fleisches bedingen.
Rebhühner verlieren ihren Geschmack, wenn sie eingesperrt und wie Haushühner gefüttert werden; zahme Enten
[* 14] werden mager,
nehmen aber den angenehmen Geschmack des Wildbrets an, wenn man sie ihrer Freiheit überläßt. Säugetiere, die in bergigen
Gegenden gewürzhafte Kräuter verzehren, liefern ein schmackhafteres Fleisch als solche, die in sumpfigen
Gegenden weiden; Kälber, die ausschließlich mit Milch gefüttert wurden, haben ein blasses Fleisch, welches durch Braten weiß
wird und durch leichte Röstung einen angenehm würzigen Geschmack annimmt, der dem dunkeln Fleisch mit Kleie oder Heu etc. genährter
Kälber abgeht.
Das Fleisch von Tieren, welche reichlich Salz
[* 15] erhalten, ist wohlschmeckender als das der Fleischfresser, die wenig Salz in ihrer Nahrung
empfangen. Besonders günstigen Einfluß auf die Beschaffenheit des Fleisches übt die Kastration aus. Das Fleisch der Säugetiere
wird dadurch zarter, feinkörniger, kräftiger und schmackhafter. Dasselbe gilt für Vögel, und auch
bei den Karpfen hat es sich bewährt. Diese Veränderung in der Beschaffenheit des Fleisches wird erklärlich, wenn man bedenkt,
daß nach der Kastration hoch entwickelte eiweißartige Körper und Fette, die sonst regelmäßig abgesondert werden, in dem
Blut zurückbleiben.
Durch Jagen, Hetzen, Peitschen wird das Fleisch ebenfalls zarter. Ein solches Fleisch zersetzt sich aber
auch sehr schnell und kann unter Umständen lebensgefährdende Eigenschaften für den Genießenden annehmen. In denHamburger
Schlächtereien, die für den Export und die Verproviantierung der Schiffe
[* 16] arbeiten und daher möglichst haltbares Fleisch zu erzielen
suchen, wird deshalb bei Nacht zwischen 1 und 3 Uhr
[* 17] geschlachtet, wo die Lebensthätigkeit der Tiere auf
ein Minimum zurückgewichen ist. In sehr stark angestrengten Muskeln tritt eine Fettdegeneration des Fleisches ein, und Blutbestandteile
ergießen sich in die gezerrten und stark gequetschten Teile des Fleisches, der Haut
[* 18] und des Zellgewebes.
Die Fettdegeneration nach starken Märschen, Springen etc. kennen die Fleischer sehr gut und nennen das
von ihr befallene Fleisch »verbugt« oder »ausgebugt«.
Dasselbe ist unscheinbar, hell und wässerig und wird nach dem Kochen faserig und zerfallend. Die Blutunterlaufungen geben
Veranlassung zu rascher Zersetzung und bald eintretendem übeln Geruch der betroffenen Teile. Gutes Fleisch ist nach Letheby weder
blaßrötlich noch tief purpurrot. Erstere Farbe deutet auf Krankheit hin; letztere beweist, daß das Tier
eines natürlichen Todes gestorben ist.
Gesundes Fleisch ist fest und elastisch und macht die Finger kaum feucht, krankes Fleisch läßt oft Serum
austreten; ähnlich verhält
es sich mit dem Fett. Gutes Fleisch erleidet auch beim Kochen weniger Verlust als schlechtes. Der Saft von gesundem
Fleisch reagiert schwach sauer, der von krankem oft alkalisch. Unter dem Mikroskop
[* 19] erscheint die gesunde Muskelfaser glatt und
scharf begrenzt, die kranke hingegen aufgequollen mit undeutlichen und weit voneinander entfernten Querstreifen.
Die prozentischen Gewichtsverhältnisse der einzelnen Teile vom Rindvieh, Schaf
[* 20] und Schwein,
[* 21] unter Berücksichtigung von magerer,
mittelgenährter, halbfetter und fetter Qualität, zeigt folgende Tabelle:
Das Fleisch ist, wie aus seiner Zusammensetzung hervorgeht, eins unsrer schätzbarsten Nahrungsmittel,
[* 22] und Menschen, welche sich
größtenteils mit kräftigem und gut zubereitetem Fleisch ernähren, zeichnen sich im allgemeinen vor solchen, die
Mehlstoffe oder Früchte als vorzugsweise Nahrung zu sich nehmen, durch größere Körperkraft und Ausdauer entschieden aus.
Den größten Nährwert besitzt das Fleisch der Säugetiere und der Vögel, das Fleisch der Fische ist im Durchschnitt von viel geringerm
Wert;
das Fleisch der Amphibien ist weiß, leichtverdaulich und schmackhaft, aber, wie das Fischfleisch, weniger
nahrhaft als das der Säugetiere und Vögel;
das Fleisch der Krebse ist weiß, fest, gilt als ziemlich schwer verdaulich und nicht
sehr nahrhaft;
das Fleisch der Austern ist sehr reich an Eiweiß und daher von hohem Nährwert, steht aber dennoch dem Fleisch der Säugetiere
und Vögel nicht gleich.
Gewöhnlich nimmt man an, daß sich die verschiedenen
¶
Die Landwirtschaft erleidet gegenwärtig durch den Schweinerotlauf sehr bedeutende Verluste. Wenn es auch
gestattet ist, das Fleisch notgeschlachteter rotlaufkranker Schweine
[* 23] (als minderwertige Ware) auf den Markt zu bringen, so liegt
doch hierin schon ein materieller Schaden, welcher durch die krepierten Schweine (im Großherzogtum Baden
[* 24] 25 Proz.
der Zucht) eine bedeutende Steigerung erfährt. Da die Verbreitung des Rotlaufs hauptsächlich durch die erkrankten Tiere und
deren Abgänge, durch infizierte Stallungen, Futtertröge und Geräte aller Art, durch den Verkehr mit dem ausgeschlachteten
Fleisch rotlaufkranker Schweine, durch Schlachtabfälle, durch die Kadaver der eingegangenen Schweine, durch
herumziehende Schweineherden, durch Menschen, welche mit kranken Schweinen, verseuchten Ställen und Gehöften in Berührung
kommen, vielleicht auch durch Ratten und Mäuse vermittelt wird, so liegt es nahe, durch Regelung dieser Verhältnisse der
Verbreitung des Rotlaufs entgegenzutreten, namentlich den Verkehr mit dem zum menschlichen Genuß zugelassenen Fleisch zu überwachen.
Petri hat nun festzustellen gesucht, wieweit die üblichen Zubereitungsarten des Fleisches die Vernichtung des Krankheitsstosses
gewährleisten.
¶
mehr
Er fand, daß die Bacillen des Schweinerotlaufs meist schon bei 55° in 5 Minuten getötet werden, bisweilen aber auch 70°
ebenso lange ertrugen. In mehr als etwa 1 kg schweren Fleischstücken gelang es durch Kochen, Schmoren, Braten nicht, mit Sicherheit
alle, auch in der Tiefe oder im Knochenmark vorhandenen Bacillen zu töten, nur durch 2 ½ stündiges
Kochen nicht schwerer Stücke wurde vollständige Vernichtung der Bacillen erreicht. Nach einmonatlichem Einsalzen waren die
Bacillen noch ungeschwächt vorhanden; sie hielten sich in gepökeltem, mit Lake zugedecktem Fleisch mehrere Monate, dann trat geringe
Abschwächung ein, aber selbst nach einem halben Jahr waren noch entwickelungsfähige Bacillen in dem
Fleisch vorhanden. In einem monatelang gepökelten, dann 14 Tage gründlich geräucherten Fleisch waren die Bacillen ungeschwächt;
ihre Giftigkeit nahm erst bei weiterm Aufbewahren des geräucherten Fleisches ab, und nach einem Vierteljahr waren in einem
Schinken noch virulante Bakterien vorhanden. Erst nach einem halben Jahr schienen sie abgestorben zu sein.
Über das Kochen bakterienhaltigen Fleisches s. Naturforschergesellschaft.
und Fleischwaren. Fleisch (frz. viande, engl.
flesh, meat), das nächst dem Brote wichtigste Nahrungsmittel, ist in mancherlei Zubereitungen schon längst
ein wichtiger Handelsartikel, aber Umfang und Bedeutung dieses Handels wachsen in unsern Zeiten mehr und mehr, durch das
Bedürfnis der in den Großstädten sich stetig anhäufenden Menschenmassen und durch die verbesserten Kommunikationsmittel.
Die Versorgung mit animalischer Nahrung bildet trotz der Vegetarianer eines der wichtigsten Themen der
Nationalökonomie, besonders in England widmet man ihr die unausgesetzte Aufmerksamkeit und im schutzzöllnerischen Frankreich
läßt man amerikanisches F. zu billigen Sätzen oder ohne Zoll herein.
Frisches F. ist das zuträglichste und nährkräftigste, aber hält sich nicht lange und ist daher nur Gegenstand des Lokalhandels.
Eine weitere Versendung läßt sich ermöglichen durch Verpackung in Eis, oder vielmehr in von Eis umgebenen
Räumen; die Versuche, frisches F. mittels besondrer hierzu eingerichteter Dampfer von Amerika nach England zu bringen, sind
jetzt, nachdem das F. nicht mehr unmittelbar mit dem Eise in Berührung kommt, vollkommen gelungen. Im Jahre 1880 wurden bereits
für 2000000 Lstr. frisches F. aus Amerika auf den englischen Markt gebracht.
Ein vielbenutztes Auskunftsmittel bietet ferner der Transport lebenden Viehes, der uns z. B.
Massen von F. aus Rußland, Ungarn, Polen etc. zuführt und noch mehr liefern könnte, wenn
die Gefahr der Einschleppung der Rinderpest beseitigt wäre. Der Viehtrieb bringt auch manche andre Übelstände
mit sich; die Eisenbahnen haben eine hoch zu schätzende Abhilfe gebracht und werden immer wohlthätiger wirken. Auch zwischen
England und Südamerika hat sich ein Geschäft mit Bezug lebenden Rindviehes
angeknüpft.
Die Überführung von Ochsen aus Montevideo nach Rouen und aus Nordamerika nach Liverpool ist aber noch mit zu
großen Verlusten an Vieh durch Krepieren auf der Reise (1879 über 12600 Stück) verbunden. Neuerdings soll sich dieser Übelstand
durch folgendes Verfahren vermindert haben. Die Tiere werden unterwegs nur mit wenig Heu und Wasser unterhalten, kommen abgemagert
in England an und werden daselbst wieder angemästet. Ein Ochse ist in Montevideo für 90 Mk.
und weniger käuflich.
Kosten von Nordamerika nach England 170 Mk. pro Stück, an die Seeküsten in Amerika bis 60 Mk. -
Preis für F. lebend oder geschlachtet loco Liverpool durchschn. 53 Pf. pro Pfd. Schlachtware. F. und
andre Speisen wirklich und auf Jahre hin haltbar zu machen hat die Wissenschaft auch Mittel gefunden,
freilich nicht ohne daß die Sache dadurch wieder verteuert würde. Das beste und darum auch häufig angewandte Mittel bildet
das Verfahren von Appert, dessen Prinzip darauf beruht, aus den zu konservierenden Nahrungsstoffen die Luft, als das Fäulniß
erregende Prinzip, durch Kochen zu vertreiben und dann die Substanzen luftdicht einzuschließen. Es werden
demzufolge die stark eingekochten Speisen in Blechbüchsen gefüllt und diese mit einem Deckel verlötet, in welchem noch
ein kleines Loch offen gelassen ist.
Durch Einsetzen in ein Salzwasserbad, dessen Temperatur etwas höher ist als die Wassersiedhitze, wird alle Luft ausgetrieben,
bis sich an der feinen Öffnung keine Bläschen mehr zeigen, und diese dann sofort mit dem Lötkolben
geschlossen. Es wird diese Konservationsmethode bereits vielfach in besondern Fabriken geübt, für F. namentlich in England,
Holland, Norwegen, Schweden, neuerdings auch in Australien und Südrußland. Eine einzige Fabrik in London füllt jährlich 300000
Büchsen mit Rindfleisch zu Schiffsproviant. In Norwegen und Schweden werden alljährlich etwa 120000
Renntierzungen und andre Delikatessen auf diese Art eingemacht und versendet.
Man hat jetzt alle Fleischsorten sowohl gekocht als auch gebraten in Blechbüchsen im Handel; man braucht den Inhalt nur
zu erwärmen, um ihn ohne weiteres genießbar zu machen. Australien mit seinem ungeheuren Fleischüberfluß,
den es gern nach Europa ausschütten möchte, hat wie gesagt auch zu Appert's Methode gegriffen; es gehen jetzt von dort
bedeutende Mengen von Rind- und Schaffleisch in Blechbüchsen von 1, 2 und 3 Kilo nach England und werden dort ziemlich wohlfeil
verkauft. -
Man hat sich dort aber auch angelegentlich um andre, bequemere Konservationsweisen bemüht, nachdem sich
das bloße Einsalzen als unbrauchbar erwiesen. Die besten Erfolge sind bis jetzt erhalten worden durch Anwendung von Fett.
Das Rind- und Schaffleisch wird von den Knochen und Sehnen befreit, leicht gesalzen, aufgerollt und in Fässer verpackt, die
dann vollständig mit geläutertem geschmolzenem Fett ausgegossen werden, sodaß aller Luftzutritt vom
F. abgehalten ist. Zum Gebrauch werden die Fleischstücke aus dem Fett genommen und 5 Minuten in kochendes Wasser getaucht,
um den
¶
mehr
Talggeschmack zu vertreiben, dann mit andrem Wasser gar gekocht. So konserviertes F. hat sowohl in der englischen Marine
als sonst eine sehr günstige Beurteilung erfahren und wird von durchaus reinem und gutem Geschmack befunden, zumal das Hammelfleisch.
Auch in Bremen ist man zu diesem Urteil gekommen. Es ist kaum zu bezweifeln, daß sich mit diesem Artikel
ein großer Verkehr bilden wird, und es mehren sich demnach auch die Konservieranstalten in Australien, namentlich für Hammelfleisch.
-
Ein andres Mittel zur Aufbewahrung des Fleisches ist das bloße Trocknen der daraus geschnittenen Streifen an der Sonne oder
auch am Feuer. Solche Ware, aus Südamerika bezogen, hat die englische Regierung den armem Klassen annehmbar
zu machen gesucht, wie es heißt mit Erfolg. Das Fleisch verliert durch das Trocknen allerdings bedeutend an Qualität, wird
aber doch in Süd- und Nordamerika in großen Mengen konsumiert von den niedern Ständen, von Reisenden, Schiffsmannschaften
etc. Auch in Südafrika wird von Gnus, Zebras, Antilopen etc.
viel Trockenfleisch gemacht, und ebenso in Kleinasien, in den Donaufürstentümern wird viel F. mit Pfeffer und Knoblauch
eingerieben und für den Winterbedarf wie für den Handel in benachbarte Gegenden an der Sonne getrocknet. In Nordamerika
bringt man das F. als Proviant für nordische Jäger, Pelzhändler und andre Reisende dergestalt in eine
kompendiöse Form, daß man die am Feuer getrockneten Streifen zu Pulver mahlt und dieses mit Fett in eine Masse zusammenarbeitet,
die fest in lederne Säcke eingepreßt sich sehr lange hält. Aus diesem sog. Pemmikan wird
dann mit heißem Wasser Suppe bereitet. -
Zu den neuern Erscheinungen im Fache der Fleischwaren gehört das Fleischextrakt, sonst nur ein teurer
Apothekerartikel (Extractum carnis) und außerdem notdürftig vertreten durch sog. Tafelbouillon,
deren größter Bestandteil gewöhnlich Leim war, weil man der Fleischbrühe, um sie in feste Form zu bringen, eben Leim zusetzen
mußte. Jetzt ist der Fleischextrakt zu verhältnißmäßig billigen Preisen zu haben. Die erste Fabrik
zur Bereitung eines reinen Fleischextrakts entstand bekanntlich vor mehrern Jahren unter Liebig's Protektion zu Fray Bentos
in Uruguay; der ungemeine Reichtum der südamerikanischen Ebenen an Rinderherden, die hauptsächlich nur der Häute wegen
geschlachtet wurden, brachte den deutschen Ingenieur Giebert auf die Idee, auch die Mengen des dort gar
nicht konsumierten Fleisches einer bessern Verwertung zuzuführen; Liebig rieth zur Bereitung von Extrakt, als Auszug der
nahrhaftesten Teile des Fleisches, und zwar unter Fernhaltung allen Fettes und Leims, wodurch zugleich dessen Haltbarkeit
für lange Zeit vollständig gesichert ist.
Die Fabrikation und der Absatz der neuen Ware ist bekanntlich in guten Gang gekommen. Die Zubereitung
ist einfach: reines, von Fett, Sehnen und Häuten befreites Muskelfleisch wird klein gehackt oder gewiegt und mit dem gleichen
Volumen Wasser einer Hitze von 75-80° C., also einige Grade über den Gerinnungspunkt der Eiweißstoffe erhitzt. Die so
gewonnene kräftige Fleischbrühe wird
nun für sich im Wasserbade erst bis zu einem gewissen Grade abgedampft,
dann erkalten gelassen und filtriert, wobei das starr gewordene Fett zurückbleibt, und dann noch weiter eingedunstet, sodaß
die braune salbenartige Substanz erhalten wird, in welcher Form dieses Extrakt sich darstellt.
Dasselbe ist demnach weiter nichts als konzentrierte Fleischbrühe, die in heißem Wasser gelöst und
gesalzen als solche getrunken werden kann oder in kleinen Portionen zu Speisen jeder Art gesetzt, die Nährkraft und den
Wohlgeschmack derselben in hohem Grade steigert. Nach Liebig's Angabe liefern 17 kg reines Muskelfleisch, wozu etwa 22½
kg Metzgerfleisch mit Fett, Gewebe und Knochen gehören würden, durchschnittlich 0,5 k Extrakt, und zu
4-4½ k desselben gehört schon ein Stück Rind.
Das Produkt von Fray Bentos wird in verlöteten Blechbüchsen mit 20-22½ kg Inhalt zunächst an ein Generaldepot in Antwerpen
expediert und dort in kleine Porzellangefäße gefüllt und in den Handel gebracht. Wie zu erwarten war,
ist dieses erste Unternehmen nicht ohne Nachfolge geblieben; es mehren sich in neurer Zeit die Konkurrenzgeschäfte in Amerika,
Australien und sonst in Lokalitäten, wo F. wohlfeil zu haben ist. Die meisten anderweitigen Fabriken befolgen die Liebig'sche
Extrahierungsmethode; andre verfahren abweichend; es kommt z. B. gesalzenes Extrakt im Handel vor.
Die bedeutendste Fabrik außer der von Fray Bentos ist die von Robert Tooth in Australien (Sydney), welche
allmonatlich 8-10000 engl. Pfd. Extrakt liefert, und zwar, getrennt, von Rind- wie von Hammelfleisch. Diese schöne australische
Ware hat auch bei uns in Deutschland schon einen ansehnlichen Vertrieb. Eine große Extraktfabrik gibt es auch
in Buenos Ayres, deren Ware bei uns wegen ihres billigen Preises und guter Beschaffenheit sehr beliebt ist. Endlich ist auch
Rußland mit einem preiswürdigen Artikel in den Markt getreten, zwar in Form von Tafelbouillon, aber von ungewöhnlich guter
Qualität und reinem Wohlgeschmack, völlig zu Bouillon auflösbar. Sie soll aus dem südlichen Rußland
von gewöhnlichem Schlachtvieh, zum Teil auch von Wild stammen. -
Pökeln und Räuchern sind bekanntlich die ältesten und verbreitetsten Mittel zur Konservierung von Fleischspeisen, und
werden es im allgemeinen wohl immer bleiben, obschon man sich darein ergeben muß, daß das Pökelfleisch eben durch das
Salz einen guten Teil seiner besten Säfte verloren hat und um so viel in seinem Nahrungswerte verringert
ist, denn sehr viel wertvolle Fleischbestandteile werden von der Salzlacke aufgenommen und werden daher weg gegossen. Der
Handel mit Pökel- und Räucherwaren ist im Ganzen sehr bedeutend; die Tierarten, welche hierbei in betracht kommen, sind
vornehmlich Rinder, Schweine und Schafe, vom Vogelgeschlecht die Gänse. Verschiedne Gegenden und Ortschaften
stehen bekanntlich in gutem Rufe wegen der besondren Güte ihrer Schinken, Würste und sonstigen Fleischwaren, die in solcher
Qualität natürlich nur von gutem und gut genährtem, nicht zu jungem oder zu altem Vieh erzeugt werden können, aber auch
dann erst bei
¶
höchst sorgfältiger und hauptsächlich ehrlicher Fabrikationsweise. In der Menge produzierter Fleischwaren
von Rind und Schwein steht jedenfalls Nordamerika obenan; vorzüglich die Mississippi-Gegend, die Städte St. Louis, Chicago,
Cincinnati ziehen und schlachten fortwährend erstaunliche Mengen von Schweinen, die als Salzfleisch und Schinken einen großen
Absatz fast über ganz Amerika haben, auch in großer Menge jetzt nach Europa kommen. Die Engländer
stehen in dem Rufe, in gesalzenen und geräucherten Waren das Beste zu leisten; sie behandeln aber auch den Gegenstand mit
der möglichsten Sorgfalt und Aufmerksamkeit.
Auf gleicher Stufe stehen Hamburg und Bremen, die aus den vorzüglichen Rindern Holsteins und Mecklenburgs
ebenso vorzügliches Pökel- und Rauchfleisch fabrizieren. Ebenso bekannte und beliebte Waren sind die Schinken von Westpfalen
^[richtig: Westfalen oder Westphalen], Thüringen, Mainz, in Frankreich die von Bayonne, die aber nicht in dieser Stadt bereitet
werden. Von gesalzenem Schweinefleisch liefert Jütland eine besonders geschätzte Sorte. Hamburg macht große Geschäfte
in ausgeschlachteten und gesalzenen Schweinen nach England und bezieht das Vieh hauptsächlich vom Berliner
Markt.
Einen großen Teil der Fleischwaren machen bekanntlich Würste aus. Sie müssen, wenn sie eine dauerhafte Handelsware bilden
sollen, mit besondrer Sorgfalt gearbeitet und behandelt sein. In Form von Wurst kann F. auf mehrere Jahre haltbar gemacht
werden. Es vereinigen sich dabei mehrere dem Zwecke günstige Umstände: feine Zerkleinerung, Mischung
mit Fett, Salz und Gewürzen, festes Einfüllen in die luftdichten natürlichen Schläuche und mehr oder weniger Räucherung.
Schweinefleisch ist das eigentliche Wurstfleisch, obwohl zuweilen auch bei manchen Sorten ein Zusatz andrer Fleischarten
als Regel gilt, so z. B. Rindfleisch zur Cervelatwurst, etwas Kalbfleisch
bei den Göttinger Fleischwürsten. Manche Wurstler verarbeiten die Schweine völlig zu Würsten, Schinken und Fett. Braunschweig,
Göttingen, Frankfurt a. M. betreiben bekanntlich eine lebhafte Fabrikation verschiedner beliebter
Wurstsorten, während Frankreich für seine Lyoner Trüffel- und andre feine Würste, Italien für seine Mortadelli, Salami
etc. auch auswärtige Liebhaber findet.
Vom Rind bilden die Zungen einen besondren beliebten Artikel; es kommen zu dem inländischen Erzeugnis noch Zuschüsse aus
Rußland und Italien (Bologna), jetzt auch aus Südamerika. In den La Plata-Staaten wurden geschlachtet 1877: 1604000 Rinder,
1878: 1712500. Gänsefleisch von gemästeten Tieren bildet ebenfalls einen nicht unbedeutenden Handelsartikel entweder geräuchert
(Spickgänse) oder gepökelt, in Gelée eingelegt etc. Meistens werden die Keulen eingelegt,
die Bruststücke geräuchert.
Die bekannten, meist von Berlin versandten ungemein fetten pommerschen Gänsebrüste kommen von einem besondren sehr großen
Schlag Gänse. Westfalen versendet ebenfalls viel Rauchgänse. Eine Spezialität bilden die bei Feinschmeckern beliebten
Gänseleberpasteten von Straßburg, zu welchen alljährlich gegen 150000 Gänse ihre Lebern hergeben
müssen. Die dazu bestimmten Tiere werden von kleinen Leuten angekauft und mit gequelltem Mais gefüttert und schließlich
gestopft, jedoch ohne alle die grausamen oder außergewöhnlichen Hilfsmittel, von denen Erzählungen umlaufen.
Die Lebern werden an die Pastetenbäcker verkauft und je nach Größe und Beschaffenheit bezahlt. Durch
das Straßburger Pastetengeschäft werden in dem Halbjahr des Betriebes gegen 2 Mill. Mk. in Umlauf
gesetzt. Das gemästete Huhn liefert auch seinen Beitrag zu den Fleischwaren, ebenfalls mehr als Delikatesse, wie namentlich
die Vierländer Hühner aus der hamburger Gegend, die steirischen und italienischen Kapaunen etc.
In den letzten Jahren ist in bezug auf die Einfuhr von Fleischwaren aus überseeischen Ländern
seitens der deutschen Landwirte, trotz ungenügender Produktion, viel Klage geführt und deshalb ein Schutzzoll verlangt
worden; in allen andern Ländern begünstigt man die Einfuhr und überall klagen die Konsumenten über die große Steigerung
der Preise.
Die jetzigen Zoll Verhältnisse erschweren den Handel, mit der Wiederkehr von den Konsumenten günstigem
Ansichten wird sich dieser Handel großartig beleben und mit der Wiederkehr guter wirtschaftlicher Zustände der Verbrauch
wieder bedeutend höher kommen. Die Ausgabe für F. wird in kritischen Zeiten am ehesten beschränkt, trotz der Bedeutung
des Fleisches für Kraftleistung und Gesundheit. England verbraucht fast dreimal so viel F. wie Deutschland,
pro Kopf schon über 90 kg (London über 180 kg). Für Deutschland ist der Verbrauch noch nicht
sicher berechnet; man nimmt jetzt etwa 30 kg als höchste Ziffer an (Sachsen 32 kg). Bei 45 Mill.
Einwohnern ergibt sich demnach ein Gesamtverbrauch von 1350 Mill, kg, durchschn. zu 1.80 Pf., gibt 1485 Mill.
Mk., ohne Wild, Geflügel, Fleischpräparate etc. Deutschlands Viehstand kann diese Menge nicht liefern.
Im Jahre 1881 betrugen
Im deutschen Detailhandel werden, mit geringen Ausnahmen wie z. B. beim Lendenstück
des Rindviehes, alle Teile eines geschlachteten Tieres im großen und ganzen zu demselben Preise verkauft, während der wirkliche
Nahrungswert derselben keineswegs ein gleicher ist. Dieser Handelsgebrauch begreift daher eine große
Ungerechtigkeit in sich, welche namentlich die ärmeren Klassen trifft, die immer nur kleine Mengen kaufen, bei denen sich
die Minderwertigkeit des einen Stückes F. gegen den höheren Wert des andern nicht ausgleichen kann. In England, Frankreich
und Belgien trägt man diesem Mißverhältnisse Rechnung, indem man die einzelnen Teile des geschlachteten
Viehes nach ihrem wirklichen Nahrungswerte klassifiziert und dementsprechend die Preise festsetzt, So teilt man das Ochsenfleisch
in England z. B. in vier Klassen: I. Klasse Nr. 1 Schwanzstück,
Nr. 2 Lendenstück, Nr. 3 Vorderrippe, Nr. 4 und 5 Hüftenstück;
II. Klasse Nr. 6 Oberweiche, Nr. 7 hinteres
Weichenstück, Nr. 8 Wadenstück, Nr. 9 Mittelrippenstück,
Nr. 10 Oberarmstück; III. Klasse Nr. 11 Flankenteil,
Nr. 12 Schulterblatt, Nr. 13 Brustkern; IV. Klasse
Nr. 14 Wamme, Nr. 15 Hals, Nr. 16 und 17 Beine. Die Preise richten sich genau nach dieser Klassifizierung und
beziffern sich durchschnittlich von 2 Mk. für I Nr. 1 (Schwanzstück)
bis 63 Pfg. für IV Nr. 14, 15, 16 und 17 (Wamme, Hals und Beine) pro Kilogramm. Sowohl Verkäufer wie Käufer finden bei
dieser Preisnormierung ihren Vorteil. - Zoll s. Tarif Nr. 25 g 1.