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Kopulationsbrücke mit denselben verbunden. Durch diesen Befruchtungsakt treten bestimmte Veränderungen in der Trichogyne und dem Askogon ein; letzteres wächst fortgesetzt weiter u. erzeugt schließlich als Zweige erster und höherer Ordnung die Sporenschläuche [* 1] (Fig. 11), während die Paraphysen aus Hyphen hervorgehen, die schon vor der Befruchtung [* 3] als dichte Fadenknäuel die jungen Fruchtanlagen umsponnen hatten.
Bei den meisten heteromeren Flechten
[* 4] findet auch eine vegetative
Vermehrung statt durch die sogen.
Soredien (soredia, soreumata),
Häufchen krümeliger oder staubartiger
Massen, welche an der Oberfläche des
Thallus zum Vorschein kommen. Dieselben bestehen
aus
Gonidien, welche einzeln oder gruppenweise von einem dichten
Geflecht von
Hyphen umsponnen sind; sie
entstehen in der Gonidienschicht aus den gewöhnlichen
Gonidien und den diese begleitenden
Hyphen und brechen infolge ihrer
Vermehrung aus dem
Thallus hervor.
Ihre
Vermehrung geschieht, indem aus ihren
Gonidien durch
Teilung neue entstehen und um dieselben neue Hyphenhüllen sich ausbilden.
Wenn
Soredien auf eine geeignete Unterlage kommen, so entwickeln sie sich selbständig weiter zu einem
neuen Flechten
thallus, demjenigen gleich, aus welchem sie abstammen. An schattigen und geschützten
Orten bilden sie sich
nur als solche
fort; es entsteht ein staubartiger
Thallus, der oft weite
Strecken überzieht, aber in diesem Zustand keine Apothecien
erzeugt. Erst wenn die äußern
Bedingungen hierfür günstig werden, entwickelt sich aus ihnen der normale
Thallus der
Flechte.
Die Flechten
gonidien gleichen gewissen
Algen
[* 5] vollständig; sie bilden bei den meisten Flechten
kugelförmige
Zellen, welche sich
innerhalb
des
Thallus durch wiederholte
Teilung
[* 1]
(Fig. 12; g, g', g'' verschiedene Teilungsgrade) vermehren und nach allen Merkmalen
den einzelligen Algengattungen
Cystococcus u.
Pleurococcus entsprechen. Besonders häufig bei
Laub-,
Strauch-
und Krustenflechten
tritt
Cystococcus humicola Näg.
als
Gonidien bildend auf.
Gewisse
Gattungen der
Gallertflechten, zumal
Collema, haben blaugrüne, runde
Gonidien, welche zu gekrümmten,
perlschnurförmigen
Reihen verbunden sind, in denen einzelne farblose, inhaltleere
Zellen, die Grenzzellen, auftreten, welche
teilungsunfähig sind, während alle blaugrünen
Zellen durch Querteilung sich vermehren und dadurch das
Wachstum der in die
Gallerte ihrer aufgequollenen Zellmembranen eingebetteten Zellschnüre bedingen
[* 1]
(Fig. 7 II).
Hiernach sind diese
Gonidien mit der Algengattung
Nostoc genau identisch. Die ebenfalls blaugrünen
Gonidien von Peltigera canina
erscheinen einzeln oder zu kurzen
Reihen ohne Gliederzellen verbunden und mit Gallerthülle, entsprechend
denen der Algengattung Polycoccus. Ähnliche
Gonidien, welche mit der
Alge Gloeocapsa übereinstimmen, zeigt Omphalarla.
Noch
frappanter sind die Beziehungen beiden meisten
Graphideen, indem ihre
Gonidien, ästige Zellreihen mit durch rotes
Öl gefärbtem
Zellinhalt
[* 1]
(Fig. 13), sogar mit einer höhern Algengattung,
Chroolepus, identisch sind, und die eigentümliche Flechten
gattung
Ephebe ist eigentlich nichts weiter als eine
Alge, Sirosiphon, deren verzweigte Zellreihen von
Hyphen umwachsen
sind
[* 1]
(Fig. 14; gs ein aus
Gonidien bestehender
Faden,
[* 6] durch
Teilung der
Gonidien
[g] an der
Spitze wachsend,
[* 1] ^[Abb.: Fig. 10. Befruchtungsorgane von Collema.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 11. Junges Apothecium von Collema.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 12. Gonidien von Usnea barbata.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 13. Gonidien einer Schriftflechte.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 14. Zweig des Thallus von Ephebe pubescens.] ¶
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bei a sich verzweigend; h die auf und durch den Algenfaden wachsenden Hyphen). Auch Gonidien, die mit Algengattungen aus der
Abteilung der Konfervaceen, Koleochäten, Rivularieen und Scytonemaceen übereinstimmen, sind nachgewiesen. Schon ältere Botaniker
hielten daher gewisse Algen, wie die an Baumrinden etc. häufig auftretenden Cystococcus, Pleurococcus, Chroolepus, desgleichen
Nostoc, für nichts weiter als frei gewordene und selbständig vegetierende Flechten
gonidien.
Nachdem durch Famintzin, Baranetzky, Bornet u. a. der direkte Nachweis geliefert war, daß die grünen Gonidien mehrerer Flechten
, wenn
sie aus dem Thallus befreit sind, auf feuchter Unterlage wie Algen fortleben und dabei sogar gleich diesen Schwärmsporen erzeugen,
trat Schwendener mit der jetzt allgemein angenommenen Theorie auf, nach welcher die Flechten
keine selbständigen
Pflanzen, sondern Algen sind, auf denen Pilze
[* 8] schmarotzen. Diese Theorie wird durch zahlreiche Thatsachen und direkte Kulturversuche
bewiesen.
Die Hyphen des Flechten
thallus und die mit ihnen anatomisch und genetisch zusammenhängenden Apothecien und Spermogonien
sind ausschließlich nur bei Pilzen vorkommende Organe. Die Gonidien sind als die einzigen chlorophyllhaltigen
Zellen der Flechten
wirklich die Ernährungsorgane für die Hyphen, Apothecien etc. Sie liegen auch meist frei, gleichsam als fremde
Bestandteile zwischen den Hyphen, und wo man sie mit solchen im Zusammenhang gefunden
[* 7]
(Fig. 12, h g), läßt sich nachweisen,
daß die Verwachsung nachträglich zu stande gekommen ist.
Grüne Pflanzen (hier Algen), wenn sie von parasitischen Pilzen befallen werden, erleiden ganz allgemein wesentliche Modifikationen
ihres Wachstums und ihrer Gestalt, so daß auch die so eigentümlichen Gestalten des Flechten
thallus sich erklären lassen.
Schlagend bewiesen wird die Doppelnatur der Flechten
durch Kulturversuche. Rees sah nach Aussaat der Sporen einer
Collema, d. h. einer Flechte mit nostocartigen Gonidien, auf reinen Nostoc aus letzterm eine Collema sich entwickeln, indem die
aus den Sporen hervorgehenden Hyphen in dem Nostoc sich ausbreiteten, vermehrten und mit ihm als Flechte sich weiter entwickelten.
Stahl erzog fruktifizierende Exemplare von Endocarpon pusillum Hedw.
auf feuchten Lehmplatten, auf welche die Sporen nebst den Gonidien der Algengattung Pleurococcus ausgesäet
worden waren; nach 4-6 Wochen traten in den jungen Flechten
lagern die ersten Spermogonien, bald darauf die ersten Perithecienanlagen
auf, in welchen die Sporen aber erst nach 4-5 Monaten reiften. Demselben Forscher gelang es auch, auf denselben Gonidien
von Endocarpon die Sporen einer andern Flechten
gattung, des Thelidium minutulum Körb.
zur Entwickelung zu bringen. Damit bewies er, daß die Gonidien und die sie umspinnenden Pilzfäden nicht in genetischem Zusammenhang
stehen. Hiernach müssen die Flechten
als parasitische Pyreno- und Diskomyceten diesen Abteilungen der Pilzklasse unmittelbar angeschlossen
werden.
Als wesentliche chemische Bestandteile treten bei den Flechten
auf: das Lichenin oder die Flechtenstärke, aus
welcher ihre Hyphen bestehen, eigentümliche Flechtensäuren, welche oft schöne farbige Verbindungen geben, und Chromogene,
aus denen gewisse benutzbare Farbstoffe dargestellt werden.
[Einteilung.]
Man kennt etwa 1400 Arten Flechten, die in 70-80 Gattungen verteilt sind; Acharius erhob die Flechten zu einer besondern Klasse und stellte das erste System derselben auf. Von den verschiedenen neuern Systemen, in denen bald die Beschaffenheit des Thallus, bald der Bau der Apothecien als erstes Einteilungsmoment angenommen wird, ist das von Fries aufgestellte am meisten berücksichtigt worden. Das von den meisten Lichenologen benutzte System ist folgendes:
I. Flechten mit heteromerem, selten homöomerem, nicht gallertartigem Thallus (Heteromerici):
A. Gymnocarpi, mit offenen, scheibenförmigen Apothecien, deren Fruchtscheibe, wenigstens im ausgebildeten Zustand, ausgebreitet ist, mit den Gruppen:
a) mit krustenförmigem Thallus:
1) Graphideae (Gattungen: Graphis Adans., Opegrapha Humb., Arthronia Ach.);
2) Calycieae (Gattungen: Calycium Pers., Coniocybe Ach.);
3) Baeomyceae (Gattung: Baeomyces Pers);
4) Lecideae (Gattungen: Biatora Fr., Lecidea Ach.);
5) Lecanoreae (Gattungen: Lecanora Ach., Ochrolechia Mass., Placodium Hill.);
6) Umbilicarieae (Gattung: Umhilicaria Hoffm.);
b) mit laubartigem Thallus:
7) Parmeliaceae (Gattungen: Sticta Schreb., Parmelia Ach., Physcia Schreb.);
8) Peltideaceae (Gattung: Peltigera Willd.);
c) mit strauchartigem Thallus:
9) Ramalineae (Gattungen: Anaptychia Körb., Cetraria Ach., Evernia Ach., Ramalina Ach.);
10) Usneaceae (Gattungen: Cornicularia Ach., Bryopogon Lk., Usnea Dill.);
11) Roccelleae (Gattung: Roccella);
12) Cladoniaceae (Gattungen: Stereocaulon Schreb., Cladonia [* 9] Hoff.).
B. Angiocarpi, mit geschlossenen, an der Spitze mit einer Mündung versehenen, dem Thallus eingesenkte Behälter darstellenden Apothecien, mit den Gruppen:
a) mit krustenförmigem Thallus:
13) Pertusarieae (Gattung: Pertusaria DC.);
14) Verrucariae (Gattungen: Verrucaria Wig., Arthopyrenia Mass.).
15) Dacampieae (Gattung: Dacampia Mass.);
b) mit laubartigem Thallus:
16) Endocarpeae (Gattung: Endocarpon Hedw.);
c) mit strauchartigem Thallus:
17) Sphaerophoreae (Gattung: Sphaerophorus Pers.).
II. Flechten mit homöomerem, gallertartigem Thallus (Homoeomerici), die ebenfalls wieder in Angiocarpi und Gymnocarpi zerfallen und nach dem strauchartigen, laub oder krustenförmigen Thallus in die Familien der Lichinaceae, Obryzeae, Porocypheae, Psorotichieae, Omphalarieae, Collemaceae, Leptogieae und Leothecieae geteilt werden.
III. Byssusflechten (Byssacei), die von Hyphen überzogene Fadenalgen darstellen und die Gattungen Coenogonium Ehrbg., Ephebe Fr., Thermutis Fr. u. a. umfassen.
[Verbreitung.]
Die Flechten sind über die ganze Erde, vorzugsweise aber in den kalten und gemäßigten Zonen verbreitet; sowohl gegen die Pole hin als in den höhern Gebirgsregionen bis zur Grenze des ewigen Schnees finden sich noch zahlreiche Arten, die hier die letzten Spuren organischen Lebens darstellen. Sie lieben fast alle einen freien, dem Wetter [* 10] und den Stürmen ausgesetzten Standort und kommen an den dürrsten Stellen fort; denn während langer Trockenheit erstarren sie vollständig, aber nach jedem Regen beleben sie sich von neuem.
Manche wachsen auf nackter Erde, viele an der Rinde von Baumstämmen, an gezimmertem Holz, [* 11] an Zäunen, auf Dächern, und eine sehr große Anzahl überzieht nacktes Gestein. Einige Flechten wachsen auf jedem Substrat, wohin sie der Zufall führte; die meisten aber lassen sich nach ihrem Vorkommen als Stein-, Erd- und Baumflechten unterscheiden, und viele Steinflechten sind sogar an bestimmte Gesteinsarten, wie an Urgebirge, Kalkgebirge etc., gebunden. Die an Baumstämmen lebenden sind nicht eigentliche Schmarotzer, denn sie sitzen nur an den äußern abgestorbenen Rindenteilen und kommen auch an andrer Unterlage vor; trotzdem schaden starke Flechtenüberzüge den Bäumen (s. Baumkrätze). Die steinbewohnenden Flechten bilden den ersten Anflug an den nackten Gesteinsflächen und bereiten hier den ¶
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Boden für die nachfolgende größere Vegetation, zunächst für Moose [* 13] und kleinere Kräuter, vor. Dieser Lebensweise sind die Flechten fähig, weil sie ihre Nahrung vorzugsweise aus der Luft beziehen, indem sie vermöge ihres Chlorophyllgehalts aus Kohlensäure und Wasser sich ernähren können und aus der Unterlage nur die anorganischen Bestandteile aufzunehmen brauchen, die sich in ihrer Asche vorfinden.
Einen Nutzen gewähren die Flechten besonders im hohen Norden [* 14] durch ihren Gehalt an Flechtenstärke (Lichenin) als Nahrungsmittel [* 15] für Tiere und Menschen; auch wurden sie früher mehr als jetzt als Arzneimittel verwendet, während man jetzt die Flechtenstärke in Zucker [* 16] umzuwandeln sucht und durch Gärung Spiritus [* 17] daraus bereitet. Andre Flechten dienen zur Darstellung von Farbstoffen.
Vgl. G. Flechten W. Meyer, Entwickelung, Metamorphose und Fortpflanzung der Flechten (Götting. 1825);
L. R. Tulasne, Mémoire pour servir à l'histoire organographique et physiologique des Lichens (in den »Annales des sciences naturelles«, 3. Serie, Bd. 17);
De Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze, und Myxomyceten [* 18] (2. Aufl., Leipz. 1884);
E. M. Fries, Lichenographia europaea reformata (Lund 1831);
Körber, Systema Lichenum Germaniae (Bresl. 1855), mit der Ergänzung: Parerga lichenologica (das. 1859-65);
Nylander, Synopsis methodica Lichenum (Par. 1858-60);
Kummer, Führer in der Flechtenkunde (2. Aufl., Berl. 1883);
Th. M. Fries, Lichenographia scandinavica (Upsala [* 19] 1871 bis 1874);
Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus (in Nägelis »Beiträgen zur wissenschaftlichen Botanik«);
Rees, Über die Entstehung der Flechte Collema glaucescens (Berl. 1871);
Stahl, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte [* 20] der Flechten (Leipz. 1877);
Krempelhuber, Geschichte und Litteratur der Lichenologie (Münch. 1867-72, 3 Bde.).