Titel
Flachs
(Lein,
Linum L.),
Gattung aus der
Familie der Linaceen, einjährige oder ausdauernde
Kräuter
oder
Halbsträucher mit aufrechtem
Stengel,
[* 2] meist abwechselnden, schmalen, ganzrandigen Blättern, am Gipfel blattwinkelständigen
Blüten, kugeliger, stumpf fünfkantiger, zehnfächeriger
Kapsel und je einem
Samen
[* 3] in jedem
Fach. Etwa 130 (nach andern 80)
Arten. Der
Purgierlein
(Purgier- oder Wiesenflachs
, L. catharticum L.), 7-15
cm hoch, mit gabeligästigem
Stengel, gegenständigen Blättern und kleinen, weißen, lang gestielten
Blüten, allenthalben als einjähriges
Kraut auf feuchten
Wiesen und
Triften wachsend, wurde früher als leichtes
Purgiermittel benutzt.
Der ausdauernde
Lein (L. perenne L.), 0,3-1 m hoch, mit aufsteigendem,
oben traubigem
Stengel und großen, blaßblauen
Blüten,
wächst in
England, in
Oberösterreich, im untern Maingebiet, wird besonders in
Sibirien kultiviert und
liefert eine rauhe, grobe
Faser. Der gebräuchliche
Lein oder gemeine Flachs
(L. usitatissimum
L., s. Tafel »Spinnfaserpflanzen«),
[* 4]
30-60
cm hoch, mit aufrechtem,
oben trugdoldig verzweigtem, kahlem
Stengel, abwechselnden, schmal lanzettförmigen Blättern,
blauen
Blüten und zusammengedrückten, eilänglichen, zugespitzten
Samen, von unbekannter Herkunft, wird in
mehreren
Varietäten kultiviert, besonders zur Gewinnung seiner Bastfaser, des Flachses.
Man unterscheidet: Schließ- oder
Dreschlein (L. usit. vulgare), mit nicht aufspringenden Samenkapseln, hohem, wenig verästeltem
Stengel und minder feiner
und weicher
Faser, vorzüglich in Rußland, Norddeutschland,
Österreich,
[* 5]
Belgien,
[* 6]
Holland und
England angebaut;
Spring- oder Klanglein (L. usit. crepitans), mit beim Dürrwerden mit einem leisen Klang sich öffnenden Kapseln, [* 7] kürzerm, ästigerm Stengel, größern Blättern, Blüten und Samenkapseln, feinerer, weicherer, aber kürzerer Faser, etwas hellerm und ölreicherm Samen und von kürzerer Vegetation als der Schließlein, noch häufig in Süddeutschland kultiviert;
weiß blühender, auch amerikanischer Lein (L. americanum album), in Deutschland [* 8] längst angebaut, aus der Provinz Sachsen [* 9] nach Schottland, von da nach Amerika [* 10] verpflanzt, unter besagtem Namen seit 1851 wieder in Deutschland erschienen, soll sich weniger verästeln, um acht Tage früher reifen, höhern Samenertrag und eine festere und längere Faser liefern als der vorige, doch nicht so fein und zart sein, ist bei seinem zweifelhaften Wert von geringer Verbreitung.
Winterlein, vorzüglich in Italien, [* 11] Südfrankreich, Spanien, [* 12] Algerien [* 13] und Ägypten [* 14] angebaut, bleibt im Stengel kurz, bringt aber reichlich Samen. Im Handel erscheinen vorzüglich die Dreschleinsorten: Rigaer, Windauer, Libauer, Peruaner und Pskower, auch unter dem Namen russischer, Liv-, Kurländer oder Tonnenlein (weil er in Tonnen verpackt ist), ferner Zeeländer, Tiroler und rheinländischer Lein. Der Rigaer und der Zeeländer Lein werden vielfach zur Frühsaat benutzt, während bei Spätanbau der Windauer dient. Kronen- oder Rosenlein bezeichnet keine eigne Sorte, sondern nur den aus eingeführten Originalsamen gezogenen Säelein, auch »einmal gesäeter« Lein genannt.
Flachsbau.
Der
Flachs
gedeiht am sichersten unter mehr feuchten und kühlen klimatischen Einflüssen;
Trockne und
Dürre
lassen ihn kurz im
Stengel;
Kälte und
Frost verträgt er in seiner
Jugend nur bei kräftiger, starker
Entwickelung. Zu seiner
vollständigen
Vegetation braucht er 84-105
Tage.
Sein Verbreitungsbezirk findet sich vorzüglich in Mitteleuropa, doch wurde
und wird er heute noch auch in
Ägypten,
Algerien,
Ostindien
[* 15] angebaut. In
Europa
[* 16] fällt seine nördliche
Grenze mit der der Sommergerste zusammen; in Mitteleuropa steigt seine
Kultur bis 1500 m über dem Meeresspiegel. Im allgemeinen
haben die klimatischen Zustände eines
Landes einen weit energischern Einfluß auf die
Qualität und
Quantität des geernteten
Flachses
als die Bodenbeschaffenheit.
Unter dem Einfluß des Seeklimas in den
Ostseeprovinzen Rußlands, in
Belgien,
Holland und vor allem in
Irland werden die wertvollsten
Flachse
gezogen; jede Verminderung dieser günstigen Einwirkung bedingt bei der Flachskultur einen raschen
Samenwechsel. Ein
tiefgrundiger, an
Alkali- und Phosphorsaure reicher sowie etwas kalkhaltiger
Boden, dem es nicht an
Humus
fehlt, ist am geeignetsten für die Flachs
kultur. Dabei liefert etwas schwererer
Boden den besten und feinsten Flachs
, während
leichter, mehr sandiger und lehmiger Sandboden zwar auch noch einen ziemlich feinen, aber nie so kernigen
Bast
[* 17] erzeugt.
Gewöhnlich baut man den Flachs nach einer seicht wurzelnden Getreideart (Hafer, [* 18] Roggen), jedoch mit weit sichererem Erfolg nach einer gut gedüngten Hackfrucht. Meist kehrt er auf demselben Feld nach 9, 10 und mehr Jahren wieder, kann aber bei richtiger Behandlung des Feldes und entsprechender Düngung (zumal mit Kali) mit Sicherheit alle vier Jahre dasselbe Feld einnehmen. In Belgien wird das Feld bis auf das Abeggen und oberflächliche Abebnen vor Winter vollständig zurechtgelegt, so daß im Frühjahr der Anbau möglichst zeitig vorgenommen werden kann.
Vor der Saat erfolgt ein möglichst vollkommenes Ebnen des Feldes, um jeder Zweiwüchsigkeit des Flachses vorzubeugen. Zur frischen Düngung eignen sich gut vergorne Jauche, Kloakendünger, Gülle, Ölkuchen und Asche, auch Knochenmehl, Kalisalze, Guano, guter Kompost; weniger gut ist frischer Stallmist, und nachteilig wirken Schafmist und Kalk. Als Saatgut dient teils Original-, teils selbstgezogener Same. Alter, zwei- auch dreijähriger Same wird oft vorgezogen, da solcher einen bessern Bast liefern soll; da aber längeres Liegenlassen des Samens unwirtschaftlich und mit Risiko verbunden ist, so wird derselbe vor der Aussaat nicht selten bei 40° gedörrt.
Zum Reinigen der Saatfrucht dienen die sogen. Leinsamenklapper und Drahtsiebe, die zwölf Maschen auf einen englischen Zoll haben. Die Aussaat erfolgt am besten möglichst frühzeitig. Um einen gleichmäßigen Stand zu erhalten, säet man bei breitwürfiger Handsaat zweigängig, d. h. der Länge und Quere des Feldes nach, oder benutzt breitwürfige Saatmaschinen, in neuester Zeit auch Drillmaschinen bei 5 cm Reihenweite und Längs- und Quersaat. Der untergebrachte Same wird angewalzt. Der Samenaufwand beträgt bei Basterzeugung 200 kg, bei Samenzucht 150 kg und bei Gewinnung des Länderflachses 300 kg pro Hektar. Ist der Flachs 6,5 cm hoch, so wird gejätet. Feinde des Flachses sind: Erdflöhe, die Raupe des Gammavogels (Plusia gamma), Engerlinge, der Flachsknotenwickler (Conchylis epilinana), Flachsseide (Cuscuta [* 19] epilinum) und andre Unkrautpflanzen sowie ein Rostpilz (Melampsora lini), welcher den ¶
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Brand, Firing oder Feuer verursacht. Sobald das untere Dritteil der Stengel gelblich geworden und die Blätter abgefallen sind, wird der Flachs gerauft; nur bei Samengewinnung wartet man die Hartreife ab. Beim Raufen des Flachses beginnt schon das Sortieren nach Länge, Stärke [* 21] und Reife der Stengel, die dann entweder gleich auf dem Feld ausgebreitet, oder vorher abgeriffelt werden. Dazu dient am besten die transportable Riffelbank, eine Bank, auf deren Mitte querüber der Riffelkamm angebracht ist.
Letzterer besteht aus 24 geschmiedeten, 45 cm langen, 1,25 cm dicken, mit ihren scharfen Kanten nach den Rifflern stehenden Zähnen, die auf dem Boden 0,5 cm und an der Spitze 1,25 cm voneinander abstehen. Die ausgebreiteten Stengel bleiben meist so lange liegen, bis sie lufttrocken sind; besser stellt man sie nach dem Ziehen in Hocken oder kleinen Kapellen auf. Lufttrocken geworden, werden die Samenkapseln abgedroschen, besser abgeriffelt oder abgebottet, oder es dient hierzu eine Riffelmaschine.
Den vom lufttrocknen Flachs abgelösten Samen läßt man bis zum Verbrauch in den Samenkapseln liegen; die grün abgeriffelten Bollen werden auf einem Tuch ausgebreitet und der Sonne [* 22] ausgesetzt, getrocknet, gereinigt und der Same in Fässern gut verpackt. Als Mittelerträge rechnet man in Belgien 5000 kg Grünflachs und 10 hl Samen pro Hektar;
in Schlesien [* 23] 18 Ztr. Rohstengel und 3 Scheffel Samen pro preuß. Morgen;
in Rheinpreußen 20 Ztr. Stengel und 4 Scheffel Samen pro Morgen;
in Böhmen [* 24] 36 Ztr. Stengel und 9 Metzen Samen pro Joch;
in Österreich 30 Ztr. Stengel und 8 Metzen Samen pro Joch.
Bearbeitung des Flachses.
Die Flachsstengel bestehen aus dem harten, holzigen Kern und dem mit der Epidermis [* 25] bekleideten Bast, welch letzterer im Durchschnitt zusammengesetzt ist aus 58 Proz. reiner Pflanzenfaser, 25 Proz. in Wasser löslichen Teilen (Extraktivstoffe, Gummi) und 17 Proz. nur in Kalilauge oder, wenn auch langsamer, in Seifenwasser löslicher, größtenteils kleberartiger Substanz. Da die Trennung der Bastfaser von den andern Teilen des Flachsstengels nicht auf rein mechanischem Weg erfolgen kann, so muß ein chemischer Prozeß hierzu eingeleitet werden, welcher die kleberartige Substanz zersetzt, ohne die Gefäße des Bastes selbst anzugreifen.
Die älteste Methode ist die Tau-, Rasen- oder Luftröste, auch heute noch viel üblich in Deutschland, Österreich, Rußland und Holland. Der geriffelte Flachs liegt auf einer Wiese ausgebreitet, der Einwirkung der Luft, Wärme [* 26] und Feuchtigkeit ausgesetzt und wird zeitweise gewendet, bis sich nach acht oder mehr Wochen der Bast von Holz [* 27] und Rinde leicht löst. Dies Verfahren liefert den schlechtesten und die geringste Ausbeute an spinnbarer Faser. Noch schlechter ist die Schneeröste, bei welcher der Flachs über Winter auf der Wiese ausgebreitet und mit Schnee [* 28] bedeckt liegt.
Die Wasserröste im stehenden Wasser oder im Schlamm (Schlamm-, Blau- oder Lockerenröste) ist abhängig von der Beschaffenheit des Wassers, des Bodens der Röstgruben und der Witterung. Stark eisenhaltiges, kalkreiches sowie humussaures Wasser ist nicht geeignet; am besten reines, weiches und temperiertes Wasser, in welchem die Röste in 4 Tagen bis 3 Wochen beendet ist. Die Röstgruben sind 0,5-1,5 m tief und von verschiedener Breite [* 29] und Länge. In diesen liegt schräg oder steht der in Gebunde lose eingebunden, mit dem sich schwerer röstenden Spitzenende nach oben gerichtet und mit Rasenstücken oder Brettern und Steinen beschwert.
Das Wasser muß 8-10 cm über dem in den Gruben stehen. Bei der Schlammröste werden zwischen den einzelnen Flachsbunden Erlen- und Feldmohnblätter eingelegt und mit Schlammerde gedeckt, infolgedessen der Flachs eine stahlgraue Farbe annimmt. Läßt sich der Bast leicht aus dem Stengel herausziehen, ohne zu zerreißen, so ist der Prozeß beendet, der Flachs kommt heraus, wird auf einer Wiese behufs Nachröste und Bleiche ausgebreitet oder gleich kapellt, um später noch gebleicht zu werden.
Die Wasserröste im fließenden Wasser, durch das Fischereigesetz vielfach verhindert, wird im Flußbett selbst oder in Röstgruben, die mit demselben in Verbindung stehen, vorgenommen. Sie ist nur bei sehr langsam fließendem Wasser möglich, welches die beim Rösten sich bildenden scharfen Stoffe von dem Flachs fortführt, ohne ihn zu sehr auszulaugen, wodurch er spröde und trocken werden würde. Die Flachsbunde kommen hierbei in sogen. Schwimmern oder Lattenkasten mit ihrem Wurzelende nach unten zu stehen; die gefüllten Schwimmer werden in den Fluß oder die Grube gelassen und mit Steinen so beschwert, daß das langsam fließende Wasser 8-10 cm über sie hinweggeht.
Der Röstprozeß dauert 3-20 Tage. Um die Gefahr des Überröstens zu verhüten und dem Flachs eine schönere lichtere Färbung zu geben, verbindet man nicht selten die Wasser- mit der Tauröste (gemischte Röste). Bei der Schwitz- oder Schnellröste wird der Flachsstengel erst mit gewöhnlichem Wasser gesättigt, darauf das überflüssige Wasser abgelassen. Der feuchte in der Grube festgepackt, erhitzt sich nun allmählich bis auf 38° C., und man erhält durch Zuguß von kaltem Wasser die Temperatur einige Zeit auf dieser Höhe und röstet dann unter Wasser fertig.
Das Resultat ist ähnlich dem der Warmwasser-, amerikanischen oder Schenkschen Röste, bei welcher der eingebundene in Behältnisse mit Doppelböden gestellt wird, die dann mit kaltem Wasser gefüllt werden, so daß der Flachs ganz unter Wasser steht. Durch die Dampfrohrleitung unter dem Doppelboden erhöht man die Temperatur des Röstwassers allmählich auf 32-38° C. Nach 3 Tagen ist der Prozeß beendet und wird der Flachs aus den Bottichen herausgenommen, im frischen Wasser abgespült, auf einem Lattengestell ausgebreitet und in einer Trockenstube getrocknet.
Beim neuern Schenkschen Verfahren wird die Röste im fließenden, 27-29° warmen Wasser vollzogen. Der Röstprozeß dauert ungefähr 5 Tage. Nach Vollendung der Röste läßt man den Flachs durch eine Naßpreßmaschine gehen, um das Wasser und alle Gummiteilchen zu entfernen, worauf er bei günstigem Wetter [* 30] im Freien kapellt oder im Winter in Trockenstuben getrocknet wird. Die Wattsche Röste setzt den in eisernen Behältnissen liegenden Flachs der direkten Einwirkung des Dampfes aus, wodurch sie in 8-10 Stunden schon vollendet ist.
Danach wird der Flachs unter Walzen ausgepreßt und schließlich in einem abgesperrten Raum bei 78-82° C. getrocknet. Die Faser soll bei dieser Röste an ihrer Stärke verlieren und für das nachherige Spinnen [* 31] und Bleichen leiden. Bei den andern Röstmethoden läßt man in der Regel verschiedenartige chemische Stoffe (gefaulten Harn, Soda, Seife) auf den Flachs einwirken, wodurch zwar der Prozeß mitunter sehr beschleunigt und vervollkommt wird, aber die Ausbeute quantitativ und qualitativ leidet, auch die Kosten sich ungemein hoch stellen. Leoni und Coblenz vermeiden die Röste ganz, bringen vielmehr den Flachs, nachdem die Wurzelenden abgeschnitten sind, 4 Stunden in eine Trockenkammer, worauf er dreimal gebrecht und geschwungen wird. Alle diese künstlichen ¶
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Röstmethoden, soweit sie sich überhaupt bewährt haben, finden sich vorwiegend angewendet in großen Flachsspinnereien; die Flachsproduzenten bedienen sich lieber der ebenfalls sehr zweckmäßigen Wasserröste. Zur Röste bringt man bald den grünen, frisch gezogenen und abgeriffelten, bald den vorher vollständig lufttrocken gemachten Flachs. Das erstere Verfahren (Grünröste) ist vielfach in Rußland, Deutschland, auch in Belgien und Holland üblich, liefert aber niemals eine solche Flachsqualität wie das zweite Verfahren, bei welchem man den Flachs nicht einmal in demselben Jahr, in welchem er gebaut wurde, zur Röste bringt, sondern erst im kommenden Jahr. Durch dieses Liegenlassen gewinnt die Faser wesentlich an Festigkeit [* 33] und Griff und wird nicht selten die Röste sogar unterbrochen und nach einiger Zeit, nachdem der Flachs abermals fest eingelagert war, vollendet. Diese Doppelröste findet in Belgien vorzüglich ihre Anwendung bei den feinsten und wertvollsten Flachsen. - Um die Flachsfaser aus dem gerösteten Stengel zu gewinnen, wird derselbe vielfach in Dörrgruben, Dörrkammern oder Öfen, [* 34] selbst in Backöfen gedörrt.
Steigt auch bei vorsichtiger Handhabung die Erwärmung der Flachsstengel beim Dörren nicht über 50° C., so verliert doch die Faser hierdurch mehr oder weniger an Milde und Griff, daher auch das Dörren nur da angewendet wird, wo es unbedingt notwendig ist, d. h. bei Tauflachs, der sich sonst weniger leicht und vollkommen brechen läßt. Vorteilhafter dörrt man den in der Sonnenwärme, wiewohl das darauf folgende Brechen nicht so gut und leicht vor sich geht wie nach dem Dörren im Dörrofen.
Durch das Brechen soll der holzige Kern des Flachsstengels in kleine Stückchen gebrochen werden. Dieser Arbeit geht ein sorgfältiges Sortieren des Flachses je nach Farbe und Röstgrad voraus. Zum Brechen dient meist noch die ein- oder auch zweizungige hölzerne, in manchen Gegenden eiserne Handbreche, welche die Faser aber stark beschädigt und die Ausbeute an spinnbarer Faser verringert. In Belgien wird daher der geröstete Flachs mit dem hölzernen, auf seiner untern, arbeitenden Seite gekerbten Botthammer bearbeitet.
Durch das Aufschlagen mit diesem Hammer, [* 35] der mit einem langen, krummen Stiel versehen ist, auf den auf der Tenne ausgebreiteten Flachs wird der Stengel geknickt, ohne daß die Faser zu sehr gedehnt und dadurch zerrissen wird. Zu gleichem Zweck dienen in Deutschland vielfach auch die glatten hölzernen Bleuel, Bauel oder Bocker sowie die Plauel- oder Pockmühlen. Dabei werden die Flachsstengel unter hölzernen Stampfen zerquetscht, was jedoch nur bei stärkerm und gröberm Flachs zweckmäßig ist, da bei dem feinern die Schäben (Annen, Achenen, Agen), d. h. die holzigen Teile des Stengels, zu sehr in den Bast hineingeschlagen werden.
Leichter, rascher und vollkommener arbeiten die Brech- oder Knickmaschinen, bei denen der Flachsstengel zwischen verschieden tief und stark gekerbten hölzernen oder eisernen Walzen hindurchgeschoben wird. Eine vorzügliche Brechmaschine, dem Prinzip einer gut konstruierten Handbreche nahestehend, ist die von Kaselowsky, welche sich auch rasch in Norddeutschland verbreitete. Sie liefert den Bast viel reiner von den Schäben als die Knickmaschinen, ohne die Faser so sehr zu dehnen und zu reißen wie die Handbreche. Auch die Maschinen von Möller und Collyer (amerikanisches System) sind sehr beliebt.
Die vollständige Entfernung der holzigen Teilchen von der Flachsfaser wird durch das Schwingen erreicht. Dazu dient entweder nur das einfache Schwingmesser, mit welchem der mit der linken Hand [* 36] festgehaltene, frei herabhängende Flachs wiederholt gestrichen, d. h. geschabt, wird (wie in Schlesien), oder der Flachs erhält ein Widerlager durch den Schwingstock, wobei ihn der Arbeiter mit dem hölzernen Schwingbeil oder Messer [* 37] unter beständigem Drehen des Flachsbundes streicht und schabt (wie in Belgien und Holland).
Bei letzterer Art des Schwingens wird mehr und reinerer Flachs erhalten als beim Freischwingen; die Leistung ist jedoch gering und verlangt sehr große Übung des Arbeiters. Das Handschwingen wird daher vielfach ersetzt durch die Maschinenarbeit. Dazu dienen entweder Schwingmaschinen nach dem System der belgischen Handschwinge, bei welchen 4, 6, 8 und mehr Schabmesser mit ihrem Stiel auf einer Achse angebracht sind, die an dem verstellbaren Auflage- oder Schwingstock, über welchen der Flachs von dem Arbeiter gehalten wird, mit verschiedener Schnelligkeit vorüberstreichen.
Wie bei dem Handschwingen der Belgier verschieden feine und Scharfe Schwingbeile benutzt, so werden auch bei den Schwingmaschinen verschieden starke und scharfe Messer eingesetzt, je nachdem man vor- oder feinschwingen will. Bei dem sogen. Friedländer System befinden sich die Schabapparate am äußersten Ende der auf einer eisernen Achse aufgeschraubten Träger [* 38] und bildet der Schwingstock, auf welchem der Flachs aufgelegt wird, einen federnden Mantel, der verstellbar ist.
Jeder der vier Schabapparate besteht aus einem glatten, mit seiner Breitseite arbeitenden Schabmessér, hinter welchem ein siebenzinkiger Rechen und dann wieder ein glattes Schabmesser folgt. Letzteres sowie das geteilte Messer stehen im rechten Winkel [* 39] zu dem Auflageeinschnitt im Mantel, während das erstgenannte Schabmesser parallel mit diesem Einschnitt gestellt ist. Beide Systeme erscheinen vielfach modifiziert in der Anwendung, doch wird den belgischen oder irischen Schwingmaschinen der Vorzug eingeräumt.
Bei der Bearbeitung des besten belgischen Flachses kommt keine Maschine [* 40] in Anwendung, derselbe wird nur mit der Hand geschwungen. Statt des Schwingens wird der in manchen Gegenden Deutschlands [* 41] geschabt oder geribbt, oder man verbindet das Ribben mit dem Schwingen des Flachses. Bei diesem Ribben bearbeitet und schabt man den auf einem Leder aufliegenden Flachs mit drei verschieden scharfen Eisenklingen so lange, bis alle Schäben entfernt sind. Diese Arbeit ist sehr zeitraubend und verlangt viele Übung, wenn nicht sehr viel Werg erhalten werden soll; das Ribben des Flachses hat daher auch keine allgemeine Verbreitung gefunden.
Da das Spinnrad mehr und mehr durch die Spinnmaschinen [* 42] ersetzt wird, so bietet der Schwungflachs in den meisten Fällen das fertige Handelsprodukt, und zu diesem Ende wird er auf verschiedene Weise aufgemacht. In Belgien werden sogen. Puppen gebildet; das Kopfende derselben bearbeitet man mittels einer groben Hechel und Drahtbürste äußerlich und bindet darauf mit einigen Fasern die etwas eingeschlagenen Zopfenden zusammen. Je drei solcher Puppen haben ein Gewicht von ½ kg und werden ebenfalls wieder zusammen eingebunden. In Deutschland (Hannover) [* 43] werden die Risten oder Knocken der Länge nach nebeneinander gelegt und schichtenweise sich kreuzend so lose übereinander gepackt, daß die Enden einer jeden derselben zu sehen sind, ohne daß das Netz, welches aus Bindfaden gefertigt ist, geöffnet zu werden braucht. Nach dem Aufmachen verpackt man in Holland die Flachsbündel in Säcken, und in diesen bleibt der in einem dunkeln, nicht ¶
Flachs
(frz. lin, engl. flax). Unter einigen 20 bekannten Arten des Geschlechtes Linum ist eine einjährige Art, L. usitatissimum, durch ihren hohen Wert als Gespinstflanze von ganz eminenter Bedeutung. Uralt ist die Benutzung des F., sodaß nicht einmal das eigentliche Vaterland desselben mehr bekannt ist und man dasselbe im Orient nur vermutet, weil die Pflanze zuweilen in wärmern Klimaten wild wachsend gefunden wird. Um so schätzenswerter ist ihre Fähigkeit sich zu akklimatisieren, durch die sie selbst sehr nördlich gelegenen Gegenden und hohen kühlen Bergländern noch zugänglich geworden ist und daselbst sogar vorzugsweise gedeiht.
Der F., früher fast die einzige Spinnfaser für Weißzeug, hat durch das Überhandnehmen der Baumwolle wohl viel Terrain verloren, bleibt aber dem ungeachtet immer ein Hauptindustrieartikel, der aller darauf gewendeten Pflege wert ist und sie lohnt. Nehmen doch selbst Länder wie Westindien und andre, zum Teil solche, die Baumwolle nach Europa senden, von hier Leinwand zurück, weil ihnen dieser kühlere Stoff in ihrem heißen Klima besser als Baumwolle zusagt. Der gemeine Lein wird jetzt in fast ganz Europa, in Ägypten, Algier, Ostindien, Nordamerika, Brasilien und Australien gebaut und zwar in den Hauptarten: a) Schließ- oder Dreschlein (Linum usitatissimum var. vulgare, auch L. sativum genannt) hat kleine geschlossen bleibende Kapseln, deren dunklere Samen nur durch Ausdreschen zu gewinnen sind, höhere Stengel, minder weiche und weiße aber haltbarste Faser, welche sich besser zu groben Geweben eignet; b) Klang- oder Springlein (L. usit. var. crepitans, auch L. humile) mit größeren, elastisch aufspringenden Kapseln, helleren Samen, welche man dadurch gewinnt, daß die Kapseln auf Planen an die Sonne gelegt werden, wobei sie von selbst aufspringen, niedrigere und ästigere Stengel, welche den feinsten F. liefern.
Beide Arten kommen als Früh- und als Spätlein vor. c) Zweijähriger oder Winter flachs (L. bienne und L. africanum), seltener gebaut; d) Weiß blühender oder sizilianischer Lein mit sehr schweren Samen und e) Königslein (L. usit. var. regale), sehr hoch, 1.5 m, mit sehr festem Bast, kleinen und blassen Samen, erst seit etwa 1850 aus Holland in den Handel gebracht. Vom Schließlein kommen hauptsächlich in den Handel: der „Tonnenlein“, in Tonnen verpackter russischer ¶
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Lein, bekannter als Rigaer, Pernauer, Liebauer, Wiedauer Lein etc., selten rein genug, meist mit Leindotter vermengt, mit kleinem Kern, aus welchem ein schwachstengliger, fein bastiger, 35 cm langer F. erwächst. Der Rigaer wird am meisten zu Samenzucht verwendet; die erste daraus gezogene Saat heißt Kronen- oder Rosenlein, welche 4-5 Jahre lang gute Ernten gibt und so lange als „Saatlein“ geht; nach dieser Zeit wird der Samen nur zu Ölschlagen noch verwendet, „Schlaglein“.
Eine sehr gute Sorte ist der Zeeländer, rein im Handel gebracht, mit gröberm Korn und stärkerem F.; ferner sind beliebt Königsberger, Memeler, Etschthaler, Axemer, weißblühender russischer, weißbl. amerikanischer und gemengter weißblühender, gelb und braun. Seltener angebaut sind der ewige Lein, L. perenne, ausdauernder, sibirischer Lein, 0.5-1 m hoch, mit grober, harter, schwer zu trennender Faser, angebaut in Sibirien;
der schmalblätterige Lein, L. angustifolium Huds, mit guter Faser, in Südeuropa gebaut und in Australien;
der österreichische Lein, L. austriacum, 0.3 m hoch, auch Zierpflanze;
der Seelein, Meerstrandslein, L. maritimum, beide in Südeuropa, aber nur selten gebaut.
Wichtig für den Anbau ist der Samen, Leinsamen, welcher zur Ölbereitung dient und einen sehr wichtigen Handelsartikel auch zu Saatgut bildet. Guter Samen muß oval, an einem Ende spitz, an der Spitze gekrümmt, grünlich, hellbraun, süß schmeckend, hell glänzend, in der Hand leicht gleitend, geruchlos, rein von Unkraut sein und in Wasser untersinken. Nach schlechter Ernte wird der Samen dunkel, glanzlos, schmutzig, gering an Keimkraft; zur Saat ist der zweijährige vorzuziehen, die Keimkraft dauert bis 4 Jahre und wird erhöht durch gelindes Erwärmen bis 30° C., aber nicht darüber, wodurch zugleich die Haltbarkeit sich erhöht.
Der Bedarf an Samen ist lokal verschieden: in den Ostseeprovinzen von 1.35 hl an, in Deutschland bis 2.68 hl, in den andern Ländern zwischen diesen Extremen, durchschnittlich also 2.0 hl pro ha zu Samengewinnung, 3-4.6 hl für Bastgewinnung;
1 hl wiegt 67-68 kg. Als Durchschnittsbestellung gelten für Deutschland nur noch 200000 ha, für ganz Europa etwa 1.2 Mill. ha.
Der Saatbedarf für das Deutsche Reich ist durchschnittlich mindestens 38 Mill. kg, für ganz Europa mindestens 200 Mill. kg. Der Ertrag von Samen ist 4-8 hl bei Bastgewinn, bis 16 hl bei vorzugsweiser Samenzucht. - Preise, bester Rigaer 50, beste deutsche Saat 44 Mk. pro m. Ztr. Originaltonnen à 85 kg pro m. Ztr. 70 Mk. Vergl. weiteres unter Leinöl. -
Die Leinpflanze bringt nicht in allen Ländern und Gegenden eine gleich gute Faser, aber selbst unter günstigen klimatischen Verhältnissen erfordert der Flachsbau schon von der Ackerbestellung an bis zur Ablieferung so viel Pflege und Umsicht, daß eine schöne feine Ware am Markte fast ebenso gut ein Kunst wie ein Naturprodukt genannt werden kann. Über die Witterung freilich vermag die Kunst nichts und von ihr hängt das Gedeihen des F. in so hohem Grade ab, daß es wenig Kulturpflanzen gibt, bei denen so große Schwankungen des Ertrags zwischen vollen Ernten und gänzlichem Mißraten vorkommen.
Der Lein ist sowohl Öl als Spinnpflanze; beiderlei Nutzungen können nicht voll neben einander bestehen, eine muß zur Hauptsache gemacht werden. Man sät daher den hauptsächlich auf Fasern zu nutzenden F. dicht und um so dichter, je feiner die Faser werden soll, den zum Samentragen bestimmten viel dünner, wodurch der Same sich vollkommener ausbildet, der Stengel dagegen stark und ästig wird und nur grobe Fasern gibt. In Holland und Belgien nimmt man sich in Fällen, wo man die feinste Faser zu Spitzen u. dgl. ziehen will und daher sehr dicht sät, außerdem die Mühe, mit Pfählen und Stangen, oder mit Pfählen und Schnüren eine Art Gitter mit quadratischen Öffnungen über das Flachsfeld zu legen, durch welches die Pflanzen hindurch wachsen und darin eine Stütze zur Geradehaltung und gegen das Lagern finden.
Man nennt diese Methode das Ländern; sie kommt auch in der Weise zur Ausführung, daß man das Flachsfeld mit sperrigem Reisig überdeckt. Ein öfterer Samenwechsel ist beim Flachsbau nützlich und zur Erzeugung besserer Qualitäten selbst notwendig. Sehr häufig ist bei uns die Verwendung von Samen aus Rußland (Rigaer). Wo die eigne Samenzucht gebräuchlich ist, so in Sachsen z. B., baut man gewöhnlich den Bedarf für die nächsten 3 Jahre auf einmal. Die mit F. bestandenen Felder müssen vom Unkraut sorgfältigst gereinigt werden.
Das Ziehen oder Raufen des F. erfolgt, wenn es sich um Samenzucht handelt, zu der Zeit, wo die Kapseln sich zu bräunen anfangen, bei den zur Bastgewinnung bestimmten Pflanzen aber im noch grünen Zustande, sobald am Stengel die unteren Blättchen abfallen. Der Same ist dann noch nicht völlig ausgereift und zur Aussaat nicht, wohl aber zur Ölgewinnung brauchbar. Den richtigen Zeitpunkt der Ernte zu treffen ist wichtig, da zu frühes Ziehen zwar feine aber haltlose Fasern gibt, während die überreife Faser, da sie starr und brüchig geworden, auch wieder an Qualität verloren hat.
Die gerauften Flachsstengel werden gewöhnlich in mäßige Bündel gebunden und auf dem Felde aufgestellt, bis sie völlig lufttrocken sind. Durch Riffeln, d. h. Durchziehen durch eine Reihe aufrecht stehender eiserner Zinken streift man die Samenknoten ab, und bringt das Stroh entweder sogleich oder im nächsten Frühjahr zur Röste. Die nutzbare Faser bildet den Bast des Flachsstengels, welcher den mehr holzigen inneren Kern umgibt und wieder von der äußeren Rindenhaut umschlossen wird.
Diese sämtlichen Teile sind durch Pflanzenleim fest mit einander verbunden, dessen Zerstörung durch Fäulnis, Verwesung oder Auflösung Zweck aller Röstverfahren ist, weil dann erst die Bastfaser, welche jenen zerstörenden Einflüssen am längsten zu widerstehen vermag, von der übrigen Stengelmasse abgesondert werden kann. Die gewöhnlichste Art des Röstens ist die Wasserröste, wozu am besten fließendes, jedenfalls weiches Wasser benutzt wird. Im gewöhnlichen ländlichen Betriebe pflegt diese ¶
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Prozedur in sehr einfacher Weise so zu geschehen, daß die Flachsbündel in seichte Gewässer, Flüsse, Bäche, Teiche eingelegt und durch Steine unter der Oberfläche gehalten werden. Bei rationellerem Betriebe hat man bessere Vorrichtungen, so namentlich in Belgien und Holland gemauerte Gruben, in welche die Bündel eingestellt und unter Wasser gesetzt werden, das nach Erfordern gewechselt wird. Die Röste ist je nach der Witterung in 8-12 Tagen vollendet. Die dabei stattfindende Gärung der leimartigen Bestandteile entwickelt eine Menge stinkender, gesundheitswidriger Gase; das Röstwasser färbt sich von gelösten Stoffen mehr oder weniger braun, und diese Färbung nimmt auch die Faser an. Der Fortgang der Röste ist genau zu überwachen, da leicht eine Überröstung eintreten kann.
Sie wird beendet und die Stengelmasse getrocknet, wenn die Faser leicht losgeht und der holzige Teil beim Biegen wie Glas zerspringt. Auch die Tauröste, bei welcher die Halme einfach auf einem Stoppelfelde, damit sie nicht unmittelbar den Erdboden berühren, ausgebreitet und bei öfterem Wenden den Einflüssen der Witterung ausgesetzt werden, steht bei kleineren Mengen in Anwendung. Ist die Witterung zu trocken, so muß man freilich mit Begießen nachhelfen. Hier unterliegt die Pflanzenmasse einer mehr trocknen geruchloseren Verwesung und es kann eine Überröstung nicht so leicht eintreten, aber der Prozeß dauert immer mehrere Wochen und außerdem fehlt es der Röste auch an der gehörigen Gleichmäßigkeit.
Man verbindet zuweilen beide Methoden dergestalt, daß man erst die Wasserröste anwendet und dann bei annähernder Gare mit der Tauröste schließt. Weit bequemer, zuverlässiger und rascher zum Ziele führend sind die in neuerer Zeit angewandten Methoden, wobei die Auflockerung der Flachsstengel durch warmes Wasser oder durch Dampf bewirkt wird. Bei der am meisten in Aufnahme gekommenen Warmwasserröste wird das Wasser, in welches der F. in großen Behältern eingelegt ist, durch eingelassenen Dampf allmälig, sodaß die Temperatur in der Stunde höchstens um einen Wärmegrad zunimmt, auf 30-35° C. gebracht und in dieser Wärme erhalten.
Schon nach 60 oder bei hartem Wasser 90 Stunden ist die Röstung vollendet, bei welcher anfänglich aromatische Gerüche entweichen, während später Schwefelwasserstoffgas auftritt. Bei der Dampfröste treten die Dämpfe zu den in einen geschlossenen Behälter gebrachten Stengeln und entziehen denselben noch rascher alle löslichen Teile, welche an das sich durch Kondensation bildende Wasser übergehen und mit ihm eine braune Schlempe bilden, die zum Viehfutter gebraucht werden kann.
Natürlich eignen sich solche für Verarbeitung großer Massen berechnete Röstvorrichtungen nicht für einzelne kleine Wirte, sondern haben ihren Platz in Flachsbereitungsanstalten, die das Erzeugnis einer ganzen Gegend aufnehmen und verarbeiten. Die geröstete Masse ist zunächst gut auszutrocknen, am besten in der heißen Sonne, sonst in Trockenstuben bei gelinder Wärme, da eigentliche Hitze, wie wenn z. B. die Bauern sich dazu des Backofens bedienen, die Haltbarkeit der Faser bedeutend schädigt.
Das nachfolgende Brechen, wobei die Stengelmasse zerbröckelt wird und stückweise abfällt, geschieht auf der bekannten Flachsbreche am unvorteilhaftesten, besser durch Schlagen der Stengel auf der Tenne mit dem sog. Bockhammer, einem gestielten Klotz, der auf der Schlagfläche riffelartig geschnitten ist. In den mit Maschinen arbeitenden Flachsbereitungsanstalten geschieht das Brechen dadurch, daß man die Stengel durch geriffelte Walzenpaare laufen läßt.
Das nachfolgende Schwingen bezweckt das Abschlagen der noch anhängenden Stengelbruchstücke, deren letzte Reste nachgehends durch das Hecheln entfernt werden. Hierbei sondern sich auch die zu kurzen Fasern als Hede oder Werg ab, während die längeren, die häufig noch zu mehreren bandförmig zusammenhängen, aus dieser Verbindung gelöst und vereinzelt werden. Das Hecheln ist jetzt noch vielfach Handarbeit und zwar solche, die wie das Schwingen Übung und Umsicht erfordert. In fabrikmäßigen Anstalten gibt es für Schwingen und Hecheln Maschinen, die aber gute Handarbeit nicht ersetzen können; sie empfehlen sich aber durch Mehrarbeit.
Die Schwingmaschine liefert nur die Schläge, während das Anhalten und Wenden des Flachses durch Arbeiter geschieht. Je länger das Hecheln fortgesetzt wird, um so feinerer F. wird erhalten, aber natürlich auch um so mehr Abfall an Werg. Durchschnittlich geben 100 kg lufttrockne Flachsstengel 9-10 kg Reinflachs, 12-15 kg Werg und 75-80 kg Abfall. Das aus den kurzen und verwirrten Fasern bestehende Werg ist ein ebenfalls nutzbares Nebenprodukt, das zu Garn versponnen wird, wobei es aber gleich der Baumwolle erst gekratzt oder kardiert werden muß. (Weiteres s. Leinengarn, Leinenwaren.) Übrigens steigt der Wert des Flachses mit seiner Länge, und gute Ware darf nicht viel Fasern enthalten, die nur 300 mm lang sind.
Auf die bessere Haltbarkeit des Flachses in Vergleich mit Baumwolle läßt sich schon aus der mikroskopischen Betrachtung desselben schließen: die Flachsfaser hat nur eine sehr feine innere Höhlung, also eine stärkere Wandung, in deren Folge sie sich rund erhält, indes die Baumwollfaser infolge ihrer größeren Hohlheit beim Trocknen zu einem flachen Bande zusammenfällt. Die mikroskopische Prüfung eines Leinengewebes, in welchem Baumwolle vermutet wird, bleibt auch unter den zahlreich vorgeschlagenen Erkennungsmitteln immer das sicherste. -
Unter den flachsbauenden Ländern steht Rußland hinsichtlich der Menge seines Erzeugnisses und seiner Ausfuhr so entschieden obenan, daß die russischen Preise für den ganzen Markt maßgebend sind. Das Erzeugnis Irlands mit dem weniger bedeutenden von Schottland und England wird nicht allein von der englischen Fabrikation völlig aufgebraucht, sondern dazu noch große Mengen von auswärts (Rußland, Preußen, Belgien, Holland) bezogen. Die eigentlichen Ausfuhrländer für F. sind Rußland, Polen, die preußischen Ostseeprovinzen, Italien, da die anderwärts gewonnenen Erträge fast ganz dem inländischen Bedarfe dienen und ihn oft selbst nicht völlig decken. Dies ¶
Im Geographisches Lexikon der SCHWEIZ, 1902
Flachs
(Nieder) (Kt. Zürich, Bez. und Gem. Bülach). Weiler. S. den Art. Niederflachs.