Titel
Fixsterne.
[* 2] So wie vor einigen Jahren Seeliger das dreifache Sternsystem 3 im Krebs [* 3] untersucht hat (s. Bd. 17, S. 324), so sind neuerdings von Schorr die Bewegungsverhältnisse eines andern solchen Systems, E im Skorpion, erörtert worden. W. Herschel hat zuerst 1782 erkannt, daß dieser Stern 4,5. Größe dreifach ist, und W. Struve hat 1825 die physische Zusammengehörigkeit aller drei Sterne festgestellt. Die beiden nahe aneinander stehenden, nach Struves Bezeichnung A und B, haben die Größen 4,9 und 5,2, der entferntere C ist von 7,2. Größe.
Seit Struves Zeit hat B um A einen Bogen [* 4] von ungefähr 200° beschrieben, und Schorr findet, daß ein ganzer Umlauf vollendet wird in 105 Jahren in einer Ellipse [* 5] von 0,122 Exzentrizität und einer scheinbaren mittlern Entfernung von 1,3". Der entferntere Stern d scheint auf diese Bewegung keinen merklichen Einfluß zu üben. Derselbe hat seit Struves Beobachtungen um die Mitte der Sterne A und B einen Bogen von nur 12° bei einem Abstand von 7" beschrieben, woraus sich eine elliptische Bahn nicht mit Sicherheit ableiten läßt.
Eine kritische
Prüfung der bisher veröffentlichten Aufzeichnungen
über Eigenbewegung der Fixsterne
von mehr als 0,5
Bogensekunden jährlich, welche von Bossert durchgeführt worden ist, hat gezeigt, daß verschiedene ältere Angaben überauffallend
große Eigenbewegungen irrig sind. Nachstehende
Tabelle (S. 308) gibt diejenigen Eigenbewegungen an, welche mindestens eine
Bogensekunde jährlich erreichen. Dabei bezeichnet m die Größenklasse des
Sternes, α seine
Rektaszension
(in
Stunden u.
Minuten) und δ seine
Deklination für den Anfang des
Jahres 1890, Δα und Δδ sind die jährlichen Änderungen
dieser
Koordinaten,
[* 6] wie sie durch die Eigenbewegung hervorgebracht werden,
r ist die resultierende Eigenbewegung in
Bogen größten
Kreises, und unter
»Autorität« findet man die Astronomen, welche die Eigenbewegung abgeleitet haben, oder
den
Ort, wo dieselbe veröffentlicht ist, wobei
Paris
[* 7] und
Cincinnati auf die
Publikationen der dortigen
Sternwarten
[* 8] verweisen.
Zur Auffindung veränderlicher Sterns hat auch in neuerer Zeit die Photographie einige Beiträge geliefert. Wird ein Stern bei stillstehendem Fernrohr [* 9] photographiert, so entsteht eine Linie, deren Breite [* 10] von der photographischen Helligkeit des Sternes abhängt; wenn aber das Fernrohr mit der photographischen Kammer der Bewegung des Himmels folgt, so ist das Bild ein kreisförmiger Fleck von größerm oder kleinerm Durchmesser. Sind nun an demselben Stern zu verschiedenen Zeiten Aufnahmen gemacht worden, so erkennt man an der verschiedenen Breite der linearen Bilder oder an der Verschiedenheit der Durchmesser der kreisförmigen die Veränderlichkeit des Sternes. Es sind nun seit einer Reihe von Jahren auf der Sternwarte [* 11] am Kap der Guten Hoffnung photographische Aufnahmen des südlichen Himmels ausgeführt worden, um die Grundlagen zu einem Sternkatalog des südlichen Himmels Zu gewinnen, das sich Argelanders Bonner Verzeichnis anschließen soll.
Von 19" südlicher
Deklination bis zum
Pol sollen alle Fixsterne
bis herab zur
Größe 9,2 (photographisch) verzeichnet werden; doch
enthalten die
Negative auch noch kleinere
Sterne. Diese
Negative sind quadratisch mit 16°, bez. 5° Seite, doch greifen die
Platten bedeutend übereinander. Von jedem Teil des
Himmels sind zwei
Aufnahmen gemacht worden. Die Ausmessung
der
Negative behufs Bestimmung der Sternörter ist seit 1886 dem
Professor Kapteyn in
Groningen allvertraut und erfolgt mit
Hilfe eines mit
Deklinations- und
Stundenkreis versehenen, in ziemlicher
Entfernung von der vertikalen
Platte stehenden
Fernrohrs.
Die Durchmesser der Sternscheibchen auf den Negativen werden in Zehnteln der Bogenminute geschätzt und aus den erhaltenen Werten die Sterngrößen nach einer empirischen Formel berechnet. Um aber bei dieser Untersuchung wirkliche Sterne von zufälligen Flecken der photographischen Platte zu unterscheiden, werden die beiden Negative desselben Himmelsteiles dicht hintereinander derart aufgestellt, daß jeder Stern im Fernrohr als ein Doppelstern erscheint.
Sind nun die beiden Glieder [* 12] eines solchen Paares einigermaßen verschieden an Größe, so nimmt man dies sofort wahr, und es wird nach Kapteyn kaum ein Unterschied übersehen werden, welcher einer halben Größenklasse entspricht. Solche Verschiedenheiten der Sternbilder auf den zu verschiedener Zeit erhaltenen Negativen deuten aber an, daß der betreffende Stern veränderlich ist, und auf diese Weise hat Kapteyn bereits eine Anzahl veränderlicher gefunden.
Auch die Untersuchung der Photographien der Fixsternspektren führt in vielen Fällen zur Entdeckung ¶
mehr
Tabelle der Fixsterne
von mehr als 1" jährlicher Eigenbewegung.
Name des Sternes | m | 𝜶 | 𝜹 | Δ𝜶 | Δ𝜹 | r | Autorität | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1830 Groombridge
9352 Lacaille
611 Schwan
612 Schwan
21185 Lalande
a Indier
21258 Lalande
o2 Eridanus
14318 Argelander-Öltzen
14320 Argelander-Öltzen
𝜶1 Centaur
𝜶2 Centaur
11677 Argelander-Öltzen
1060 Lacaille
248 Lalande
25372 Lalande
Arctur
7443 Lalande
123 Piazzi IIh
𝜻 Tucan
3077 Bradley
15290 Lalande
𝝉 Walfisch
212 Piazzi XIVh
18115 Lalande
𝜹 Pfau
8362 Lacaille
30694 Lalande
31055 Lalande
2957 Lacaille
61 Jungfrau
𝜻1 Netz
3386 Lacaille
𝜻2 Netz
1643 Fedorenko
30044 Lalande
𝝂 Indier
147 Eidechse
1384 Fedorenko
6888 Lalande
38383 Lalande
46650 Lalande
8381 Lacaille
199 Piazzi oh
20452 Argelander-Öltzen
27744 Lalande
322 Weiße 1
85 Pegasus
17415 Argelander-Öltzen
9383 Stone
30 Skorpion
4887 Lacaille
4955 Lacaille
43 Coma
28607 Lalande
15565 Lalande
1189 Weiße 1
27298 Lalande
22986 Lalande
72 Herkules
27026 Lalande
8620 Lacaille
16304 Lalande
44964 Lalande
5490 Lalande
Astronom. Nachrichten 2377
Astronom. Nachrichten 2601
Astronom, Nachrichten 2377
Astronom. Nachrichten 2377
Astronom. Nachrichten 2192
Schjellerup
Schjellerup
Astronom. Nachrichten 2940
Astronom. Nachrichten 2565
Nuwers
Astronom. Nachrichten 2806
Schjellerup
Astronom. Nachrichten 2299
Astronom. Nachrichten 2734
Astronom. Nachrichten 2578
mehr
von Veränderlichen. In solchen Spektralaufnahmen hat besonders die Sternwarte des Harvard College in Cambridge (Massachusetts) großartige Leistungen aufzuweisen. Mit Unterstützung einer reichen Stiftung zu Ehren des durch zahlreiche photographische und spektroskopische Arbeiten bekannten, 1882 verstorbenen Henry Draper sind nämlich unter Leitung von Pickering teils in Cambridge, teils auf dem 2000 m hohen Mount Harvard bei Chosika in Peru [* 20] mit einem achtzölligen Fernrohr zahlreiche Sternspektren photographiert worden, und im 27. Bande der Annalen genannter Sternwarte wird der »Draper-Katalog« mit den Spektren von 10,351 Sternen veröffentlicht. Bei der Untersuchung der Photographien dieser Sternspektren durch Frau Fleming in Cambridge sind nun eine größere Anzahl Veränderlicher entdeckt worden, unter andern solche, deren Spektrum dem von Mira im Walfisch und andern Veränderlichen ähnlich ist, in welchem helle Wasserstofflinien erscheinen.
Auf einen merkwürdigen veränderlichen Stern hat Paul in Washington [* 21] aufmerksam gemacht. Es ist der Stern S im Sternbild der Luftpumpe [* 22] (Antlia), dessen Lichtwechsel sich in einer Periode von nur 7 Stund. 47 Min. vollzieht. Es ist die kürzeste bis jetzt bekannte Periode; ihr zunächst kommt die Periode von U im Schlangenträger, welche 20 Stund. 8 Min. beträgt. Wie dieser letztere Stern, gehört auch S in der Luftpumpe zu den Veränderlichen vom Algoltypus, die durch die Kürze der Periode charakterisiert sind, sowie dadurch, daß die Änderungen der Lichtstärke nur einen kleinen Teil der Periode in Anspruch nehmen.
Beim Algol selbst, dessen Periode 68,81 Stund. beträgt, nimmt die Helligkeit in 9,15 Stund, von der 2. bis zur 4. Größe ab und wieder zu, bei U im Schlangenträger erfolgt die Veränderung von der 6. zur 7. Größe in 5 Stund. und bei S in der Luftpumpe erstreckt sich die Ab- und Zunahme auf ungefähr 3,8 Stund. Diese Änderung beträgt 0,6 Größenklassen, etwa 4 Stund, lang behält der Stern seine große Helligkeit 6,7. Größe (nach Chandler). Durch die Untersuchungen Vogels (s. Bd. 18, S. 292) wissen wir nun, daß der Lichtwechsel des Algol hervorgebracht wird durch die zeitweilige teilweise Verdeckung des leuchtenden Sternes durch einen wenig leuchtenden Begleiter.
Chandler hat nun in neuerer Zeit die Periode des Algol auf ihre Beständigkeit untersucht, da schon Argelander eine Veränderlichkeit derselben annehmen zu müssen glaubte, und in der That hat sich aus der Diskussion von 11,200 beobachteten Minima ergeben, daß die Periode des Lichtwechsels des Algol, welche jetzt 2 Tage 20 Stund. 48 Min. 51 Sek. beträgt, periodischen Veränderungen unterliegt, die bis zu 8 Sekunden ansteigen können. Zur Erklärung dieser Erscheinung nimmt Chandler an, daß Algol ein System von drei Körpern ist, in welchem der Hauptstern mit seinem engen Begleiter, der den Lichtwechsel hervorbringt, sich gemeinsam noch um einen dritten Körper bewegt; Chandler berechnet dann, daß diese Bewegung in einer nahezu kreisförmigen Bahn, deren Durchmesser 2,7 Sek. beträgt, mit einer Umlaufszeit von ungefähr 130 Jahren erfolgen muß. Hieraus ergibt sich aber, daß die jährliche Eigenbewegung des Algol, die 0,0010 Zeitsek. in Rektaszension und 0,0120 Sek. in Deklination beträgt, ziemlich bedeutende Unregelmäßigkeiten zeigen muß, und in der That hat Chandler solche aus den Beobachtungen ableiten können, so daß seine Hypothese von der Existenz eines dritten Körpers hierdurch bestätigt ist.
Nachdem der Lichtwechsel des Algol durch die Annahme eines wenig leuchtenden Begleiters, der zeitweilig den Hauptstern verdeckt, seine vollständige Erklärung gefunden hat, liegt es nahe, für den Lichtwechsel der übrigen Sterne desselben Typus die gleiche Ursache anzunehmen. Bei näherm Eingehen auf diesen Gedanken erheben sich aber manche Schwierigkeiten. Während beim Algol der Lichtwechsel nur reichlich 1/8 der Periode umfaßt, nimmt er bei dem Stern in der Luftpumpe die kleine Hälfte in Anspruch.
Der dunklere Stern, dessen Umlaufszeit 7 Stund. 47 Min. beträgt, muß also sehr nahe bei dem hellen stehen. Würden die beiden den Algol bildenden Sterne, deren Abstand und Dimensionen Vogel ermittelt hat, zur Berührung gebracht, so würde die Umlaufszeit doch nur auf 10,9 Stund. herabgesetzt. Es müssen daher, wenn überhaupt hier dieselbe Ursache des Lichtwechsels wirksam ist, bei S in der Luftpumpe andre Verhältnisse zwischen den Durchmessern der beiden Körper und ihrem Abstand herrschen als beim Algol. Zur Ermittelung der Dimensionen würde nun die Kenntnis des Ganges der Lichtänderung erforderlich sein. Darüber ist leider nichts Genaueres bekannt und auch wenig Hoffnung auf Vervollständigung unsrer Kenntnisse in dieser Richtung vorhanden, da der Stern seines tiefen Standes wegen (er steht in 28° 8,7' südlicher Deklination) auf der nördlichen Halbkugel nicht lange beständig verfolgt werden kann.
Eigentümliche Veränderungen im Spektrum von β in der Leier sind in Cambridge (Massachusetts) erkannt worden. Dieser Stern ist veränderlich zwischen den Größenklassen 3,5 und 4,5 in Zeit von ungefähr 12 Tagen 22 Stund.; er hat aber zwei Maxima der Lichtstärke, welche 3 Tage 5 Stund, und 9 Tage 16 Stund. nach dem Hauptminimum eintreten, und ein dazwischen liegendes sekundäres Minimum 6 Tage 11 Stund, nach dem Hauptminimum. Das Spektrum wird von breiten dunkeln Banden durchsetzt, welche dem Wasserstoff angehören, und von Linien, die für viele Sterne des Orion charakteristisch sind.
Außerdem aber treten darin mehrere helle Linien auf, welche ihre Lage ändern; die auffallendsten unter ihnen haben die angenäherten Wellenlängen von 486, 443, 434, 410, 403 und 389 μμ. Die 1., 3., 4. und 6. fallen augenscheinlich mit den Wasserstofflinien F, G, h und α zusammen, während die beiden andern die markiertesten der Orionlinien sind. Diese hellen Linien haben bisweilen eine etwas größere Wellenlänge als die entsprechenden dunkeln, und dann haben die letztern einen hellen Rand nach der Seite des Rot hin, oder die Wellenlänge der hellen Linien ist geringer, und es erscheint dann ein heller Rand auf der andern Seite der dunkeln Linien.
Frau Fleming und Fräulein Maury in Cambridge haben nun 29 Photographien des Spektrums untersucht, die in einem Zeitraum von mehr als 4 Jahren (130 Perioden) erhalten worden sind, und es ergab sich bei 14 Platten aus der ersten Hälfte der Periode eine Zunahme der Wellenlänge der hellen Linien. Bei 11 Platten aus der zweiten Hälfte der Periode zeigte sich eine Abnahme der Wellenlänge; doch sind hier einige Ausnahmen bemerkt worden, und überhaupt ist die Erscheinung nicht so einfach, wie hier angedeutet, vielmehr treten mancherlei Zwischenphasen und Veränderungen bei den dunkeln wie bei den hellen Linien auf, letztere erscheinen auf einigen Platten doppelt. Pickering hebt besonders hervor, daß andre Veränderliche von kurzer Periode keine hellen Spektrallinien zeigen. ¶