Titel
Fixsterne
[* ] (Stellae fixae, »festgeheftete Sterne«, hierzu die Karte »Fixsterne des nördlichen Sternenhimmels«, mit Register), die große Mehrzahl der Sterne, welche den nächtlichen Himmel schmücken und demselben seinen durch viele Jahrtausende wesentlich gleichbleibenden Charakter aufdrücken, indem sie, abgesehen von höchst geringen, ohne genauere Meßinstrumente erst in Jahrhunderten bemerkbaren fortschreitenden Ortsveränderungen, immer in derselben Stellung zu einander verharren.
Sie erscheinen dem bloßen Auge als leuchtende Punkte und zeigen auch in den stärksten Fernrohren durchaus keine meßbaren Dimensionen. Eigentümlich ist aber den meisten hellern Fixsternen das sogen. Funkeln oder Scintillieren, wodurch sie in fortwährendem Erlöschen und Wiederaufglimmen mit lebhaftem Farbenwechsel begriffen zu sein scheinen. Der Grund dieser Erscheinung liegt wesentlich in den in mittlern Breiten infolge sehr veränderlicher Windrichtung stets wechselnden Dichtigkeitsverhältnissen der Atmosphäre, in der Zerstreuung (Dispersion) des Lichts in derselben sowie ihrer Erfüllung mit Wasserdampf. In den Tropen, wo die Witterungsverhältnisse weit regelmäßiger sind und namentlich der Wasserdampf wegen der weit höhern Temperatur vollkommener
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aufgelöst ist als bei uns, zeigen sich auch die Fixsterne meist mit ruhigem, planetarischem Licht, und nur in geringern Höhen über dem Horizont sowie beim Herannahen der Regenzeit macht sich zuweilen ein Funkeln bemerklich.
Größenklassen der Fixsterne. Nach ihrer scheinbaren Helligkeit teilt man die in solche 1., 2., 3. etc. Größe und steigt bisweilen bis zur 20. herab. Für mittlere Sehkraft sind nur die Fixsterne 1.-5., für sehr scharfe Augen noch Sterne 6.-7. Größe sichtbar, während die übrigen nur dem Teleskop erreichbar sind und daher teleskopische Sterne heißen. Diese Bestimmung der Größe beruht aber bis jetzt meist nicht auf wirklicher Messung, weshalb auch, namentlich bei schwächern Sternen, nicht unbeträchtliche Verschiedenheiten in den Angaben verschiedener Beobachter stattfinden. Dessenungeachtet hat man noch Zwischenklassen eingeführt, und öfters wird jede Größenklasse in zehn Stufen geteilt. Die Anzahl der Fixsterne erster Größe beträgt 18, wovon 8 am nördlichen Himmel stehen.
Bezeichnung der Fixsterne. Die in den Katalogen verzeichneten Sterne der neun ersten Klassen und eine verhältnismäßig kleine Anzahl aus den folgenden haben besondere astronomische Bezeichnungen; die ausgezeichnetern Sterne aber haben auch besondere Namen, welche teils von den Griechen und Römern, wie Arcturus, Regulus, Sirius, teils von den Arabern, z. B. Deneb, Beteigeuze, herrühren, während andre neuern Ursprungs sind. Da aber diese Namen nicht ausreichen, so bezeichnen die Astronomen seit Bayer und Doppelmayer die Sterne in jedem Sternbild besonders durch griechische oder lateinische Buchstaben, welche zu dem Namen des Sternbildes gesetzt werden, z. B. α Tauri, β Ophiuchi.
Dabei gibt die alphabetische Ordnung der Buchstaben zugleich annähernd die Abstufung des Glanzes oder der Größe an, weshalb die Sterne erster Größe gewöhnlich mit α bezeichnet sind. Da aber auch die Buchstaben bei weitem nicht für alle Sterne eines Bildes ausreichten, so nahm man endlich die Bezifferung zu Hilfe, wobei abermals jedes Sternbild besonders zählt und die Aufeinanderfolge der Zahlen die der geraden Aufsteigung ist. Daher kommt es, daß manche Sterne drei Bezeichnungen haben: den Namen, den Buchstaben und die Zahl; andre nur die Buchstaben und die Zahl, noch andre nur die Zahl. Wo indes eine der beiden ersten Bezeichnungen vorhanden ist, pflegen die letztern seltener gesetzt zu werden. Die bei weitem größte Zahl der teleskopischen Sterne entbehrt auch der letzten Bezeichnung durch die Zahl, und nur die Rektaszension und Deklination selbst oder in einigen besondern Fällen die Stellung gegen größere Sterne dient zu ihrer nähern Bestimmung.
Verteilung und Anzahl der Fixsterne.
Die Fixsterne der ersten Größe sind: a) Nördlich vom Äquator:
1) Wega oder α der Leier, 2) Capella oder α des Fuhrmanns, 3) Arcturus oder α des Bootes, 4) Aldebaran oder α des Stiers, 5) Beteigeuze oder α des Orion, 6) Regulus oder α des Löwen, 7) Atair oder α des Adlers, 8) Procyon oder α des Kleinen Hundes. b) Südlich vom Äquator:
9) Sirius oder α des Großen Hundes, 10) Rigel oder β des Orion, 11) Spica (Azimech) oder α der Jungfrau, 12) Antares oder α des Skorpions, 13) Fomahaud oder α des südlichen Fisches, 14) Canopus oder α des Schiffs Argo, 15) Acharnar oder α des Eridanus, 16) α des Centauren, 17) β des Centauren, 18) α des südlichen Kreuzes. Die vier letzten der südlichen Sterne erster Größe sind über den 50.° nördl. Br. hinaus nicht mehr sichtbar. Die Sterne erster Größe sind nahezu gleichmäßig über beide Halbkugeln des Himmels verbreitet, und auch bei den Sternen zweiter und dritter Größe ist dies der Fall. Dagegen findet zwischen beiden Hemisphären der merkwürdige Unterschied statt, daß, während auf der nördlichen Halbkugel beiläufig alle Gegenden gleich reichlich mit größern Sternen versehen sind, in der südlichen sie mehr in Massen zusammentreten und verhältnismäßig sternenleere Regionen zwischen sich lassen. Argelander zählt nördlich vom Himmelsäquator:
1. Größe | 8 Sterne, |
2. Größe | 35 Sterne, |
3. Größe | 99 Sterne, |
4. Größe | 230 Sterne, |
5. Größe | 748 Sterne, |
6. Größe | 3002 Sterne, |
7. Größe | 9951 Sterne, |
8. Größe | 34169 Sterne, |
9. Größe | 266678 Sterne, |
Zusammen | 314920 Sterne. |
Mit bloßen Augen werden am Himmel ca. 5000 Sterne 1.-6. Größe gesehen und zwar nur am Äquator, wo der Blick des Beschauers von Pol zu Pol reicht. In den Polargegenden dürfte diese Zahl sich auf die Hälfte reduzieren, in Berlin auf etwa 4200. Rechnet man aber die teleskopischen Sterne hinzu, so bekommt man außerordentlich große Zahlen. An gewissen Stellen des Himmels, z. B. in der Milchstraße, stehen die Sterne so dicht gedrängt, daß sie nicht zu zählen sind, und manche Nebelflecke lösen sich in sehr vergrößernden Teleskopen ebenfalls in Tausende von Sternen auf.
Der ältere Herschel sah in einem Raum von 30 Quadratgraden, in der Gegend der Keule des Orion, über 50,000 Sterne und in seinem 20füßigen Reflektor in 41 Zeitminuten ca. 258,000 Sterne passieren. Nach Struves Schätzung dürften in dem 20füßigen Herschelschen Spiegelteleskop am ganzen Himmel 20,374,000 Sterne sichtbar sein, und Herschel schätzte die Zahl der in seinem 40füßigen Spiegelteleskop allein in der Milchstraße sichtbaren Sterne auf 18 Mill. Wenn trotz dieser ungeheuern Quantität des Sternenlichts der Himmel nicht im Sonnenglanz strahlt, so erklärt sich dies nach Olbers daraus, daß der Weltenraum nicht leer sondern mit einem feinen Stoff, dem Äther, erfüllt ist, der das hindurchgehende Licht schwächt.
Farben der Fixsterne. Schon mit bloßem, noch mehr aber mit bewaffnetem Auge nimmt man eine Verschiedenheit der Farbe an den Fixsternen wahr, welche nicht wenig dazu beiträgt, die Pracht des gestirnten Himmels zu erhöhen. Fast alle Regenbogenfarben scheinen am Himmel vertreten zu sein, vornehmlich jedoch die rote und blaue. Die meisten Fixsterne, größere wie kleinere, sind weiß und zwar einige, wie Sirius, Wega, Deneb, Regulus und Spica, ganz entschieden, andre weniger bestimmt; dabei ist bemerkenswert, daß Sirius im Altertum zu den roten Sternen gezählt wurde.
Aldebaran, Arcturus, Antares und besonders Beteigeuze erscheinen rötlich, Procyon, Capella und Atair gelblich. Unter den beiden hellen Sternen der Zwillinge ist Kastor grünlich, Pollux rötlich; α des Kleinen Bären (der Polarstern) ist gelblich, mehr noch β des Kleinen Bären. α des Großen Bären ist rot und verändert (nach Klein u. a.) diese Farbe innerhalb gewisser Grenzen. Unter den kleinern Sternen ist Mira Ceti durch seine rote Farbe ausgezeichnet; ein bläulicher Stern ist unter andern η der Leier. Der durch seinen Wechsel in Farbe und Lichtstärke berühmte Stern η des Argus war bis 1843 noch rötlich gelb und zeigte sich 1850 in rötlicherm Licht als der Planet Mars. Ein Hauptmerkmal, wodurch sich die Fixsterne von den Planeten und Kometen unterscheiden, besteht darin, daß ihr Licht ein eignes, kein anderswoher erborgtes ist. Schon die große Intensität ihres Lichtglanzes bei ihrer ungeheuern Entfernung spricht dafür. Die neueste
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physische Astronomie hat indes noch einen direktern Beweis dafür gefunden. Das Licht der Fixsterne zeigt sich nämlich, wie das unsrer Sonne, die selbst in ihre Klasse gehört, völlig unpolarisiert, während jedes reflektierte Licht sich durch seine Polarisation als solches verrät. Nicht minder schlagend zeigt die spektroskopische Untersuchung, daß das Licht der ein eignes sein muß.
Entfernung der Fixsterne. Bis vor kurzem konnte die Frage nach der Entfernung der Fixsterne von der Erde oder Sonne, von deren Beantwortung unsre ganze Vorstellung über das Weltgebäude wesentlich abhängt, nur hypothetisch beantwortet werden. Indessen ist es in neuerer Zeit gelungen, von einer Anzahl Fixsterne die jährliche Parallaxe (vgl. Parallaxe) zu bestimmen, und man weiß nun, daß von allen diesen Sternen ɑ ^[α] im Centauren, ein Stern der südlichen Himmelshalbkugel, uns am nächsten steht.
Das Licht braucht, um von ihm zu uns zu gelangen, 3½ oder nach Gills Bestimmung 4⅓ Jahre, und diese Entfernung, welche man auch eine Sternweite nennt, ist die untere Grenze, unterhalb welcher kaum ein Fixstern stehen dürfte. Nach Herschels Vermutung gibt es Sterne, deren Licht erst in mehreren Jahrtausenden zu uns gelangt. Früher glaubte man, daß die hellsten Fixsterne auch die uns nächsten seien; dies hat sich aber durchaus nicht bestätigt. Kennt man die Entfernung eines Sterns und seinen scheinbaren Halbmesser, so läßt sich daraus leicht der wahre Halbmesser des Sterns berechnen. Bis jetzt ist es indes unmöglich, die Größe des scheinbaren Halbmessers bei Fixsternen zu messen, da sie sich selbst in stark vergrößernden Fernrohren nur als Punkte darstellen.
Die Milchstraße.
Im bisherigen war nur von solchen Sternen die Rede, die einzeln unterschieden werden können. Allein schon das freie Auge nimmt in heitern, mondfreien Nächten einen weißlichen Schimmer wahr, der sich über das Himmelsgewölbe hinzieht und es wie ein Gürtel umschließt. Dies ist die Milchstraße, die Via lactea der Alten. Sie zeigt sich am stärksten und glänzendsten in der Gegend des Schwans, wo sie an einigen Stellen doppelt ist; von dort geht sie durch den Kopf des Cepheus, die Kassiopeia, den Perseus, Fuhrmann hindurch, an den Grenzen des Stiers und der Zwillinge sowie am Orion vorüber zum Einhorn, durch das Schiff Argo, die Karlseiche, das südliche Kreuz, den Triangel und Altar.
Beim Schwanz des Skorpions teilt sie sich in zwei Arme, von denen der eine den Skorpion, Ophiuchus, den Poniatowskischen Stier und die Gans, der andre den Sobieskischen Schild, den Altar, Pfeil und Fuchs durchzieht. Im Sternbild des Schwans stoßen beide wieder zusammen. Vom Nordpol bleibt die Milchstraße, abgesehen von einem schwachen Arm, den sie gegen denselben aussendet, gegen 30° entfernt, dem Südpol nähert sie sich etwas mehr; ihre Breite ist in verschiedenen Teilen sehr verschieden und schwankt zwischen 4 und 22°, doch erscheint sie im Fernrohr um 6-7° breiter als dem unbewaffneten Auge.
Die geringste Breite hat sie in der Nähe des südlichen Kreuzes, die größte zwischen dem Schlangenträger und Antinous. An manchen Stellen sendet sie Arme seitlich aus, die sich teils plötzlich, teils allmählich verlieren, den mächtigsten in der Nähe des südlichen Kreuzes, welcher den Centauren und den Wolf durchzieht und nach einem Laufe von etwa 30° endet. An einigen Gegenden dieses Gürtels gewahrt man, besonders am südlichen Himmel, dunklere Stellen inselartig verteilt, wogegen es auch vorzüglich helle Stellen gibt, z. B. unter dem Pfeil im Sobieskischen Schild, am Schwertgriff des Perseus.
Die genauesten Untersuchungen über den scheinbaren Lauf und die Ausdehnung der Milchstraße hat Heis angestellt und die Resultate in seinem »Neuen Himmelsatlas« (Köln 1872) niedergelegt. Schon die Alten hegten die Meinung, der Schimmer der Milchstraße entstehe durch den vereinigten Glanz unzähliger dicht zusammengehäufter Sterne; aber erst der ältere Herschel wies die Richtigkeit dieser Ansicht mit Hilfe seiner großen Teleskope überzeugend nach und gab zugleich weitere Aufklärungen über diese Erscheinung.
Die Milchstraße besteht hiernach aus einer sehr großen, dicht gedrängten Anzahl kleiner und kleinster Sterne, die aber durch die einzelnen Teile des Gürtels ungleich verteilt sind. Im Hintergrund zeigt sich auch für die stärksten Fernrohre ein weißlicher, zusammenfließender Schimmer, welcher auf eine noch viel größere Zahl von Sternen deutet, deren Auflösung in einzelne Punkte unsern Instrumenten unmöglich ist. Während aber die Milchstraße und ihre benachbarten Regionen weit reichlicher mit teleskopischen Sternen besetzt sind als die von ersterer entfernten Teile des Himmels, kommen dagegen die dem bloßen Auge sichtbaren Sterne an dem Milchstraßengürtel nur wenig häufiger als anderwärts vor.
Nebel und Sternhaufen, Doppelsterne.
Schon mit unbewaffnetem Auge gewahrt man an mehreren Stellen des Himmels einen matten Schimmer, welcher die Dunkelheit des Himmelsgrundes vermindert, sowie auch Sterne, welche nicht als scharfe und bestimmte Lichtpunkte, wie die meisten übrigen, sondern gleichsam verwaschen sich zeigen. Das Fernrohr zeigt diese Erscheinung viel häufiger und bestimmter. Das bewaffnete Auge erblickt solche lichte, nebelartige Stellen am Himmel, Nebel oder Nebelflecke, in allen Größen und Formen, von mehreren Graden bis zu einigen Sekunden Ausdehnung, von der runden oder elliptischen Gestalt bis zur gänzlichen Regellosigkeit und Unförmlichkeit (vgl. Nebel).
Viele von ihnen sind bei starker Vergrößerung in einzelne Sterne auflösbar; aber eine sehr große Anzahl von Nebeln bleibt noch übrig, bei denen nicht die geringste Annäherung zu einer Auflösung wahrgenommen werden kann. Die vollkommen auflösbaren Nebelflecke führen den besondern Namen Sternhaufen; unter ihnen finden sich einige, in denen wir über 10,000 Sterne unterscheiden können. Gewöhnlich ist die Mitte dichter und reichlicher mit hellern Sternen besetzt als die seitlichen Teile; in einigen seltenern Fällen tritt ein Stern, gleichsam als Zentralstern, merklich hervor.
Einige Gegenden des Himmels sind ausgezeichnet reich an Nebelflecken und Sternhaufen, während diese in andern fast ganz fehlen. Die meisten Sternhaufen liegen in der Nähe und selbst im Gürtel der Milchstraße. Fast nirgends geht ihre Verbreitung weiter als 10-15° über den Saum der Milchstraße hinaus, meist bricht sie bei dieser Grenze plötzlich ab. In vorzüglicher Menge kommen die Sternhaufen zwischen dem Skorpion und dem Schützen und in der Gegend zwischen den Zwillingen, den Füßen des Fuhrmanns und dem Stier, hin abwärts nach dem Orion und dem Einhorn vor. Hier ragt ihre Verbreitung auf der einen Seite bis in den Leib der Zwillinge, auf der andern bis in den Kopf des Stiers. Dagegen ist die Gegend des Antinous von Sternhaufen fast ganz entblößt. Die eigentlichen Nebelflecke scheinen dagegen anders verteilt zu sein; doch scheint es nach D'Arrest noch nicht an der Zeit jetzt schon bestimmte Regeln hierüber auszusprechen.
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An mehreren Stellen des Himmels, wo das freie Auge nur einen einfachen Stern wahrnimmt, bemerkt man mit dem Fernrohr zwei oder auch mehr einander sehr nahe stehende Sterne. Man bezeichnete solche nur durch das Fernrohr zu trennende Sterne als Doppelsterne oder, wo drei und mehr zusammenstanden, als mehrfache Sterne, eine Benennung, die sich zunächst bloß auf die äußere Erscheinung bezog und die Entscheidung, ob solche Sterne wirklich in einer nähern gegenseitigen Verbindung stehen, unberührt ließ. Es blieb vorderhand ganz unentschieden, ob die Doppelsterne nahe nebeneinander oder nur von unserm Standpunkt aus in fast gleicher Richtung hintereinander, vielleicht in sehr großem wirklichen Abstand, zu denken seien.
Nähere Untersuchungen zeigen jedoch, daß mehrere Doppel- und vielfache Sterne nicht bloß scheinbar, sondern wirklich einander verhältnismäßig sehr nahe stehen; man nannte diese letztern physische Doppelsterne und unterschied von ihnen die bloß scheinbar benachbarten als optische Doppelsterne. Herschel der ältere teilte die Doppelsterne nach der von ihm beobachteten Distanz in vier Klassen, deren erste die Sterne bis 4 Sekunden, die zweite bis 8 Sekunden, die dritte bis 16 Sekunden, die vierte bis 32 Sekunden Distanz enthielt, in welcher Progression fortschreitend erst die achte Klasse Sterne von 5-8 Minuten Abstand umfaßt, die vom scharfen, unbewaffneten Auge noch unterschieden werden können.
Struve bezeichnet im allgemeinen bloß die ersten vier Herschelschen Klassen, also bis zu 32 Sekunden mittlerer oder bis jetzt beobachteter Distanz, als Doppelsterne, macht aber darunter acht Abteilungen. Er durchmusterte von 1824 bis 1835 mit dem großen Fraunhoferschen Refraktor den in Dorpat sichtbaren Himmel bis zu 15° südlicher Abweichung, etwa 120,000 Sterne, und fand unter diesen 3112 Doppelsterne seiner acht Klassen, was ungefähr die sechsfache Zahl aller vor ihm mit der Distanz von höchstens 32 Sekunden bekannten ist.
Diese verzeichnete er in seinem Katalog vom Jahr 1827, und 1837 erschien sein Hauptwerk: »Mensurae micrometricae stellarum duplicium«, welches die wiederholten Mikrometermessungen von 2641 Doppelsternen, durchschnittlich jeden viermal bestimmt, enthält. Von den ca. 6000 gegenwärtig bekannten Doppelsternen sind ein Zehntel als sich bewegend, mithin als physische Doppelsterne erkannt worden. Nach dem jetzigen Stande der Beobachtungen scheint sich die größte Anzahl der Doppelsterne auf der nördlichen Halbkugel des Himmels und zwar in der Andromeda, dem Bootes, Großen Bären, Luchs und Orion zu befinden; die südliche Halbkugel des Himmels außerhalb des südlichen Wendekreises ist nachdem jüngern Herschel arm daran.
Eine merkwürdige Eigentümlichkeit der Doppelsternsysteme ist die Farbenverschiedenheit, welche häufig zwischen den zusammengehörigen Sternen stattfindet. Struve fand, daß von 596 Doppelsternen bei 375 Paaren beide Sterne gleich hell und gleichfarbig und zwar weiß sind; 101 Doppelsterne zeigen ähnliche Farben der Komponenten, und bei 120 Paaren, also einem Fünftel der ganzen untersuchten Anzahl, sind beide Sterne von ganz verschiedener Farbe, meist gelb und blau oder auch grün und blau.
Von einer Anzahl Doppelsterne hat man Bahnen und Umlaufszeiten berechnet, und nachstehend geben wir eine Tabelle solcher Bahnen. Es bezeichnet dabei ☊ den Knoten, d. h. den Positionswinkel der Durchschnittslinie der Himmelskugel (oder ihrer Tangentialebene am Hauptstern) und der Bahnebene (der Knotenlinie);
λ die Entfernung des Knotens vom Periastron;
γ die Neigung der Bahnebene gegen die Himmelskugel;
e die Exzentrizität;
T die Zeit des Durchganges durch das Periastron;
P die Umlaufszeit (Periode) in Jahren;
a die scheinbare große Halbachse der Bahn in Bogensekunden.
Name des Sterns | ☊ | λ | γ | e | T | P | a | Berechner |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
42 Haar der Berenice | 10.5° | 0.0° | 90.0° | 0.075 | 1839.6 | 25.5 | 0,50" | Doberck |
ζ Herkules | 214.3 | 284.9 | 43.7 | 0.148 | 1830.5 | 36.4 | 1.25 | Villarceau |
Σ 3121 | 23.5 | 141.6 | 75.3 | 0.380 | 1846.8 | 40.6 | 0.71 | Doberck |
η Nördliche Krone | 10.5 | 227.9 | 65.6 | 0.474 | 1805.7 | 42.5 | 1.02 | Villarceau |
η Haar der Berenice | 22.3 | 215.5 | 60.7 | 0.286 | 1850.3 | 43.7 | 0.96 | Doberck |
μ² Herkules | 57.9 | 156.4 | 60.7 | 0.302 | 1877.1 | 54.2 | 1.46 | Doberck |
γ Südliche Krone | 229.1 | 75.4 | 111.3 | 0.699 | 1882.7 | 55.6 | 2.40 | Schiaparelli |
ζ Krebs | 1.5 | 266.0 | 63.5 | 0.235 | 1853.4 | 58.9 | 1.29 | Mädler |
109.0 | 199.0 | 20.7 | 0.353 | 1869.3 | 62.4 | 0.91 | O. Struve | |
ξ Großer Bär | 95.8 | 128.9 | 52.3 | 0.431 | 1816.9 | 61.6 | 2.44 | Hind |
ΟΣ 298 | 14.6 | 342.5 | 56.2 | 0.487 | 1812.9 | 68.8 | 0.89 | Doberck |
α Centaur | 86.1 | 291.7 | 47.6 | 0.050 | 1851.5 | 77.0 | 15.5 | Jacob |
21.8 | 59.3 | 82.3 | 0.667 | 1874.9 | 85.0 | 21.80 | Hind | |
25.5 | 45.9 | 79.4 | 0.533 | 1875.1 | 88.5 | 18.45 | Doberck | |
λ Nördliche Krone | 110.4 | 233.5 | 85.2 | 0.350 | 1843.7 | 95.5 | 0.70 | Doberck |
ζ Wage | 12.2 | 89.3 | 68.7 | 0.077 | 1859.6 | 95.9 | 1.26 | . |
Σ 3062 | 39.1 | 92.1 | 32.2 | 0.447 | 1835.5 | 102.9 | 1.27 | . |
ω Löwe | 148.8 | 121.0 | 64.1 | 0.536 | 1841.8 | 110.8 | 0.89 | Doberck |
ξ Bootes | 26.4 | 117.8 | 36.9 | 0.708 | 1770.8 | 127.4 | 4.86 | Doberck |
4 Wassermann | 340.2 | 235.0 | 56.6 | 0.461 | 1751.9 | 129.8 | 0.72 | Doberck |
γ Jungfrau | 5.6 | 313.7 | 23.6 | 0.879 | 1836.4 | 182.1 | 3.58 | Herschel |
η Kassiopeia | 39.9 | 223.3 | 53.8 | 0.576 | 1909.2 | 222.4 | 9.08 | Doberck |
36 Andromeda | 93.8 | 115.7 | 51.9 | 0.654 | 1801.7 | 316.0 | 1.65 | Doberck |
γ Löwe | 116.6 | 195.4 | 43.1 | 0.733 | 1741.0 | 407.0 | 1.98 | Doberck |
Kastor | 27.8 | 297.2 | 44.6 | 0.329 | 1849.8 | 1001.2 | 7.43 | Doberck |
Die Erfahrung zeigt, daß auch hier die Bewegung, ebenso wie im Sonnensystem, nach dem Gravitationsgesetz von statten geht.
Veränderliche Sterne.
Eine ziemliche Anzahl von Fixsternen zeigt eine periodische Veränderlichkeit des Glanzes, bisweilen, wie schon bemerkt wurde, auch einen damit zusammenhängenden Farbenwechsel. Bei einigen hat man bereits die Dauer der Wechselperioden gemessen, andre erleiden dagegen seit mehreren Jahrzehnten oder auch Jahrhunderten entweder eine bloße Ab- oder Zunahme, andre zeigten den Lichtwechsel nur einmal
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und blieben seitdem unverändert. Einer der merkwürdigsten veränderlichen Sterne, der deshalb auch Mira, d. h. der Wunderbare, genannt wird, ist der Stern ο im Hals des Walfisches, dessen periodische Veränderlichkeit schon 1638 erkannt ward. Bei ihm haben sich Perioden der Perioden ergeben, indem die verschiedenen Maxima und Minima durchaus verschieden sind. Er sinkt nämlich zur Zeit des Minimums zu einem Stern 11.-12. Größe herab, wächst aber zuweilen fast zu einem Stern 1. Größe an, während er zu andern Zeiten sein Maximum schon als Stern 4. Größe erreicht.
Aus zahlreichen Beobachtungen ergeben sich 331 Tage 20 Stunden als Zeit der ganzen Periode, in der sich alle Veränderungen wiederholen. Der Stern β des Perseus, auch Algol genannt, erreicht sein Minimum bei 4. Größe und wächst bis zu einem Stern 2.-3. Größe an. In dieser Größe bleibt er 2 Tage 12 Stunden lang, in 8-9 Stunden nimmt er wieder bis zur 4. Größe ab. Die Dauer seiner Periode hat (nach Argelander) bis 1855 eine geringe Verkürzung erfahren (1784: 2 Tage 20 Stunden 48 Minuten 59,42 Sekunden, 1855 nur 2 Tage 20 Stund. 48 Min. 52,41 Sek.), wächst aber seitdem wieder.
Eine ebenfalls kurze und ziemlich gleichförmige Periode hat η des Adlers; sie währt nur 7 Tage. 4 Stund. 14 Min. 11 Sek. Im Minimum ist er ein Stern 5.-4. Größe; dann nimmt er erst langsam, darauf rascher und zuletzt wieder langsamer an Lichtstärke zu, bis er nach 2 Tagen 9 Stund. sein Maximum als Stern 3.-4. Größe erreicht hat, von wo ab er ungleichmäßig wieder zum Minimum abnimmt. Stern β der Leier hat zwei Maxima und zwei Minima, doch schwankt er nur zwischen 3.-4. und 4.-5. Größe.
Vom kleinsten Minimum steigt er in 3 Tagen 2 Stund. zum ersten Maximum, von dem er in 3 Tagen 7 Stund. bis zum zweiten Minimum abnimmt. Von hier ab wächst er in 3 Tagen 3 Stund. zum zweiten Maximum, um von hier ab in 3 Tagen 12 Stund. zur geringsten Helligkeit herabzusinken. Die ganze Periode betrug 1840: 12 Tage 21 Stund. 46 Min. 40 Sek., während sie 1784 um 25 Stunden, 1817 und 1818 um ca. 1 Stunde kürzer erfunden ward. Stern δ des Cepheus hat eine Periode von 5 Tagen 8 Stund. 47 Min. 40 Sek. und zeigt unter allen veränderlichen Sternen die größte Regelmäßigkeit.
Seine Helligkeit schwankt zwischen 4.-3. und 5.-4. Größe. Bei noch vielen andern Sternen ist die Veränderlichkeit bestimmt beobachtet, bei noch mehreren nur vermutet worden, ohne bis jetzt genau bestimmt zu sein. So fand Halley den Stern η des schönen Sternbildes Argus am südlichen Himmel 1677 von 4., Lacaille 1751 von 2. Größe, und von dieser ging derselbe wieder zu 4. Größe zurück. Nach vielen Schwankungen in der Lichtstärke, die jedoch seit 1822 nicht unter die eines Sterns 2. Größe herabsank, war der Stern 1843 fast dem Sirius gleich, nahm dann langsam ab und war 1865 kaum mehr mit freiem Auge zu sehen. Auch Capella scheint an Helligkeit zugenommen zu haben, denn sie ist jetzt heller als Wega, was früher nicht der Fall war. Bemerkenswert ist noch, daß die meisten veränderlichen Sterne rot sind, doch gibt es auch weiße; außerdem sind Sterne aller Größen veränderlich, häufiger jedoch die der niedern Größen.
Temporäre Sterne.
Nicht weniger rätselhaft sind die plötzlich erschienenen und meist wieder verschwundenen, die sogen. temporären Sterne. Das plötzliche Aufleuchten eines solchen Sterns im Sternbild des Skorpions 134 v. Chr., der auch in China beobachtet wurde, soll Hipparch zur Anfertigung seines Sternkatalogs veranlaßt haben. Ferner beobachteten in der ersten Hälfte des 9. Jahrh. arabische Astronomen einen neuen Stern im Skorpion, dessen Licht dem des Mondes in seinen Vierteln geglichen haben soll, und welcher nach vier Monaten wieder verschwand.
Von einer Anzahl solcher Sterne berichtet ferner die chinesische Chronik »Ma tuan lin«, aber erst seit Tycho Brahe haben wir genaue und zuverlässige Nachrichten über dergleichen Erscheinungen. Am erblickte Brahe in der Kassiopeia eines Abends einen überaus hellen Stern, den er früher nie bemerkt hatte. Derselbe übertraf in der ersten Zeit seiner Sichtbarkeit alle und selbst Venus an Glanz und ward auch bei Tage bequem gesehen sowie des Nachts durch mäßige Wolken. Im Dezember 1572 fing er an schwächer zu werden, im Januar 1573 war er weniger hell als Jupiter; im April d. J. erschien er als ein Stern 2., im Juli und August 3. und im Oktober und November 4. Größe, zu Anfang 1574: 5.-6. Größe, und im März war er bereits für das unbewaffnete Auge verschwunden, nachdem er 17 Monate hindurch geleuchtet hatte. Im J. 1604 sah Kepler im rechten Fuß des Ophiuchus einen neuen Stern;
derselbe übertraf an Glanz alle Fixsterne 1. Größe, nahm zu Anfang des folgenden Jahrs an Glanz ab und verschwand zu Anfang 1606 spurlos. Im J. 1670 entdeckte Anthelm am Kopf des Fuchses einen neuen Stern 3. Größe, welcher von Juni bis August leuchtete und dann verschwand, im März 1671 wieder als Stern 4. Größe und nochmals im folgenden März als Stern 6. Größe sich zeigte, seitdem aber vergeblich gesucht worden ist.
Ferner entdeckte Hind in London einen neuen rötlichgelben Stern 5. Größe im Ophiuchus. Derselbe war 1850 kaum 11. Größe und dem Verschwinden nahe. Zu den merkwürdigsten Erscheinungen der Neuzeit gehört auch das plötzliche Anwachsen eines kleinen Sterns 9.-10. Größe im Sternbild der Nördlichen Krone in der Nacht vom 12. zum zu einem Stern 2. Größe. Derselbe erschien in den darauf folgenden Tagen mit einem schwachen nebligen Duft umgeben, nahm rasch wieder an Licht ab und war 20. Mai schon nicht mehr dem bloßen Auge sichtbar.
Ferner gehört hierher ein von Schmidt östlich vom Stern ρ im Schwan entdeckter Stern 3. Größe von goldgelber Farbe, dessen Glanz so rasch abnahm, daß er in 21 Tagen dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar war. Endlich ist auch noch das Erscheinen eines Sterns 6.-7. Größe im Andromedanebel zu erwähnen, der am zuerst bemerkt wurde, Mitte Oktober aber bereits unter 10. Größe herabgesunken war, sowie das Auftreten eines neuen roten Sterns 6. Größe im Orion, der am durch Gorn entdeckt wurde. Die temporären Sterne gehören zu den seltenen Erscheinungen; in den letzten 2000 Jahren sind deren 25 mit einiger Sicherheit zu verzeichnen. Weniger sicher konstatiert als das plötzliche Aufleuchten ist das Verschwinden früher gesehener Sterne.
Für die periodisch veränderlichen Sterne bieten sich aus der Analogie unsers Sonnensystems zwei Erklärungen dar: die Rotationsbewegung und die Umdrehung eines dunkeln planetarischen Körpers um den hellern. Im ersten Fall muß man sich vorstellen, daß der Fixstern nur mit einer Seite, vielleicht nur um einen Punkt seiner Oberfläche herum, stark leuchte, während die übrigen Teile einen schwachen oder bei verschwindenden Sternen vielleicht auch gar keinen Glanz haben. Wo die Veränderung nur gering ist,
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kann man auch annehmen, daß die eine Seite bloß mit zahlreichern Flecken besetzt sei als die andre. Sind diese Flecke veränderlich, wie an unsrer Sonne, so kommt nur eine schwankende oder auch gar keine bestimmte Periode der Veränderlichkeit heraus, und das Maximum und Minimum ist nicht jedesmal dasselbe; eine genau innegehaltene Periode deutet hingegen auf konstante Flecke. Diese von mehreren Astronomen empfohlene Annahme erklärt zwar nicht alles, namentlich bleibt der Umstand unaufgeklärt, daß die Abnahme des Lichts vielfach merklich langsamer erfolgt als die Zunahme.
Die zweite Annahme scheint bei Algol und einigen andern in der Neuzeit entdeckten veränderlichen Sternen der Wahrheit am nächsten zu kommen. Ist sie die richtige, so beobachten wir alle 69 Stunden eine Algolsverfinsterung, welche durch einen dunkeln Körper bewirkt wird, der etwa 8 Stunden braucht, um über die uns zugekehrte Seite Algols zu passieren. Diese Umlaufsbewegung müßte dann zugleich in einer Ebene erfolgen, welche ganz oder nahezu durch das Sonnensystem geht, weil wir außerdem die Bedeckung nicht wahrnehmen könnten.
Dem Gesetz der Gravitation wäre es übrigens durchaus nicht widersprechend, wenn der leuchtende Körper selbst als der umlaufende, ein dunkler dagegen als der ruhende Zentralkörper angenommen würde. Die Lichtschwächung würde dann erfolgen, wenn sich Algol auf die von uns abgewendete Seite seines dunkeln Gebieters entfernte und sich dadurch unsern Augen teilweise entzöge. Was die Erscheinung der temporären Sterne betrifft, so handelt es sich bei ihnen vielleicht um eine plötzliche Licht und Wärmeentwickelung größten Maßstabes, möglicherweise durch den Zusammenstoß mehrerer Himmelskörper hervorgerufen, vielleicht auch nur um einen periodischen Lichtwechsel, dessen einzelne Phasen sich unsrer Beobachtung entziehen.
Spektroskopische Klassifikation der Fixsterne.
Die spektroskopische Untersuchung hat gezeigt, daß man trotz großer Mannigfaltigkeit der Spektren gewisse Klassen oder Typen von Sternen unterscheiden kann, und Secchi hat zuerst eine Einteilung in vier Typen aufgestellt. Dieselbe ist später von Vogel modifiziert worden, welcher drei Klassen mit Unterabteilungen in folgender Weise annahm:
Klasse I. Spektren mit äußerst zarten Metalllinien, Blau und Violett äußerst intensiv. a) Außerdem noch sehr breite und intensive Wasserstofflinien (so bei den weißen Sternen, bei Sirius, Wega); b) einzelne Metalllinien nur schwach angedeutet oder ganz fehlend, Wasserstofflinien fehlend (β, γ, δ, ε im Orion); c) die Wasserstofflinien und D3 ^[D3] hell (β in der Lyra und γ in der Kassiopeia).
Klasse II. Spektren mit deutlichen Metalllinien, der brechbare Teil des Spektrums matter im Vergleich mit Klasse I, im weniger brechbaren Teil bisweilen schwache Banden. a) Sehr zahlreiche Metalllinien, besonders merklich im Gelb und Grün, Wasserstofflinien meist kräftig, aber nicht breit; in einigen Sternen sind die letztern schwach, dann im wenig brechbaren Teil Banden von zahlreichen dicht stehenden Linien (Capella, Arcturus, Aldebaran); b) außer dunkeln Linien und einigen schwachen Banden mehrere helle Linien (Τ in der Krone).
Klasse III. Spektren mit dunkeln Linien und zahlreichen Banden, die brechbarsten Teile auffallend schwach. a) Banden nach dem Violett dunkel und scharf begrenzt, nach dem Rot verwaschen (α im Herkules, α im Orion, β im Pegasus); b) Begrenzung der Banden umgekehrt wie bei a (schwache rote Sterne).
Eigenbewegung der Fixsterne.
Im vorhergehenden wurde schon einer fortschreitenden Bewegung der Fixsterne im Weltenraum gedacht. Dieselbe ist verschieden von der sogen. täglichen Bewegung, vermöge deren alle Himmelskörper innerhalb 24 Stunden in der Richtung von O. nach W. parallele. Kreise am Himmelsgewölbe beschreiben, bekanntlich eine von der Umdrehung der Erde verursachte optische Täuschung. Ebensowenig ist die fortschreitende Fixsternbewegung zu verwechseln mit der einem jeden leuchtenden Himmelskörper zukommenden jährlichen Bewegung, die infolge der »Aberration des Lichts« (s. d.) entsteht, und ebensowenig mit den durch Präzession und Nutation verursachten Ortsveränderungen. Im Gegensatz dazu ist die hier in Rede stehende ein wirkliches Fortschreiten der Fixsterne im Weltenraum, eine Eigenbewegung, die nicht allen Sternen in gleicher Weise zukommt.
Schon im Altertum war man im stande, die Stelle der ausgezeichnetern Sterne am Himmel zu bestimmen, und es hat zuerst Halley 1717 aus der Vergleichung der Beobachtungen von Hipparch mit den zu seiner Zeit angestellten in den Breiten des Sirius, Arcturus und Aldebaran Differenzen von 37, 42 und 33 Bogenminuten entdeckt, die sich nur durch eigne Bewegungen dieser Sterne erklären ließen. Als man später, gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, die Beobachtungen Bradleys mit den 40-50 Jahre spätern Piazzis verglich, traten die Differenzen so augenscheinlich hervor, daß schon Herschel I. aus ihnen die eigne Bewegung mehrerer Sterne, namentlich auch unsrer Sonne, herleitete.
Gegenwärtig kennen wir bereits eine nicht geringe Anzahl von Sternen, deren progressives Fortschreiten im Weltenraum keinem Zweifel mehr unterworfen ist, während sie zugleich bei allen übrigen als höchstwahrscheinlich angesehen werden muß. Die stärkste eigne Bewegung zeigt der Stern Nr. 1830 des Katalogs von Groombridge; dieselbe beträgt jährlich 7 Sekunden. Hierauf folgen zunächst Stern Nr. 61 im Schwan und Nr. 21,185 des Lalandeschen Katalogs, bei denen sie ungefähr 5 Sekunden beträgt.
Diese Sterne gehören zur 3.-5. Größe; unter den hellen Sternen hat Arcturus die größte eigne Bewegung von nahezu 2 Sekunden. Über 50 Sterne zeigen eine Bewegung von mehr als 1 Sekunde im Jahr. Kennt man außer der Eigenbewegung in Sekunden auch noch die Parallaxe und also die Entfernung eines Sterns, so kann man daraus die wahre Bewegung des Sterns in Millionen Kilometern in der zum Gesichtsstrahl senkrechten Richtung (die wahre projizierte Eigenbewegung) finden. Diese beträgt bei Nr. 1830 Groombridge 1360, bei Nr. 21,185 Lalande 1430, beim Polarstern 140, beim Arcturus 2646, beim Sirius 963 Mill. km.
Eigene Bewegung der Sonne.
Die Astronomen dachten, sobald sie sich von der Ortsveränderung verschiedener Fixsterne überzeugt hatten, zunächst wieder an eine nur scheinbare Bewegung und glaubten den wahren Grund der Erscheinung in einer Bewegung der Sonne suchen zu müssen. Wenn es nämlich einen Punkt im Weltall gibt, wohin die Sonne mit den Planeten ihren Lauf richtet, so müssen uns alle andern in einer progressiven Bewegung erscheinen, nämlich nach der entgegengesetzten Richtung, etwa so, wie die Bäume einer Allee nach hinten zu laufen scheinen, wenn wir rasch durch sie dahinfahren.
War nun jene Voraussetzung richtig, so mußte sie sich vor allem dadurch bestätigen, daß sich alle Fixsterne nach einer auf zwei Pole sich beziehenden Richtung hin bewegten; denn wenn sie sehr divergierende Richtungen ihres Laufs zeigten, so konnten diese wenigstens nicht sämtlich von dem Fortschreiten der Sonne abgeleitet werden. Schon Prevost und Herschel I. bemerkten aber, daß in der That die meisten Sterne sich nach S. bewegten und zwar nach einer Gegend hin, welche sich in der Nähe des Wintersolstitiums der Sonne befindet. Herschel sah nun diese Bewegung als eine scheinbare an, folgerte daraus eine wahre Bewegung
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der Sonne in entgegengesetzter Richtung nach N. und bestimmte 260° 41' Rektaszension und 28° 49' nördl. Deklination als den Ort. (für 1800) des Punktes, auf welchen hin die Sonne sich bewegt. Da Herschel nicht alle Momente, die hierbei in Betracht zu ziehen sind, mit der Genauigkeit erwogen hatte, wie es wünschenswert und infolge neuerer Beobachtungen möglich war, so untersuchte Argelander alle an denen eine eigne Bewegung bemerklich ist, aufs neue und zwar mit der größten Sorgsamkeit und zog aus den einzelnen Beobachtungen ein mittleres Resultat, welches die Hauptrichtung der Sternbewegungen und somit auch die entgegengesetzte der Sonnenbewegung angeben mußte. Er fand aus 537 Sternen den Punkt der scheinbaren Himmelskugel, auf welchen unsre Sonne bei ihrer progressiven Bewegung im Weltenraum losrückt, für den Anfang unsers Jahrhunderts 260° 50' gerader Aufsteigung und 31° 17' nördlicher Abweichung, also ziemlich nahe der schon von Herschel bezeichneten Stelle.
Dieser Punkt liegt im Sternbild des Herkules, unweit des hellen Sterns der Krone. Die große Übereinstimmung zweier durch ein halbes Jahrhundert getrennter, voneinander unabhängiger Beobachtungen und Rechnungen erhebt obiges Resultat zu einem hohen Grade der Wahrscheinlichkeit; dasselbe ist übrigens auch durch eine Rechnung von Galloway bestätigt worden, der nicht bloß nördliche, sondern auch südliche Sterne berücksichtigt hat. Trotzdem reicht die Annahme einer eignen Bewegung der Sonne nicht ganz aus, um alle beobachteten Fixsternbewegungen zu erklären; denn wenn sich auch im ganzen eine übereinstimmende Harmonie der Richtung nach S. in diesen Ortsveränderungen zu erkennen gibt, so zeigen sich im einzelnen doch zugleich viele Anomalien, die nur durch die Voraussetzung, daß jeder Fixstern auch seine eigne wahre Bewegung im Raum habe, gerechtfertigt erscheinen.
Absolute Ruhe scheint im Universum überhaupt nicht vorhanden zu sein. Sind aber die Bewegungen der Fixsterne Folgen eines physischen Einflusses ihrer Massen aufeinander, herrscht, wie mehr als wahrscheinlich ist, das Attraktions- oder Gravitationsgesetz nicht bloß in den Doppelsternsystemen, sondern auch zwischen den weiter voneinander gestellten Sonnen, so folgt von selbst, daß die Bewegung bei allen stattfinden muß. In welcher Ordnung aber die selbstleuchtenden Himmelskörper von jenem Naturgesetz aneinander gekettet werden, das kann die Astronomie der Gegenwart noch nicht sicher entscheiden.
Über die Zusammenstellung der in Gruppen (Sternbilder) ist auf dem der Karte beigegebenen Textblatt das Nötige gesagt.
Vgl. Klein, Handbuch der allgemeinen Himmelsbeschreibung, Bd. 2: »Der Fixsternhimmel« (Braunschw. 1872);
Secchi, Grundzüge der Astronomie der Fixsterne (deutsch, Leipz. 1878);
Zöllner, Photometrie des Himmels (Berl. 1861);
Heis, Atlas coelestis novus (Köln 1872, 12 Karten, nebst Sternkatalog);
Argelander, Atlas des nördlichen Himmels (Bonn 1857 bis 1863, 40 Karten);
Derselbe, Astronomische Beobachtungen, Bd. 7 (das. 1869);
Mädler, Beobachtungen der Sternwarte zu Dorpat, Bd. 14: »Die Eigenbewegung der Fixsterne« (Dorp. 1856);
Struve, Mensurae micrometricae stellarum duplicium (Petersb. 1837);
Peters, Die Fixsterne (Prag u. Leipz. 1883).