Fingersatz
(Applikatur, franz. Doigter, engl. Fingering), die kunstgerechte
Anwendung oder Ansetzung der
Finger bei allen
Instrumenten, auf denen die verschiedenen
Töne durch
Griffe hervorgebracht werden.
Am einfachsten ist der Fingersatz
bei den Blechblasinstrumenten, welche so wenig
Claves
(Pistons,
Cylinder etc.) haben, daß die
Finger
einer
Hand
[* 3] zu deren Behandlung ausreichen, ohne daß sie ihren Platz zu verlassen brauchen. Schwieriger
ist der Fingersatz
der Holzblasinstrumente, bei denen die Zahl der Tonlöcher und
Klappen die der
Finger beider
Hände übersteigt,
so daß demselben
Finger verschiedene
Funktionen zufallen und unter Umständen dieselben
Klappen durch verschiedene
Finger regiert
werden müssen. Am kompliziertesten ist aber der Fingersatz
bei den Klavierinstrumenten
(Klavier,
Orgel,
Harmonium
etc.); hier hat er eine förmliche Geschichte und eine umfangreiche Litteratur, ja eigentlich
ist jede Pianoforteschule zur Hälfte eine
Schule des Fingersatzes.
Das ältere Spiel (vor Bach) schloß den Daumen und kleinen Finger fast gänzlich aus; die folgende Periode, bis in die ersten Dezennien dieses Jahrhunderts reichend, beschränkte die beiden kurzen Finger für gewöhnlich auf die Untertasten; die jüngste Phase (Liszt-Tausig-Bülow) ignoriert die Unebenheiten der Klaviatur [* 4] (Ober- und Untertasten) ganz und hebt alle Beschränkungen des Gebrauchs der kurzen Finger auf. Doch sind solche freie Anschauungen nur für den Virtuosen fruchtbar; der minder entwickelte Spieler wird eine Erleichterung darin finden, die Obertasten zu respektieren und den Gebrauch des Daumens und kleinen Fingers für dieselben wenigstens im Tonleiterspiel zu vermeiden.
Die Bezeichnung des Fingersatzes
ist in
England eine andre als in den übrigen
Ländern, da die
Engländer den Zeigefinger als
ersten ansehen und den
Daumen durch ein + markieren, ganz entsprechend der alten deutschen Bezeichnung,
wie sie sich in Amerbachs
»Orgel- oder
Instrument-Tabulatur« (1571) findet, nur daß hier der
Daumen durch eine
Null (0) bezeichnet
ist.
Vgl.
Köhler, Der Klavierfingersatz
(Leipz. 1862);
Klauwell, Der Fingersatz
des Klavierspiels (das. 1885).