Fingerhut
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Pflanzengattung, s. v. w. Digitalis. ^[= L. (Fingerhut), Gattung aus der Familie der Skrofulariaceen, zwei- oder mehrjährige, kahle ...]
Fingerhut
150 Wörter, 1'121 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Fingerhut,
Pflanzengattung, s. v. w. Digitalis. ^[= L. (Fingerhut), Gattung aus der Familie der Skrofulariaceen, zwei- oder mehrjährige, kahle ...]
Fingerhut,
roter (Digitalis purpurea, frz. claquet, cochette, engl. fox glove); eine über ganz Mitteleuropa verbreitete, in Bergwäldern auf kalkhaltigen Boden wachsende stark giftige, aber medizinisch benutzte Pflanze, die nicht selten auch in Gärten als Zierpflanze gehalten wird. Medizinisch verwendbar sind nur die während der Blütezeit gesammelten und getrockneten Blätter der wilden Pflanze, die sich auch an der stärkern Behaarung und andern Kennzeichen von denen der cultivierten unterscheiden lassen und im Droguenhandel als folia digitalis oder herba digitalis bekannt sind.
Die eiförmigen, runzligen, unten weiß filzigen, doppelt gekerbten Blätter werden nach oben hin kleiner und ansitzend, während sie nach unten hin breit gestielt sind. Die roten Blüten sind schief glockenförmig und stehen in einer einseitigen Reihe an dem aufrechten Blütenstengel. Die Pflanze hat frisch gerieben einen widerlichen Geruch und bitter scharfen Geschmack. Präparate daraus sind: das Extractum und die Tinctura digitalis, sowie das Digitalin (s. d.). - Zollfrei.
L. (Fingerhut), Gattung aus der Familie der Skrofulariaceen, zwei- oder mehrjährige, kahle oder behaarte Kräuter mit abwechselnden, einfachen Blättern, oft einseitigen, terminalen Blütentrauben, röhrig-glockenförmigen Blüten und eiförmigen, vielsamigen Kapseln. [* 4] 18 Arten in Europa, [* 5] West- und Mittelasien. Digitalis purpurea L. (roter Fingerhut, s. Tafel »Giftpflanzen [* 6] II«),
mit mehr als 1 m hohem Stengel, [* 7] bis 20 cm langen, eiförmigen, gekerbten, rauhhaarigen Blättern und schönen purpurroten, innen behaarten, mit roten, weiß gesäumten Tropfen gefleckten Blüten, ist zweijährig, wächst in Gebirgswäldern durch den größten Teil Europas, den Nordosten und äußersten Süden ausgenommen. Die ganze Pflanze ist stark giftig. Die frisch widrig, etwas narkotisch riechenden, ekelhaft scharf und bitter schmeckenden Blätter sind offizinell und müssen von wild wachsenden blühenden Pflanzen gesammelt werden.
Sie enthalten als wirksamen Stoff Digitoxin und Digitalin (s. d.). Sie mindern den Blutumlauf und daher die Pulsfrequenz und Körperwärme, wirken deprimierend auf die Nerven [* 8] der Geschlechtsorgane und vermehren die Harnabsonderung; in größern Dosen wirken sie als Gift. Man benutzt sie bei entzündlichen Herzleiden, Hypertrophie und Erweiterung des Herzens, Schlagadergeschwülsten, Entzündungen der Hirnhäute und Brustorgane, Fiebern, Blutungen, Tuberkulose, wassersüchtigen Leiden, [* 9] Reizungszuständen der Geschlechtsorgane, krampfhaften Neuralgien, Wahnsinn etc. Sie wurden zuerst 1775 durch Withering in Birmingham [* 10] in den Arzneischatz eingeführt. In Gärten kultiviert man den roten Fingerhut als Zierpflanze, ebenso Digitalis grandiflora Lam., mit großen, gelben, innen braun geäderten und gefleckten Blüten, aus Mittel- und Südeuropa;
Digitalis aurea Lindl., mit goldgelben, innen buntnetzartigen Blüten, aus Syrien und Griechenland; [* 11] die sehr heftig wirkende Digitalis ferruginea L., mit prachtvollen rostfarbigen, inwendig gelblichen Blüten, aus Südeuropa, etc. Ein prächtiger, immergrüner Strauch auf Madeira [* 12] ist Digitalis sceptrum L., mit geradem Stamm und steifhaarigen Ästen und sehr schönen, herabhängenden, am Ende der Äste eine eiförmige Ähre bildenden, gelblich rostfarbigen Blumen.
Vgl. Lindley, Digitalium monographia (Lond. 1821).