Fezzan
ein zu Tripolis gehörendes Kaimakamat in Nordafrika, am Nordrand des östlichen Teils der Großen Sahara (s. Karte »Algerien [* 3] etc.«),
erstreckt sich von Bondschem (unter 30½° nördl. Br.) durch 6½ Grade oder etwa 750 km weit nach S. bis zum Brunnen [* 4] von Meschru, wo es an das Land der Tibbu grenzt; die größte Breite [* 5] mag gegen 600 km betragen. Das Land (das alte Phazania oder Land der Garamanten) stellt eine von Bergketten umschlossene Mulde dar und bildet eigentlich nur ein Agglomerat unzähliger kleiner Oasen. Nach Rohlfs nimmt es den Boden eines ehemaligen Süßwassersees ein, worauf die noch vorhandenen Dünenmassen und das Vorkommen von Wasser in sehr geringer Tiefe hindeuten.
Die Ebene der Wüste bilden gelbroter Sand und Sandstein, welcher Gips [* 6] und Steinsalz einschließt, zugleich mit Schichten von Dolomit und Kalk. Auch Soda, Alaun, [* 7] Salpeter und Schwefel finden sich vor. Die Höhen sind der Harudsch el Assuad im NO. des Landes, niedrige Klippen [* 8] eines weißen, mürben Kalksteins mit zahllosen Versteinerungen; im NW. bei Sokna die bis 900 m hohen Schwarzen Berge (Dschebel es Soda), aus einem gelben, außen schwarz gefärbten, aber in der Sonne [* 9] tiefblau erscheinenden Sandstein gebildet und durch öde, enge und abgeschlossene Thäler ohne jegliche Spur ¶
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organischen Lebens voneinander getrennt. Jenseit der Schwarzen Berge verbreitet sich die ganz ebene, tier-, pflanzen- und wasserlose, nur mit einer Salzkruste überzogene Wüste Ben Afien bis zu den Omm el Abid genannten Quellen. Im NW. von Mursuk (jenseit des Wadi Gharbi und Wadi Schergi) liegt eine Gruppe von Natronseen. Das Klima [* 11] ist regelmäßig und gesund, die Durchschnittstemperatur beträgt +21° C.; im Winter sinkt das Thermometer [* 12] zuweilen bis -5° C., im Sommer steigt es bis 44,6° C. im Schatten. [* 13]
Regen kommen zuweilen von S., sind aber selten; zur Bewässerung des Feldes sind jedoch Brunnen reichlich in geringer Tiefe vorhanden. Man baut Weizen, Gerste, [* 14] Durra- und Hirsearten, ferner Melonen, Gurken, Tabak, [* 15] Baumwolle, [* 16] Ölbäume, Feigen und Mandeln. Der Reichtum des Landes wird aber in allen Oasen durch die Palmen [* 17] gebildet, welche etwa 30 Dattelsorten für den Export liefern. Von Haustieren hat man hauptsächlich Ziegen und Kamele; [* 18] Pferde [* 19] und Esel sind selten.
Das Schaf
[* 20] mit dem Fettschwanz kommt im N. vor. Von wilden Tieren gibt es Strauße, Gazellen, Muflons, Hyänen,
Schakale und Füchse. Der Handel Fezzans
ist unbedeutend und beschränkt sich meist auf Zwischenhandel zwischen dem Mittelmeer
und den Negerländern im S. Dagegen blüht der Sklavenhandel noch immer in voller Ausdehnung.
[* 21] Die Zahl der
Bewohner ist schwer zu ermitteln, doch gering. Hornemann nahm 70,000, Vogel 54,000, Richardson gar nur 26,000, Rohlfs dagegen
200,000 Seelen an. Nachtigal schätzt die seßhafte Bevölkerung
[* 22] auf ca. 33,000 Seelen in 90 Ortschaften, im ganzen auf 50,000.
Die Fezzaner
sind unzweifelhaft ein Mischlingsvolk, entstanden aus den umwohnenden Tibbu-, Bornu-, Tuareg-,
Berber- und Arabervölkern.
Von Sprachen sind das Kanuri (Bornusprache), dann Arabisch und die Sprachen der Tuareg und Tibbu herrschend. Die Fezzaner
gelten
als gutmütig und sanft, doch ist die Sittenlosigkeit eine arge. Herrschende Religion ist der Islam. Die Mehrzahl der Wohnungen
des Landes besteht aus Palmhütten, die mit Lehm beworfen sind, in den wenigen Städten auch aus Erdklumpen
und einzelnen Steinen. Hauptnahrung machen die Datteln aus. In administrativer Hinsicht ist in 7 Mudiriehs geteilt; Hauptstadt
ist Mursuk mit 3500 Einw. Außer ihr zählt man nur noch 7 Ortschaften, die als Städte bezeichnet werden: Sokna und Sebha
mit je 2500, Semmu mit 1200, Gatron mit 1000, Sirkhen mit 900, Tedscherri mit 800 und Temenhint mit 600 Einw.
Die Verwaltung ist, wie in den übrigen türkischen Provinzen Afrikas, eine sehr willkürliche. Trotz des Reichtums des Landes
liefert Fezzan
jährlich nur 800,000 Piaster (etwa 150,000 Mk.) als direktes Einkommen. Interessant sind die
Ruinen und eine Gruppe von 50 kleinen Pyramidengräbern, die sich im Ostteil der oben erwähnten Seengruppe finden.