Feile
,
[* 2]
Werkzeug von
Stahl, dessen mit
Einschnitten versehene Oberfläche mehr oder weniger feine Späne (Feilspäne)
von dem mit derselben bearbeiteten Arbeitsstück abnimmt. Die
Einschnitte (Hieb)
[* 3] der Feilen
, welche deren
Oberfläche mit einer großen Zahl kleiner
Schneiden ausstatten, werden mittels eines
Meißels hervorgebracht.
Laufen diese
Kerben auf jeder Seitenfläche einer Feile
nur nach einer
Richtung und parallel miteinander, so heißt sie einhiebige Feile;
bei
den meisten Feilen
laufen die
Einschnitte aber nach zwei sich durchkreuzenden
Richtungen (zweihiebige Feilen
)
und bilden dann zahlreiche rautenförmige Zähnchen.
Der Hieb ist niemals senkrecht geführt, sondern stets so, daß die aufgeworfenen
Kanten nach der
Spitze der Feile
hin steil abfallen,
nach dem Heft zu aber einen schräg abgedachten
Rücken bilden.
Daher greift die Feile
auch nur an, wenn sie gegen das Arbeitsstück
vorwärts gestoßen wird. Die Feilen
werden aus bestem
Stahl in
Gesenken geschmiedet oder gewalzt, durch
Befeilen
und
Schleifen auf Schleifmaschinen ausgearbeitet und dann mit dem Hieb versehen (gehauen). Das Hauen geschieht mit
zweiseitig zugeschärften
Meißeln, deren
Schneide je nach der Gestalt der darzustellenden Feile
geradlinig, konkav oder konvex
sein muß; man legt die leicht mit
Fett bestrichene Feile
auf einen
Amboß, so daß die
Angel dem
Arbeiter zugekehrt
ist, hält sie mit einem doppelten endlosen
Riemen, in welchen der auf einer
Bank sitzende
Arbeiter mit den
Füßen wie in einen
Steigbügel tritt, fest und bringt jeden
Einschnitt mit einem einzigen Hieb hervor.
Kommt beim Fortschreiten der
Arbeit eine schon mit Hieb versehene
Fläche der Feile
auf den
Amboß zu liegen, so wird sie durch
eine
Scheibe
Pappe oder
Blei
[* 4] geschützt. Nachdem alle Seiten mit dem ersten Hieb (Unterhieb) versehen sind, nimmt man auf dem
Schleifstein oder mit einer groben Feile
den
Grat ab und bringt dann den Oberhieb an. Ein sehr geschickter
Feile
nhauer macht auf groben und großen Feilen 70-90, auf kleinen Feilen bis 240
Schläge in einer
Minute. Feile
nhaumaschinen,
seit 1735 in ungemein großer Zahl konstruiert, haben bis jetzt wenig Erfolg gehabt; einige neuere
Konstruktionen werden indes
sehr gerühmt.
Nach dem Hauen werden die Feilen
mit einem Brei von Kochsalzlösung und Roggenmehl, von Bierhefe, Hornkohle,
Ofenruß, Pferdemist,
Kochsalz,
Thon bestrichen, getrocknet, rotglühend gemacht und durch Eintauchen in Regenwasser oder Kochsalzlösung
gehärtet. Man reinigt sie dann mit einer
Bürste,
Sand und
Wasser oder mit verdünnter
Schwefelsäure,
[* 5] trocknet sie schnell
auf einer erhitzten Eisenplatte, taucht sie warm in
Baumöl und verpackt sie nach dem Abtropfen in
Papier,
nachdem noch die
Angel durch Erhitzen weich gemacht ist.
Die Feilen
haben sehr verschiedene
Größe, von 2,5 bis 60
cm und mehr; die größten Feilen
mit grobem Hieb sind die
Arm- oder
Strohfeilen (in
Stroh verpackt), mit 10-27
Einschnitten auf 2,5
cm
Länge; die Feilen mit Mittelhieb heißen
Bastard- oder Vorfeilen, die feinsten Schlichtfeilen, mit 140-230
Einschnitten. Zur Bezeichnung einer Feile wird im
Handel auch
die
Länge angegeben (s. unten), weil der Hieb bei kleinen Feilen feiner als bei großen ist. Bastardfeilen
von 3
Zoll
Länge haben auf 2,5
cm 73, solche von 7
Zoll 37, von 12
Zoll 28, von 16
Zoll 22, von 20
Zoll 19,
von 22
Zoll 17
Einschnitte.
Die meisten Feilen sind gegen das vordere Ende hin stark verjüngt; die Flächen sind der Länge nach teils gerade, teils bauchig. Nach der Querschnittsform unterscheidet man vierkantige mit quadratischem Querschnitt und Hieb auf allen vier Flächen;
flache (Ansatz-, Handfeilen) mit rechteckigem Querschnitt und auf einer schmalen Seite ohne Hieb;
spitzflache (Spitzfeilen) mit rechteckigem Querschnitt, spitz zulaufend;
Messerfeilen, spitz, im Querschnitt messerförmig;
Gabelfeilen, spitzflache Feilen mit abgerundeten Schmalseiten zum Ausfeilen der Gabelzinken;
Einstreichfeilen (Schraubenkopf-, Schwertfeilen), deren Querschnitt ein sehr stark verschobenes gleichseitiges Viereck [* 6] mit ein wenig abgestumpften scharfen Winkeln bildet;
dreieckige, deren Querschnitt ein gleichseitiges Dreieck [* 7] ist;
Sägefeilen, den vorigen ähnlich, aber mit ganz schmalen, einfach gehauenen Flächen statt der Kanten;
spitze halbrunde;
Wälzfeilen, dünne, halbrunde, nicht spitze Feilen, deren runde Seite glatt ist;
Vogelzungen, spitze Feilen mit zwei runden Flächen;
runde Feilen (Rattenschwänze).
Im Handel unterscheidet man Bundfeilen, die in Bunden von 3-16 und mehr Stück verkauft werden, und Zollfeilen, bei denen die Länge in Zollen angegeben wird und der Verkauf nach Dutzenden geschieht. Die Feilenfabrikation hat sich zuerst und in sehr glänzender Weise in England und speziell seit 1638 in Sheffield [* 8] entwickelt; Warrington liefert weniger große Quantitäten, aber mehr die feinern Sorten, und Birmingham [* 9] nur gewisse Arten. Erst in diesem Jahrhundert haben sich Frankreich und Deutschland [* 10] England ebenbürtig an die Seite gestellt. Frankreich erzeugt in Paris [* 11] und an einigen andern Orten alle Gattungen, und in Genf [* 12] werden seit langer Zeit vorzügliche Uhrmacherfeilen dargestellt. In Deutschland ist besonders Remscheid [* 13] Sitz der Feilenfabrikation; Steier und Waidhofen in Österreich [* 14] liefern geringere, St. Ägid vortreffliche Feilen.
Bei Bearbeitung eines Metalls mit der Feile beginnt man stets mit groben Feilen (Bestoßen, Schruppen) und nimmt allmählich feinere und ganz feine (Schlichten, Abschlichten). Letztere werden auf Schmiedeeisen und Stahl mit Öl benutzt. Sind die Feilen nach längerm Gebrauch verstopft, so reinigt man die gröbern mit einer feinen Stahlspitze oder einem dünnen ausgehämmerten Messingblech, feinere mit einer Kratzbürste oder einem auf Holz [* 15] genagelten Stück einer Baumwollkratze; vorteilhaft befeuchtet man dabei die Feilen mit Benzin oder Petroleum. Durch den Gebrauch stumpf gewordene Feilen werden durch Ausglühen weich gemacht, abgeschliffen und im hellrot- oder fast weißglühenden Zustand mit einer sehr großen und groben Abziehfeile vom Hiebe befreit und dann von neuem aufgehauen. Manche Feilen ertragen diese Operation mehrere Male, ¶
mehr
bisweilen aber leidet der Stahl und erreicht dann später nicht mehr den erforderlichen Härtegrad. Einigen Erfolg erzielt man auch durch Behandlung der mit Lauge ausgekochten und sorgfältig gereinigten Feilen mit einer starken Säure, welche die Zähnchen des Hiebes oberflächlich angreift. Man benetzt die trockne Feile mit so viel Scheidewasser, wie sich, ohne abzulaufen, daran hält, spült und bürstet sie nach 4-7 Minuten in reinem Wasser ab und wiederholt die Behandlung mit Säure mehrere Male. Zuletzt wäscht man die ab, zieht sie durch Kalkmilch, trocknet sie in der Wärme [* 17] und bürstet sie mit etwas Öl ab. Zum Ersatz der mit der Hand [* 18] auszuführenden Arbeit des Feilens hat man Feilmaschinen (s. d.) konstruiert.
Vgl. Wildner, Handbuch der Feilenkunde (Düsseld. 1885).