Fehlgeburt
,
auch Abortus, Mißfall, Unrichtiggehen, Umschlag, frz. fausse couche, die Geburt eines unreifen Kindes in den ersten 28 Wochen (7 Monaten) der Schwangerschaft. Dieses Kind (unreife Frucht, unreifer Fötus oder Embryo), welches entweder schon tot zur Welt kommt oder doch sehr bald nach der Gebnrt stirbt, besitzt noch nicht die Fähigkeit eines selbständigen Lebens. Erst von der 28. Woche an vermag die menschliche Frucht unter günstigen Umständen außerhalb des mütterlichen Organismus fortzuleben.
Von dieser Zeit an erhält das vorzeitige Ende der
Schwangerschaft den
Namen
Frühgeburt (s. d.). Am häufigsten
kommt die Fehlgeburt
in den ersten 3
Monaten vor; sie kann übrigens selbst bald nach der Empfängnis erfolgen. Besonders häufig
abortieren Frauen zu der Zeit, wo im nichtschwangern Zustande die
Menstruation eingetreten wäre. Vom vierten Schwangerschaftsmonate
an werden die Fehlgeburt
seltener, und zwar um so mehr, je weiter die
Schwangerschaft in ihrer
Dauer vorrückt;
nur der siebente
Monat scheint wieder mehr zur vorzeitigen Ausstoßung der
Frucht geneigt zu sein. Die
Ursachen der Fehlgeburt
liegen
zunächst entweder im mütterlichen Körper, oder im
Ei
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(Frucht), oder es sind äußere Einflüsse. Bewirkt wird eine Fehlgeburt
durch
alle Umstände, welche die
Frucht unmittelbar oder mittelbar töten oder die
Verbindung derselben mit dem
mütterlichen Körper schwächen oder aufheben. Von den bedeutendern allgemeinen und
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mehr
örtlichen Krankheiten der Mutter sowie von den angeborenen und erworbenen Abnormitäten des Eies und der Eihäute abgesehen,
sind es vorzüglich folgende Einflüsse, welche die Fehlgeburt
hervorrufen und deshalb von den Schwangern, besonders
in den ersten Monaten der Schwangerschaft, streng gemieden werden müssen: heftige Erschütterungen des mütterlichen Körpers
(durch Stöße, Sprünge, Fall, Fehltritt, Tanzen, Fahren, roh ausgeübten Beischlaf, Heben und Tragen
schwerer Lasten, übermäßigen Husten, heftiges Erbrechen), Mißbrauch erregender Speisen und Getränke, zu lange fortgesetztes
Fasten, Nachtwachen, geistige Anstrengung, heftige Gemütserschütterungen, starkes Schnüren, Mißbrauch allgemeiner Bäder,
scharfe Abführmittel, harnvermehrende und sog. fruchtabtreibende Arzneimittel.
Die absichtlich und widerrechtlich herbeigeführte Fehlgeburt
nennt man Abtreibung (s. d.) der Leibesfrucht. In den
ersten 3 Monaten erfolgt die Fehlgeburt
häufig ohne alle Vorboten, indem plötzlich ein starker, einige Tage andauernder Blutabgang
eintritt, welcher erst mit der Ausstoßung des Eies aufhört. In den spätern Monaten stellen sich oft gewisse Vorboten der
Fehlgeburt
ein: öfteres Frösteln mit darauffolgender Hitze, allgemeine Mattigkeit, Gefühl von
Schwere in den Gliedern, Schwindel, Anwandlungen von Ohnmacht, Herzklopfen, Schlaflosigkeit, trübe Gemütsstimmung, Appetitlosigkeit,
Dehnen und Ziehen in der Lenden- und Leistengegend, Spannen und Schwere im Kreuze, Abgang von Flüssigkeit oder Blut aus den
Geschlechtsteilen.
Zeigen sich diese Vorboten, oder haben Frauen, die schon einmal oder gar mehrmals abortierten, den Zeitpunkt
in ihrer jetzigen Schwangerschaft, in welchem sie bei frühern Schwangerschaften eine Fehlgeburt
machten, erreicht, so müssen sie
die strengste Ruhe des Körpers und Geistes bei horizontaler Lage im Bette und mäßiger Temperatur des Zimmers beobachten und
sich aller aufregenden Speisen, Getränke und Arzneien enthalten. Bei jeder Fehlgeburt
ist unbedingt ein Arzt zu
rufen, da die eintretende Blutung eine so bedeutende werden kann, daß sie einen lebensgefährlichen Grad erreicht. Nach erlittener
Fehlgeburt
bedürfen die Frauen, da sie sich in der Regel sehr angegriffen und geschwächt fühlen, noch einer längern,
sorgsamen Pflege und sollen, um bleibenden Nachteilen vorzubeugen, mindestens 8 Tage das Bett
[* 5] hüten. Dabei
muß die Kost reizlos, leicht verdaulich, aber nährend sein. über die künstliche Fehlgeburt
s.
Frühgeburt.