Fehde
,
im
Mittelalter der Privatkrieg im
Gegensatz zum Volkskrieg. Bei den alten
Germanen war es
Grundsatz, daß
Recht
und
Friede zunächst von dem Einzelnen, von der
Familie und deren
Angehörigen und nur im Notfall von
Staats wegen, d. h.
von dem ganzen
Volk oder dessen
Leitern und Vertretern, zu schützen seien. Dem Verletzten stand es zu, selbst
Rache zu nehmen
und auf eigne
Hand
[* 2] Fehde
(faida) zu beginnen, um dadurch den Verletzenden zur Sühnung seines
Vergehens zu zwingen, und so erscheint
die Fehde
im
Mittelalter geradezu als ein Rechtsinstitut. Da jedoch durch ein derartiges Fehde
recht die Sicherheit
des
Schwachen dem
Starken gegenüber in
Frage gestellt ward, so pflegten die Volksgenossen zu gunsten des Verletzten einzuschreiten,
wenn dieser von seinem Fehde
recht keinen
Gebrauch machen wollte oder konnte.
Der Verletzer wurde vor Gericht gezogen und gezwungen, dem Verletzten Genugthuung zu geben. War die Satisfaktion, welche in der Zahlung einer gewissen Geldsumme an den Verletzten (Wergeld) bestand, geleistet, so traten beide Teile in ihren vorigen Friedensstand zurück. Einen solchen von dem Volksgericht garantierten Frieden (compositio, Beilegung) pflegte man durch feierliche Sühnungsformeln zu bekräftigen. Übrigens mußte der Verletzende auch noch dem Volk, später dem König und Richter wegen des von ihm gebrochenen Friedens ein Friedensgeld (fredus oder fredum) bezahlen.
Schon in früher Zeit unterlag die Ausübung des Fehde
rechts gewissen Beschränkungen. So sollte gegen den, welcher sich
beim König befand oder zu ihm ging oder von ihm kam, die Fehde
ruhen
(Königsfriede); auch konnte der König
einem Einzelnen besondern
Königsfrieden erteilen. Auf gleiche
Weise sollte
Frieden haben, wer in der
Kirche
oder an der Gerichtsstelle
war, oder dahin ging, oder von dorther kam
(Kirchen-, Gerichtsfriede). Eine gänzliche Beseitigung der Fehde
war den deutschen
Kaisern noch im 13. und 14. Jahrh. nicht möglich.
Sie mußten daher den Weg einschlagen, sogen.
Landfrieden zu errichten und auf eine gewisse
Reihe von
Jahren,
gewöhnlich auch
nur für bestimmte Teile des
Reichs, verkündigen zu lassen. Auch wurde die Ausübung des Fehde
rechts an bestimmte
Formen gebunden. Der Fehde
mußte eine bestimmte Ankündigung (Absage, diffidatio) vorhergehen; auch mußten gewisse
Personen und
Sachen geschont werden, namentlich
Geistliche, Kindbetterinnen, schwere Kranke,
Pilger, Kaufleute
und Fuhrleute mit ihrer
Habe, Ackerleute und Weingärtner außer ihrer Behausung und während ihrer
Arbeit, endlich
Kirchen
und
Kirchhöfe. Eine andre Beschränkung führte der
Klerus ein, den
Gottesfrieden (treuga Domini, trevia
pax Dei), wonach vier
Tage in jeder
Woche, von
Mittwoch abends bis
Montag früh, alle Fehde
ruhen sollte. Allein auch hierdurch wurden
der
Willkür der Mächtigen und der Roheit des
Faustrechts keine festen
Schranken gesetzt, und es war daher ein hohes
Verdienst
Kaiser
Maximilians I., daß derselbe aus dem
Reichstag zu
Worms
[* 3] 1495 die
Reichsstände zum
¶
mehr
Verzicht auf den fernern Gebrauch der Waffen
[* 5] zur Entscheidung ihrer Streitigkeiten und zur Errichtung eines ewigen Landfriedens
für ganz Deutschland
[* 6] vermochte, durch welchen jede Fehde
, auch die bisher erlaubte, beseitigt und der fernere Gebrauch des Fehde-
und Faustrechts für Landfriedensbruch erklärt wurde. Unter den letzten Fehden
nach Errichtung des ewigen
Landfriedens sind die berüchtigtsten die des Herzogs Ulrich von Württemberg
[* 7] mit der Stadt Reutlingen
[* 8] wegen Ermordung eines Fußknechts,
infolge deren Ulrich in die Acht erklärt und auf längere Zeit aus seinem Land vertrieben wurde, sowie die Fehde
Franz von Sickingens
mit dem Erzbischof von Trier,
[* 9] welche die Ächtung Sickingens und die Belagerung seines Schlosses Landstuhl
zur Folge hatte. Als letzter Bruch des Landfriedens endlich sind die sogen. Grumbachschen Händel (s. Grumbach) bemerkenswert.
Vgl. Dahn, Fehdegang
und Rechtsgang der Germanen (Berl. 1877).