Fegefeuer
(Fegfeuer, d. i. Reinigungsfeuer, lat. ignis purgatorius), in der röm.-kath. Lehre [* 2] das (materiell vorgestellte) Feuer, das in der Unterwelt diejenigen abgeschiedenen Seelen völlig läutert, die für läßliche Sünden oder für Todsünden, deren ewige Strafe ihnen bereits durch das Bußsakrament erlassen ist, die zeitliche Genugthuung noch schuldig waren. Abgesehen davon, daß das ganze Altertum das Feuer als Symbol der Reinigung kennt, knüpfte die Lehre vom an 1 Kor. 3, 13‒15. an, wo der Apostel die Werke jedes Einzelnen im Jüngsten Gericht im Feuer geprüft werden läßt, was Augustinus dahin deutet, daß vielleicht nach dem Tode noch die Seelen einiger Gläubigen durch Feuer geläutert, d. i. das Irdische ihnen ausgebrannt werde.
Als
Mittel zur Abbüßung der läßlichen
Sünden der Gläubigen betrachtet bereits
Gregor d. Gr. das Fegefeuer
und lehrt zugleich,
daß gute Werke, Fürbitten und besonders Meßopfer die
Dauer und die Qual dieser Büßung zu mildern
vermögen. Völlig ausgebildet ist die
Lehre vom Fegefeuer
durch
Thomas von Aquino, wonach das Fegefeuer
nicht mehr der sittlichen Läuterung,
sondern der Ableistung der bei der
Beichte auferlegten aber unerledigt gebliebenen
Bußen dient. Diese
Lehre wurde zum wirksamsten
Mittel der Beherrschung der Gemüter, da sich die
Kirche die
Vollmacht zulegte, auch für das Jenseits noch
die Nachholung solcher
Bußen im F. gegen andere Leistungen erlassen zu können. (S.
Ablaß.) Denn die Gläubigen erlangen
in der priesterlichen
Absolution (s. d.) zwar die
Befreiung von den ewigen, aber nicht von den zeitlichen
Strafen; letztere
werden teilweise auf Erden, teilweise im F. verbüßt.
Die
Kirche hat aber vermöge ihres Verfügungsrechts über den Schatz der guten Werke und vor allem durch das für die Seelen
der Verstorbenen dargebrachte Meßopfer (Seelenmesse) die
Mittel, auch den
Toten noch an dem Verdienst Christi Anteil zu verschaffen.
Der enge Zusammenhang der
Lehre vom Fegefeuer
mit dem Meßopfer, dem
Ablaß und dem gesamten kirchlichen Gnadenmechanismus
forderte die
Reformation zu ihrer entschiedenen Verwerfung heraus. Dagegen wurde die thomistische Fegefeuer
theorie in der 25. Sitzung
des Tridentinischen
Konzils kirchlich gebilligt. Die griech.
Kirche sollte auf der Kirchenversammlung zu
Florenz
[* 3] (1439) zur
Annahme eines Reinigungszustandes nach dem
Tode vermocht werden, hat aber in der
Confessio orthodoxa jeden
Mittelzustand zwischen Himmel
[* 4] und
Hölle verworfen.