[* 2]
(Faiénce, franz., spr. fajangs), allgemeine Bezeichnung für
feinere, oft verzierte
Thonwaren
[* 3] mit porösem, an der
Zunge klebendem
Scherben und einer
Glasur aus durchsichtigem
oder undurchsichtigem
Bleiglas, unterscheidet sich vom ordinären
Geschirr nur durch feineres
Material und sorgfältigere Bearbeitung.
Der
Name wird von der italienischen Stadt
Faenza hergeleitet, wo man im 15. und 16. Jahrh. weiße, glänzende, wie poliert
erscheinende Geräte aus porösem
Thon fabrizierte. Als diese Fabrikation im 16. Jahrh. zu
Nevers in
Frankreich
eingeführt wurde, soll der
NamenFayence entstanden sein. Näheres s.
Thonwaren.
[* 2] von St.-Porchaire. Die zierlichsten Erzeugnisse der französischen Keramik
[* 5] des 16. Jahrh., bekannt unter dem
Namen der Fayencen von Oiron oder auch als Henri-deux-Ware, haben in letzter Zeit eine neue Bezeichnung erhalten. E. Bonnasse
hat die Frage nach ihrer Herkunft von neuem aufgenommen und ist zu dem Resultat gelangt, daß die Stadt
St.-Porchaire in Poitou die Heimat dieser Meisterwerke der Kleinkunst ist. Als man vor 50 Jahren etwa begann, sie zu sammeln,
herrschte über ihre Herkunft vollständiges Dunkel; nur das Eine stand fest, daß es französische Arbeiten waren.
Die Formen der Kannen, Leuchter und Salzfässer, namentlich aber die auf fast allen Stücken angebrachten
Wappen
[* 6] und Symbole ließen darüber keinen Zweifel. Die letztern ermöglichten es auch, die Heimat näher auf die ProvinzenPoitou
und Vendee zu begrenzen und als Entstehungszeit die erste Hälfte des 16. Jahrh., speziell
die Regierung der KönigeFranz' I. und Heinrichs II. zu fixieren. Das häufige Vorkommen der WappenHeinrichs
II. und der Monogramme des Königs und seiner Geliebten Diana von Poitiers war auch der Grund zu der jetzt gebräuchlichen Benennung
Henri II-Ware. Die Wertschätzung dieser Kunstwerke stieg schnell; französische und englische Sammler und Museen machten sich
den Besitz der seltenen, auf den Kunstmarkt kommenden Stücke streitig. Einige Prachtexemplare haben daher
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mehr
ungeheure Preise erzielt, so auf der AuktionHamilton eine Schale 32,000 Fr., ein Leuchter mit dem Wappen des ConnétableAnne de
Montmorency 91,875 Fr. Die Höhe der Preise ist zumeist durch die Seltenheit verursacht, es sind nicht viel mehr als 70 Stück
bekannt geworden. Man muß aber auch zugeben, daß diese Fayencen zu den reizvollsten und eigenartigsten
Produkten der Keramik überhaupt zu rechnen sind. Ihre feine gelbliche Masse ist mit durchsichtiger Glasur überzögen. Die Ornamente
[* 8] sind vorwiegend Arabesken und Bandverschlingungen, wie sie sich in der Buchausstattung des 16. Jahrh.
ausgebildet haben. Sie werden mit großer Genauigkeit und Schärfe in die Masse eingepreßt und mit dunkelbraunem
Thon ausgefüllt. Zum Flachornament treten Guirlanden, Engelsköpfe, Kartuschen
[* 9] und Knabenfiguren, die in Relief ausgeführt sind.
Allem Anschein nach sind sie nicht frei modelliert, sondern aus Formen gepreßt. Von Bemalung wird nur ganz bescheidener Gebrauch
gemacht; in der Regel sind nur die die Wappen umrahmenden Kränze leicht in Grün getönt. Die erste Hypothese
über ihre Herkunft stellte B. Fillon 1864 auf. Danach sollen sie in einer urkundlich genannten Töpferei bei Schloß Oiron
in Poitou unter der Leitung der Schloßherrin Helene v. Hengist-Genlis und ihres Bibliothekars Jean Bernart nicht für den Gebrauch
oder Handel, sondern nur als Geschenke gearbeitet worden sein.
Die Mitarbeiterschaft Bernarts erklärte die sonst in der Keramik nicht vorkommenden Buchornamente, der mehr dilettantische
Betrieb die geringe erhaltene Zahl und die originellen Formen. Die Schwächen der Oironhypothese, ihren Mangel an strikten
Beweisen hat Bonnaffe dargelegt (Gazette dess Beaux-arts 1888). Er gründet seine neue Annahme auf ein Besitzinventar
eines Francois de la Tremoille vom Jahre 1542. Darin werden Fayencen von St.-Porchaire genannt.
In der Gegend von St.-Porchaire wurde die Mehrzahl der heute bekannten Stücke gefunden. Der in St.-Porchaire gegrabene Thon
ist mit der Masse der Henri II- Gefäße identisch. St.-Porchaire gehörte zum Gebiete der Herren von Laval-Montmorency,
und die ältesten Exemplare tragen die Wappen dieser Familie. Bonnaffé hat daher den überlieferten Namen für kostbare Fayencen
aus der ersten Hälfte des 16. Jahrh, mit den namenlosen Fayencen derselben Gegend und Zeit kombiniert.
Obwohl hier noch ein fester Beweis fehlt, ist doch die Bestimmung von Bonnaffé vorzuziehen.
(Halbporzellan) heißen feinere Thonwaren, die die Lücke zwischen gemeinem Töpferzeug bis zum Porzellan hin
ausfüllen und unter sich selbst ziemlich verschieden sind, daher man auch zwischen feiner und ordinärer
F. unterscheidet und
zur ersten diejenige Ware rechnet, deren Masse ein weißgebrannter Thon ist und folglich eine durchsichtige
Glasur zuläßt, während die ordinäre auf dem Bruch gelblich, bräunlich etc. erscheint, somit
eine undurchsichtige, dies verdeckende Glasur, ein sog. Email verlangt,
das in seiner Zusammensetzung Blei- und Zinnasche enthält, von denen die erstere den leichten Fluß, die andre die undurchsichtige
Weiße bewirkt.
Derartige Töpferware, mit farbigem Kern und weißer Glasur, ist schon vor tausend Jahren von den Mauren in Spanien fabriziert
und nachmals in Italien, zur Zeit der Kunstblüte im 15. und 16. Jahrhundert, bei immer noch geringer
Masse teils in den Formen veredelt, teils und vorzüglich aber mit so kunstreinen Zeichnungen und Malereien, oft von der
Hand namhafter Künstler, versehen worden, daß die aus jener Zeit übrig gebliebnen Produkte mit der Zeit einen hohen Liebhaberwert
erhalten haben und kostbare Sammlungsstücke bilden.
Dies ist die sog. Majolika, welche jetzt wieder sehr beliebt ist und von Thonwarenfabriken so gut als möglich nachgeahmt
wird. Das Wort F. selbst ist nur in Frankreich der allgemeine Name für Steingut, bei uns dagegen wenig mehr in Gebrauch;
die weißglasierten Öfen pflegt man noch damit zu bezeichnen. Die Masse derselben rangiert je nach ihrer
Beschaffenheit bald mehr zur ordinären, bald mehr zur feinen F., während diese letztere, die ursprünglich aus England
stammt, sonst englisches Steingut, jetzt schlechthin Steingut genannt wird und unter dieser Rubrik abgehandelt ist. - Zoll
s. Tarif Nr. 38
c 1. u. 2.