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Farbstoffe
(Pigmente, lat.), gemeinschaftliche Bezeichnung sehr verschiedenartiger Substanzen, von deren Eigenschaften man besonders die Farbe berücksichtigen will. Viele chemische Verbindungen zeichnen sich durch eine charakteristische Färbung aus, und dieselbe gehört so sehr zu dem Wesen der fraglichen Substanz, daß diese in gleichem Zustand niemals existieren kann, ohne jene Farbe zu zeigen. Man bereitet z. B. das Ultramarin nur aus Stoffen, von denen keiner eine blaue Farbe besitzt; auch läßt sich aus dem Ultramarin nichts abscheiden, was man als den Farbstoff dieses Körpers betrachten kannte.
Wenn man aber Zucker [* 2] oder Stärkemehl mit einer geringen Quantität Ultramarin mischt, dann bildet dieses in der bläulichen Mischung den Farbstoff. In ähnlicher Weise werden viele an sich farblose Mineralien [* 3] und Gesteine durch Beimischung geringer Mengen Eisen-, Mangan-, Kupfer- und Chromverbindungen gefärbt, während man z. B. von einem Farbstoff des Rotkupfererzes nicht sprechen kann, da dieses aus Kupferoxydul besteht, welchem die rote Farbe eigentümlich ist.
Derartige in der
Natur vorkommende farbige
Körper, namentlich
Eisen- und Kupferverbindungen
(Rot- und
Brauneisenstein,
Ocker,
Malachit,
Kupferlasur),
[* 4] durch
Eisenoxyd intensiv gefärbte
Thone
(Bolus,
Umbra etc.),
Graphit,
Bleiglanz,
Braunkohle,
Kreide,
[* 5] Gips,
[* 6]
Schwerspat, bilden die in der
Technik benutzten
Erd- oder natürlichen
Mineralfarben. Die Farbstoffe
des
Pflanzenreichs sind teils
direkte Erzeugnisse des Pflanzenlebens, teils Umwandlungsprodukte vegetabilischer
Substanzen und zeigen in ihrer chemischen
Beschaffenheit wenig Übereinstimmung.
Sie sind meist schwache
Säuren, nur wenige sind indifferent, und einzelne, wie das
Berberin, zeigen basische
Eigenschaften.
Man kennt unter ihnen
Glykoside, und mehrere stehen zu den
Gerbsäuren und deren Abkömmlingen in naher Beziehung. Die von der
Natur fertig gebildeten, ungemein verbreiteten und reich nüancierten Farbstoffe
sind wenig
untersucht. Sie finden sich gelöst oder in körnigen
Ablagerungen, meist in den dem
Licht
[* 7] ausgesetzten oberflächlichen
Pflanzenzellen;
andre kommen auch in den Verdickungen der Zellhaut vor; technische Bedeutung haben sie selten.
Dagegen finden sich in den innern, vor dem
Licht geschützten Zellschichten die
Chromogene, welche
an sich keine Farbstoffe
sind,
aber zu solchen in naher Beziehung stehen.
Alle Farbstoffe
scheinen aus
Chromogenen hervorzugehen, viele können künstlich daraus
hergestellt und zum Teil wieder in solche zurückverwandelt werden. Sehr häufig entstehen Farbstoffe
aus
Chromogenen unter dem Einfluß
des
Sauerstoffs, oft nur bei Gegenwart einer starken
Base und bisweilen unter Mitwirkung von
Ammoniak.
Die Rückbildung ist dagegen gewöhnlich ein Reduktionsprozeß. Die
Chromogene sind in ihrem Vorkommen an die speziellsten
Organisationsverhältnisse sind deshalb an einzelne
Gattungen oder gar
Arten von
Pflanzen gebunden. Für die
Technik liefern
sie die wichtigsten Farbmaterialien. Durch
Licht,
Luft,
Ozon und die meisten oxydierend wirkenden
Stoffe, namentlich auch durch
Chlor, werden die meisten Pflanzenfarbstoffe
zerstört, während die
schweflige Säure besonders bei mäßiger Einwirkung oft
nur farblose
Verbindungen mit den Farbstoffen
einzugehen scheint, aus welchen durch
Schwefelsäure,
[* 8]
Schwefelwasserstoff etc.
der Farbstoff regenerirt werden kann.
Säuren nüancieren die meisten Farbstoffe
, machen blaue rot und rote gelb; doch kann
man in der
Regel durch Neutralisation
der
Säure mit
Ammoniak die ursprüngliche
Farbe wiederherstellen.
Alkalien färben viele rote Farbstoffe
blau, blaue grün, gelbe rot
oder rotbraun, und auch hier kann in der
Regel durch schnellen Zusatz verdünnter
Säure die ursprüngliche
Farbe wiederhergestellt
werden.
Andre Farbstoffe
, wie das
Ultramarin, werden durch
Säure und manche, wie das
Berliner Blau,
[* 9] durch
Alkalien
vollständig zerstört. Die
Mehrzahl der Farbstoffe
bildet mit den
Alkalien lösliche, mit den alkalischen
Erden häufig, mit den
Erden,
schweren
Metalloxyden und basischen
Metallsalzen fast immer schwer lösliche oder unlösliche
Verbindungen
(Farblacke,
Lackfarben,
Lacke). Aus einer mit Alaunlösung versetzten Abkochung von
Rotholz wird
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z. B. durch Soda Thonerdehydrat abgeschieden, welches sich mit dem roten Farbstoff zu einem Lack verbindet. Hierauf beruht in
vielen Fällen die Fixierung der Farbstoffe
auf der Faser. Da aber diese Verbindungen durch Säuren wieder zerstört werden, so kann man in
der Färberei bestimmte Stellen der Gewebe
[* 11] vor der Fixierung schützen oder schon fixierte Farbstoffe
wegbeizen und
beliebige Zeichnungen hervorbringen. Die Lacke besitzen, selbst wenn sie mit farblosen Oxyden, häufiger aber, wenn sie mit
farbigen Oxyden dargestellt wurden, eigentümliche Nüancen, wovon die Färbekunst ebenfalls vielfach Gebrauch macht.
Viele Farbstoffe
lösen sich in Wasser einige nur in Alkohol und Äther; andre sind in den gewöhnlichen Lösungsmitteln
unlöslich. Aus ihren Lösungen werden manche durch Salze gefällt, die meisten durch Kohle absorbiert, so daß man gefärbte
Flüssigkeit gewöhnlich mit Kohle entfärben kann. Unter den tierischen Farbstoffen ist der Farbstoff des Bluts allen Wirbeltieren
gemeinsam, und die übrigen in letztern auftretenden Farbstoffe sind wahrscheinlich immer nur
Modifikationen, häufig unmittelbare Umsetzungsprodukte des Blutrots.
Sie sind vielleicht alle eisenhaltig, immer stickstoffhaltig, zeigen sehr verschiedene Löslichkeit in Wasser; die meisten lösen sich in Alkalien, einige auch in Alkohol, Äther und Chloroform. Manche können kristallisiert erhalten werden, die meisten sind vollständig indifferent und werden durch Chlor zerstört; manche, wie die Gallenfarbstoffe, sind sehr veränderlich und können eine Reihe von Farbenwandlungen erleiden, andre sind ungewöhnlich beständig, und das Melanin gleicht in dieser Beziehung der reinen Kohle.
Gewisse niedere Organismen erzeugen durch ihren Lebensprozeß aus eiweißartigen Körpern sehr lebhafte blaue und rote Farbstoffe, welche in allen Eigenschaften mit den künstlichen Anilinfarbstoffen übereinstimmen (blutendes Brot, Blau- und Rotwerden der Speisen). Anilinrot und Anilinviolett finden sich auch in der Molluskenspezies Aplysia depilans L. (Seehase). Praktische Bedeutung besitzt von den tierischen Farbstoffen fast nur das Kochenillerot (Karmin).
Zahlreicher als die natürlichen sind die künstlichen Farbstoffe, sowohl Mineralfarben (Eisen-, Kupfer-, Chrom-, Kobalt-, Blei-, Zinkfarben etc.), denen sich die Metallfarben (gepulverte Metalle, Bronzefarben) anschließen, als organische, welche teils aus Pflanzen, seltener aus Tierstoffen, am zahlreichsten und mannigfachsten aber aus Bestandteilen des Steinkohlenteers (Anilin-, Naphthalin-, Phenol-, Azofarbstoffeetc.) dargestellt werden. Diese Teerfarben, ausgezeichnet durch Reichtum und Schönheit der Nüancen, sind in neuester Zeit sehr wichtig geworden und haben die natürlichen Farbstoffe um so mehr zurückgedrängt, als es gelungen ist, einige der wichtigsten von letztern, wie Alizarin (Krapprot) und Indigo, [* 12] aus Teerbestandteilen künstlich darzustellen.
Nach ihrer Verwendung teilt man die in mehrere Gruppen. Die Maler- oder Anstrichfarben, die wesentlich in der Malerei und zu Anstrichen benutzt werden, zerfallen je nach dem Bindemittel, mit welchem der Farbstoff gemischt ist, in Aquarell-, Honig- oder Gummifarben, Tuschen, Pastellfarben, Wasser- oder Leimfarben, Öl- und Wasserglasfarben. Sie sind Körperfarben (Deck-, Gouachefarben), wenn sie die Fläche, auf welche sie aufgetragen werden, mehr oder weniger vollständig verdecken, oder Lasurfarben (Saftfarben), wenn sie auf der Unterlage nur eine durchsichtige Schicht bilden.
Diese sind in Wasser oder Alkohol löslich, jene nicht. Von den Email- oder Schmelzfarben, zum Färben von Glasflüssen, Glasuren und für die Porzellanmalerei bestimmt, verlangt man ein eigentümliches Verhalten in hoher Temperatur (in der geschmolzenen Glasmasse und beim Einbrennen auf Porzellan). In der Färberei und Zeugdruckerei kommen die in eigentümlicher Weise zur Anwendung. Selten wird der Farbstoff mittels eines der gewöhnlichen Bindemittel auf der Faser befestigt. In der Regel dient vielmehr als Befestigungsmittel eine sogen. Beize, und bisweilen wird der Farbstoff selbst erst auf der Faser erzeugt, indem man diese z. B. nacheinander in zwei Salzlösungen bringt, die bei gegenseitiger Einwirkung aufeinander Berliner Blau erzeugen (vgl. Färberei, S. 40). Von besonderm Interesse ist die Wirkung der Farbstoffe auf den Organismus. Im folgenden geben wir eine
Zusammenstellung der gebräuchlichsten Farbstoffe.
I. Giftige Farbstoffe.
Schwarze Farben: Antimonschwarz (Eisenbronze, Eisenschwarz), Quecksilberschwarz.
Braune Farben: Bleibraun, Breslauer Braun (Chemischbraun), Terra siena.
Rote Farben: Zinnober [* 13] (Chinesischrot, Vermillon, Pariser Rot, Patentrot), Antimonzinnober, Mennige (Bleirot, Minium, Pariser Rot, rotes Bleioxyd), Chromrot (Chromzinnober, chromsaures Bleioxyd), Mineralrot, roter Streuglanz, Schönrot, Florentiner Lack [* 14] (sofern derselbe arsenhaltig ist), rotes Korallin, gewisse Arten von Fuchsin, Kupferrot (Kupferoxydul).
Orangefarben: Chromorange, Goldschwefel (Antimonorange).
Gelbe Farben: Rauschgelb (Auripigment, Operment, Königsgelb, Persischgelb, Chinesischgelb, Spanischgelb), Kadmiumgelb, Chromgelb (Kaiser-, Neu-, Kron-, Kölner, [* 15] Pariser, Leipziger, Gothaer Gelb), Neapelgelb, Kasseler Gelb (Mineral-, Turners, Patent-, Montpellier-, Veroneser, Chinesischgelb), Zinkgelb (chromsaures Zinkoxyd), Ultramaringelb (Gelbin, Barytgelb), Antimongelb, Steinbühler Gelb, Wismutgelb, Massicot (Bleigelb), Gummigutt, Pikrinsäure (Pikringelb), Aurantia (?).
Grüne Farben: Grünspan (Spangrün), Bremer Grün, Berggrün (Braunschweiger Kupfergrün), Barytgrün (Mangangrün), Zinkgrün (Rinmanns Grün), Kobaltgrün, grüner Zinnober (Ölgrün, Resedagrün, Maigrün, Moosgrün, Laubgrün, Neapelgrün), Chromgrün (Grignets Grün, grünes Chromoxyd), Scheeles Grün (Schwedischgrün, Mineralgrün), Schweinfurter Grün (Kaisergrün, Königsgrün, Kurrers Grün, Kirchbergers Grün, Schobergrün, Zwickauer Grün, Grundiergrün, Englischgrün, Kasseler Grün, Leipziger Grün, Neuwieder Grün, Originalgrün, Patentgrün, Pickelgrün, Mitisgrün, Maigrün, Moosgrün, Schweizer Grün, Pariser Grün, Wiener Grün, Würzburger Grün, Papageigrün, Baseler Grün), Casselmanns Grün, Smaragdgrün, Gelbholz- und Quercitrongrün, Jodgrün.
Blaue Farben: Bergblau (Mineralblau, Kalkblau, Kupferblau, Kasseler Blau, Hamburger Blau, Englischblau, Neuwieder Blau), Cöruleum, Kobaltblau (Thénards Blau), Molybdänblau (Mineralindigo), Schmalte (Eschel), Berliner Blau (und zwar speziell Luisenblau und Mineralblau), blauer Erzglanz, blauer Streuglanz, manche Sorten Anilinblau.
Violette Farben: Alle aus giftigen blauen oder roten Farben hergestellten violetten Gemenge, ferner manche Sorten Anilinviolett.
Weiße Farben: Bleiweiß [* 16] und bleiweißhaltige Mischungen (Schieferweiß, Kremser Weiß, Venezianer Weiß, Hamburger Weiß, Holländer Weiß, Tiroler Weiß, Thénards Weiß, Clichyer Weiß, Französischweiß, Silberweiß, Perlweiß), Zinkweiß (Schneeweiß, Zinkblumen, Zinkoxyd), Barytweiß (Schwerspat, Spatweiß, Mineralweiß, Neuweiß, Bleiweißsurrogat, Permanentweiß, Blanc fixe), Satinweiß, Wismutweiß (Spanischweiß, Schminkweiß, echt Perlweiß).
Graue Farben: Alle Mischungen, welche schädliche weiße oder schwarze Farben enthalten, dann Zinkgrau, Zinkblende. Metall- oder Bronzefarben: Schaumgold, Schaumsilber, unechtes Metallgold und Metallsilber, unechtes Malersilber, Kupferbraun, Bronzelacke aus schädlichen Anilinfarben, Wolframbronzen.
II. Nichtgiftige Farbstoffe.
Schwarze Farben: Frankfurter Schwarz (Rebschwarz, Weinschwarz, Drusenschwarz, Hefenschwarz), Rußschwarz (Kienruß, Lampenschwarz), Ölschwarz, Beinschwarz, Korkschwarz (Spanischschwarz), Neutralschwarz, Kernschwarz. ¶
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Braune Farben: Umbra (Umbraun, Kölnischbraun, Kesselbraun, Spanischbraun, van Dycks Braun, Eisenacher Braun, brauner Karmin), Biester (Sodbraun, Chemischbraun), Manganbraun (Mineralbiester, Wad), Rotbraun, Mumienbraun, Sepia, Mahagonibraun, Modebraun, Russischbraun.
Rote Farben: Eisenrot (roter Ocker, Rouge, Engelrot, Berliner Rot, Nürnberger Rot, Indischrot, Neapelrot, Steinrot, Hausrot, roter Bolus, rote Erde, Rötel, Polierrot, Totenkopf, Caput mortuum, Kolkothar, Blutstein), Freienwalder Rot, Rotlacke (Kugellack, Wiener Lack, Rosenlack, Karminlack, Blauholzrot, Rotholzrot, Rosenrot, Karmin), Bezetten, Sophienrot, Safflorrot (Tassenrot, Safflorkarmin), Anilinrot (giftfreies), Anthracenrot (Purpurin, Alizarin), Krapprot, Rotsäfte (Berberitzensaft, Alkermessaft, Malvenrot, Heidelbeerrot).
Orangegelbe Farben: Orlean (Saftnanking), Gemenge aus unschädlichen roten und gelben Farben.
Gelbe Farben: Ockergelb (Ockererde, Gelberde, Hausgelb, Goldocker, Satinocker, Chineser Gelb, Schöngelb, Kahlaer Gelb, Striegauer Gelb, lemnische Erde), Schüttgelb, Krappgelb, Kurkumagelb, Saftgelb, Berberitzengelb, Safflor, Quercitron, Wau, Krenzbeergelb, Gelbbeeren, Gelbholz, Gelbholzlack (Gelblack), Fustikholz, Safran, Ringelblumengelb.
Grüne Farben: Saftgrün (Kreuzbeergrün, Pistaziengrün, Apfelgrün), Ultramaringrün (Leykaufs Grün), Grünerde (Veroneser Grün, Seladongrün, Steingrün, cyprische Erde, böhmische Erde, Kaadener Erde, französische Erde), Mischungen aus Berliner Blau mit Kurkumagelb oder Ringelblumengelb, ebenso aus Indigokarmin mit unschädlichen gelben Farben.
Blaue Farben: Reines Berliner Blau (Pariser Blau, Preußischblau, Diesbacher Blau, Sächsischblau, Englischblau, Turnbulls Blau, Raymonds Blau, Erlanger Blau, Neublau, Waschblau, Hortenstenblau, Miloriblau, Wasserblau), Indigo (Indigokarmin, blauer Karmin, Blautinktur), giftfreie Schmalte (Eschel), Ultramarin (Lasurblau, Azurblau), Malvenblau, Lackmusblau, Holzblau, giftfreies Anilinblau.
Violette Farben: Veilchensaft, giftfreies Anilinviolett, Gemenge von unschädlichen roten und unschädlichen blauen Farben, z. B. Karmin und Indigo, Alkermes und Lackmus, oder Indigokarmin.
Weiße Farben: Geschlämmte Kreide (Schlämmkreide, Marmorweiß, Wiener Weiß, Bologneser Weiß, weißer Bolus, Pfeifenthon, Bol- oder Volerde), Gips (Alabasterweiß), Talkweiß, Federweiß, Venezianer Talk, Speckstein), Knochenasche (Beinweiß, Hirschhornweiß), Porzellanthon (China [* 18] Clay).
Metall- und Bronzefarben: Echtes Gold [* 19] (Muschelgold) und Silber (Muschelsilber), Musivgold, Zinnstaub, Graphit, Eisenpulver, giftfreie Anilinfarben.
Auf Grund des § 5 des Nahrungsmittelgesetzes vom wurde eine kaiserliche Verordnung, die Verwendung giftiger Farben betreffend, erlassen, von welcher indes zwei Paragraphen wieder aufgehoben worden sind. Die in Kraft [* 20] gebliebenen Paragraphen verbieten die Verwendung giftiger Farben zur Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln, welche zum Verkauf bestimmt sind. Giftige Farben im Sinn dieser Verordnung sind alle und Zubereitungen, welche Antimon, Arsen, Baryum (ausgenommen Schwerspat), Blei, [* 21] Chrom (ausgenommen reines Chromoxyd), Kadmium, Kupfer, [* 22] Quecksilber (ausgenommen Zinnober), Zinn, Zink, Gummigutt, Pikrinsäure enthalten. Verboten ist die Verwendung der mit Arsen dargestellten Farben zur Herstellung von Tapeten, ingleichen der mit Arsen dargestellten Kupferfarben und der solche Farben enthaltenden Stoffe zur Herstellung von Bekleidungsgegenständen. Auch das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Nahrungs- und Genußmitteln, von Tapeten u. Bekleidungsgegenständen, welche dieser Verordnung zuwider hergestellt sind, ist verboten.
Echte und unechte Farbstoffe.
In Bezug auf die Dauerhaftigkeit spricht man von echten und unechten Farbstoffen. Letztere erliegen den gewöhnlichen Einflüssen sehr schnell, während erstere durch Luft, Licht, Wasser und Seife nur sehr wenig oder nicht verändert werden. Die Unterschiede sind indes nur gradweise, u. manche Farben sind gegen gewisse Einflüsse sehr widerstandsfähig, gegen andre nicht. Auch ist die Haltbarkeit der Farben verschieden je nach dem Bindemittel, welches bei Maler- und Anstrichfarben benutzt wird, so daß ein und derselbe Farbstoff in Öl sehr dauerhaft, als Wasserfarbe aber viel vergänglicher sein kann. Auch ob die Farbe auf Holz, [* 23] Metall oder Kalk angewandt wird, macht erhebliche Differenzen, ebenso die Natur der Faser, auf welcher sich die in der Färberei benutzten Farbstoffe befinden. Auf Wolle und Seide [* 24] sind die in der Regel echter als auf Baumwolle [* 25] und Leinen, auch bedingt die Natur der Beize einige Unterschiede.
Zur allgemeinen Orientierung über die Echtheit von Farben auf Gespinsten und Geweben kann man folgende Proben anstellen: Um rote Farben zu prüfen, kocht man eine kleine Probe des Stoffes mit Seifenwasser, eine andre mit Kalkwasser, welche beide sich höchstens schwach färben dürfen;
auch darf die Farbe des Stoffes weder gebleicht, noch gelblich oder braun geworden sein.
Man erkennt durch diese Probe die An- oder Abwesenheit von Rotholz, Orseille, Safflor, Sandel oder Teerfarben, welche sämtlich sehr veränderlich sind. Von den gelben Farben ist Krappgelb am echtesten, Orlean und Kurkuma am vergänglichsten, etwas besser vielleicht Fisettholzgelb. Die Lichtechtheit der übrigen Farbstoffe ist ziemlich gleich. Waschecht sind nur die Farben der ersten Gruppe. Zur Prüfung kocht man die Proben nacheinander mit Wasser, dann mit Alkohol und zuletzt mit Kalkwasser.
Färben sich letztere merklich gelb, ersteres rötlich, wobei der Stoff selbst bräunlichrot wird, so ist die Farbe unecht. Eine blaue Farbe ist nicht echt, wenn dieselbe, mit Brennspiritus gekocht, diesen rot, rotviolett oder blau färbt und beim Erwärmen mit Salzsäure und Wasser oder Alkohol die Flüssigkeit rot färbt, bez. die eigne Farbe in Rot oder Braunrot verändert. Von violetten Farben sind nur die aus Indigo und Kochenille kombinierten und das Krappviolett echt. Da nun die echten Farben durch Kombination mit unechten selbst ihren Wert verlieren, so sind alle violetten Farben als unecht anzusehen, welche beim Kochen mit gleichen Teilen Wasser und Brennspiritus in 10-15 Minuten erheblich Farbe abgeben oder beim Kochen mit verdünnter Salzsäure die Farbe in Braun oder Braunrot ändern und die Flüssigkeit rot färben.
Behufs der Prüfung von Orangefarben kocht man die Probe mit Wasser, welches sich nicht gelb, rotgelb oder rot färben darf. Bleibt es farblos, so erwärmt man mit Weingeist, welcher sich gleichfalls nicht färben darf. Grün gefärbte Stoffe dürfen beim Kochen mit verdünntem Weingeist diesen weder blau, grün noch gelb, beim Kochen mit verdünnter Salzsäure diese weder rot noch blau färben. Bei braunen Farben läßt sich die Prüfung auf Echtheit nicht mit gleicher Sicherheit auf so einfache Weise ausführen; doch sind alle braunen Farben, welche beim Kochen mit Wasser rote, beim Stehen mit Weingeist gelbe Farbe abgeben, für unecht zu halten. Schwarz ist echt, wenn sich beim Kochen mit Wasser und etwas Salzsäure die Flüssigkeit nur gelb färbt. Dies Schwarz ist noch wertvoller, wenn es Küpengrund hat. Man erfährt das durch Kochen einer frischen Probe mit Wasser und Soda. Die Farbe des Stoffes wird braun bei einem Gerbstoffschwarz, sie bleibt schwarz oder wird blau, auch wohl dunkelgrün, wenn Indigküpenblau vorhanden ist. Färben sich Wasser und ¶
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Titel
Farbstoffe.
Eine Einteilung der Farbstoffe nach ihrer Nuance erweist sich bei näherer Betrachtung als unfruchtbar, da die verschiedenartigsten in eine Gruppe zusammengestellt werden müssen und bei Färbstoffen von gemischter Nuance die Zugehörigkeit zu einer oder der andern Gruppe oft zweifelhaft bleibt. Viel rationeller ist die Einteilung nach der chemischen Beschaffenheit, doch hat diese damit zu rechnen, daß noch nicht von allen Farbstoffen die chemische Konstitution erkannt ist. Die erste Gruppierung der Farbstoffe nach chemischen Merkmalen hat Witt angegeben, indem er sich auf folgende Gesetzmäßigkeiten stützte:
1) Alle organischen Farbstoffe, welche zum allergrößten Teil der Reihe der aromatischen Verbindungen angehören, lassen sich auf die farblosen Kohlenwasserstoffe zurückführen.
2) Damit ein aromatischer Kohlenwasserstoff in einen Farbstoff übergehe, ist es notwendig, daß in demselben mindestens zwei Wasserstoffatome durch zwei verschiedene Seitenketten ersetzt werden.
3) Von diesen neu eintretenden Seitenketten ist die eine das zur Farbstoffbildung befähigende Prinzip: chromophore Gruppe. Sie kann ein- oder mehrwertig sein, d. h. sie kann ein oder mehrere Wasserstoffatome am Kohlenstoffkern vertreten. Welchen Atomgruppierungen chromophore Eigenschaften zukommen, darüber entscheidet die Erfahrung. Bis jetzt kennt man etwa 17 chromophore Gruppen, denen sich von Zeit zu Zeit neue hinzugesellen.
4) Wenn in einen Kohlenwasserstoff eine chromophore Gruppe eintritt, so kann der entstehende Körper mehr oder minder gefärbt sein. In den meisten Fällen ist er es nicht. Er verhält sich aber nie wie ein Farbstoff, denn er ist unfähig, aus seinen Lösungen sich auf ungeheizte oder gebeizte Fasern zu übertragen. Man bezeichnet ihn als Chromogen, weil er zwar kein Farbstoff ist, aber sehr leicht in einen solchen übergehen kann.
5) Die Bildung des Farbstoffs erfolgt erst durch den Eintritt einer zweiten Gruppe, welche an sich unfähig ist, einen Kohlenwasserstoff zum Farbstoff umzugestalten. Weil sie somit, ohne selbst farbgebend zu sein, dem Chromogen behilflich ist, seine Farbstoffnatur zu entwickeln, so bezeichnet man sie als auxochrome Gruppe. Allen auxochromen Gruppen ist die Fähigkeit eigen, den Kohlenwasserstoff in eine Base oder eine Säure umzugestalten. Doch ist der Grad ihrer farbenentwickelnden Wirkung auf das Chromogen keineswegs proportional der Energie dieser salzbildenden Kraft. Nach ihrer auxochromen Natur lassen sich die bisher bekannten, zur Salzbildung befähigenden Seitenketten von Kohlenwasserstoffen etwa in folgende Reihe einordnen, wobei die stärker wirkenden vorangehen: NH2 (Amid, mit seinen Abkömmlingen, wie NHCH3, N(CH3)2 2c. - OH (Hydroxyl) - NH3OH (Ammonium) - SO?H (Sulfoxyl) - COOH (Carboxyl). Den drei letzten Gruppen kommt die auxochrome Natur in viel geringerm Maße zu als den beiden ersten. Aus diesen Verhältnissen ergibt sich, wie ungeheuer groß die Zahl der möglichen Farbstoffe ist; jede Berechnung führt zu ¶
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unabsehbaren Reihen. Unter Zugrundelegung der entwickelten Anschauungen unterscheidet man heute die folgenden Farbstofffamilien:
1) Nitrofarbstoffe. Die chromophore Gruppe ist der einwertige, ein oder mehrere Male in das Molekül eintretende Komplex -NO2 (Nitrogruppe).
2) Azofarbstoffe. Chromophore Gruppe, der zweiwertige, zwei Kohlenwasserstoffreste verbindende Komplex -N=N- (Azogruppe); die zahlreichste Familie.
3) Hydrazonfarbstoffe. Chromophore Gruppe =C=N-NH-. Schließen sich den vorhergehenden sehr nahe an und gehören vielleicht zu denselben.
4) Azoxyfarbstoffe. Chromophore Gruppe ^[chem. Formel] (Azoxygruppe).
5) Nitroso- oder Chinonoximfarbstoffe mit den tautomeren einwertigen NO, OH, oder zweiwertigen O, NOH, Gruppenpaaren.
6) Ketonfarbstoffe. Chromophore Gruppe CO (Ketongruppe), welche zweiwertig ein oder mehrere Male in das Molekül eintritt.
7) Ketimidfarbstoffe. Chromophore Gruppe C=NH, zweiwertig.
8) Diphenylmethanfarbstoffe. Chromophore Gruppe ^[chem. Formel], die mit zwei aromatischen Radikalen verbunden ist.
9) Triphenylmethanfarbstoffe, enthalten als chromophore Gruppe eine der drei mit aromatischen Kohlenwasserstoffresten verbundenen Gruppen ^[chem. Formel]. Die Farbstoffe, welche die dritte Gruppe enthalten, die Phtaleine, behandelt man auch als besondere Familie für sich.
10) Indophenole. Chromophore Gruppe ^[chem. Formel], zweiwertig.
11) Oxazine. Chromophore Gruppe, ein mit zwei unter sich wieder durch ein Sauerstoffatom verketteten aromatischen Resten verbundenes Stickstoffatom.
12) Thiazine, entsprechen den Oxazinen, enthalten aber an Stelle des verbindenden Sauerstoffatoms ein Schwefelatom.
13) Induline, entsprechen den Oxazinen, enthalten aber statt des verbindenden Sauerstoff- ein Stickstoffatom, welches an ein weiteres aromatisches Radikal gebunden ist.
14) Azine. Chromophore Gruppe ^[chem. Formel], vierwertig, verbindet zwei zweiwertige aromatische Radikale.
15) Safranine. Chromophore Gruppe ^[chem. Formel] (Azoniumgruppe), sechswertig, mit drei aromatischen Radikalen, zwei zweiwertigen und einem einwertigen verbunden.
16) Acridinfarbstoffe. Chromophore Gruppe ^[chem. Formel], vierwertig, mit zwei zweiwertigen aromatischen Radikalen verbunden.
17) Indigofarbstoffe. Chromophore Gruppe ^[chem. Formel], vierwertig.
13) Chinolinfarbstoffe, keine natürliche Familie, verschiedenartige, zum Teil ihrer Konstitution nach ungenügend erforschte Farbstoffe, die sich von den Basen der Chinolinreihe ableiten.
Diese Einteilung der Farbstoffe ist insofern berechtigt, als die chromophore Gruppe das die Natur des Farbstoffes bestimmende Prinzip im Molekül der Farbstoffe ist und mithin alle Farbstoffe mit gleicher chromophorer Gruppe auch gewisse übereinstimmende chemische Merkmale besitzen. Die weitere Teilung der Gruppen erfolgt auf Grund der im Chromogen enthaltenen Kohlenwasserstoffreste. Leider entziehen sich gerade die am längsten bekannten, von Pflanzen und Tieren fertig dargebotenen Farbstoffe der Einreihung in das System, da ihre Konstitution bis auf wenige Ausnahmen noch nicht erforscht ist. Wo es aber gelang, die chemische
Natur der sogen, natürlichen Farbstoffe zu ermitteln, zeigte sich regelmäßig, daß dieselben den gleichen Gesetzen folgen wie die natürlichen. Deshalb ist es auch unberechtigt, wenn noch immer behauptet wird, daß die natürlichen Farbstoffe gewisse unterscheidende Eigenschaften besäßen, welche den künstlichen abgehen. Soweit abweichende Eigenschaften in der That vorliegen, sind dieselben lediglich darauf zurückzuführen, daß die meisten natürlichen Farbstoffe Chromogene zur Grundlage haben, welche unter den künstlichen nicht vertreten sind, und umgekehrt.
Auch die Behauptung, daß die natürlichen echter sind als die künstlichen, ist falsch; es gibt sehr unechte Farbstoffe unter erstern und sehr echte unter den Erzeugnissen der Farbenindustrie. Thöricht ist die Behauptung, daß die mit natürlichen Farbstoffen erhaltenen Färbungen dem Auge [* 27] angenehmer, »künstlerischer« seien. Die Farben der künstlichen Farbstoffe sind vielfach grell und leuchtend, weil sich gerade die glänzendsten Farbstoffe unter den künstlichen befinden, und weil sie dem Färber in großer Reinheit geliefert werden.
Die natürlichen Farbstoffe sind dagegen in dem Zustand, in welchem die Natur sie uns darbietet, meist sehr unrein, die Verunreinigungen färben mit und stimmen den Glanz der Farbe herab. Nicht zu leugnen ist, daß die künstlichen Farbstoffe oft in sehr unkünstlerischer Weise verwendet worden sind. Stellt man die reinen, leuchtenden, künstlichen Farbstoffe unvermittelt nebeneinander, so gibt das oft schreiende Kontraste, während man leichter eine harmonische Färbung mit den natürlichen Farbstoffen erhält, und zwar gerade wegen deren Unreinheit. In neuester Zeit hat man aber mehr und mehr gelernt, die glänzenden künstlichen Farbstoffe richtig zu benutzen, auch sind so viele gebrochene Farben von der Industrie geliefert worden, daß wohl allen künstlerischen Anforderungen Genüge geleistet werden kann.
Vgl. Witt, Chemische Technologie [* 28] der Gespinstfasern [* 29] (Braunschw. 1891).