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In der Seidenfärberei
arbeitet man mit kleinen kupfernen
Kesseln ohne
Feuerung oder mit Holzwannen und erreicht die nötige
Temperatur von 50° durch Zugießen von heißem
Wasser oder durch eine Dampfschlange. Es wird fast nur
Garn gefärbt, welches
man ebenso wie die
Baumwolle
[* 3] auf
Stöcken behandelt. Zum Chevelieren dient eine
Maschine,
[* 4] in welcher die
Strähnen senkrecht stehen und um sich selbst gedreht werden. Die wieder aufgedrehte
Seide
[* 5] wird kräftig auf einen polierten
Kupferblock geschlagen, um ihr
Glanz zu geben, und zur
Erhöhung des
Glanzes in der Lüstriermaschine mit
Dampf
[* 6] behandelt. Die
Seidensträhnen laufen hierbei straff gespannt über zwei polierte eiserne
Walzen in einem
Kasten, in welchen
Dampf einströmt. Seidene
Gewebe
[* 7] werden selten gefärbt, da sie meist aus gefärbtem
Garn hergestellt werden.
Garne werden nicht immer gleichmäßig gefärbt. Die Ombrés zeigen nur eine Farbe, aber verschiedene Nüancen derselben, so daß die Strähne z. B. am Kopf dunkelrot ist und nach unten allmählich hellrosa, selbst weiß wird. Um dies zu erreichen, taucht man die Strähne zuerst nur ein wenig in die Flotte ein, dann etwas tiefer, nach einiger Zeit wieder etwas tiefer und so fort, bis endlich auch der Kopf der Strähne sich in der Flotte befindet. Sobald dieser die gewünschte Nüance erreicht hat, unterbricht man die Operation und findet dann die einzelnen Teile der Strähne um so dunkler gefärbt, je länger sie sich in der Flotte befunden haben.
Derselbe Zweck wird auch erreicht, wenn man das Garn zunächst so lange in der Flotte umzieht, bis die hellste Nüance erreicht ist, dann auf den Stock hängt und allmählich durch einen Hahn [* 8] die Flotte abzieht. Ombrés mehrerer Farben auf einer Strähne werden nacheinander in gleich vielen Färbeflotten erzeugt. Rayierte Garne, auf welchen verschiedene Farben nebeneinander stehen, färbt man mit Hilfe von Latten, zwischen welchen man das Garn beliebig einpressen kann.
Diese Latten bilden den Boden eines Kastens, aus welchem der Teil des Garns heraushängt, der zunächst gefärbt werden soll. Man behandelt denselben wie gewöhnlich in der Flotte, spült dann, löst die Latten, zieht das gefärbte Garn in den Kasten und färbt einen andern Teil der Strähne in einer andern Flotte. Das Zusammenpressen des Garns verhindert das Aufsteigen der Flotte über die Latten hinaus und grenzt also die einzelnen Farben gegeneinander scharf ab. Unter dem Namen Mignon hat man eine Art der Rayes eingeführt, auf welchen ein Teil der Strähne beim Färben weiß gelassen und später mit verschiedenen Farben bedruckt wird. Windet man vor dem Färben Knoten in das Garn und färbt, so erhält man nach dem Aufknoten weiße, nach beiden Seiten in die Hauptfarbe abschattierte Stellen. Man kann auch das Garn in einer beliebigen Farbe färben, dann knoten und eine andre Farbe darüber färben. Auf solche Weise erhält man die überraschendsten Effekte.
Die Färbeflotte, d. h. die Lösung des Farbstoffs in Wasser, bereitet sich der Färber aus Farbhölzern, Kräutern, Wurzeln, Früchten etc. durch Aufguß, Abkochung, Ausziehen mit Dampf etc. In neuerer Zeit kommen vielfach Extrakte und andre Präparate in den Handel, welche den Farbstoff in konzentrierter, reinerer Form enthalten und wie die Teerfarben nur gelöst zu werden brauchen. Als Lösungsmittel für letztere benutzt man statt des Wassers oft auch Alkohol, Holzgeist, Essigsäure.
Stets muß die
Flotte vollkommen klar und von mechanischen Beimischungen, wie
Splitter,
Staub etc., frei sein. Die
Farben, welche
der Färber erzeugt, sind entweder einfache oder
zusammengesetzte; sie werden in zahlreichen Abstufungen modifiziert und
zwar entweder durch Anwendung verschiedener
Beizen oder durch abweichende Behandlung bei und nach dem
Färben. Zusammengesetzte
Farben erzeugt man auch durch Vermischen mehrerer
Beizen miteinander, durch
Flotten, in denen verschiedene
Farbstoffe gelöst
wurden, oder dadurch, daß man erst eine
Farbe auf der
Faser befestigt und dann noch eine zweite auf der
ersten anbringt. Über topische Färberei
s.
Zeugdruckerei.
Die stickstoffhaltigen Fasern (Wolle, Seide) zeigen eine bei weitem größere Anziehungskraft für Beizen als die stickstofffreien; wie bei diesen aber, so ist auch bei der Wolle vor allen Dingen notwendig, daß alle Verunreinigungen vor dem Färben entfernt werden, und wenn zarte Farben auf Wolle gebracht werden sollen, so muß die entschweißte Wolle auch noch gebleicht werden. Als Beizen benutzt man Alaun, [* 9] Eisenvitriol, Kupfervitriol, Zinnsalz, Zinnchlorid, chromsaures Kali, Weinstein, Säuren etc. Die Wolle wird entweder in einer oder in zwei Operationen gefärbt.
Letztere Methode, bei welcher die Wolle zuerst angesotten wird, liefert auf Schafwolle die schönsten und echtesten Farben, während die erstere Methode zwar sicherer und schneller zum Ziel führt, aber mehr Farbstoff verbraucht und doch weniger echte und schöne Farben gibt. Sie findet namentlich bei dunkeln Farben Anwendung, indem man die Wolle erst in den Farbebädern kocht, dann herausnimmt, in den Bädern die Beizsalze löst, die Stoffe von neuem einlegt, darin herumnimmt und noch einige Zeit kocht, bis die gewünschte Farbe erreicht ist.
Teerfarben werden sehr allgemein auf
Kammwolle angewandt, während
Streichwolle, die auf
Tuche verarbeitet wird, nur mit
Indulin
gefärbt zu werden pflegt. Der wichtigste Teil der Wollfärberei
ist die Blaufärberei
, welche die schönsten
und dauerhaftesten
Farben mit
Indigo
[* 10] erzielt.
Merinos und ähnliche
Stoffe färbt man auch mit
Berliner Blau,
[* 11] ordinäre mit
Kupfervitriol
und
Blauholz. Mit
Indigo färbt
man in der
Küpe, oder man benutzt ihn in der Form von
Indigosulfosäure
(Sächsischblau), erhält
aber nach der letztern
Methode ein viel weniger beständiges
Blau.
Berliner Blau (Kaliblau) erzeugt man entweder in der Weise, daß man die Wolle mit Eisenoxydlösung tränkt und dann durch eine mit Schwefelsäure [* 12] angesäuerte Lösung von gelbem Blutlaugensalz zieht, oder man taucht die Wolle in eine Lösung von gelbem oder rotem Blutlaugensalz mit Schwefelsäure oder Alaun und setzt sie dann der Luft aus. Hierbei zersetzt sich die aus dem Blutlaugensalz frei gemachte Ferro-, resp. Ferricyanwasserstoffsäure in Blausäure, welche entweicht, und in Berliner Blau, welches sich auf die Faser niederschlägt.
Zum Färben mit Blauholz und Kupfervitriol (Holzblau) kocht man Blauholz mit Wasser, setzt Alaun, Weinstein und Kupfervitriol zu und kocht die Wolle in dieser Brühe. Dann schönt man die Wolle durch Kochen in einem Bad von [* 13] Blauholz, Zinnchlorür, Alaun und Weinstein. Von den Teerfarben benutzt man auf Kammwolle hauptsächlich Alkaliblau und Methylenblau. Zum Gelbfärben benutzte man früher hauptsächlich Wau, indem man die Wolle zuerst in einem Bad von Alaun und Weinstein, dann in einem frischen Waubad kochte. Mit etwas Krapp oder Fisettholz modifiziert, erhält man Rotgelb, mit etwas Indigschwefelsäure Zitronengelb. Gelbholz dient hauptsächlich zu gemischten Farben, Fisettholz wird besonders auf Merinos angewandt, und von den Teerfarben benutzt man Martiusgelb, Viktoriaorange, Aurantia, Chrysoidin, Tropäolin, Pikrinsäure etc. ¶
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Die Rotfärberei
benutzt Krapp oder künstliches Alizarin. Bei der Krappfärberei
siedet man die Wolle in einer Lösung von Alaun
und Weinstein an und färbt dann im Krappbad, welches wenigstens die Hälfte vom Gewicht der Wolle an Krapp enthält. Bei Anwendung
von Kochenille siedet man in einem Bad von Kochenille, Weinstein und Zinnsalz an und färbt mit Kochenille und
Zinnsalz aus. Die roten Teerfarben sind sämtlich sehr gut anwendbar, und in neuerer Zeit benutzt man namentlich die Azofarbstoffe.
Grün wird aus Blau und Gelb hergestellt. Man färbt die Wolle blau, kocht sie mit Alaun und Weinstein und färbt sie mit Gelbholz oder Wau aus. Von den Teerfarben benutzt man besonders Malachit-, Methyl-, Bittermandelölgrün und nüanciert diese Farbstoffe mit Pikrinsäure. Schwarz wird auf verschiedene Weise hervorgebracht. In der Regel wendet man Eisenbeize an, darf diese aber nicht zu stark einwirken lassen, weil sie die Faser angreift (verbrennt). Oft erklärt sich die schlechte Beschaffenheit schwarzer Wolle auch daraus, daß man in andern Farben mißlungene Wolle nachträglich schwarz färbt.
Die feinen und teuern Sedantücher erhalten zunächst in der Indigküpe einen dunkelblauen Grund, dann haspelt man sie mehrere Stunden in einer siedend heißen Abkochung von Sumach und Blauholz herum, läßt sie erkalten und nimmt sie bei Blutwärme in einer Lösung von Eisenvitriol herum. Nach dem Lüften wird dieselbe Operation dreimal wiederholt und, sobald eine hinreichende Intensität der Farbe erzielt ist, das Tuch gewalkt, bis das Wasser klar bleibt. Das Vienneschwarz ohne Indigogrund wird durch Umziehen des Tuches in einer Abkochung von Blauholz, Gelbholz, Galläpfeln und Sumach, Lüften und Umziehen in demselben, aber noch mit Eisenvitriol versetzten Bad hergestellt.
Man löst dann noch einmal Eisenvitriol in dem Bad, zieht das Tuch wieder darin herum und walkt. Zu Chrom- und Neuschwarz wird die Wolle mit Blauholz und Weinstein angesotten und in einer Lösung von rotem chromsauren Kali ausgefärbt. Zusatz von Kupfervitriol gibt Blauschwarz. Zum Färben mit Anilinschwarz benutzt man eine Lösung von salzsaurem Anilin, chlorsaurem Kali, Salzsäure und vanadinsaurem Ammoniak und wandelt am andern Tag das erhaltene Dunkelgrün durch ein Bad von chromsaurem Kali in Schwarz um. Zum Weißfärben zieht man die gebleichte Wolle durch Wasser, in welchem Schlämmkreide aufgerührt ist, läßt trocknen und beseitigt die überschüssige Kreide [* 15] durch Klopfen und Bürsten.
Seide wird vor dem Färben meist degummiert, nur die Trama- oder Schußseide (Saugleseide) färbt man mit dem Bast, [* 16] wodurch sie einen gewissen Griff erhält. Zum Schwarzfärben billiger, leichter Stoffe dient Blauholz mit Eisenbeize (salpetersaures Eisenoxyd) oder chromsaurem Kali oder vanadinsaurem Ammoniak. Diesem Holzschwarz steht das Schwerschwarz gegenüber, welches durch Säuren nicht gerötet wird, eine ganz bedeutende Gewichtszunahme der Seide bezweckt und damit zu großartigen Betrügereien führt.
Aus 100 Teilen roher Seide fertigt man 200, selbst 450 Teile schwerschwarze Seide, indem man die Seide zunächst mit Gerbsäure (Kastanien- oder Knoppernextrakt) behandelt, welche von derselben in ähnlicher Weise wie von der tierischen Haut [* 17] aufgenommen wird, und dann mit Eisenoxydul oder Eisenoxydsalzen ausfärbt (Mailänder Schwarz). Das Kaiserschwarz (Blaukesselschwarz) hat einen Untergrund von Berliner Blau. Meist gibt man der schwarzen Seide zuletzt ein Bad von Blauholz und Seife, um ihr Glanz, Weichheit und Griff zu erteilen.
Mit Hilfe von vanadinsaurem Ammoniak färbt man Seide auch mit Anilinschwarz. Blau wird auf Seide mit Indigosulfosäure oder Berliner Blau erzeugt. Man taucht die Seide in eine Mischung von Wasser, Rostbeize (Eisenvitriol, in Salpetersäure gelöst.) und Zinnchlorür, wäscht aus, zieht die Seide durch siedend heiße Seifenlösung, wäscht wieder aus und taucht sie in eine mit Salzsäure angesäuerte Lösung von gelbem Blutlaugensalz (Raymonds Blau). Zuletzt schönt man mit ammoniakhaltigem Wasser.
Brillanter ist das Napoleonblau, zu dessen Darstellung man zuerst ein Eisenbad mit Zinnsalz, dann ein mit Schwefelsäure angesäuertes Bad von gelbem Blutlaugensalz anwendet. Bei Benutzung von Teerfarben bringt man die Seide lediglich in die wässerige oder alkoholische Lösung des Farbstoffs. Ebenso einfach ist die Anwendung von Fuchsin, Korallin (Aurin), Safranin, Eosin, Magdalarot und den Azofarbstoffen, welche zum Rotfärben den Safflor, die Kochenille, Orseille und den französischen Purpur verdrängt haben. Zu Violett wird noch Orseille angewandt, doch machen sich auch hier Teerfarben (Methyl- und Benzylviolett) immer mehr geltend. Gelb färbt man mit Wau (welcher durch Orlean in Orange modifiziert wird), Tropäolin und Pikrinsäure. Zu Grün gibt man einen gelben Grund mit Wau, Quercitron, Gelbholz oder Pikrinsäure und färbt dann mit Indigkomposition, Indigkarmin oder Anilinblau aus. Solider ist ein Grund aus Raymonds Blau, welches durch Gelbholz in Grün umgewandelt wird. Gegenwärtig aber dominieren auch hier Teerfarben (Anilin-, Malachit-, Methylgrün).
Die vegetabilischen Fasern färben sich ungleich schwieriger als Wolle und Seide, die Leinenfaser aber noch bedeutend schlechter als Baumwolle. Blau erzeugt man mit der Indigküpe, mit Berliner Blau, mit Blauholz und Kupfervitriol, mit einer Lösung von Kupferoxyd in Ammoniak und besonders häufig mit Indulin. Zum Gelbfärben benutzt man Avignonkörner, Wau, Gelbholz, Quercitron, Orlean, gegenwärtig aber meist Chromgelb (s. oben) und Teerfarben. Letztere haften aber nicht unmittelbar auf der Faser, sondern, wie alle Teerfarben, auf Baumwolle oder Leinen nur nach dem Beizen mit Gerbsäure.
Grün erzeugt man auf indigblauem Grund mit Quercitron, Schwarz durch Anilinschwarz (echt) oder auf blauem Küpengrund durch
Beizen mit holzessigsaurem Eisen
[* 18] und Ausfärben mit Galläpfeln und Blauholz. Am wichtigsten ist die Rotfärberei
mit Krapp, welche
auf geöltem Grunde das schöne Türkischrot (Adrianopelrot) liefert. Man beizt im Mistbad (einer Mischung
von eigentümlich saurem Olivenöl [Tournantöl] oder Palmöl, mit Pottasche, Schafkot und Wasser) und im Weißbad, welches aus
einer Emulsion desselben Öls
[* 19] mit Pottasche und Wasser besteht.
Die geölten Garne oder Gewebe hängt man an die Luft, wobei sich ein Teil des Öls in eigentümlicher Weise verändert und dadurch die Faser beizt. Das überschüssige Öl wird durch Pottaschen- oder Seifenlösung entfernt. Die geölten Stoffe werden mit einer Abkochung von Galläpfeln oder Sumach galliert, dann zweimal in einer mit Soda oder Kalkmilch neutrassierten Alaunlösung durchgearbeitet und in einer Abkochung von Krapp, Krapppräparaten oder in Alizarinlösung ausgefärbt. Schließlich erzeugt man die scharlachrote Nüance durch Schönen (Avivieren, Rosieren), indem man die gefärbten Stoffe mit Seifenlösung, Zinnchlorür kocht und dadurch einen Teil der mit dem Alizarin verbundenen Thonerde durch ¶
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Zinnoxyd ersetzt. Um die vegetabilische Faser der stickstoffhaltigen tierischen ähnlicher zu machen, behandelt man sie oft mit stickstoffhaltigen Substanzen, wie Eiweiß, Käsestoff etc. (Animalisieren), und erreicht dadurch, daß der Farbstoff bedeutend leichter aufgenommen wird. Man kann z. B. zu diesem Zweck die Baumwolle mit einer Mischung aus Präpariersalz und Milch behandeln und darauf eine Alaunlösung auf dieselbe einwirken lassen.
Geschichtliches.
Die Geschichte der Färberei
erstreckt sich in das graueste Altertum; aber während man heute die prächtigsten Farben, allen zugänglich,
selbst auf den billigsten Stoffen findet, waren gefärbte Stoffe früher äußerst kostbar und wurden zu den vorzüglichsten
Schmuckgegenständen gezählt. Seit undenklichen Zeiten beschäftigten sich die Inder, Perser, Ägypter
und Syrer mit dieser Kunst. In den Büchern Mosis werden häufig blau, purpurn, scharlachen gefärbte Zeuge erwähnt.
Die Ausschmückung des Allerheiligsten und die Kleider des Hohenpriesters sollten nach göttlichem Befehl aus purpurnen Stoffen
gefertigt sein. Vorzugsweise wurde in Tyros die und der Handel mit gefärbten Stoffen in größerer Ausdehnung
[* 21] betrieben, namentlich soll der Purpur, der in jenen Zeiten als das Symbol priesterlicher und fürstlicher Würde galt, in Tyros
erfunden worden sein. In Griechenland
[* 22] wurde die Färberei
wenig geübt, um so mehr aber bei den Römern. Bei den circensischen Spielen
unterschieden sich die verschiedenen Parteien durch die Farbe ihrer Anzüge, und Plinius spricht von Grün,
Orange, Grau und Weiß.
Man benutzte im Altertum als Farbmaterialien Alkanna, verschiedene Flechten,
[* 23] Ginster, Krapp, Galläpfel, Waid, die Samen
[* 24] des Granatapfels
und einer ägyptischen Akazie, Eisen- und Kupfervitriol und Alaun. Die Entwickelung der Färberei
wurde, wie alle andern Künste
in Europa,
[* 25] durch die Invasionen im 5. Jahrh. erstickt, blühte aber im Osten weiter und gelangte im 12. oder 13. Jahrh. nach
Europa zurück. Damals war namentlich Florenz
[* 26] wegen der Anzahl und Vollkommenheit seiner Färbereien
berühmt; auch die Flechtenfarbstoffe
wurden hier zuerst in Europa angewandt.
Die Entdeckung Amerikas beförderte die Färberei
durch das Bekanntwerden von Blauholz, Rotholz, Quercitron, Orlean,
Kochenille etc. Cornelius Drebbel führte 1650 bei der Färberei
mit Kochenille das Zinnsalz ein und lieferte damit Fabrikate, welche
den alten Purpur an Schönheit übertrafen. Vorzüglich aber leisteten die Italiener in der Färberei
Ausgezeichnetes; in Venedig
[* 27] erschien 1540 das
erste Werk über Färberei
von Giovanni Ventura Rosetti, welches in ganz Europa das Interesse für die Färberei
anregte.
Namentlich die Flamänder kultivierten und verpflanzten die Färberei nach Deutschland, [* 28] Frankreich und England. In der Mitte des 16. Jahrh. führte man den Indigo und das Blauholz in England ein; allein auf Anstiften der einheimischen Waidfabrikanten wurde die Einfuhr beider Droguen in mehreren Ländern wieder verboten und der im Land befindliche Vorrat zerstört. In der Mitte der letzten Hälfte des 18. Jahrh. wurde die Türkischrotfärberei in Frankreich eingeführt und zu gleicher Zeit die Quercitronrinde von Bancroft.
Die neueste Zeit hat die Färberei durch das Studium des Verhaltens der Beizen gegen die Farbstoffe sehr gefördert. Außerdem häuften sich die Entdeckungen neuer Farbstoffe aus dem Mineralreich, und in neuen Verbindungen der organischen Chemie lernte man die wertvollsten Rohmaterialien für glänzende Farben kennen. Erregte in dieser Beziehung schon das Murexid aus Harnsäure große Aufmerksamkeit, so wurden doch alle bisherigen Erfolge seit 1859 durch die Teerfarben weit übertroffen.
Diese beherrschen jetzt vollständig namentlich die Woll- und Seidenfärberei und werden auch noch lange beliebt bleiben, da stets neue und glänzendere Nüancen aufgefunden werden. Die organische Chemie hat sich in den letzten Jahren auch mit großem Glück der künstlichen Darstellung von Pflanzenfarbstoffen zugewandt: es gelang namentlich die Darstellung des Alizarins und des Indigos. Das Alizarin wurde alsbald fabrikmäßig dargestellt und hat auf die Krappfärberei bedeutenden Einfluß gewonnen.
Vgl. außer den ältern Werken von Chevreul und Persoz: Schützenberger, Die Farbstoffe, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Anwendung in der und Druckerei (a. d. Franz. von Schröder, Berl. 1868, 2 Bde.);
Reimann, Färberei der Gespinste und Gewebe (das. 1867);
Derselbe, Jedermann eigner Färber, Fleckenreiniger etc. (das. 1873);
Spirk, Praktisches Handbuch der gesamten und Druckerei (2. Aufl., das. 1874);
Bolley, Chemische Technologie [* 29] der Spinnfasern (Braunschw. 1867-80);
Schrader, Der Färber nach den Anforderungen der Gegenwart (3. Aufl., Leipz. 1874);
v. Laer, Recueil des principaux procédés de teintures à mordant (Verviers 1871);
Meißner, Die Maschinen der Appretur, und Bleicherei, deren Bau und praktische Behandlung (Berl. 1873);
Crookes, A practical handbook of dyeing and calico printing (Lond. 1874);
Derselbe, Dyeing and tissue printing (das. 1882);
Prüfer, Die Wollen- und Halbwollenstückfärberei (Leipz. 1878);
Kielmeyer, Die Entwickelung der Färberei, Druckerei und Bleicherei (Augsb. 1879);
D. Smith, The English dyer (Lond. 1882).
Zeitschriften: »Färberei-Musterzeitung« (35. Jahrg. 1886, Leipz.);
»Färberzeitung«, herausgegeben von Geyer (22. Jahrg. 1886, Dresd.);
»Reimanns Färberzeitung« (17. Jahrg. 1886, Berl.);
»The chemical technolagist devoted to the arts and manufacturers relating to dyeing, calico printing, bleaching, finishing, sizing, alkali and vitriol making etc.« (Manchester); [* 30]
»Bulletin de la société industrielle de Mulhouse« (Mülhausen [* 31] i. Els.);
»Bulletin de la société industrielle de Rouen« [* 32] (Rouen);
»Wagners Jahresberichte über die Leistungen der chemischen Technologie« (Leipz.).
Vgl. auch die Litteratur bei Appretur und Bleicherei.