Fabrikordnung.
In jeder
Fabrik ist es im
Interesse der
Arbeiter wie der Arbeitgeber dringend wünschenswert, daß in
einer sogen. Fabrikordnung
über die
Arbeitsordnung (Beginn und Ende der Arbeitszeit, Arbeitspreise, Kündigungsfristen, sonstige
Auflösung
des Arbeitsverhältnisses, Zeit der
Abrechnung und Auszahlung der
Arbeitslöhne,
Rechte und
Pflichten der
Arbeiter bei Erkrankung oder Unglücksfällen, Befugnisse und Obliegenheiten des Aufsichtspersonals,
Strafen bei
Übertretung
der
Arbeitsordnung, sonstige Lohnabzüge etc.) allgemeine, für beide Teile, Arbeitgeber und
Arbeiter, bindende Vorschriften bestehen und diese dem
Arbeiter bei Antritt des Arbeitsverhältnisses bekannt gemacht
werden.
Die Fabrikordnung
weist dem
Arbeiter seine Verbindlichkeiten, aber auch seine
Rechte zu; in ihr wird vertragsmäßig geregelt, was sonst
innerhalb des
Rahmens der
Gesetzgebung der
Wille des Arbeitgebers entscheidet. Fabrikordn
ungen sind in der
Regel vorhanden, aber
sie sollten überall existieren, und es rechtfertigt sich daher, den
Erlaß derselben gesetzlich vorzuschreiben.
(Bisher nur in der
Schweiz
[* 2] durch das Fabrikgesetz von 1877 und in
Österreich
[* 3] früher durch die
Gewerbeordnung von 1859, jetzt
durch die
Novelle vom geschehen, während die deutsche
Gesetzgebung eine obligatorische Fabrikordnung
nicht kennt und nur in
§ 138 der
Gewerbeordnung verlangt, daß ein Verzeichnis der jugendlichen
Arbeiter mit Angabe der Arbeitszeit
etc. in den
Räumen, in welchen dieselben beschäftigt sind, aufgehängt werde.) Um aber zu verhindern, daß durch die Fabrikordnung
eine
unwürdige
Stellung der Lohnarbeiter herbeigeführt oder sonst Bestimmungen getroffen werden, welche berechtigte Ansprüche
der
Arbeiter verletzen und diese notwendig erbittern müssen, ist es zweckmäßig, für die Fabrikordnung
zugleich
obrigkeitliche
Genehmigung vorzuschreiben (wie früher in
Preußen,
[* 4]
Sachsen,
[* 5]
Württemberg,
[* 6]
jetzt in der
Schweiz). Es muß natürlich
der
Staatsverwaltung überlassen bleiben, dafür zu sorgen, daß bei dieser ihr übertragenen
Genehmigung die berechtigten
Ansprüche beider
Parteien gewahrt werden; aber zwei
Punkte sollte doch noch der Gesetzgeber allgemein normieren.
Er sollte für die
Geldstrafen Maximalsätze bestimmen und anordnen, daß die
Geldstrafen nur im
Interesse der
Arbeiter verwendet
werden dürfen. Dies ist der Standpunkt, aber bisher auch nur, des eidgenössischen Fabrikgesetzes.