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Aargau (1862), Glarus (1864), Baselland (1868), Baselstadt (1869), St. Gallen, Thurgau. Die Schutzbestimmungen waren sehr weitgehende.
Das neue Gesetz hat gleiches Recht für alle Kantone geschaffen. Es betrifft nur die Arbeit in den Fabriken, d. h. »in denjenigen industriellen Anstalten, in welchen gleichzeitig und regelmäßig eine Mehrzahl von Arbeitern außerhalb ihrer Wohnungen in geschlossenen Räumen beschäftigt wird«. Der Schutz, den es gewährt, ist teils ein allgemeiner, für alle Arbeiter, teils ein besonderer, für einzelne Arbeiterklassen.
I. Die allgemeinen Schutzbestimmungen sind hauptsächlich folgende:
1) Gesetzlicher Arbeitstag von 6 Uhr [* 3] morgens bis 8 Uhr abends (im Sommer von 5 Uhr morgens bis 8 Uhr abends) und Maximalarbeitszeit von 11 Stunden, an den Tagen vor Sonn- und Festtagen von 10 St. Der Bundesrat hat die Befugnis, bei gesundheitsschädlichen und andern Gewerben diese Zeit noch zu reduzieren. Eine ausnahmsweise, vorübergehende Verlängerung [* 4] der Arbeitszeit ist mit Genehmigung der kantonalen Verwaltungsbehörden zulässig. Zum Mittagsessen ist um die Mitte der Arbeitszeit mindestens eine Stunde freizugeben und eventuell außerhalb der gewohnten Arbeitsräume eine angemessene, im Winter geheizte Lokalität den Arbeitern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
2) Die Nachtarbeit, d. h. die Arbeit zwischen 8 Uhr abends und 6, resp. 5 Uhr morgens, ist nur ausnahmsweise zulässig, als regelmäßige nur bei Fabrikationszweigen, die ihrer Natur nach einen ununterbrochenen Betrieb erfordern, und hier auch nur mit Genehmigung des Bundesrats. Eine ausnahmsweise, vorübergehende Nachtarbeit kann von kantonalen Verwaltungsbehörden gestattet werden. Einmalige Nachtarbeit für dringende Reparaturen bedarf keiner Genehmigung.
3) Die Sonntagsarbeit ist, wie die Nachtarbeit, verboten und geregelt. Wo sie gestattet wird, muß für jeden Arbeiter der zweite Sonntag frei bleiben. Die Kantonalgesetzgebung kann weitere von Arbeit freie Feiertage bestimmen.
4) Im Interesse der Gesundheit und Sicherheit der Arbeit sind folgende Vorschriften erlassen: In jeder Fabrik sind die Arbeitsräume, Maschinen und Werkgerätschaften so herzustellen und zu unterhalten, daß dadurch Gesundheit und Leben der Arbeiter bestmöglich gesichert werden. Namentlich ist für gut beleuchtete, möglichst staubfreie, ordentlich ventilierte Arbeitsräume, bei gefährlichen Maschinen und Treibriemen für eine sorgfältige Einfriedigung und überhaupt für die Anwendung aller erfahrungsgemäß und nach dem technischen Produktionsprozeß und den gegebenen Verhältnissen möglichen Schutzmittel zu sorgen. Die Errichtung einer neuen und Umgestaltung einer bestehenden Fabrik bedarf der Genehmigung der Kantonsregierung, die nur erteilt werden darf, wenn die Fabrikanlage den gesetzlichen Anforderungen entspricht, und bei Fabrikanlagen, deren Betrieb ihrer Natur nach mit besondern Gefahren für Gesundheit und Leben der Arbeiter und der Bevölkerung [* 5] der Umgebung verbunden ist, an angemessene Vorbehalte zu knüpfen ist.
5) Bei erheblichen Körperverletzungen oder Tötungen in der Fabrik hat der Fabrikbesitzer sofort der kompetenten Lokalbehörde Anzeige zu machen, welche die Ursachen und Folgen des Unfalles zu untersuchen und der Kantonsregierung zu berichten hat.
6) Die Regelung der Haftpflicht (s. d.) der Fabrikbesitzer wurde einem besondern Bundesgesetz vorbehalten (Gesetz vom 7) Obligatorisch ist der Erlaß einer Fabrikordnung (s. d.), welche, nach vorheriger Mitteilung an die Arbeiter, der Genehmigung der Kantonsregierung bedarf und in jeder Fabrik augenfällig anzuschlagen, auch jedem Arbeiter bei seinem Dienstantritt besonders zu behändigen ist. Die verhängten Bußen (wozu Lohnabzüge für mangelhafte Arbeit oder verdorbene Stoffe nicht gehören) sind im Interesse der Arbeiter, namentlich für Unterstützungskassen, zu verwenden.
II. Besondere Schutzbestimmungen bestehen:
1) Für Frauenspersonen. Sie dürfen unter keinen Umständen zur Sonntags- oder zur Nachtarbeit verwendet werden, ebensowenig zur Reinigung im Gang [* 6] befindlicher Motoren, Transmissionen und gefahrdrohender Maschinen. Haben sie ein Hauswesen zu besorgen, so sind sie ½ Stunde vor der Mittagspause zu entlassen, sofern diese nicht mindestens 1½ Stunde beträgt. Wöchnerinnen dürfen vor und nach ihrer Niederkunft im ganzen während 8 Wochen, nach ihrer Niederkunft mindestens 6 Wochen nicht in der Fabrik beschäftigt werden. Schwangere Frauen dürfen in manchen Fabrikationszweigen überhaupt nicht arbeiten.
2) Für minderjährige Arbeiter, Kinder, welche das 14. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, dürfen gar nicht zur Arbeit in Fabriken verwendet werden. Jungen Leuten unter 18 Jahren ist die Sonntags- und Nachtarbeit untersagt. Ausnahmsweise kann jedoch der Bundesrat unter gewissen Kautelen diese gestatten. Für Kinder von 14 und 15 Jahren dürfen der Schul- und Religionsunterricht und die Arbeit in der Fabrik zusammen 11 Stunden pro Tag nicht übersteigen. In manchen Fabrikzweigen dürfen Kinder überhaupt nicht beschäftigt werden. Der Bundesrat hat diese Zweige zu bestimmen.
Die Durchführung des Gesetzes liegt den Kantonsregierungen ob, zum Zweck der Kontrolle hat aber auch der Bundesrat eigne Beamte, Fabrikinspektoren, zu ernennen (s. Fabrikinspektion).
Deutsches Reich.
In
Deutschland
[* 7] hat die Fabrikgese
tzgebung einen eignen Entwickelungsgang genommen.
Schon in den 20er
Jahren war von der preußischen
Regierung
der
Erlaß eines
Gesetzes, betreffend die
Kinderarbeit in
Fabriken, in Aussicht genommen worden. Die
Anträge des rheinischen
Provinziallandtags sowie die
Wahrnehmung, daß die Fabrikdistrikte nicht im stande seien, ihr Rekrutenkontingent
für die
Armee vollständig zu liefern, führten zum
Regulativ vom (dazu Kabinettsorder vom welches die
Aufnahme von
Kindern in
Fabriken,
Berg- und
Hüttenwerken vor dem 9. Jahr verbot, die Arbeitszeit der jungen Leute unter 16
Jahren
auf 10
Stunden täglich normierte und ihnen die Nachtarbeit und die
Arbeit an
Sonn- und Festtagen untersagte;
auch war darin der
Erlaß besonderer bau-, sanitäts- und sittenpolizeilicher
Anordnungen vorgesehen.
Verschärft wurden diese Vorschriften durch das
Gesetz vom indem das
Normaljahr für die Aufnahmefähigkeit in
Fabriken auf das 12. Jahr hinaufgesetzt und eine weitere Beschränkung der täglichen Arbeitszeit
junger
Personen verfügt wurde. Bemerkenswert ist, daß schon dieses
Gesetz die
Aufstellung besonderer Fabrikinspektoren in
Aussicht nahm. Weitere fabrikgese
tzliche Bestimmungen enthielt die
Gewerbeordnung von 1856, z. B. über das Truckverbot, welche
fast sämtlich wörtlich in der deutschen
Gewerbeordnung
Aufnahme fanden. Auch andre deutsche
Staaten erließen
frühzeitig
Verordnungen zum
Schutz der
Kinderarbeit in
Fabriken, so
Baden
[* 8] (1840),
Bayern
[* 9] (1840). Von den größern deutschen
Staaten
hatte
Württemberg
[* 10] diesen
Punkt nicht durch detaillierte Bestimmungen geregelt, sondern nur den allgemeinen
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leitenden Gesichtspunkt aufgestellt, daß die Verwendung von Schulkindern und jungen Leuten unter 18 Jahren in Fabriken nur
in einer Weise stattfinden dürfe, bei welcher dieselben an dem geordneten Besuch des Gottesdienstes und der Erfüllung der
gesetzlichen Schulpflicht nicht gehindert, und wobei für Gesundheit, körperliche Entwickelung und religiöse und sittliche
Erziehung keine Nachteile zu besorgen seien. Die neuen liberalen Gewerbeordnungen, welche 1861 bis 1864 in
den meisten Einzelstaaten erlassen wurden, enthielten auch fabrikgese
tzliche Bestimmungen, meist aber nur zu gunsten von
Kindern und jugendlichen Arbeitern und selbst diese in völlig unzureichender Weise.
Nach der Gründung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs wurde die Fabrikgese
tzgebung Sache des Bundes, resp. Reichs.
Die erste gemeinsame Regelung erfolgte durch die später Reichsgesetz gewordene Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes vom Die
betreffenden Bestimmungen umfaßten nur wenige Paragraphen. Der Standpunkt der Gewerbeordnung war folgender. Der Bund, resp.
das Reich wollten einen doppelten Schutz gewähren: Erstens sollten unmündige, in Fabriken beschäftigte
Personen unter 16 Jahren gegen eine übermäßige Beschäftigung geschützt werden (§ 128-133). Es wurden verboten die regelmäßige
Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren und die Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (nach 8½ Uhr abends bis 5½ Uhr morgens)
der jungen Personen unter 16 Jahren.
Die Beschäftigung während dieser Zeit wurde dahin geregelt, daß für Kinder von 12-14 Jahren eine Maximalarbeitszeit von 6 Stunden neben 3 Stunden Unterricht, für junge Leute von 14-16 Jahren eine solche von 10 Stunden angeordnet und weiter bestimmt wurde, daß zwischen den Arbeitsstunden vor- und nachmittags eine Pause von je ½ Stunde, mittags eine ganze Freistunde, dabei jedesmal auch Bewegung in der freien Luft gewährt werden müsse. Zum Zweck der Kontrolle wurden die Arbeitgeber verpflichtet, der Ortspolizei von den zu beschäftigenden jugendlichen Arbeitern Anzeige zu machen, solche nur auf Grund eines ihnen übergebenen, von der Ortspolizei ausgestellten Arbeitsbuches zu beschäftigen und über die Beschäftigten eine Liste zu führen.
Außerdem sollten noch alle Arbeiter gegen eine Gefährdung ihres Lebens und ihrer Gesundheit bei der Arbeit sowie gegen das Trucksystem (s. d.) geschützt werden. Das Truckverbot enthielt der § 134; zu jenem Zweck bestimmte § 107: »Jeder Gewerbeunternehmer ist verbunden, auf seine Kosten alle diejenigen Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des Gewerbebetriebes und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicherung der Arbeiter gegen Gefahr für Leben und Gesundheit notwendig sind«.
Diese an sich völlig unzureichenden Bestimmungen wurden noch dadurch illusorisch, daß gar keine Organe existierten, welche sich um die ordentliche Durchführung derselben bekümmerten. Einige, aber noch keineswegs genügende Änderungen führte das Gesetz vom herbei. Kindern unter 12 Jahren wurde die Fabrikarbeit unbedingt verboten. Wöchnerinnen dürfen während 3 Wochen nach ihrer Niederkunft nicht beschäftigt werden. Alle Arbeiter unter 21 Jahren wurden polizeilicher Kontrolle unterstellt, Kinder müssen eine Arbeitskarte, die andere ein Arbeitsbuch (s. d.) haben.
Obligatorisch wurde die Fabrikinspektion (s. d.) gemacht. Endlich gab der § 139a noch dem Bundesrat die Befugnis, unter bestimmten Voraussetzungen den Schutz für Kinder, jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen teils auszudehnen, teils zu verringern. Die betreffende Verordnung ist dem nächstfolgenden Reichstag vorzulegen, der sie aufheben kann. Der Bundesrat kann den Schutz ausdehnen bei gewissen Fabrikationszweigen, welche mit besondern Gefahren für Gesundheit und Sittlichkeit verbunden sind, die Beschäftigung jener Personen gänzlich untersagen oder von besondern Bedingungen abhängig machen, insbesondere auch die Nachtarbeit der Arbeiterinnen untersagen.
Den Schutz verringern kann er in Bezug auf Spinnereien sowie auf Fabriken, in denen ununterbrochen (Tag und Nacht) gearbeitet werden muß, oder deren Betrieb eine Einteilung in regelmäßige Arbeitsschichten von gleicher Dauer nicht gestattet, oder deren Betrieb seiner Natur nach auf bestimmte Jahreszeiten [* 12] beschränkt ist, indem er die gesetzlichen Beschränkungen bezüglich der Arbeitszeit der Kinder und jugendlichen Arbeiter aufheben kann, jedoch nur mit der Maßgabe, daß die Arbeitszeit der Kinder (von 12 und 13 Jahren) die Dauer von 36 Stunden und die für junge Leute (von 14 und 15 Jahren) in Spinnereien die Dauer von 66 St., in andern Fabriken die von 60 St. nicht überschreiten darf.
Der Bundesrat hat von dieser doppelten Befugnis für vier Produktionszweige Gebrauch gemacht: a) durch Verordnung vom betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Walz- und Hammerwerken; b) durch Verordnung gleichfalls vom betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Glashütten; c) durch Verordnung vom betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Spinnereien, welche für alle Personen unter 16 Jahren in Hechelsälen sowie in Räumen, in denen Reißwölfe im Betrieb sind, während der Dauer des Betriebes die Beschäftigung wie den Aufenthalt untersagt, für jugendliche Arbeiter aber, welche ausschließlich zu Hilfsleistung bei dem Betrieb der Spinnmaschinen [* 13] verwendet werden, die tägliche Maximalarbeitszeit von 10 auf 11 St. erhöht, sofern ärztlich bescheinigt ist, daß ihre körperliche Entwickelung ihre Beschäftigung bis zu 11 St. täglich ohne Gefahr für ihre Gesundheit zuläßt; d) durch die Verordnungen vom und für Steinkohlenbergwerke.
Diese Verordnungen suchen das Interesse der Unternehmer mit dem Interesse der zu schützenden Personen möglichst in Einklang zu bringen, aber die Situation der letztern ist zum Teil doch eine ungünstigere geworden, als sie gesetzlich, wenn auch nicht immer thatsächlich, nach der Gewerbeordnung war.
Osterreich ^[richtig: Österreich].
In Österreich beschränkte sich bis zum die Fabrikgese
tzgebung auf die wenigen Bestimmungen
der Gewerbeordnung von 1859, 6. Hauptstück (§ 82-87), die einen noch geringern Schutz gewährten als die deutsche Gewerbeordnung.
Sehr viel größer aber ist der Schutz geworden durch die neue umfassende Regelung von 1885 (Gesetz vom 8. März). Die Hauptbestimmungen
der geltenden Rechte sind folgende. Von allgemeinen, auf alle Gewerbsunternehmungen bezüglichen sind
hervorzuheben: 1) Das Verbot der Sonntagsarbeit mit der Maßgabe, daß bei einzelnen Kategorien von Gewerben, bei denen eine
Unterbrechung des Betriebes unthunlich, oder bei denen der ununterbrochene Betrieb im Hinblick auf die Bedürfnisse der
Konsumenten oder des öffentlichen Verkehrs erforderlich ist, der Handelsminister die Arbeit auch an Sonntagen
gestatten darf (ist in einem großen Umfang geschehen).
2) Das Truckverbot.
3) ¶
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Obligatorische Arbeitsbücher.
4) Obligatorische, der Gewerbsbehörde vorzulegende Arbeitsordnungen für Fabriken und Gewerbsunternehmungen, in welchen über 20 Hilfsarbeiter in gemeinschaftlichen Lokalen beschäftigt sind.
5) Vorgeschrieben sind für alle Arbeiter Ruhepausen (zusammen mindestens 1½ Stunden).
6) Verpflichtungen der Gewerbsinhaber zur Vermeidung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Moral der Arbeiter (§ 74). 7) Zu regelmäßigen gewerblichen Beschäftigungen dürfen Kinder unter 12 Jahren gar nicht, zwischen 12 und 14 nur verwendet werden, sofern ihre Arbeit der Gesundheit nicht nachteilig ist und die körperliche Entwickelung nicht hindert, auch der Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht nicht im Weg steht, und nie länger als 8 Stunden täglich.
8) Durch ministerielle Verordnung kann bei gefährlichen oder gesundheitsschädlichen Verrichtungen die Beschäftigung jugendlicher (unter 16 Jahren) und weiblicher Arbeiter verboten oder nur bedingungsweise gestattet werden.
9) Verboten ist die Nachtarbeit (8 Uhr abends bis 5 Uhr morgens) der jugendlichen Arbeiter. Der Handelsminister (im Einvernehmen mit dem Minister des Innern) ist jedoch ermächtigt, für bestimmte Kategorien von Gewerben mit Rücksicht auf klimatische Verhältnisse und sonstige wichtige Umstände diese Grenzen [* 15] der Nachtarbeit angemessen zu regeln oder überhaupt die Nachtarbeit zu gestatten.
10) Wöchnerinnen dürfen erst 4 Wochen nach ihrer Niederkunft zu regelmäßigen gewerblichen Beschäftigungen verwendet werden. Von besondern Bestimmungen für fabrikmäßig betriebene Gewerbsunternehmungen sind zu erwähnen:
1) Die Arbeitsdauer darf ohne Einrechnung der Arbeitspausen höchstens 11 Stunden binnen 24 Stunden betragen. Doch kann durch ministerielle Verordnung Gewerbskategorien bei nachgewiesenem besondern Bedürfnis eine weitere Arbeitsstunde gewährt werden. Die Liste ist von 3 zu 3 Jahren zu revidieren.
2) Wo der ununterbrochene Betrieb zulässig, ist behufs Ermöglichung des wiederkehrend erforderlichen Schichtwechsels ministeriell die Arbeitszeit angemessen zu regeln.
3) Kinder unter 14 Jahren dürfen zu regelmäßiger Beschäftigung gar nicht, jugendliche Arbeiter von 14-16 Jahren nur zu leichtern Arbeiten verwendet werden, welche der Gesundheit derselben nicht nachteilig sind und deren körperliche Entwickelung nicht hindern.
4) Die Nachtarbeit dieser Arbeiter und der Frauenspersonen ist verboten, aber Ausnahmen durch ministerielle Verordnung sind bedingungsweise zulässig. - Das Gesetz vom führte Gewerbeinspektoren ein, die Zahl der Aufsichtsbehörden und Inspektoren ist durch Verordnung vom auf 12 festgesetzt.
Andre Staaten.
In den übrigen europäischen Staaten beschränkt sich die Fabrikgese
tzgebung wesentlich auf Schutzbestimmungen für Kinder,
resp. Minderjährige; aber selbst diese sind nirgends ausreichende. In Frankreich ist das Hauptgesetz das Gesetz vom (getreten
an Stelle des Gesetzes vom Es bezieht sich auf die industrielle Arbeit von Kindern und jungen Personen unter 16 Jahren
und minderjähriger Mädchen (16-21 Jahren) in Manufakturen, Fabriken, Hüttenwerken, Bergwerken, Bauhöfen und Werkstätten.
Von den Bestimmungen seien nur erwähnt (das Gesetz, abgedruckt bei Lohmann, s. unten): Das normale Minimalalter der Beschäftigung ist 12 Jahre (ausnahmsweise 10), die Maximalarbeitszeit für 10-12jährige 6 Stunden, für 12-15jährige 12 St., wenn sie den ersten Elementarunterricht genossen haben, sonst 6 St., für 15jährige 12 St. Verboten ist die Nachtarbeit für Personen unter 16 Jahren, in Hüttenwerken und Manufakturen auch für Mädchen von 16-21 Jahren; Sonntags und Feiertags darf keine dieser Personen zur Arbeit verwendet werden etc. Eine besondere Inspektion wurde angeordnet (s. Fabrikinspektion). Das Gesetz vom (dazu Dekret vom welches den Normalarbeitstag von 12 St. für sämtliche Arbeiter in Fabriken einführte, ist nicht zur praktischen Durchführung gelangt. - In Dänemark: [* 16] Gesetz vom Schweden: [* 17] Verordnung vom Holland: Gesetz vom (Abdruck der Gesetze bei Lohmann, s. unten), in Rußland: Gesetze vom und
In den Vereinigten Staaten
[* 18] von Nordamerika
[* 19] ist die Fabrikgese
tzgebung Sache der Einzelstaaten. Die Union hat für die in ihren Werkstätten beschäftigten
Arbeiter den achtstündigen Arbeitstag durch Gesetz vom eingeführt. Fast alle industriellen
Staaten (18) der Union haben fabrikgese
tzliche Bestimmungen: 14 über Kinderarbeit, 13 über jugendliche Personen, 4 über weibliche
Arbeiter. Die Bestimmungen sind in den einzelnen Staaten verschieden. Die älteste, umfangreichste und interessanteste Fabrikgese
tzgebung dieser
Art hat Massachusetts.
Ein legaler Arbeitstag besteht in einer Reihe von Staaten, teils von 10 St. (7 Staaten), teils 8 St. (6
Staaten); aber nur in 3 Staaten ist die Vorschrift keine zwingende, die andern gestatten die vertragsmäßige Abrede einer
längern Arbeitszeit. 10 Staaten haben eigne arbeitsstatistische Bureaus (s. Arbeitsämter), und ebenso haben 10 Staaten besondere
Gesetze zum Schutz von Bergwerksarbeitern. Im allgemeinen entspricht die dortige Fabrikgesetzgebung
keineswegs
den berechtigten Anforderungen (vgl. über diese Fabrikgesetzgebung
besonders Tait, s. unten).
Da bei der internationalen Konkurrenz diejenigen Länder, welche ihre Industrie durch eine Fabrikgesetzgebung
nicht beschränken, leicht vor
andere einen Vorsprung gewinnen, so wurde auch mehrfach der Gedanke angeregt, es möchten die Hauptindustrieländer Vereinbarungen
miteinander treffen, auf Grund deren sie alle ihre Fabrikgesetzgebung
nach gewissen gemeinsamen Grundsätzen regelten.
Doch hat eine solche internationale Fabrikgesetzgebung
wegen der Verschiedenartigkeit aller einschlägigen Verhältnisse
zur Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung.
Litteratur. »Verhandlungen der Eisenacher Versammlung zur Besprechung der sozialen Frage« (Leipz. 1873);
»Schriften des Vereins für Sozialpolitik«, Bd. 2 u. 4 (das. 1873 u. 1874);
Schönberg in seinem »Handbuch der politischen Ökonomie« (dort auch weitere Litteratur);
Brentano ebenda; Derselbe, Das Arbeitsverhältnis gemäß dem heutigen Recht (Leipz. 1877);
Lohmann, Die Fabrikgesetzgebung
der Staaten des europäischen Kontinents (Berl.
1877);
v. Plener, Die englische Fabrikgesetzgebung
(Wien
[* 20] 1871);
v. Bojanowski, Die englischen Fabrik- und Werkstättengesetze bis zum Gesetz von 1874 (Berl. 1876);
Derselbe, Das englische Fabrik- und Werkstättengesetz von 1878 (Jena [* 21] 1882);
Tallon u. Maurice, Legislation sur le travail des enfants dans des manufactures (Par. 1875);
Morillot, Du travail des enfants dans les manufactures (das. 1877);
v. Scheel, Die Fabrikgesetzgebungen
der Kantone der Schweiz
[* 22] etc. (in den »Jahrbüchern
für Nationalökonomie«, Bd. 20, 1873);
Cohn, Die Bundesgesetzgebung der Schweiz etc. (das. 1879);
Böhmert, Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz, Bd. 1 (Zürich [* 23] 1873);
Tait, Die Arbeiterschutzgesetzgebung in den Vereinigten Staaten (Tübing. 1884). ¶