Exorcismus
(grch.), die
Beschwörung unter Anrufung
Gottes; in der christl.
Kirche die
Austreibung des Teufels
oder der bösen
Geister aus einem von ihnen besessenen
Menschen, unter Anrufung des
Namens
Gottes oder Christi. (S. auch
Besessene.)
Dergleichen Dämonenbeschwörungen waren im Zeitalter Jesu bei
Juden und
Heiden sehr üblich, und wie von
Jesus selbst in
den
Evangelien solche
Beschwörungen berichtet werden, so war es in der christl.
Kirche von Anfang an
Sitte, durch Anrufung des
Namens Christi die bösen
Geister aus den
Kranken auszutreiben. Die Exorcisten oder
Teufelsbanner bildeten daher eine eigene
Klasse von Kirchenbeamten (s.
Exorcista).
Bis in die neueste Zeit sind solche Teufelsbeschwörungen nicht
bloß an
Personen, sondern auch an verzauberten Dingen geübt worden. - Eine besondere Bedeutung hat der Exorcismus
noch
bei der
Taufe erhalten.
Nach der altkirchlichen
Lehre
[* 2] waren alle
Heiden in des
Teufels Gewalt, mußten also bei der
Taufe exorcisiert werden. Seit dem 4. Jahrh.
kam der Exorcismus
auch bei der Kindertaufe in Gebrauch. Mit dem Exorcismus
in
Verbindung steht die sog.
Abrenunziation,
d. h.das auf die Frage des Geistlichen von dem Täufling oder in seinem
Namen von den
Paten geleistete Gelöbnis, dem
Teufel
und allen seinen Werken zu entsagen. Von der röm.
Kirche übernahm
Luther (in seinem
Kleinen
Katechismus)
den Exorcismus
samt
Abrenunziation, wogegen ihn die
Reformierten abschafften.
Die Beseitigung des Exorcismus
erschien daher den strengen
Lutheranern als Kryptocalvinismus und erregte z. B. in
Sachsen
[* 3] die heftigsten
Stürme. Doch hatten ihn auch streng luth. Theologen für entbehrlich erklärt, und im 18. Jahrh.
kam er fast überall außer Gebrauch. Dagegen haben ihn nach dem Vorgange der
Altlutheraner neuerdings
viele orthodoxe Pastoren «um des Gewissens willen» wieder einzuführen
versucht, und luth. Kirchenregierungen bestanden wenigstens auf der
Abrenunziation, die, wenn sie auch eine minder anstößige
Deutung zuläßt, doch die dogmatische
Grundanschauung des Exorcismus
aufrecht erhält.