Esther
heißt nach seiner Heldin eins der jüngsten Bücher des Alten Testaments. Die Fabel des Buchs ist folgende: der pers. König Ahasverus (d. i. Xerxes) feiert im dritten Jahre seiner Regierung zu Susa ein Gastmahl, zu welchem er alle Könige und Fürsten seines Reichs eingeladen hat. Die Königin Vaschti bekommt Befehl, dabei zu erscheinen, weigert sich aber. Zur Strafe für ihren Ungehorsam wird sie verstoßen. Um einen Ersatz zu gewinnen, läßt Xerxes unter den Jungfrauen des Reichs Auslese halten.
Unter vielen andern wird auch eine Jüdin, Hadassa,
d. i. Myrte genannt, in den
Harem eingeliefert. Auf
den
Rat ihres Onkels und Vormundes Mardochai verschweigt sie ihre Herkunft und empfängt den pers.
Namen Esther
,
d. i.
Stern. Im 7. Jahre des
Xerxes kommt sie in den
Palast, findet
Gnade vor
Xerxes
Augen und wird
zur Königin erhoben. Durch ihre Vermittelung entdeckt Mardochai eine Verschwörung.
Weil er jedoch dem Günstling des Königs,
Haman, die
Adoration verweigert, so bittet dieser den König, alle
Juden töten zu dürfen.
Der
Tag dazu wird durchs Los (pûr) festgestellt. Am 13.
Adar im 12. Jahre des
Xerxes sollen alle
Juden im
pers.
Reiche getötet und ihre
Güter geplündert werden. Haman läßt schon den
Pfahl aufrichten, an welchen er Mardochai hängen
will. Da läßt sich der König eines
Tages aus der Reichschronik vorlesen und stößt hierbei auf eine Erwähnung des ihm
von Mardochai geleisteten Dienstes. Da eine Erkundigung ergiebt, daß er hierfür noch keine Belohnung
erhalten hat, so befiehlt er Haman, ihn nachträglich zu ehren. Esther
entdeckt
Xerxes Hamans Ränke. Da dieser noch dazu in seiner
Angst den Argwohn des eifersüchtigen
Xerxes erregt, so wird er aufgehenkt.
Das frühere Dekret gegen die
Juden kann zwar wie alle Dekrete pers. Könige nicht annulliert werden.
Dafür aber erhalten die
Juden die Erlaubnis, ihre Feinde zu töten und ihre
Habe zu plündern. Mardochai verläßt mit königl.
Gewändern geschmückt den
Palast. Unter den
Juden herrscht große Freude. Sie feiern die fröhliche
Kunde durch einen Schmaus.
Als der
Tag herankommt, töten sie 75000
Perser. Da Esther
hierdurch noch nicht ganz befriedigt ist, so erlaubt
der König den
Juden, das Mordgeschäft noch am 14.
Adar fortsetzen zu dürfen.
Zum Andenken daran schreibt Mardochai das Fest der Lose, d. h. Purimfest (s. d.) aus. Es ist offenbar, daß der Inhalt dieses Buchs unhistorisch ist. In seinem 7. Jahre hatte Xerxes die Amestris zur Frau, von welcher er sehr abhängig war. Zudem entnahmen die pers. Könige ihre Frauen aus den edelsten pers. Familien, mit Vorliebe ihrer nächsten Verwandtschaft. Der Gedanke, daß mit Einwilligung eines pers. Königs von den Juden im ganzen Reich 75000 Perser erschlagen worden sein sollten, ist abgeschmackt. Gleiches ¶
mehr
Ungeschick zeigt der Verfasser bei Verwertung der biblischen Angaben. Mardochai ist nach Esther
2, 6 mit Jojachin
(597 v. Chr.) ins Exil geführt worden. Xerxes kam 485 v. Chr. zur Regierung. Im 7. Jahre des Xerxes war daher Mardochai, wenn
er als Säugling deportiert worden ist, etwa 120 Jahre, Esther
60‒90 J. alt. Daran ändert der Umstand nichts,
daß der Verfasser im übrigen mit Sitten und Unsitten orient. Hofhaltungen nicht übel vertraut ist. Das Buch Esther
, ein Lieblingsbuch
des spätern Judentums, beabsichtigt, das in später Zeit von den Babyloniern und Persern entlehnte Purimfest den Juden zu empfehlen,
indem es eine nationale Begründung für dasselbe aufstellt. Wie das Passah soll es zur Erinnerung an eine
Rettung des Volks gefeiert werden. Der Verfasser knüpft aber an eine Volksetymologie pûr = Los an, während in Wirklichkeit
der Name Purim ein Fremdwort ist und die Festschmäuse bezeichnet.