Eßlingen,
[* 1] Stadt und Oberamtssitz im württemberg. Neckarkreis, 234 m ü. M., ehemals freie Reichsstadt, am Neckar und an der Hauptbahn Württembergs (Bretten-Friedrichshafen) in lieblicher, fruchtbarer und volkreicher Gegend gelegen, ist von Weinbergen und Gärten umkränzt, teilweise auch von starken Mauern mit Türmen und Thoren umgeben und besteht aus der innern Stadt und mehreren Vorstädten. Über der Stadt thront die alte Burg, die ihre Mauern bis zur Stadt herunter erstreckt.
Die eigentliche Stadt hat enge, unregelmäßige Straßen und viele alte, unansehnliche Häuser, doch ein altes Rathaus (von 1430), ein neues Rathaus (von 1742, früher Schloß) und 3 Kirchen: die spätromanische zweigetürmte Dionysiuskirche (aus dem 13. Jahrh.) und die im 15. Jahrh. erbaute und gegenwärtig restaurierte schöne gotische Liebfrauenkirche mit einem 75 m hohen, kühn und leicht emporstrebenden durchbrochenen Turm, dem schönsten Schmuck von Eßlingen, außerdem eine kath. Kirche. Von der Kirche St. Georg steht nur noch das Chor als Ruine da. Mehrere ehemalige Klostergebäude dienen jetzt zu gemeinnützigen Zwecken. Eßlingen ist Sitz eines Amtsgerichts, hat ein Lyceum (früher Pädagogium), eine Realschule, ein Schullehrerseminar, eine Taubstummenschule, ein reiches Hospital (1233 gestiftet), ein Haus der Barmherzigkeit, ein israelitisches Waisenhaus, ein besonders für die Reformationszeit
[* 1] ^[Abb.: Wappen von Eßlingen.]
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wichtiges Archiv, eine Wasserleitung (seit 1876) u. mit den Filialen (1885) 20,851 Einw. (darunter ca. 1400 Katholiken und 170 Juden), im engern Sinne nur 16,691 Einw. Das Gewerbs- und Fabrikleben der Stadt ist bedeutend. Sie besitzt die größte Maschinenfabrik des Landes (1500 Arbeiter), außerdem Kammgarn- und Baumwollspinnerei, eine große lithographische Anstalt, Fabriken für feine Holzwaren, Handschuhe, Plaqué und lackierte Blechwaren, Tuch, Knöpfe, Gold- und Silberwaren etc., mechanische Werkstätten.
Wie die Gewerbe, so blühen auch der Obst- und Weinbau. Allbekannt sind die moussierenden Neckarweine von Eßlingen (Eßlinger Champagner); die Keßlersche Fabrik besteht, als die erste in Deutschland, seit 1826. Zu der Gemeinde Eßlingen gehören noch viele Orte in weiterm Umkreis mit gutem Obst- und Weinbau, darunter Mettingen am Neckar mit einer großen Baumwollspinnerei, Kennenburg mit Irrenheilanstalt, Rüdern mit schöner Aussicht vom Wartturm, das ehemalige Kloster, jetzt königl. Lustschloß und Hofdomäne, Weil mit königlichem Privatgestüt und Viehzucht. - Eine Kapelle des heil. Vitalis, die schon 784 erwähnt wird, gab dem Ort Eßlingen (Ezzilinga, Ecelinge) seine Entstehung.
Schon 886 erhielt derselbe die Marktgerechtigkeit und wurde dadurch zur Stadt erhoben. 1077 erscheint Eßlingen bereits als bedeutende Stadt und wurde 1209 durch Otto IV. freie Reichsstadt, von Kaiser Friedrich II. 1215 mit Mauern umgeben. Die Stadt erwarb 1403 die Vogtei und wurde durch den sich entwickelnden Handel immer blühender. Doch besaßen die Grafen von Württemberg das Reichsschultheißenamt daselbst und dadurch großen Einfluß auf die Regierung der Stadt, was Anlaß zu vielen Fehden gab. 1331 bildete sie mit andern Reichsstädten den Schwäbischen Städtebund und leistete Eberhard dem Greiner hartnäckigen Widerstand.
Erst unter Eberhard im Bart stellte sich Eßlingen 1473 unter den Schutz Württembergs. Im J. 1488 wurde zu der Schwäbische Bund zur Aufrechthaltung des Landfriedens errichtet. Die Reformation fand daselbst 1531 durch den vom Rat berufenen Ambrosius Blarer von Konstanz Eingang. Die Verfassung der Stadt, welche seit dem 13. Jahrh. eine gemäßigt-demokratische gewesen war, erhielt durch Karl V. 1552 aristokratische Form. Am kam es hier zu einem Treffen zwischen den Franzosen unter Moreau und den siegreichen Österreichern, welche den Neckar zu verteidigen suchten. Im J. 1802 fiel Eßlingen nebst seinem Gebiet (90 qkm) mit vier Dörfern und 10,000 Einw. an Württemberg.
Vgl. Pfaff, Geschichte der Reichsstadt Eßlingen (Eßling. 1852).