Esel
(Asinus
Gray), Untergattung der
Gattung
Pferd
[* 2]
(Equus L.), von den eigentlichen
Pferden durch den
nur an der
Spitze mit langen
Haaren besetzten
Schwanz, die nur an den Vorderfüßen vorhandenen
Kastanien, die kurze, aufrechte
Mähne und die längern
Ohren unterschieden. Der
Halbesel
(Dschiggetai,
Kiang,
Kulan, A. hemionus
(Gray) ist 2 m lang, mit 40
cm
langem
Schwanz, 1,3-1,5 m hoch, sehr zierlich gebaut,
mit proportionierten, aufrechten
Ohren, etwas schwerem
Kopf und kleinen, wie beim Esel
gestalteten
Hufen.
Das im Winter zottige Haar [* 3] ist isabellfarben, an der Schnauze, der innern Seite der Hinterbeine und der hintern Seite der Vorderbeine weißlich; von der kurzen und weichhaarigen, dunkeln Mähne zieht sich ein braunschwarzer Streifen über den Rücken und den bis zur Mitte kahlen Schwanz. Er lebt truppweise in ganz Mittelasien, sowohl in der Ebene als auf den Hochgebirgen, bevorzugt die Umgebung der Seen und Flüsse, [* 4] sammelt sich im Herbst zu großen Herden, schweift weit umher und sucht futterreiche Gegenden, um im Frühjahr auf die Sommerstände zurückzukehren.
Jedem
Trupp von 3-20 und mehr
Tieren steht ein
Hengst vor, welcher sehr kampflustig ist und um seine Herrschaft mit andern
Hengsten
mutig kämpft. Die Roßzeit fällt zwischen Mitte
Mai und Mitte Juli, die Fohlzeit etwa einen
Monat früher. Er wird des
Fleisches
und
Felles halber gejagt, und sein
Schwanz gilt als heilkräftig. Seine Zähmung ist den
Mongolen nicht
gelungen; aber in unsern Tiergärten hat man den
Dschiggetai mit der Eselin
, dem
Quagga und
Zebra gekreuzt, und in
Tibet benutzt
man ihn zur
Zucht von
Maultieren, welche fruchtbar sein sollen. Der wilde Esel
(Onager, A.
Onager
Briss.) ist
etwas kleiner als der vorige, höher und feiner gebaut als der zahme Esel
,
¶
mehr
grau silberglänzend, an der Seite des Halses, Rumpfes und der Hüften isabellfarben, mit weißen Streifen auf dem Rücken und an der Hinterseite der Keulen und braunen Riemen. Er findet sich von Syrien über Arabien und Persien [* 6] bis Indien. In seiner Lebensweise erinnert er an den vorigen. Von seiner großen Schnelligkeit spricht schon Xenophon, der ihn in der Nähe des Euphrats traf. Nach Strabon und Plinius lebte er auch in Kleinasien. Seine Sinne sind hoch entwickelt, dabei ist er höchst genügsam und frißt namentlich salzhaltige Pflanzen.
Kirgisen, Perser, Araber jagen ihn seines Fleisches halber, und die Römer
[* 7] schätzten die Füllen (lalisiones)
als Leckerbissen. Das Fell verarbeitet man auf Chagrin und andres Leder; die Perser fangen die wilden Esel
lebendig in Wolfsgruben
[* 8] und verkaufen sie in die Stutereien, wo man sie zähmt und die prächtigen Esel
zieht, welche man in Persien, Arabien und Ägypten
[* 9] reitet und teuer bezahlt. Der Steppenesel
(A. taeniopus Heugl.)
ist groß, schlank, hübsch gebaut, doch mehr als die vorigen vom Habitus des gezähmten Esels
, aschgrau oder isabellfarben,
an der Unterseite heller, mit deutlichem Schulterkreuz und einigen mehr oder weniger bemerkbaren Querstreifen an der Außenseite
des Hinterfußes.
Die Mähne ist ziemlich schwach und kurz, die Quaste am Schwanz aber stark und lang. Das Tier findet sich
wahrscheinlich in allen Steppenländern östlich vom Nil, häufig um die Atbara und in den Barkaebenen. Jeder Hengst führt
eine Herde von 10-15 Stuten und bewacht und verteidigt sie; er ist ausnehmend scheu und vorsichtig; in der Jugend eingefangen,
soll er sich leicht zähmen lassen. Der zahme Esel
(A. domesticus L.) stammt von einem der genannten
Wildesel;
von alters her hat man den Steppenesel und den Onager gezähmt und zur Veredelung der Esel
zucht benutzt.
Dies geschieht noch jetzt in Persien und Arabien, während der Esel
bei uns durch Vernachlässigung sehr herabgekommen ist. Er
ist in Persien und Ägypten ein schönes, lebendiges, fleißiges, ausdauerndes Geschöpf, wird sorgfältig
gepflegt und als Haustier sehr vielseitig ausgenutzt. Man hält eine große Rasse, wohl aus der Kreuzung mit dem Onager hervorgegangen,
als Reittier, welche teurer bezahlt wird als das Pferd, und eine kleinere zum Lasttragen. Auch im Sudân ist
der noch Haustier, und in Südamerika
[* 10] kommt er verwildert vor wie ehemals auch auf Sardinien
[* 11] und einigen griechischen Inseln.
Er liebt Trockenheit, erträgt aber Feuchtigkeit und Kälte weniger gut als das Pferd.
Sein Schritt ist sehr sicher, er trägt schwere Lasten und kann als Zugtier gebraucht werden. Der Esel
liebt
trockne und salzige Kräuter, Hafer
[* 12] und Klee, ist aber sehr genügsam und verschmäht selbst Disteln nicht. Er säuft nur ganz
reines Wasser. Seine Sinne sind hoch entwickelt, besonders das Gehör,
[* 13] er hat ein treffliches Gedächtnis, ist listig, gutmütig,
oft aber auch tückisch und störrig. Gegen Prügel ist er wenig empfindlich. Eine Anhänglichkeit an
seinen Wärter wie das Pferd zeigt er niemals.
Die Stimme ist ein langgedehntes Y-a, das vorzüglich durch zwei eigne kleine Höhlungen am Luftröhrenkopf bewirkt wird.
Krank wird er nicht leicht, er kann über 50 Jahre alt werden. Die Roßzeit fällt bei uns in die letzten Frühlings-
und ersten Sommermonate, und nach 290 Tagen wirft die Eselin
ein Junges, welches nach 5-6 Monaten entwöhnt werden kann. Das
Fleisch des Esels
wird in südlichen Gegenden gegessen. Die Haut
[* 14] gibt zähes Leder, welches für Trommeln geschätzt wird; außerdem
wird Pergament daraus verfertigt.
Die Esel
smilch steht in ihren
Eigenschaften der Milch von Frauen am nächsten, ist leichter gerinnbar und
gibt nur nach langem Schütteln eine weiche, weiße, geschmacklose, leicht ranzig werdende Butter. Die Molken derselben enthalten
viel Milchzucker und schmecken angenehm süß. Sie wird als leichtverdaulich und nährend oft in Krankheiten verordnet, wo
große Störung und Erschlaffung der Verdauungsfunktionen vorwalten. Durch Kreuzung des Esels mit Pferden
entstehen das Maultier und der Maulesel (s. d.).