Erzählung
,
die sprachliche
Darstellung einer Begebenheit nach ihrem Verlauf und ihren Umständen, unterscheidet sich
dadurch von der
Beschreibung (s. d.), daß ihr Gegenstand immer als etwas
Vergangenes angesehen wird. Als ästhetische Form begreift Erzählung
die Geschichte im engern
Sinn, die
Biographie, die Charakterschilderung,
nebst andern epischen
Gattungen.
Klarheit, Vollständigkeit und deutliche
Vorstellung des innern Zusammenhanges der Umstände
sind Hauptbedingungen einer guten Erzählung.
Speziell als Dichtungsform betrachtet, hat die Erzählung
Ereignisse und
Vorfälle aus dem
Leben einzelner
Personen zum Gegenstand, welche das
Interesse vermittelst des individuellen
Charakters der Begebenheit
selbst in Anspruch nehmen.
Dadurch, daß sie Ereignisse und Vorfälle aus dem menschlichen Leben darstellt, nicht das ganze Leben einer Person umfaßt (also einen beschränkten Umfang hat), der Episoden entbehrt, vornehmlich aber dadurch, daß sie weder wunderbare Verknüpfung der Begebenheiten selbst noch den Schein solcher anstrebt, unterscheidet sie sich vom Roman und von der Novelle, von der sie sich im übrigen nicht scharf sondern läßt. Sie erfordert vorzugsweise Einfachheit des Plans, Leichtigkeit der Entwickelung, unbefangenen, natürlichen Ton und schmucklose Darstellung und tritt sowohl in Prosa als in metrischer Form auf.
Zur letztern
Gattung, der poetischen Erzählung
im engern
Sinn, gehören z. B. die kleinern erzählenden
Poesien der mittelalterlichen
Dichter (»Der arme
Heinrich« von
Hartmann von Aue etc.),
die von H. Sachs, Hagedorn, Wieland etc. wie die zahlreichen lyrisch-epischen Dichtungen der Neuzeit von W. Scott (»Mädchen vom See«),
Lord Byron, Th. Moore (»Lalla Rookh«),
Longfellow (»Evangeline«),
Zedlitz (»Waldfräulein«),
J. ^[Julius] Wolff (»Rattenfänger«) u. a.