Titel
Erlangen.
[* 2]
1)
Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez. Mittelfranken,
hat (1890) 12723 (6069 männl., 6654 weibl.) Erlangen
in 30 Gemeinden mit 55 Ortschaften,
darunter 1 Stadt. - 2)
Unmittelbare Stadt im NW. von
Nürnberg,
[* 3] am Einfluß der
Schwabach
[* 4] in die
Rednitz ^[richtig:
Regnitz],
in 280 m Höhe, am
Ludwigskanal und an der Linie
München-Bamberg-Hof und den
Nebenlinien Erlangen
-Gräfenberg
(28,3 km) und
Erlangen-Herzogenaurach der Bayr. Staatsbahnen,
[* 5] zerfiel früher in die seit 1822 zu einer
Gesamtgemeinde vereinte
Altstadt und Neustadt,
[* 6] welch letztere zu Ehren des Markgrafen
Christian Ernst von
Brandenburg-Bayreuth,
der diesen
Teil den nach der Aufhebung des
Edikts von Nantes
[* 7] aus
Frankreich vertriebenen
Protestanten 1686 einräumte, auch
Christian-Erlangen
genannt wurde.
Die Stadt ist Sitz des
Bezirksamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht
Fürth),
[* 8]
Nebenzollamtes, eines
Rent-, Forst- und
Aichamtes,
sowie einer
Bahn- und Postverwaltung, einer staatlichen Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genußmittel und eines
Bezirksgremiums
und hat (1890) 17559 (9109 männl., 8450 weibl.) Erlangen
, darunter 3958 Katholiken und 239 Israeliten,
Postamt zweiter
Klasse,
Telegraph
[* 9] und Fernsprecheinrichtung, in Garnison das 1. und 2.
Bataillon des 19. Infanterieregiments, 2 luth.,
je 1 deutsch-reform., franz.-reform. und kath.
Kirche, eine 1846 errichtete Kreisirrenanstalt, einen
Vorschuß- und Kreditverein,
Universität, ein königl. Gymnasium (1745
gegründet), eine königl. Realschule (Rektor Pumplün, 17
Lehrer, 201
Schüler), höhere Mädchenschule, gewerbliche Fortbildungsschule,
Hebammenschule,
Kinderbewahranstalt, städtische Rettungsanstalt, Wasserleitung,
[* 10]
Kanalisation, Gasbeleuchtung,
Schlachthof (1890) und 2 Freimaurerlogen.
Von öffentlichen Denkmälern verdient Erwähnung das von Schwanthaler modellierte und von Stiglmayer in Erz gegossene Standbild des Markgrafen Friedrich, Stifters der Universität, welches Ludwig I. 1843 vor dem Universitätsgebäude auf dem Schloßplatze errichten ließ;
ferner das ebenfalls von Ludwig I. zur Erinnerung an die Erbauung des Ludwigskanals errichtete Denkmal, dessen Skulpturen auch von Schwanthaler sind;
auf dem Luitpoldplatze das Erzstandbild des Medi-
[* 1]
^[Abb: Wappen
[* 11] von Erlangen]
¶
mehr
ziners Herz, von Professor Zumbusch modelliert; der Paulische Kunstbrunnen auf dem Marktplatz, nach dem Entwurf von Wanderer-Nürnberg 1889 von
Schwabe, Lenz und Leistner ausgeführt, und das Kriegerdenkmal (1890) von Wanderer. Im Schloßgarten befindet sich eine
unvollendete Reiterstatue Friedrich Wilhelms, des Großen Kurfürsten (fälschlich «Markgraf» genannt), und ein großer
Springbrunnen mit 45 kleinen Statuen. Die lebhafte Industrie der Stadt erstreckt sich auf Baumwollspinnerei,
Weißgerberei, ferner Fabrikation von Handschuhen, die einen großen Teil Deutschlands
[* 13] versieht, von elektrischen und mediz.
Apparaten, Papeterie- und Portefeuillewaren, Spiegeln und Zinnfolien, Tabak,
[* 14] Elfenbein-, Horn-, Kamm-, Bürsten- und Holzgalanteriewaren,
Packpapier, Baumwollzwirn; ferner bestehen in Erlangen
15 Brauereien, welche jährlich über 160000 hl Bier ausführen.
Die Universität, seit Mai 1889 in einem nach Entwürfen von Professor Romeis-München erbauten Gebäude, verdankt ihren Ursprung
dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth, der sie 1742 für seine Residenz Bayreuth
[* 15] stiftete, sie aber bereits nach
Erlangen
verlegte. Ihre Mittel waren anfangs sehr beschränkt, in späterer Zeit wurden aber Fonds und Institute
ansehnlich vermehrt, so besonders durch den Markgrafen Alexander, dem zu Ehren sie den Namen Friedrich-Alexanders-Universität
führt, ebenso unter der preuß. und gegenwärtig unter der bayr.
Regierung.
Mit der Vervollkommnung der Universitätseinrichtungen wuchs die Zahl der Studierenden; sie betrug 1883 etwa 700, 1891: 1040, 1891/92: 1060, 1892/93: 1115, 1894: 1153, darunter 327 Theologen, 359 Mediziner und 239 Juristen. Die Zahl der Docenten betrug (1894) 57. Im ehemaligen markgräfl. Schlosse befindet sich die Universitätsbibliothek (150000 Bände, etwa 1700 Handschriften und viele Handzeichnungen niederländ. und deutscher Meister des 15. und 16. Jahrh., so von Dürer allein 20 Blätter), in der 1840 zu Universitätszwecken eingerichteten Schloßkirche das mineralog.
Institut; die übrigen Institute (das zoolog.-zootomische Institut, die Anatomie, die beiden chem. Laboratorien) befinden sich in eigenen Gebäuden um den der Universität gehörigen Schloßgarten herum; ein neues physik. und ein pharmakol. Institut wurden 1893 vollendet, die Mittel für ein neues Anatomiegebäude genehmigt. Zur Universität gehören ein Krankenhaus, [* 16] eine Augenklinik, chirurg. Klinik, eine Entbindungsanstalt mit Hebammenschule, ein anatom. Theater, [* 17] ein pathol.-anatom. Institut, ein botan. Garten, [* 18] ein chem. Laboratorium, [* 19] ein physik. und ein mineralog. Kabinett, ein physiol. Institut u. s. w.
Bis zu Ende des 18. Jahrh. befand sich in Erlangen
eine Burg der Ritter von Erlangen.
- In der Nähe die vielbesuchten
Vergnügungsorte Rathsberg mit Schloß und Aussichtsturm, Atzelsberg mit Schloß, Spardorf und Marloffstein mit Schloß. Schöne
Spaziergänge bietet auch der Altstädter Berg, ein Ausläufer des Fränkischen Juras, an dessen Fuß alljährlich zu Pfingsten
die Bergkirchweih abgehalten wird. - Erlangen
ist sehr alt, brannte wiederholt ab, gehörte zur
Zeit der Gauverfassung zum Ratenzgowe, kam 1017 vom Bistum Würzburg
[* 20] an Bamberg,
[* 21] 1361 an Böhmen,
[* 22] erhielt 1398 Stadtrechte durch
König Wenzel, kam 1400 an die Burggrafen von Nürnberg, 1541 an die Markgrafschaft Bayreuth, 1791 an Preußen
[* 23] und 1810 an Bayern.
[* 24] -Vgl. Lammers, Geschichte der Stadt Erlangen
(2. Aufl., Erlangen
1843);
ders., Erlangen
, ein Führer durch die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten (ebd. 1879).