Ergolzthal
(Kt. Basel Land,
Bez.
Sissach und Liestal).
Grösstes
Thal im Kanton Basel Land,
28 km lang; zieht sich in gewundenem
Lauf von der
Schafmatt im SO. zum
Rhein
(Baselaugst) im NW. und verzweigt sich in eine Reihe von Seitenthälern. Der Thalfluss, die
Ergolz,
sammelt beinahe alle
Wasser aus dem s. und einen grossen Teil der
Wasser aus dem n. Kantonsteil. Die früher
verkehrsreichen
Strassen über die
Schafmatt und den
Hauenstein sind seit der Betriebseröffnung der Bahnlinie
Olten-Basel vereinsamt.
Im Ergolzthal
zahlreiche Siedelungen: am höchsten gelegen ist
Oltingen; dann folgen thalauswärts
Wenslingen,
Anwil und Rotenfluh,
von denen die beiden erstgenannten
Dörfer auf Thalterrassen rechts und links über der
Ergolz stehen.
Unterhalb Rotenfluh führt eine Strasse nordwärts zum aargauischen Dorf
Wegenstetten. Am Fuss des
Farnsbergs
und
Wischbergs liegt in reichem Wiesengrund das Dorf
Ormalingen. Die seit der Volkszählung des Jahres 1888 beinahe überall
an Zahl zurückgehende Bevölkerung der genannten
Dörfer beschäftigt sich der Hauptsache nach mit Landwirtschaft und Seidenhandweberei.
Unterhalb
Ormalingen folgt als erste bedeutende Ortschaft des Ergolzthales
das an der Einmündung des
Eithales gelegene Dorf
Gelterkinden.
Jetzt weitet sich das Thal; bei Böckten öffnet sich das zweite s. Nebenthal, das von Läufelfingen, dem die Bahnlinie Olten-Basel folgt; am Ausgang des dritten s. Nebenarmes, des Diegterthales, findet sich der rasch aufblühende Ort Sissach. Dem immer breiter werdenden Thal folgen die Ergolz längs dem rechten, Strasse und Bahn längs dem linken Gehängefuss. Der Boden ist hier dem Acker- und Wiesenbau sehr günstig, und am s. Gehänge stehen sogar einige Weinberge mit allerdings nur geringem Ertrag.
Der letzte
Ort des Bezirkes
Sissach ist
Itingen;
Lausen gehört schon zum Bezirk
Liestal. Unterhalb
Lausen
mündet das Thal der
Frenke oder das Waldenburgerthal; bald zeigen sich die ersten
Häuser der Stadt
Liestal, des Kantonshauptortes,
wo das
Oristhal und
Röserenthal sich öffnen. Es folgen Niederschönthal,
Füllinsdorf und
Frenkendorf, worauf das Ergolzthal
bei der
Hülftenschanz breit ins
Rheinthal austritt. Die
Ergolz mündet n.
Baselaugst von links in den
Rhein.
Das letzte Dorf des Ergolzthales
ist das schon in der Rheinebene gelegene
Pratteln. Die Thalhänge mit
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schönen Waldungen u. fetten Wiesen bestanden, Thalboden fruchtbar. Im ganzen Thalsystem zahlreiche Burgruinen.
Die Strasse Sissach-Liestal-Basel ist schon von altersher ein wichtiger Verkehrs- und Handelsweg gewesen. Dann hat die Bahnlinie
Olten-Basel stark zum Aufschwung der Gegend beigetragen. Im Ergolzthal
stehen die grössten Fabrikbetriebe der Bezirke
Liestal und Sissach.
Während die Bevölkerung der Seitenthäler und des abseits der Verkehrswege gelegenen obern Abschnittes des Hauptthales an Zahl abnimmt, vermehrt sie sich im untern Thalabschnitt beständig. Die im Artikel Basel Land hervorgehobene Abnahme der Bevölkerung im Bezirk Waldenburg und die schwache Zunahme im Bezirk Sissach bezieht sich hauptsächlich auf die n. oder s. der Ergolz gelegenen Ortschaften.
Geologische Verhältnisse.
Die Seiten des Ergolzthales
werden von einer ziemlichen Reihe von Formationen begrenzt. Das Flüsschen selbst entspringt
im Muschelkalk des Ueberschiebungsgebietes an der Schafmatt, durchquert dann in sw. Richtung oberhalb Oltingen den Hauptrogenstein,
sowie beim Eintritt in das Dorf die Variansschichten und den untern Malm. Wir treffen demnach hier die
Schichten gerade in abnormer, durch Ueberkippung umgekehrter Reihenfolge. Im weitern Verlaufe gegen Rotenfluh durchschneidet
die Ergolz wieder den obern Dogger, um sich dann tief in den Hauptrogenstein einzugraben.
Die Thalwände bilden dort starke, bewaldete Steilböschungen. Weiter nw. erweitert sich das Thal, und an der Basis der beiden Gehänge tritt der untere Dogger (Blagdeni- und Humphriesischichten) zu Tage. Ca. 1,2 km sö. Rotenfluh durchbricht eine von SW. nach NO. verlaufende und nach dieser Richtung sich auskeilende Grabenverwerfung die Formationsreihe. Von hier ab bis zur Säge zwischen Rotenfluh und Ormalingen werden die Thalseiten von dem untersten Dogger, den Opalinustonen, gebildet, die vielfach, hauptsächlich an der rechten (Fluhhalle, Säge) zu Abrutschungen Anlass gegeben haben.
Von Ormalingen an, wo rechtsufrig an der Thalwand Lias ansteht, erweitert sich das alte Enudationsgebiet und damit der Thalboden bedeutend. Von Gelterkinden an bilden abwechselnd unterer Dogger (Opalinustone) und Keuper (linkes Ufer bei Böckten) die Thalgehänge. Keuper, Lias und unterer Dogger ziehen sich auch rechtsufrig über Sissach gegen Itingen weiter; weithin sichtbar wird die rechte Thalseite von einem Hauptrogensteinklotz, der Sissacherfluh, gekrönt, welche eine weite Rundsicht in den Kettenjura und die ihm vorgelagerte zerstückelte Tafellandschaft gestattet.
Unterhalb des Wuhres (Mühlepritsche) bei Itingen lehnt sich der Fluss unmittelbar an die rechte Thalseite
an und hat hier einen starken Uferbruch verursacht, welcher die Schichtenfolge des untern Dogger von den Murchisonaeschichten
bis zu den Humphriesischichten erkennen lässt. Aus dem untern Hauptrogenstein der darüberliegenden Schichtfolgen stammen
Prachtexemplare des Cainocrinus Andreae, für welchen sonst ein Seitenthal des Ergolzthales
, das Rösernthal,
die klassische Fundstelle bildet. Weiter westwärts, auf der rechten Thalseite oberhalb des Weilers Furlen, ist das Vorkommen
von Huppererde (ziemlich reiner Tonerde mit feinen, meist gerundeten Quarzkörnern) in Spalten und Taschen des vielfach zerrissenen
Rauracien bemerkenswert. Dieses Vorkommen hat eine ziemlich umfangreiche Industrie (feuerfeste Steine und
Verblendsteine) ins Leben gerufen.
Bei Liestal, unterhalb des Eintrittes der beiden vereinigten (Hintern und Vordern) Frenken lassen sich an der rechten Thalseite die beiden Flussterrassen der letzten und vorletzten Gletscherzeit leicht erkennen und flussabwärts fast bis an die Mündung in den Rhein verfolgen. Die rechte Thalseite wird bei Liestal von den untern Dogger- und ¶
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Hauptrogensteinschichten gebildet, auf welch' letztern am Schleifenberg Gletscherlehm lagert. Eine mehrere Meter mächtige Schicht von Moränenmaterial (geschrammte Geschiebe von sehr verschiedener Grösse untermischt mit sandigem Lehm) bedeckt auf der linken Thalseite die Anhöhe der Sichtern und bei Hasenbühl.
Unterhalb Liestal, im sogenannten Kessel, treten im Flussbette die Murchisonaeschichten zu Tage, und über dieselben hinunter bildet die Ergolz einen hübschen Wasserfall, durch welchen rechtsseitig auch die Opalinusschichten angeschnitten werden.
Bei Niederschönthal stehen rechts- und linksufrig oberster Keuper (Bone bed) und Lias an; in ersterem wurden vor Jahren die gewaltigen Knochen von Gresslyosaurus ingens gefunden. Von hier ab ist die linke Thalseite durch einen Bergschlipf charakterisiert, dessen Trümmer, auf den Opalinusschichten hinunter gleitend, durch Kalksinter vielfach wieder verkittet sind. Weiter unten schneidet der Fluss den untern Keuper (Lettenkohle) an und hat hier zu einem gefährlichen, immer weiter um sich greifenden Uferbruch Ursache gegeben. Linkerseits breiten sich die beiden Terrassen als kilometerbreite fruchtbare Acker- und Wiesengelände aus, die von Frenkendorf nach Pratteln von Lias und Doggerschichten umrahmt werden.
Bei der Hülftenschanz mündet das Ergolzthal
in das Rheinthal ein.
[Dr. Leuthardt.]
Für Zoologie und Botanik des Ergolzthales
vergl. den Art. Basel Land.