Erfüllung,
bei Schuldverhältnissen die Leistung desjenigen, was geschuldet wurde (lat. solutio; frz. Le paiement); bei Geldschulden heißt die Erfüllung Zahlung, damit wird aber auch die Übergabe von Geld zu Eigentum des Empfängers allgemein bezeichnet, also auch wenn durch die Zahlung ein Schuldverhältnis begründet wird, z.B. ein Darlehn (s. d.). Die Erfüllung tilgt das Schuldverhältnis und die zu dessen Sicherung begründeten Rechte, wie den Anspruch gegen den Bürgen, das Recht auf das gegebene Pfand.
Macht der Gläubiger oder sein Rechtsnachfolger das Forderungsrecht nach der Erfüllung gegen den Schuldner oder dessen Erben, den Anspruch gegen den Bürgen, das Recht aus der Hypothek geltend, so steht ihm die Einrede der Tilgung entgegen, welche der Beklagte freilich geltend machen muß, damit sie vom Richter berücksichtigt werden kann. Es giebt Rechtsverhältnisse, welche durch die Erfüllung allein nicht direkt gelöst werden. Damit eine im Grundbuch eingetragene Grundschuld (s. d.) oder Hypothek (s. d.) getilgt wird, muß zur Erfüllung die Löschung im Grundbuch hinzutreten.
Erfolgt die Löschung nicht, so steht zwar dem Inhaber, welchem die Erfüllung geleistet wurde, und seinen Erben eine die Klage ausschließende Einrede entgegen, seinen Cessionaren aber nur unter gewissen Voraussetzungen. Ebenso wird bei Inhaberpapieren (s. d.) oder bei Orderpapieren (s. d.), z. B. einem an Order gestellten Wechsel, der Schuldner, welcher zahlt, gegen Nachforderungen dritter Personen, auf welche das Papier übergeht, nur dadurch gesichert, daß er sich das Papier zurückgeben läßt und sicher aufbewahrt oder vernichtet. In jedem Falle hat der Schuldner, welcher erfüllt hat, den Anspruch auf Löschung, Rückgabe des Verpflichtungsscheins, Quittung, Rückgabe der Pfänder. Bei der Grundschuld und Hypothek kann er statt der Löschung Abtretung fordern. (S. Eigentümerhypothek.) Bei gegenseitigen Schuldverhältnissen, z. B. dem Kauf, dem Mietvertrag, hat die Partei, welche geleistet hat, den Anspruch auf Gegenleistung; es kann ihr nun nicht mehr die Einrede des nicht erfüllten Vertrags entgegengesetzt werden.
Die Erfüllung hat eine so verschiedene Gestaltung, wie die Schuldverhältnisse einen verschiedenen Inhalt haben. Hatte sich der Schuldner verbindlich gemacht, etwas nicht zu thun, so erfüllt er damit, daß er
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unterläßt; hat cr einen Auftrag (s. d.) übernommen, so erfüllt er damit, daß er die versprochenen Handlungen ausführt, ohne daß der Gläubiger bei der Erfüllung zugezogen ist, wenn dies dem Inhalt des Auftrags entspricht. Wo der Schulduer zur Nückgabe einer entliehenen ff. (^ommollHwm) oder einer hinterlegten (f. Depositum) Sache verpflichtet ist, erfüllt cr damit, daß er dem Gläubiger den Gewahrsam der Sache einräumt. Ob er dem Gläubiger zu bringen hat (s. Vringschuld), oder ob der Gläubiger von ihm abznholcn hat (s. Holschuld), ob er von feiner Verpflichtung befreit ist, wenn der von ihm zur überbringung beauftragte Vote die Sache unterschlägt, richtet sich nach den für die ein- zelnen Rechtsverhältnisse getroffenen gesetzlichen Bestimmungen.
War der Schuldner verpflichtet, ein Necht zu bestellen, z. V. eine Dicnstbarkeit oder Eigentum zu übertragen, so gehört zur Erfüllung, daß das zu gewährende Recht in der Person des Empfän- gers entsteht. Deshalb tritt in der Perfon des Schuldners nach Gemeinem Necht keine Befreiung ein, wenn er eine fremde Sache oder eine mit einem Pfandrecht behaftete Sache leistet. Natürlich ist dann der Gläubiger zur Nückgabe des Erhaltenen ver- pflichtet. Ist Geld gezahlt, welches dem Leistenden nicht geHort, so tritt Schuldtilgung ein, wenn der Empfänger das erhaltene Geld in gutem Glauben so ausgegeben oder mit seiner Kasse vermischt hat, daß die geleisteten Geldstücke nicht herauszufinden sind. So auch nach Osterr.
Bürgert. Gesetzb. §. 371; nach Preuß. Allg. Landr. 1,15, §. 45 und nach Sächf. Vürgerl. Gesetzb. §. 290 kann dem redlichen Empfän- ger baren Geldes dasfelbe von dem dritten Eigen- tümer nicht wieder abgefordert werden, er ist alfo mit dem Empfang befriedigt. Ebenfo nach dem Deutschen Entwurf ß. 879. Ist eine Fordernng auf eine Leistung des Ver- pflichteten in Person beschränkt, so muß dieser selbst erfüllen. In andern Fällen kann die Erfüllung für den Verpflichteten selbst ohne dessen Einwilligung von einem andern geschehen, und der Gläubiger muß die Erfüllung von dem andern annehmen.
Die Erfüllung, welche der andere im Namen des Schuldners leistet, be- srcit diesen. Nach Prcuß. Allg. Landr. I, 10, §. 51 kann die Erfüllung dem Gläubiger nicht aufgedrängt werden, wenn Schuldner und Gläubiger der Lei- stung des Dritten widerfprechen. Hctt der Dritte die Schuld eines andern gezahlt, fo ist der Gläu- biger nach Allg. Landrecht nicht bloß verpflichtet, seine Rechte abzutreten (§.50), sondern der Leistende tritt auch ohne Cession in die Rechte des befrie- digten Gläubigers (§. 46). Das gilt nach franz. Recht, (Üoä6 civil Art. 1251, nur eingcfchränkt. (S. Subrogation.) Damit die Tilgung eintritt, muß die Erfüllung dem Gläubiger oder desfcn legitimierten Stellvertreter geleistet sein, also, wenn der Gläubiger nicht hand- lungsfähig ist, feinem gesetzlichen Vertreter, oder in den durch Landesgesetz vorgeschriebenen Formen.
Ist dem nicht handlungsfähigen Gläubiger, z. V. einem Minderjährigen oder bevormundeten Geistes- kranken, geleistet, fo muß der Vormund oder Vater die Erfüllung gelten lassen, wenn der geschuldete Gegen- stand an ihn gekommen ist, sonst nnr, soweit das Vermögen des Bevormundeten durch die Leistung bereichert ist. Wurde an einen andern als den Gläubiger ohne dessen Zustimmung geleistet, so tritt Tilgung ein, wenn der Gläubiger die Leistung genehmigt, oder wenn der Gläubiger den geleisteten Gegenstand er- langt, oder wenn der Empfänger das Gläubiger- recht, z. B. durch Veerbung erwirbt, oder der Gläu- biger den Empfänger beerbt, ohne daß ihm das Inventarrecht (s. d.) zusteht.
Hat jemand in dem falschen Glauben geleistet, er fchulde, so kann er nach Entdeckung seines Irrtums zurückfordern, was der redliche Empfänger von der Leistung oder ihrem Wert noch hat (conäictio in- äediti); wer sich wissentlich eine nicht bestehende ^ Schuld zahlen läßt, haftet schlechthin auf die Rück- gabe. Den Nomern galt er als Dieb. War der Schuldner im Zweifel oder bestritt er die Schuld, fo kann cr sich die Rückforderung durch einen Vor- behalt sichern. Bei Bedingungen (s. d.) redet man von Erfüllung, wenn das ungewisse Ereignis, an welches eine Rechtsfolge geknüpft ist, eintritt.
Erfüllung der Rechtsgeschäfte des Ge- mein s ch u l d n e r s durch den Konkursverwalter. Die Deutsche Konkursordnung hat in den §^. 15-21 besondere Vorschriften bezüglich der zweiseitigen Verträge getroffen. In §. 15 wird der allgemeine Grundsatz aufgestellt, daß dcr Konkmsverwaltn', wenn ein zweiseitiger Vertrag zur Zeit der Konkurs- eröffnung vom Gemeinschuldncr und von dem an- dern Teil noch nicht oder doch nicht vollständig er- füllt ist, das Necht hat, seinerseits an Stelle des Gemeinschuldners den Vertrag vollständig zu er- füllen und von dem andern Teil die Erfüllung zu verlangen, daß aber dem andern Teil nicht das Recht zusteht, auf der vollständigen Erfüllung zu bestehen, sondern er nur seinen Entschädigungsanspruch als Konkurs- gläubiger (s. d.) geltend machen kann.
Der Ver- walter muß auf Erfordern des andern Teils ohne Verzug erklären, ob er die Erfüllung verlangen will, und kann, wenn er dieser Verpflichtnng nicht nachkommt, auf der Erfüllung nicht bestehen. Hat er rechtzeitig erklärt, daß er die Erfüllung verlange, fo ist der Anspruch des andern Teils nach §. 52, Z. 2 der Konkursord- nung eine Masscschuld. Tritt bei einem Fixgeschäft (s. d.) die Ablie- ferungsfrist erst nach der Eröffnung des Konkurs- verfahrens ein, fo kann der Konkursverwalter nicht auf der Erfüllung bestehen, sondern nur eine Forderung wegen Nichterfüllung geltend machen.
Wie diese Entschädigungsforderung zu berechnen ist, wird in §.17 genau bestimmt. Wie es mit Pacht- und Mietverträgen zu halten ist, wird in den §§. 17 und 18 der Deutfchcn Konkursordnung bestimmt. War die verpachtete Sache zur Zeit der Konkurseröffnung bereits über- geben, so kann nach §. 17, wenn der Gemeinschuld- uer gepachtet oder gemietet hatte, sowohl der Ver- walter als der andere Teil den Vertrag anfkündigen. Die Frist oder Zeit für die Kündigung ist, falls eine kürzere Zeit nicht bedungen war, die gesetz- liche oder ortsübliche; jedoch verbleibt in diesem Falle dem vorzeitig gekündigten Verpächtcr oder Vermieter sein Entschädigungsanspruch, den er als Konkursforderung geltend machen darf. Hatte der Gemeinfchuldner verpachtet oder vermietet, fo wirkt nach §. 17 eine freiwillige Veräußerung der Sache durch den Konkursverwalter auf die Zulässig- keit der Kündigung sowie auf die Dauer des Ver- trags wie eine Zwangsversteigerung. Wenn eine folche nach dem geltenden bürgerlichen Recht eine Beendigung des Pacht- oder Mietverhältnisses her- beiführt, hat also die Veräußerung durch den