Erbrechen
(Vomitus), die stoßweise Entleerung des flüssigen Mageninhalts nach oben durch den
Schlund und die Mundöffnung,
während man das Aufsteigen des gasartigen Mageninhalts durch die
Speiseröhre als
Aufstoßen (s. d.) bezeichnet. Eingeleitet
wird das Erbrechen
in der Regel durch das Gefühl des Ekels (s. d.),
Zusammenlaufen von
Speichel im Munde, Ausbrechen von Schweiß; das
Gesicht
[* 2] wird blaß, ein Gefühl von Schwäche verbreitet
sich über den ganzen Körper und der Puls wird klein und beschleunigt.
Endlich ziehen sich die
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Bauchmuskeln und das Zwerchfell stark zusammen, und mit größerer oder geringerer Anstrengung wird alles ausgeworfen, was
der Magen
[* 4] enthält, zuerst die genossenen Speisen und Getränke, dann Schleim aus Magen und Speiseröhre, endlich Galle, die aus
dem Zwölfsingerdarm herübertritt und durch ihren grünen Farbstoff dem Erbrochenen eine grüne Farbe erteilt, und
oft auch der Schleim aus der Luftröhre und den Lungen, in Krankheiten auch mancherlei abnorme Stoffe, z. B. Blut (s. Blutbrechen),
Kot (s. Miserere), eigentümliche Pilzformen (s. Sarcine), Eingeweidewürmer u. dgl. Ist das Erbrechen
vorüber, so stellt sich Mattigkeit
und Schlaf oder, war die Anstrengung nicht sehr bedeutend, bald das vorige Wohlbefinden wieder ein.
Die Ursachen des Erbrechen
sind verschieden. In der ersten Kindheitsperiode ist es infolge der mehr senkrechten Lagerung
des Magens fast normal und ohne alle Beschwerden sowie bei manchen Tieren das Erbrechen
eine normale Lebensverrichtung ist (z. B. das
Ausbrechen des Gewölles bei manchen Raubvögeln). Der Säugling entfernt das Übermaß der genossenen
Milch durch ein dem Aufstoßen ähnliches, müheloses Brechen, übrigens entsteht das Erbrechen
entweder durch Reizung des Magens, besonders
des untern Magenmundes, z. B. durch Überfüllung des Magens, durch in den Magen gebrachte Gifte oder Reizmittel (s. Brechmittel),
durch Entzündung oder Geschwüre des Magens, Magenkrebs, durch Verengerung des Magenausganges, des Darms
u. s. w., oder durch eine von den Nerven,
[* 5] besonders vom Gehirn,
[* 6] ausgehende krankhafte Erregung (z. B. bei Schwindel, heftigem
Kopfschmerz, Hirnerschütterung, Hirnhautentzündung, bei Bauchfell- oder Unterleibsentzündungen, in Anschluß an Narkosen,
z. B. besonders mit Chloroform oder Äther, bei der Seekrankheit und andern stark schaukelnden und drehenden Bewegungen), welche
Gehirnerregung auch eine reflektierte (s. Reflexbewegungen) sein kann, besonders
vom Schlund und Zäpfchen aus (wenn man den Finger in den Hals steckt oder das Zäpfchen mit einer Federpose kitzelt), und bei
Leiden
[* 7] anderer Organe, am häufigsten der Leber, der Nieren, der Gebärmutter
[* 8] und des Bauchfells, oder psychisch durch die Einwirkung
ekelerregender Vorstellungen und gewisser Gemütserregungen. Überaus hartnäckiges Erbrechen
findet sich
bei der Brightschen Krankheit (s. d.) als Ausdruck der chronischen Harnstoffvergiftung oder Urämie. Willkürlich können manche,
namentlich hysterische Personen, durch Verschlucken von atmosphärischer Luft Erbrechen
hervorrufen.
Die Behandlung des Erbrechen
ist je nach der vorliegenden Grundursache verschieden. Wo der Magen gereizt ist, passen nach
Umständen: das Verschlucken von kaltem Wasser oder Eisstückchen, von kohlensäurehaltigen Getränken (Brausepulver, Soda-
oder Selterwasser, mitunter Champagner), im Notfall Narkotika (z.B. Opium, Belladonna, Bittermandelwasser, Nux vomica in sehr
geringer Dosis), daneben äußerlich auf die Magengegend kalte Umschläge, Senfteige oder Einreibungen mit Senfspiritus. In
andern Fällen sind ätherisch-ölige Mittel (z. B. Kamille, Baldrian, Pomeranzen, auch schwarzer Kaffee)
oder zusammenziehende Stoffe (z. B. Gerbsäure, Kreosot, Wismutweiß) oder säuretilgende Mittel (z. B. doppeltkohlensaures Natron,
Magnesia) angezeigt.
Erfolgt das Erbrechen
nur mit großer Anstrengung, so kann man es durch Trinken von warmem Wasser oder Kamillenthee
sowie durch Frottieren der Magengegend zu befördern suchen. Wenn das Erbrechen
vom
Gehirn ausgeht oder wenn es
sehr schnell wiederkehrt, ist horizontale Lage, körperliche und geistige Ruhe, Dunkelheit u. s. w. am besten. Wenn Gesunde
plötzlich heftig erbrechen
, denke man zunächst immer an Vergiftung oder an Brucheinklemmung. Das bei Schwangern häufig vorkommende
hartnäckige Erbrechen
erfordert nur dann einen ärztlichen Eingriff, wenn die Ernährung der Mutter darunter leidet.
Häufig widersteht es der ärztlichen Kunst, und es muß dann in besonders heftigen Fällen zur künstlichen Frühgeburt geschritten
werden.