die unterste, älteste
Stufe der
Tertiärformationen (s. d.). Es kennzeichnet sich namentlich durch die formenreiche
Entfaltung der Säugetiere; so sind häufig die Reste von
Anoplotherium und Paleotherium, zwei pflanzenfressenden Huftieren.
Die marinen Faunen sind ungemein formenreich, z. B. im
PariserBecken. (S. dazu die
Tafel: Petrefakten
[* 2] der
Känozoischen Formationsgruppe I,
[* 1]
Fig. 1-15, beim
ArtikelKänozoische Formationsgruppe.) Zu beiden Seiten des Mittelmeers
[* 3] ist
das Eocän durch seinen enormen Reichtum an Nummuliten
[* 4] ausgezeichnet. (S. Nummulitenformation.) Auch der größte
Teil des Flysches (s. d.) isteocänenAlters.
in der Geologie
[* 7] Schichtenfolge, jünger als die Kreidebildungen und älter als das Diluvium.
[* 8] Der Name ist im Gegensatz
zu »primär« und »sekundär«
als Bezeichnungen der ältern Formationen gewählt, Ausdrücke, welche jetzt fast ganz außer Gebrauch gekommen
sind, während speziell tertiär allgemein üblich geblieben ist. Zusammen mit dem jüngern Diluvium (Quartär) und dem noch
jüngern Alluvium (Rezent), die wohl auch als Posttertiär zusammengefaßt werden, bildet das Tertiär die känozoische Formationsgruppe
im Gegensatz zu der mesozoischen und paläozoischen.
Charakteristisch für die Tertiärbildungen ist der große Einfluß, den die Herausbildung der Klimazonenunterschiede
auf die Beschaffenheit der damaligen Tier- und Pflanzenwelt ausgeübt hat, während solche klimatische Sonderungen in den ihr
an Alter vorausgehenden Formationen nur eben nachweisbar sind. Eigentümlich ist ferner das Zurücktreten oder vollkommene
Verschwinden vieler tierischer und pflanzlicher Formen, welche noch dem mesozoischen Zeitalter einen fremdartigen, von unsrer
heutigen Schöpfung wesentlich verschiedenen Charakter aufprägten, während im TertiärPflanzen und Tiere teils neu auftreten,
teils zu dominieren beginnen, welche den uns umgebenden näherstehen.
Weiter bietet das Tertiär vorzüglich in seinen jüngern Abteilungen besondere Lagerungsverhältnisse dar: die meisten Vorkommnisse
sind auf einzelne, voneinander isolierte Becken beschränkt, und nur von älterm Tertiärmaterial finden
sich zusammenhängende, über weite Strecken ununterbrochen verbreitete Ablagerungen. In den isolierten Becken wechseln Schichten,
in denen Meeresformen aufgehäuft sind, mit solchen, die brackische Formen oder Süßwasser- und Landorganismen führen, oft
in mehrfacher Folge.
Einige dieser Eigentümlichkeiten der Tertiärformation, namentlich die zuletzt erwähnten, erschweren die Parallelisierung
und Etagierung der Schichten sehr bedeutend. Eine noch jetzt in ihren Grundzügen beibehaltene Einteilung
der Tertiärschichten rührt von Lyell (1832) her und beruht auf Verhältniszahlen zwischen ausgestorbenen und noch lebenden
Mollusken,
[* 9] welche zuerst von Deshayes berechnet
worden waren. Derselbe hatte gefunden, daß in den ältesten Schichten der Tertiärformation etwa 97 Proz.
aller MolluskenArten angehören, welche sich in unsrer heutigen Schöpfung nicht mehr vorfinden, daß dieser
Prozentsatz für die mittlere Tertiärformation auf etwa 81 sinkt und in den jüngsten Schichten nur noch 48 beträgt, so daß in diesen
die Mehrzahl der Versteinerungen sich den Arten der Jetztwelt unterordnen läßt.
Lyell fixierte diese drei Stufen als Eocän, Miocän und Pliocän. Neuere Untersuchungen haben zwar diese
Zahlen wesentlich korrigiert, im allgemeinen aber doch die Zunahme noch lebender Formen in den jüngern Schichten bestätigt;
ja, bei der Vereinzelung vieler tertiärer Ablagerungen bildet dieses prozentige Verhältnis zwischen noch lebenden und schon
ausgestorbenen Arten oft die einzige Unterlage für die relative Altersbestimmung. Dagegen hat sich der
Sprung vom Eocän zum Miocän als zu groß, dem Intervall zwischen Miocän und Pliocän nicht gleichwertig herausgestellt, weshalb
Beyrich (1854) zwischen Eocän und Miocän noch Oligocän einschob.
Mayers Originalbezeichnungen sind französisch, z. B. Tongrien, Mayencien, Helvetien etc. Mayer selbst aber trennt die Tertiärformation in
nur zwei Abteilungen: das Alttertiär (Paläogen) und das Neutertiär (Neogen), von denen das erstere Eocän und Oligocän, das
letztere Miocän und Pliocän umfaßt. Die »Übersicht der geologischen Formationen« (s. Geologische Formation) gibt einen Katalog
aller wichtigen Tertiärablagerungen, während im folgenden nur einige in geographischer Anordnung besprochen werden sollen.
Kalke. Noch jünger sind die Faluns der Touraine und der Bretagne, muschelreiche Sande und Mergel, aus denen Tafel I einen Seestern
(Scutella striata) abbildet. In England sind außerdem pliocäne Schichten vertreten, der sogen. Crag, der sich in mehrere Etagen
gliedern läßt. Eine rein marine Facies des Untertertiärs ist die Nummulitenformation. Wenn auch für
diese die früher vorausgesetzte Gleichartigkeit nicht besteht, die betreffenden Gesteine
[* 14] vielmehr verschiedenen Altersstufen
untergeordnet werden müssen, so sind doch die Altersunterschiede dieser aus Kalksteinen, Sandsteinen und Schiefern bestehenden
überaus mächtigen Ablagerungen gering: es entsprechen die ältesten etwa dem PariserGrobkalk, die jüngsten der untern Abteilung
des Oligocäns.
Ungefähr gleichalterig, teils oligocän, teils miocän, sind die besonders für Württemberg
[* 23] und die Schweiz
[* 24] wichtigen Bohnerze,
welche kleine Becken oder Ausfüllungen von schlotähnlichen Vertiefungen in Jurakalken bilden, denen sie wegen dieser lokalen
Verknüpfung lange beigezählt wurden, während ihre Reste (Säugetierknochen und Zähne)
[* 25] sie derTertiärformation zuweisen. Molasse ist
kein streng geologischer Begriff, sondern eher
ein petrographischer und bezeichnet meist feinere, lockere Sandsteine, besonders
typisch in der Schweiz, aber auch in Oberschwaben entwickelt.
Die Annahme einer Molassenformation hat nach genauern paläontologischen Untersuchungen weichen müssen; es gehören diese
Bildungen verschiedenen Stufen des obern Oligocäns und des Miocäns an und bergen teils meerische, teils
Süßwasserformen. Aus der Meeresmolasse bildet die Tafel I den Haifischzahn, Notidanus primigenius, ab. Der obern Süßwassermolasse,
dem mittlern Miocän, werden auch die Kalke von Öningen in Oberbaden zugerechnet, welche einen ganz außerordentlichen Reichtum
an pflanzlichen und tierischen Formen enthalten, unter den letztern jenen Riesensalamander (Andrias Scheuchzeri, s.
Tafel II), den Scheuchzer 1732 als Homo diluvii testis beschrieb.
Die sämtlichen Pflanzen des Alttertiärs tragen einen tropischen Charakteran sich, wie denn auch die Land- und Süßwasserkonchylien
ihre nächsten Verwandten unter den heutigen Arten von Ostasien, Polynesien und Indien haben. Auch nach den Pflanzenformen des
Neogens, unter welchen 119 ArtenMonokotyledonen und gegen 500 ArtenDikotyledonen gezählt werden, berechnet
O. Heer für die verschiedenen Fundorte eine gegen 9° C. höhere Mitteltemperatur während der Neogenzeit, als heute an
denselben Orten herrscht. Er nimmt an:
Unter den Tierformen der Tertiärformation sind die Molluskenordnungen schon ganz in dem für die Jetztwelt bestehenden
Verhältnis vertreten. Zweischaler und Schnecken überwiegen; Brachiopoden
[* 38] und namentlich Cephalopoden, noch in der Kreide
[* 39] in
großartigem Formenreichtum entwickelt, treten vollkommen zurück. GleichesSchicksal teilen die Krinoideen, die
Meeressaurier und Flugsaurier. Weitaus das meiste Interesse unter den tertiären Tierformen erregen die Säugetiere, teils
weil sie im Gegensatz zu der in ältern Formationen allein vertretenen Ordnung der Beuteltiere
[* 40] viel mannigfaltigere Typen aufweisen,
teils weil sie gewisse in der heutigen Schöpfung nur lückenhaft entwickelte Ordnungen ergänzen.
Für das Neogen sind vor allen die Mastodonten (Tafel II), Elefanten mit vier Stoßzähnen und eigentümlichen, nicht blätterig,
sondern zitzenförmig gebauten Zähnen, charakteristisch, daneben Dinotherium (Tafel II), ein riesiges Rüsseltier mit abwärts
laufenden Stoßzähnen, in der übrigen Bezahnung an den Tapir erinnernd. Ferner treten gehörnte und ungehörnte
Rhinozerosarten, Giraffen, Antilopen, Hunde,
[* 45] Raubtiere sowie einige Affen auf, von denen Dryopithecus
[* 46] (Tafel II) ein besonderes
Interesse erregt, weil seine Bezahnung der des Menschen so nahe steht, daß einzelne aufgefundene Zähne lange Zeit für menschliche
gehalten wurden. Endlich birgt das Jungtertiär in Anchitherium und Hipparion Stammformen unsers Pferdes.
Gleichalterig sind ferner die nordböhmischen, ungarischen und siebenbürgischen Territorien vulkanischen Materials. Hierzu
gesellen sich weiter die Gebiete in Zentralfrankreich, in Norditalien, in Schottland, Irland, auf den Shetlandinseln,
den Färöern und Island.
[* 48] Auch im SüdenEuropas begann die heute noch andauernde vulkanische Thätigkeit schon während der
Tertiärzeit. Gleich zahlreiche Belege für die großartige Entwickelung der Vulkane
[* 49] in der Tertiärformation wären auch aus außereuropäischen
Ländern beizubringen.
Vgl. Beyrich, Über den Zusammenhang der norddeutschen Tertiärbildungen (Berl. 1856);
»Über das Klima und die Vegetationsverhältnisse des Tertiärlands« (Winterthur 1860) und
»Flora fossilis arctica« (Zürich
u. Winterthur 1868-75, 3 Bde.);